« V. Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart VII. »
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VI. Allgemeine Polizei-Anstalten.


A. Verkehrs-Anstalten.
Der Zustand der Straßen noch vor 100 Jahren läßt sich daraus abnehmen, daß, wenn auch die besseren, wie die schon 1350 genannte Eßlinger Steige, die Weinsteige und der Bopserweg, gepflastert waren, doch noch 1722 der Weg über die Brag so schlecht war, daß er bei Regenwetter gar nicht benützt werden konnte und die Straße von Ludwigsburg noch 1748 über die Feuerbacher Heide den Herdweg zum Büchsenthore herab führte. Mit dem 1751 aufgekommenen Bau der Kunststraßen wurde zwar eine wesentliche| Verkehrs-Erleichterung erreicht; aber doch datirt z. B. die jetzige Böblinger Straße aus neuerer Zeit, denn bis 1809, wo sie angelegt wurde, mußte man, um nach Böblingen zu fahren, den Weg über die Weinsteige durch Degerloch, Möhringen und Vaihingen nehmen und konnte häufig eine Kutsche an demselben Tage nicht mehr nach Stuttgart zurückkehren. – Das Landes-Postwesen konnte der Reichspost gegenüber nicht gedeihen und war, mit Ausnahme der amtlichen Briefschaften und Gelder, welche eine herzogliche Botenmeisterei durch die Metzger und Kanzlei-Boten beförderte, hauptsächlich auf den Personen-Transport beschränkt, der bis in’s 17. Jahrhundert zu Pferde geschah. Die 1683 aufgekommenen Land-Kutschen beschränkten sich lange Zeit auf die Routen Straßburg, Frankfurt a. M., Ulm und Schaffhausen und wurden noch 1719 unter der Bedingung in Admodiation gegeben, daß der Pächter wöchentlich ein- oder zwei Mal mit Personen und Gütern nach einer oder der andern dieser Städte und zurück zu fahren habe. Noch 1768 ging wöchentlich nur einmal eine dieser „privilegirten Ordinari-Kutschen“ nach Ulm und Straßburg. Das Kaiserliche Postamt Stuttgart war um 1700 geschaffen worden. Dasselbe errichtete aber erst 1754 eine wöchentliche ordinäre Fahr-Post nach Österreich und Preußen, und 1761 nach Straßburg und Ulm. Im Jahre 1775 nahm der Fürst von Thurn und Taxis zu diesen seinen „Geschwindkutschen“ die württ. Landkutschen auf 30 Jahre in Pacht: die ganze Landespost gelangte aber 27. Nov. 1805 an den Staat, der sie 1819 als Lehen an Taxis abtrat, 1851 aber wieder übernahm und mit den Anstalten der Eisenbahn und Telegraphen unter gemeinschaftliche Verwaltung stellte. – Auch das Güterfuhrwesen war lange nicht von Belang; 1768 heißt es, „daß seit mehr als 60 Jahren zu Beförderung des Commercii und Besten der Handelschaft zwei Güterwägen allhier angeordnet sind, davon der eine alle 8 bis 14 Tage nach Straßburg, der andere nach Ulm geht.“ Schon 1782 war aber der Güterverkehr so bedeutend, daß „zu sicherer Verwahrung der ankommenden und abgehenden Waaren eine eigene geräumige Niederlage unter dem Rathhaus eingerichtet und ein eigener Güterbestätter“ von dem Stadtmagistrat bestellt wurde. Die mit der Zollhalle räumlich verbundene städtische Niederlage (Kauf- und Waaghaus) wurde 1797 an die hiesige Handelsinnung verpachtet und ging erst 1829 in die Verwaltung der Stadt zurück. Mit der Güterbestätterei wurde 1850 eine schon früher bestandene, gleichfalls städtische Botenmeisterei auf’s Neue verbunden. – Wie sich besonders seit dem 1834 erfolgten Eintritt Württembergs in den| deutschen Zoll-Verein der Handels-Verkehr, dessen Hebel nun fast ausschließlich die Eisenbahn geworden, gestaltet hat, ist S. 239 angegeben.

1) Von Land-Straßen ziehen durch den Bezirk die vier Haupt-Straßen, welche auf Kosten des Staats unterhalten werden, nämlich

die Ulmer Route mit Einschluß der Quer-Straße mit 1280,1 Rtn.
die Heilbronner Route 0694,9 Rtn.
die Schweizer Route 1047,0 Rtn.
die Freudenstädter Route 1276,2 Rtn.
Zusammen 4298,2 Rtn.

oder 3,4 Stunden à 13.000′. Unter der Ulmer Route ist auch die Straße innerhalb des Etters von Berg begriffen, da der Staat hier vertragsmäßig auch die Etter-Straße zu unterhalten hat. Die Breite dieser Straßen-Züge ist sehr verschieden und bewegt sich zwischen 28 und 36′. Zu Unterhaltung der Ulmer und Heilbronner Route wird Muschelkalk, der Schweizer und Freudenstädter Route Liaskalk angewendet. Die jährlichen Unterhaltungs-Kosten der Straßen berechnen sich bei der Ulmer Route und Quer-Straße auf 3653 fl. 10 kr., Heilbronner Route auf 2272 fl. 36 kr., Schweizer Route auf 1924 fl. 9 kr., Freudenstädter Route 2455 fl. 20 kr.; und es beträgt somit der jährliche Aufwand 10.305 fl. 15 kr. An diesen Straßen befinden sich 7 Brücken und die erforderlichen Durchlässe und Dohlen. Die übrigen nicht auf Staatskosten zu erhaltenden Straßen sind wie jene im besten Zustande.

2) Die in Staats-Verwaltung stehende Eisenbahn theilt sich von dem S. 174 erwähnten Haupt-Bahnhof oder von dem jenseitigen Widerlager des Viaducts über die zu erbauende Militär-Straße (neuerlich Schiller-Straße genannt) in zwei Richtungen, und zwar in die Ostbahn Canstatt zu, und in die Westbahn Ludwigsburg zu.

Die ganze Länge der Ostbahn auf Stuttgarter Markung vom Anfange des Gefälls am Viaduct über die Militär-Straße bis an den Eingang in den durch den Rosenstein führenden Tunnel, vor welchem sich die Markungs-Grenze befindet, ist 8388,5′ lang, nämlich:

1) Gerade Linie bis zum ersten Bogen an der Quer-Straße mit 3030′
2) Erster Bogen hinter der Königlichen Maierei mit 1084′
3) Gerade Linie zwischen der Maierei und den 7 Stufen Weinbergen mit 1203,4′
4) Zweiter Bogen hinter den 7 Stufen Weinbergen mit 0652,6′
5) Gerade Linie von diesem Weinberg bis zum Eingang in den Rosenstein-Tunnel mit 2418,5′
Zusammen 8388,5′
| und ist das Steigungs-Verhältniß auf dieser Strecke 0,801 Prozent. Aus dem Bahnhofe in Stuttgart tritt diese Bahn mit einem ganz unbedeutenden Bogen, dessen Radius 12.000′ ist. Der erste Bogen in den Mühlbergen hinter der K. Maierei hat einen Halbmesser von 2760′, und der zweite Bogen an den 7-Stufen-Weinbergen einen Halbmesser von 3600′. Nur die eben genannten Bögen, sowie eine kurze Strecke vor der Markungs-Grenze, liegen bei dieser Bahnrichtung in der Abgrabung, alles Übrige aber in der Auffüllung. – Die Westbahn erhebt sich von ihrer Abzweigung an in gleichmäßiger Steigung von 0,8 Prozent hinter der Reiter-Kaserne und die Worfmershalde hinauf bis zur diesseitigen Einmündung in den Prag-Tunnel. Schon von dem Kronen-Straßen-Viaduct weicht diese Bahnrichtung in einem Bogen von 2550′ Radius ab, überschneidet eine neu anzulegende Straße von der Militär-Straße gegen die Reiter-Kaserne, geht in eine zweite Curve von 1800′ Radius, und von dieser in eine dritte mit eben solchem Radius, bis sie in der Nähe der Stuttgart-Canstatter Markungs-Grenze in eine gerade übergeht. Von dem Militär-Straßen-Viaduct bis zu dem Straßen-Übergang gegen die Reiter-Kaserne liegt die Bahn in der Auffüllung, von da ab im Einschnitt bis zum großen Damm hinter der Reiter-Kaserne, welcher wieder in den Einschnitt in der Worfmershalde übergeht, und endlich von diesem ab und unweit der Markungs-Grenze in der Aufdämmung endigt. Die höchste Auffüllung hinter der Reiter-Kaserne beträgt 42′, der tiefste Einschnitt in der Worfmershalde 29′. Beide Bahnstrecken wurden 1844–1846 erbaut und am 15. Oktober 1846 dem Betrieb übergeben.

Die Zahl der täglich von hier abgehenden und täglich hier ankommenden Personenzüge ist Winter (1854–1855) auf der Ostbahn 6, auf der Westbahn 5, die der täglich abgehenden und ankommenden Güterzüge, sowohl auf der Ostbahn als Westbahn je 1. Vergl. die Fahrten-Plane.

Das Eisenbahn-Personal des Bahnhofs Stuttgart besteht in 1 Bahnhof-Inspector, 2 Kassieren, 1 Oberschaffner, 2 Güter-Abfertigungs-Beamten mit 6 Gehilfen, 1 Magazin-Verwalter mit 1 Gehilfen, 1 Bahnhof-Aufseher, 2 Portiers, 4 Weichenwärtern. Für die Bahn-Unterhaltung sind angestellt: 1 Bau-Inspector (für die Linie Heilbronn-Canstatt), 1 Bahnmeister (für die Strecke Feuerbach-Canstatt). Für die Unterhaltung und Bewachung der Bahn auf der Markung Stuttgart, außerhalb des Bahnhofs, 5 Bahnwärter. Sodann ist das Personal für den Fahrdienst auf der Linie Bruchsal-Ulm, in 11 Zugmeistern und 34 Conducteuren bestehend, in Stuttgart stationirt.

| Auf der West- und Ost-Bahn, von Heilbronn bis Friedrichshafen (67,5 geogr. Stunden), wurden, vom 1. Juli 1852 bis dahin 1853 (vor der am 1. Oct. 1853 erfolgten Eröffnung der Bahn von Bietigheim nach Bruchsal und vor der Eisenbahn-Verbindung mit Bayern in Ulm) 1.489.401 Personen und 3.828.315 Ctr. (Zollgewicht) Güter befördert. Auf dem hiesigen Bahnhof wurden in demselben Zeitraum 515.284 Personen-Billets gelöst und auswärts 512.242 nach Stuttgart genommen; daselbst wurden 173.283 Ctr. Güter aufgegeben und 642.855 Ctr. Güter abgegeben. Wie hienach die Zahl der hier ankommenden Personen der der abgehenden beinahe gleich ist, wogegen beinahe viermal mehr Güter hier ankommen, als abgehen, so ist, wie aus der folgenden Übersicht ebenfalls erhellt, der Personen-Verkehr im Juli am Stärksten, und im Februar am Geringsten, wogegen im October die meisten und im Mai die wenigsten Güter ankommen, indeß im October wieder die meisten, im Februar aber die wenigsten Güter von hier abgehen.
Monat Personen Güter
abgegangen angekommen abgegangen angekommen
Ctr. Pfd. Ctr. Pfd.
Juli 1852 72.855 65.169 12.489 77 53.738 42
August 1852 53.322 51.751 14.542 93 62.151 82
September 1852 58.219 61.059 13.684 6 49.597 27
October 1852 43.239 44.077 23.114 60 70.358 5
November 1852 33.146 33.282 15.762 50 67.316 51
December 1852 37.908 39.083 16.241 49 64.397 20
Januar 1853 30.075 30.714 10.991 75 51.397 84
Februar 1853 25.364 25.291 10.562 50 52.985 96
März 1853 33.298 34.657 11.076 56.506 81
April 1853 33.102 34.143 18.685 10 47.703 94
Mai 1853 48.071 48.829 13.302 28 27.998 3
Juni 1853 46.685 44.187 12.830 33 38.703 92
Summe 515.284 512.242 173.283 31 642.855 77

3) Die von Stuttgart täglich abgehenden und die daselbst täglich ankommenden Postwagen (Sommer 1853) sind:

a. abgehende Postwägen:

1) Eilwagen nach Echterdingen, Waldenbuch, Dettenhausen, Tübingen (Rottenburg), Hechingen, Balingen (Ebingen, Sigmaringen) u. Rottweil.

2) Eilwagen nach Canstatt, Waiblingen, Winnenden, Baknang, Sulzbach, Murrhardt und Gaildorf.

3) Eilwagen nach Böblingen und Calw.

4) Localwagen nach Echterdingen, Waldenbuch, Dettenhausen, Tübingen.

5) Eilwagen nach Plieningen, Neckartheilfingen, Mezingen (Reutlingen), Urach, Münsingen (Ehingen, Erbach und Zwiefalten), Blaubeuern und Ulm.

| 6) Eilwagen nach Leonberg, Weil die Stadt, Calw, Calmbach und Wildbad.

7) Eilwagen nach Böblingen, Herrenberg, Nagold (Altenstaig) und Freudenstadt (im Sommer auch nach dem Kniebis, Rippoldsau, Petersthal, Appenweyer).

8) Eilwagen nach Canstatt, Waiblingen (Winnenden), Schorndorf (Welzheim, Gschwend, Gaildorf, Murhardt, Hall), Gmünd, Aalen (Ellwangen, Heidenheim), Bopfingen und Nördlingen.

9) Eilwagen nach Echterdingen, Waldenbuch, Dettenhausen, Tübingen (Rottenburg, Horb, Sulz, Oberndorf, Schramberg), Hechingen, Balingen, Rottweil (Schwenningen, Donaueschingen), Spaichingen, Tuttlingen, Stockach und Schaffhausen.

b. Ankommende Eilwägen.

1) Eilwagen von Freudenstadt (im Sommer von Kniebis, Rippoldsau, Petersthal und Appenweyer), Nagold (Altenstaig), Herrenberg und Böblingen.

2) Eilwagen von Schaffhausen, Stockach, Tuttlingen, Spaichingen, Rottweil, Balingen, Hechingen, Tübingen, Dettenhausen, Waldenbuch, Echterdingen.

3) Eilwagen von Nördlingen, Aalen (Ellwangen), Gmünd, Lorch, Schorndorf (Hall, Gaildorf, Gschwend, Welzheim), Waiblingen, Canstatt.

4) Eilwagen von Ulm, Blaubeuren, Münsingen (Erbach, Ehingen, Zwiefalten, Riedlingen, Buchau), Urach, Mezingen, (Reutlingen) Neckarthailfingen und Plieningen.

5) Eilwagen von Schramberg, Oberndorf, Sulz, Horb, Rottenburg, Tübingen, Dettenhausen, Waldenbuch, Echterdingen.

6) Eilwagen von Calw, Weil die Stadt und Leonberg.

7) Eilwagen von Gaildorf, Murrhardt, Sulzbach, Backnang, Winnenden, Waiblingen, Canstatt.

8) Eilwagen von Wildbad, Calmbach, Calw und Böblingen.

9) Eilwagen von Donaueschingen, Schwenningen, Rottweil, Balingen (Ebingen, Sigmaringen), Hechingen, Tübingen, Dettenhausen, Waldenbuch, Echterdingen.

Die sich nicht gleichbleibenden Zeiten des Abgangs und der Ankunft der verschiedenen Postwägen ist aus den amtlichen Verzeichnissen zu ersehen.

Das Personal des Post-Amtes Stuttgart besteht aus:

1 Ober-Postmeister, 2 Hilfs-Beamten desselben, 2 Kassieren und 1 Hilfs-Beamten, 40 Expeditions-Beamten (8 für die Brief-Post, 24 für die Fahr-Post, 7 für die auf der Eisenbahn fahrenden Post-Ämter, 1 für die Zeitungs-Expedition), 3 Packern mit 13 Gehilfen, 3 Bureau-Dienern mit 3 Gehilfen, 4 Briefträgern mit 9 Gehilfen, 2 Brief-Kapselträgern, 1 Wagen-Aufseher mit 2 Gehilfen, 37 Conducteuren, 1 Einheizer; ferner 1 Poststall-Aufseher, 1 Schaffner und 6 Postillons.

Auch die Privat-Omnibus unterhalten einen lebhaften Verkehr. Täglich gehen solche hin und her nach Wildbad und Tübingen, sechsmal wöchentlich nach Schorndorf, dreimal nach Böblingen, Eßlingen, Hall, Leonberg, Sindelfingen und Waiblingen, zweimal nach Nürtingen und Winnenden.

4) Die Centralstation der Staats-Telegraphen, neuerlich in dem an das Bahnhof-Gebäude anstoßenden Staats-Gebäude Schloß-Straße Nro. 10 befindlich, wurde am 16. April| 1851 für die allgemeine Benützung eröffnet. Es sind für die vier hier zusammentreffenden Telegraphenlinien ebenso viele Morse’sche Schreib-Apparate aufgestellt. Diese vier Linien sind: 1) Die zugleich für den Eisenbahnbetriebs-Dienst bestimmte Linie nach Friedrichshafen, mit ihrer Fortsetzung bis zur bayerischen Grenze gegen Lindau; 2) die für den directen, namentlich internationalen Verkehr bestimmte Linie nach Ulm; 3) die zugleich für den Eisenbahn-Dienst bestimmte Linie nach Bietigheim, und von da sowohl nach Heilbronn als nach Bruchsal; 4) die directe für den internationalen Verkehr bestimmte Linie nach Bruchsal. Die vier Apparate sind so eingerichtet, daß jeder derselben getrennt für eine der genannten vier Linien benützt, oder auch je zwei derselben zur selbstthätigen Übertragung der durchgehenden Depeschen mit einander verbunden werden können. Es können sonach in Stuttgart gleichzeitig nach vier Richtungen Depeschen gegeben oder empfangen, oder es können die Apparate der Art gestellt werden, daß z. B. zu gleicher Zeit eine Depesche von Lindau nach Mannheim, und eine von Wien nach Straßburg mittelst selbstthätiger Übertragung die hiesige Station passiren. Diese steht mit sämmtlichen württembergischen Telegraphen-Stationen in fortwährender directer Correspondenz und übt über dieselben eine specielle Controle aus. Mit allen Haupt-Stationen des deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins, sowie mit den Großh. Badischen Stationen, mit Frankfurt a. M., Straßburg, der Schweiz, kann von Stuttgart aus direct telegraphisch verkehrt werden.

Im Lokal der Telegraphen-Inspection befinden sich in zwei Rösten die für die Erzeugung des elektrischen Stromes erforderlichen Batterien, bestehend für jeden Apparat aus einer Haupt-Batterie von 18, und einer Lokal-Batterie von 4 Daniell’schen Elementen. Ebendaselbst befindet sich in einem Kasten an der Wand die Vorrichtung für die Ableitung der atmosphärischen Electricität und gegen die Wirkung des Blitzes. – Die von dem Telegraphen-Bureau ausgehenden Drähte sind dem Bahnhof entlang an Stangen fortgeführt, und es ist die Lage des Telegraphen-Bureaus insofern eine sehr günstige, als sie nicht, wie in anderen größeren Städten, die Herstellung von kostspieligen und weit weniger sicheren unterirdischen Leitungen nothwendig machte.

Das Personal der Telegraphen-Station Stuttgart besteht aus 4 Telegraphisten, von welchen in den frequenteren Stunden 3, in den weniger frequenten 2, und während des Nacht-Dienstes von 10 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens 1 anwesend sind, und 2 Telegraphen-Boten, die mit einander im Dienst abwechseln.

| Im Kalenderjahr 1853 sind auf dem Telegraphen-Bureau in Stuttgart: Staats-Depeschen aufgegeben 112, angekommen 113, durchgegangen 649, zusammen 874; Privat-Depeschen: aufgegeben 2242, angekommen 3144, durchgegangen 13.251; zusammen 18.638; Depeschen des Eisenbahn-, Post- und Telegraphen-Dienstes: aufgegeben 2248, angekommen 2279, durchgegangen 314; zusammen 4841. Summe der aufgegebenen (4602), angekommenen (5536), durchgegangenen (14.215) Depeschen, im Ganzen 24.353.

5) Die städtische Güterbestätterei[1] hat zum Zwecke, diejenigen Güter, welche mit directen Frachtbriefen, ohne an einen Spediteur angewiesen zu sein, ankommen, zu übernehmen, und deren sicheren Umschlag, d. h. die Weiterbeförderung an ihre Adressen, zu vermitteln. In Folge der Schmälerung durch die Eisenbahn beschränkt sich der Verkehr auf etwa 20.000 Ctr. jährlich. – Die mit der Güterbestätterei verbundene Botenmeisterei gibt dem Publikum Gelegenheit, die durch Boten und Fuhrleute zu versendenden Gegenstände sicher befördern zu können, ohne mit diesen in directen Verkehr zu treten, welches bei den verschiedenen Absteig-Quartieren und deren häufigem Wechsel mit einiger Schwierigkeit und Unsicherheit verknüpft ist. Die Anstalt wird vorzugsweise zu Vermittlung der Nachnahmen benützt, und beträgt die Summe der jährlich vermittelten Nachnahmen etwa 30.000 fl. Mit den zu Fuß hier ankommenden Boten hat die Güterbestäterei und die Botenmeisterei wenigen und unregelmäßigen Verkehr. Ihre Zahl beträgt gegen 150. Die Zahl der mit Wagen ankommenden Fuhrleute, d. h. derjenigen, welche den Verkehr zwischen hier und anderen Orten regelmäßig an bestimmten Tagen vermitteln, beträgt 140–150, und vertheilen sich dieselben wie folgt: am Dienstag 50, am Mittwoch 15, am Donnerstag 15, am Freitag 15, am Samstag 50. – Mit dem Güter-Verkehr haben 12 Güter-Schaffner mit etwa eben so vielen Knechten und 3 Wagenspanner mit je 2 Knechten zu thun. Auf dem Bureau der Güterbestätterei arbeiten 1 Buchhalter und 1 Schaffner. Zu Vereinigung der Güter der Frachtfahrer und Boten ist übrigens die Errichtung eines besonderen Lager- und Waag-Hauses um so mehr Bedürfniß, als bis jetzt noch die Verladung der Güter vor den Gasthäusern und auf dem Markt-Platze geschehen muß, wo dieselben offen herum liegen. Der Gemeinderath hat dasselbe schon längst anerkannt; über einen geeigneten Platz konnte man sich aber noch nicht einigen.

6) Die 1846 errichtete Droschken-Anstalt ist sowohl für die Stadt selbst, als für deren Umgebungen bestimmt. Die| 30 Droschken, sämmtlich zweispännig, sind an verschiedenen Plätzen der Stadt aufgestellt. Außerdem besteht eine Anzahl bei dem Waisenhaus aufgestellter Fiaker. Beide Anstalten sind an gewisse, von der Polizei überwachte, Ordnungen und Tarife gebunden.

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B. Märkte und Verkehr mit Lebensmitteln.

Das Recht der Stadt zu Jahrmärkten ist wohl so alt, als diese selbst. Im Jahre 1507 trat Herzog Ulrich der Stadt das Standgeld ab und erweiterte das alte Recht auf drei Kram-, Pferde- und Rindvieh-Märkte, wovon jedoch der dritte erst später zu Stande kam. Der mit der Maimesse ehmals verbundene Roß- und Rindvieh-Markt wurde schon 1780 nicht mehr besucht. Im Jahr 1811 wurde der Herbstmarkt aufgehoben, so daß nur die noch bestehenden „Mai- und Weihnachts-Messen“ blieben. Dieselben beschränken sich übrigens, so lebhaft sie sind, doch nur auf den Klein-Verkehr mit Consumenten. Die Weihnachts-Messe 1850 haben z. B. 1191 Verkäufer besucht, wovon 233 Stuttgarter, 763 sonstige Württemberger und 195 Ausländer, meist aus den Zoll-Vereins-Staaten, waren. Die Schreiner, Töpfer, Kübler und Schuhmacher vom Lande sind immer am Stärksten vertreten. Auch der Weiler Berg hat zwei Jahrmärkte, wovon derjenige am 24. Juni sehr alt, der am 28. October aber 1821 errichtet worden ist. Für den Groß-Verkehr dagegen ist die am 18. Juni 1835 bewilligte Tuchmesse bestimmt, welche im August je drei Tage lang dauert und hauptsächlich von Käufern aus der Schweiz, Baden und Rheinbayern besucht wird. Im Jahre 1853 brachten 320 Verkäufer 12.984 Stücke zu Markt, wovon 7900 verkauft wurden. Von immer größerem Belange wird auch der am 19. August 1835 bewilligte und 25. April 1836 erstmals gehaltene Pferdemarkt, auf welchen besonders auch von auswärtigen Händlern viele Luxuspferde gebracht werden. Er ist, weil in der Regel zu derselben Zeit Pferde edler Raçen aus den berühmten Königl. Privat-Gestüten verkauft werden, vielfach von Ausländern, sowohl Pferde-Liebhabern als Pferde-Züchtern, besucht. Im Jahre 1854 kamen 1524 (1853 1014) Stücke zu Markt, wovon etwa 900 durchschnittlich um 221 fl. verkauft wurden; der höchste Preis war 1100 fl.

Die Zahl der für den nächsten Bedarf von Lebensmitteln bestimmten Wochenmärkte, wovon Herzog Christoph der Stadt 1560 das Standgeld abtrat, wurde 1728 von 2 auf 3 erhöht; wozu 15. Mai 1855 für die oberen Stadttheile auf dem Hospital-Platz ein weiterer Markt an den übrigen drei Wochentagen gekommen ist. Sie sind von um so größerem Belange, als die Stadtmarkung| kaum für einen Monat die Lebensbedürfnisse hervorbringt. Im J. 1853 kamen durchschnittlich 666 auswärtige Verkäufer auf jeden Wochenmarkt. – Der Vorkauf (d. h. der Aufkauf vor der Stadt; die Zahl der Vorkäufer s. zuvor S. 239) war durch das Stadtrecht von 1492 verboten, damit Alles zu Markt komme, und die Gremper, Merzler und Fürsitzer am Markt, d. h. die Viktualienhändler, durften eben deßwegen ihre Waaren nur in solchen Orten kaufen, die über eine Meile von Stuttgart entfernt waren; auch durften die Gremper die Preise von einem Wochenmarkte zum andern nicht erhöhen. Diese Einrichtung mit einer gewissen Zahl privilegirter Vorkäufer bestand noch 1764: die Aufhebung dieses Privilegiums und die Zulassung jeder Viktualien-Verkäufer erfolgte 1811, und die weitere Beschränkung, daß die Vorkäufer vor dem Ablauf einer gewissen Zeit auf dem Markte nicht kaufen durften, kam 1848 außer Übung.

Der Dienstags Statt findende, schon seit alten Zeiten bestehende, Fruchtmarkt, für welchen hinsichtlich des Vorkaufs die schon erwähnten Beschränkungen gleichfalls galten, wurde 1811 neu eingeführt und die Fruchthalle von dem Rathhaus in den von der Stadt erkauften alten Marstall, 1823 aber in das von Stein neu erbaute Kornhaus bei der St. Leonhards-Kirche verlegt, über welches ein städtischer Inspector mit den erforderlichen Fruchtmessern etc. bestellt ist. Der Markt wird zumeist mit Brodfrüchten, hauptsächlich von Bayern und namentlich von Nördlingen her, befahren; er hat aber, weil die Preise seit den letzten Jahren mit denjenigen der bayerischen Märkte auf gleicher Höhe standen, abgenommen, und die Beifuhr ist von 70.986 Sch. Frucht im Jahre 1843 auf 19.861 Sch. im Jahre 1852 zurückgegangen. Daher besuchen die hiesigen Bäcker neuerlich häufiger die Heilbronner Märkte, oder kaufen sie die Frucht in den Dörfern des Strohgäus. Der Handel mit Mehl dagegen ist fortwährend in Zunahme: die 27 Händler sollen 1852 32.205 Ctr. verkauft haben, wovon 25.000 auf die Kunstmühle in Berg treffen.

Zu den Besuchern der Wochenmärkte kommt alltäglich noch eine große Menge von Producenten, um auf dem Markte und in Wohnhäusern feil zu bieten. Die Zahl der mit Patenten versehenen Hausirer beträgt 155; noch größer ist die Zahl der Angehörigen hiesiger Weingärtner, welche in gewissen Häusern Gemüse u. dgl. verkaufen.

Was die wirkliche Consumtion der Stadt betrifft, so wurden 1852 nach den Angaben der Bäcker 234.000 Sch. Dinkel in 3.942.000 Laibe von 6 Pfd. zu Brod verbacken, und fielen an Erlös für 292.000 fl. auf Wecken und 87.600 fl. auf mürbes Backwerk. Hievon geht etwa 1/30 auf das Land, und treffen also| 457 Pfd. und 6 Wecken etc. auf den Kopf[2]. Das Brod, sowohl das weiße als das schwarze, wird in der Regel aus Kernen (vom Dinkel), das erstere aus der dritten, das letztere aus der dritten und vierten Mehl-Sorte, gebacken. Der Verbrauch des weißen Brodes ist überwiegend, etwa 7/8 des Ganzen. – Den Fleisch-Verbrauch im J. 1852 geben die Metzger an zu 2610 Ochsen, 800 Rinder und Kühe, 12.814 Kälber, 953 Hämmel und Schafe, und 1231 Schweine. Die Richtigkeit dieser Angabe muß jedoch bezweifelt werden, da im J. 1814, bei nur etwa 27.000 Einwohnern, die damalige Schlacht-Accise von 2241 Ochsen, 667 Rindern und Kühen, 11.049 Kälbern, 1819 Hämmeln und Schafen, und 2502 Schweinen entrichtet worden ist (Memminger Stuttgart und Ludwigsburg S. 78). Nimmt man an, daß die Consumtion seit 1814 nach Verhältniß der Bevölkerungs-Zunahme sich vergrößert hat, so treffen gegenwärtig bei 50.000 Einwohner auf den Kopf als Minimum jährlich: Rindfleisch, 48,9, Kalbfleisch, 16,4, Schaffleisch, 2,0, Schweinefleisch 10,2; zusammen 77,5 Pfd.[3] – Die Milch wird von umliegenden Orten hereingebracht. Es kommen (1852) täglich 804 Frauen und Mädchen mit durchschnittlich 6767 Maas Milch, wovon 117 mit 838 Maas aus Heslach, und 91 mit 567 Maas aus Gablenberg. Einen Handel mit Milch treiben hier 47 Personen. – Ferner kamen im Jahr 1852 zum öffentlichen Verkauf Butter 244.930 Pfd. Eier 566.592 Stücke, Geflügel 39.300 Stücke, Fische 118 Ctr., Kartoffeln 62.498 Simri, Brennholz 15.348 Klafter. Außerdem wurden in dem Holzgarten der Staats-Finanz-Verwaltung 1852–1853 5134 Klafter abgegeben. Vieles von diesen Gegenständen wird überdieß von Hausirern oder auswärts aufgekauft. Das Bier-Erzeugniß beträgt, wie schon bemerkt, 26.461 E., eingeführt werden etwa 6500. Da von diesen 32.961 E. wieder 1155 E. ausgeführt werden, so verbleiben 31.806 E. zur Verzehrung, oder 100 Maas[4] (160,4 Berliner Quart auf den Kopf[5]). |
C. Commissionäre.

Zu Vermittlung von Einkäufen und Verkäufen, Bestellungen von Gewerbs-Gehilfen, Gesinde, Besorgung von Geld-Anlehen u. s. w. sind mit polizeilicher Cognition Agenten zugelassen, welche Privaten gegen obrigkeitlich bestimmte Taxen bedienen. Die Zahl solcher Agenturen ist 24, wovon 22 mit Vermittlung der in den letzten Jahren zahlreich gewordenen Auswanderungen nicht sowohl hiesiger als vielmehr anderwärtiger Landes-Einwohner sich beschäftigen; die Zahl der Commissions-Bureaux 14; die der Magd-Verdingerinnen 9.

D. Anstalten zur Sicherung des Eigenthums.

Stuttgart ist, mit Ausnahme der im geschichtlichen Theile erwähnten beiden großen Brandfälle in den J. 1716 und 1761 von größeren Feuersbrünsten nicht heimgesucht worden, da die Brände sich im Übrigen meist auf einige Häuser, die überdieß selten ganz zerstört wurden, beschränkten. In den 10 Jahren 1841–1850 kamen 15 Brandfälle vor, wodurch 32 Familien in Schaden geriethen, 2 Neben-Gebäude abbrannten, 22 Haupt- und 10 Neben-Gebäude nur zum Theil beschädigt wurden, und der Schaden nach dem Brand-Versicherungs-Anschlag 18.248 fl. und der Verlust an Mobilien, wovon 87,6 Prozent von Gesellschaften ersetzt wurden, 27.026 fl. betrug (s. Württ. Jahrb. 1851. II. S. 154). Im Verhältniß zu dem ganzen Lande ist die Zahl der Gebäude-Beschädigungen durch Brandfälle hier äußerst gering; woraus sich ergibt, daß die Stuttgarter Gebäude-Besitzer, deren großer Gebäude-Anschlag dem überall im Lande gleichen Brand-Versicherungs-Beitrag unterliegt, hiedurch das Meiste für anderwärts vorkommende Brandschäden beitragen[6].

Eine Feuer-Ordnung enthält schon das Stadtrecht von 1492; um dieselbe Zeit findet sich auch bereits eine Feuerschau. Im J. 1581 erschien die zweite, 1818 die neunte Feuer-Ordnung für die Stadt, woneben eine 1818 und 1836 erneuerte Hof-Feuer-Ordnung besteht. Der S. 15 erwähnte Feuer-See wurde 1707 zu einer Wassermasse von 38.280 Eimern angelegt. – Der erste Blitz-Ableiter ward 1783 durch Professor Hemmer aus Mannheim, der 1782 die Schloß-Gebäude in Hohenheim damit versehen| hatte, errichtet. Im J. 1809 wurden 205, 1815 283 Blitz-Ableiter hier gezählt. Im Sommer 1854 betrug die Zahl 580. – Für die Vollziehung und Beobachtung der feuerpolizeilichen Vorschriften besteht, außer der die Gebäude der Civilliste überwachenden Oberhof-Feuerschau, die städtische Feuerschau, aus einem besoldeten Ober-Feuerschauer, 6 Bau-Handwerkern und 4 Kaminfegern zusammengesetzt. Auf das Feuer haben außer den Nachtwächtern die auf den Stifts-Kirchen-Thürmen wohnenden 4 Hochwächter zu achten.

Was die Feuerlösch-Anstalten[7] betrifft, so bestanden die Lösch-Instrumente der Stadt im J. 1809 in 3 großen fahrbaren Feuer-Spritzen, 8 Trag-Spritzen, 16 Feuer-Fässern, 18 Wasser-Zubern, 400 Feuer-Butten, 100 Wasser-Schapfen, 300 Feuer-Eimern, 5 Segel-Tüchern, 10 Feuer-Leitern, 15 Feuer-Hacken, 10 Einreiß-Haken, 100 Pech-Pfannen, 1 Kessel-Wagen, 3 großen Kesseln, 1 Schnell-Wagen, 1 Rettungs-Leiter. Bis 1850 wurden diese Requisiten vermehrt um 3 fahrbare Feuer-Spritzen, mehrere Trag-Spritzen in den städtischen Gebäuden, 2 Feuer-Wagen, 100 Wasser-Butten, vielen Feuer-Leitern, Pech-Pfannen und 1 Wasser-Zubringer. Dazu kamen 1850 3 vom Staat abgetretene Fahr-Feuer-Spritzen. Außerdem werden für die Hof-Gebäude 3 Fahr-Spritzen und sehr viele Trag-Spritzen in Bereitschaft gehalten. Auch in den Weilern sind Feuerlösch-Geräthe aufgestellt, und zwar: in Heslach 1 Trag-Spritze größerer Gattung, 50 Butten, 10 Schapfen, 2 Feuer-Leitern und Einreiß-Hacken; in Gablenberg 1 größere und 1 kleinere Trag-Spritze, 50 Butten, 10 Schapfen, 2 Feuer-Leitern und 2 Einreiß-Hacken; in Berg 1 große Fahr-Feuer-Spritze, 10 Butten und Schapfen, und mehrere Feuer-Leitern. – Neben den zum Löschen selbst bezeichneten Personen bestand seit 1830 eine etwa 250 Mann starke Gesellschaft zur Flüchtung aus Feuers-Gefahr.

Obwohl bei allen Brand-Fällen durch den größten Eifer und den besten Willen der Einwohnerschaft dem Umsichgreifen des Feuers gewehrt wurde, so zeigte sich dennoch bei Vorgängen anderer Städte, namentlich Carlsruhe, eine Einrichtung wünschenswerth, nach welcher für das Löschen des Feuers geübte Leute unter einem Commando bestellt würden. Nach einem 1847 vergeblich ergangenen Aufrufe an die hiesigen Einwohner: eine solche Feuerwehr zu bilden, nahm 1850 der Lokal-Gewerbe-Verein die Sache wieder auf, und es wurde sofort unter bereitwilliger Mitwirkung der Gemeinde-Behörde und mit freiwilligen Beiträgen von Privaten im Jahr 1852 die hiesige Feuerwehr zu Stande gebracht, deren Statuten den| 10. December 1853 die Staats-Genehmigung erhielten. Die Feuerwehr ist aus 450 Mann Freiwilliger zusammengesetzt, militärisch geordnet, und theilt sich unter einem Commandanten mit 2 Adjutanten, zugleich Stellvertreter des Commandanten, in 6 Compagnien, denen je 1 Hauptmann vorgesetzt und 1 Trompeter beigegeben ist. Die erste Compagnie besteht aus den Steigern und der Einreiß-Mannschaft in 4 Rotten, die zweite aus den 3 großen Spritzen-Bedienungs-Mannschaften; die dritte aus den Wasser-Zubringern; die vierte aus den Butten-Trägern und Schöpfern mit einer Butten-Spritze größerer Gattung; die fünfte und sechste aus den Rettungs-Mannschaften. Die Offiziere, Spritzen- und Schlauch-Meister etc., werden auf 2 Jahre durch das Corps gewählt; die Wahl des Commandanten und seines Stellvertreters unterliegt der Bestätigung durch die Regierung. Die ganze Mannschaft ist mit messingenen Helmen, zum Theil mit starken Gürteln, Seilen, Beilen, Äxten, Hämmern, Sägen etc. ausgerüstet, und es steht ihr eine große Anzahl verschiedener Leitern, Wagen und sonstiger Gegenstände nach den erprobtesten Mustern zu Gebote. Sie bildet ein selbstständiges Ganzes unter ihrem Commandanten, welchem in Brand-Fällen allein die specielle Leitung der Gesammt-Löschmannschaft und Anstalten unter dem Oberbefehle des Stadt-Directors etc. zusteht. Mit der Feuerwehr ist eine Unterstützungs- und Sterbe-Kasse verbunden (S. unten).

Wiewohl die Feuerwehr-Mannschaft in den meisten Fällen einem ausgebrochenen Feuer wird wehren und Einhalt gebieten können, so läßt sich dieß doch, namentlich wenn das Feuer größer oder sonst nicht leicht zu bewältigen ist, nicht für alle Fälle annehmen; daher die älteren Lösch-Einrichtungen noch neben der Feuerwehr fortstehen. Zu diesem Zwecke ist außer den 3, von den Feuerwehren bedienten Spritzen, für die übrigen 9 städtischen Feuer-Spritzen das Personal an Obmännern, Schlauch- und Rohr-Führern und Pump-Mannschaften bezeichnet, und das städtische Brunnen-Personal für Beischaffung des Wassers aus dem Reservoir und den Feuerlagen oder sonstigen Canäle (s. oben S. 15) bestimmt.

Bei Brand-Fällen in umliegenden Orten, gegen 60 an der Zahl, wird gewöhnlich 1 Feuer-Spritze und 1 Feuer-Wagen mit Leitern, Hacken etc., nebst der Bedienungs-Mannschaft unter der Aufsicht des Ober-Feuerschauers, auch ohne vorgängiges Nachsuchen abgesendet.

An der schon seit dem Jahr 1772 bestehenden, über das ganze Land sich erstreckenden Gebäude-Brand-Versicherungs-Anstalt ist das Gebäude-Eigenthum im Stadtbezirke Stuttgart mit| einem Werths-Anschlag von 23.294.700 fl. betheiligt (S. oben S. 141). Der Verwaltungsrath nebst der Kasse dieser zufolge Gesetzes v. 15. März 1853 neu organisirten Landes-Anstalt hat hier seinen Sitz. Von 1852–53 hatte dieselbe eine Soll-Einnahme von 694.915 fl. 11 kr. und eine Schuldigkeit von 808.838 fl. 51 kr. Die Umlage von 7 kr. von 100 fl. des Versicherungs-Anschlags war 497.851 fl. 50 kr., die Brandschadens-Vergütungen betrugen 413.893 fl. 8 kr., die Verwaltungs-Kosten 24.808 fl. 38 kr. Die Rechnungs-Ergebnisse werden alljährlich durch den Staats-Anzeiger veröffentlicht.

Zu Entschädigung für das bei Brandfällen zu Grunde gehende Mobilar-Vermögen bildete sich 1828 auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit eine freiwillige Gesellschaft unter dem Namen württemb. Privat-Feuer-Versicherung, welche gegen vorauszuzahlende Jahres-Prämien für bestimmte Zeit Mobiliar-Eigenthum zunächst nur in Württemberg, sowie in den Fürstenthümern Sigmaringen und Hechingen versichert, und von der ihr für Bayern ertheilten Concession vorerst keinen Gebrauch macht. Der die Anstalt verwaltende, aus fünf Mitgliedern bestehende Ausschuß wird durch eine von der Gesellschaft bestellte Wahl-Commission gewählt und durch eine Controle-Commission von sechs durch die General-Versammlung gewählten Mitgliedern controlirt. Die Zahl der Mitglieder war am 1. Juli 1853 etwa 50.000 (worunter 2500 Stuttgarter) mit 101.512.647 fl. Versicherungssumme, (worunter 9.658.696 fl. von Stuttgart) und durchschnittlich 1 fl. 30 kr. Jahresbeitrag (Prämie) von 1000 fl. Versicherungswerth; an Brand-Entschädigungen wurden bezahlt 1853 81.716 fl., von 1828 bis 1853 aber 2.245.313 fl. (wovon 45.974 fl. an Stuttgarter); das Vermögen, einschließlich des Reservefonds, betrug 759.419 fl. Die Rechnungs-Ergebnisse werden alljährlich durch öffentliche Blätter bekannt gemacht.

Außer bei dieser haben sich das Land und die Stadt noch bei einigen gesetzlich zugelassenen fremden Mobiliar-Feuer-Versicherungs-Gesellschaften betheiligt. Im Jahre 1853 zählten: der deutsche Phönix in Frankfurt a. M. 4730 Versicherte in Württemberg und 280 in Stuttgart insbesondere, mit beziehungsweise 15.993.000 fl. und 2.325.000 fl. Versicherungs-Vermögen; die Feuer-Versicherungsbank für Deutschland in Gotha 1020 und 95 Versicherte mit 4.203.553 und 58.200 Rthlr.; die Aachen-Münchener Anstalt 1250 und 260 Versicherte mit 7.000.000 fl. und 2.450.000 fl.; die Gesellschaft Colonia in Cöln hat in dem Hauptagentur-Bezirk Stuttgart 989 und in Stuttgart selbst 392 Versicherte mit 4.834.874 fl. und 2.412.180 fl.; und die Gesellschaft| in Elberfeld 56 und 2 Versicherte mit 430.974 fl. und 84.500 fl. Versicherungs-Vermögen. Der Gesammtbetrag des von Stuttgartern versicherten Mobiliar-Vermögens ist daher etwa 17 Millionen Gulden.

In Stuttgart befindet sich ferner die 1830 gegründete württemb. Hagel-Versicherungs-Anstalt: eine auf das ganze Land und auf das Fürstenthum Hohenzollern-Sigmaringen sich erstreckende Privat-Gesellschaft, welche indessen 15.000 fl. Jahresbeitrag vom Staat erhalten hat. Die Anstalt ist (1854) in einer Reorganisation begriffen. Übrigens sind neuerlich auch auswärtige Hagel-Versicherungs-Gesellschaften zur Übernahme von Versicherungen im Lande zugelassen.

E. Gegen Übervortheilung

bestehen wie anderwärts im Lande Taxen für Brot und Fleisch. Ein gemeinderäthlicher Beschluß, welcher die Preis-Regulirung des Fleisches dem freien Verkehr überlassen will, hat die höhere Genehmigung noch nicht erhalten. – Das Pfechten wird durch eine vom Gemeinderath aufgestellte Commission vorgenommen in vier Abtheilungen für 1) das Eisengewicht, 2) das Medicinal- und Gold-Gewicht, 3) die Hohlmaße und 4) die Faßgeschirre. Stuttgart ist eine der vier Lagerstädte für die Normalmaße; auch ist das hiesige Pfechtamt zugleich als Hauptpfecht-Amt für das ganze Land bestellt und steht in dieser Eigenschaft unter der Leitung des jedesmaligen Münzwardeins (K. Verordnung vom 29. Nov. 1843). – Für die Gold- und Silber-Arbeiter besteht seit 1828 eine aus einem Gemeinderaths-Mitgliede und zwei Schaumeistern zusammengesetzte Controle-Anstalt, welche die Arbeiten prüft und die probemäßig erfundenen stempelt. – Für das Messen des Brennholzes sind 17 beeidigte Holzmesser bestellt. – Auch die Fruchtmesser des Kornhauses sind in Pflichten genommen.

F. Gefängnisse und Straf-Anstalten.
Die Gefängnisse des Criminalamtes, in 16 Lokalen bestehend, wovon 2 größere vorzugsweise zur Aufnahme von Straf-Gefangenen dienen, sind in dem massiven Gebäude des ehemaligen Bebenhäuser Hofes nächst dem Stadt- und Criminal-Gerichts-Lokal (S. 130) eingerichtet. Zur Bewachung der Gefangenen steht vor dem Gebäude eine Schildwache; neben demselben liegt die Kaserne der hier stationirten Landjäger. Im Jahre 1852/53 war die Zahl der Untersuchungs-Gefangenen 309, die der Straf-Gefangenen 109; im Jahre| 1853/54 beziehungsweise 521 und 118. In den im Gebäude der Stadt-Direction eingerichteten Gefängnissen der Stadt-Direction war 1853 die Zahl der oberamtlichen Gefangenen 1590, die der Transport-Gefangenen 2710; im Jahre 1854 beziehungsweise 2230 und 4030. In den ebenda eingerichteten Gefängnissen des Stadt-Polizei-Amtes waren 1853 5409, 1854 8628 Gefangene.

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Die Militär-Straf-Anstalt[8], in dem Gebäude an der Militär-Straße vor dem Büchsenthore, ist aus einem der unter der vorigen Regierung gegründeten Galiotenhäuser für zu Festungs-Arbeit und Kettenstrafe verurtheilten Civil- und Militär-Personen hervorgegangen. Seit 1826 sind nur noch Militär-Sträflinge, und zwar solche in der Anstalt, welche von den Militär-Gerichten abgeurtheilt, beziehungsweise zur Festungs-Arbeits-Strafe verurtheilt wurden. In diesem Gebäude befindet sich seit 1. Juli 1844 auch die früher in Hohen-Asberg gewesene, durch das bürgerliche Straf-Gesetzbuch von 1839 nöthig gewordene, zwischen dem Regiments-Arrest und der Sträflings-Anstalt die Mittelstufe bildende und dem Kreisgefängniß entsprechende, militärische Gefängniß-Anstalt, deren Gefangene abgesondert von den Militär-Sträflingen verwahrt, verpflegt und beschäftigt werden, und wovon die der bürgerlichen Ehren und Dienstrechte verlustigen Gefangenen „die zuchtpolizeiliche Abtheilung“ bilden. Im Durchschnitt der Jahre 1849–52 waren jährlich 95 Sträflinge und 17 Straf-Gefangene in der Anstalt. Dieselbe steht in beiderlei Hinsicht zunächst unter dem Stadt-Gouverneur, indeß ein Oberaufseher (Hauptmann) mit 4 Inspectoren (Feldwebeln) und 1 Fourier die specielle Aufsicht führen und 1 Öconomie-Verwalter (zugleich Beamter des Kriegs-Ministeriums) und 1 Öconom mit 1 Aufwärter den öconomischen Theil besorgen. Sowohl die Straf-Gefangenen als die Sträflinge tragen besondere Kleidungen. Die in die zweite Straf-Abtheilung versetzten Sträflinge erhalten Spandauer Eisen, und diejenigen, welche Fluchtversuche gemacht, Ketten. Jeder darf 6 kr. zu gewissen Genußmitteln täglich verwenden. Die kirchliche Berathung ist dem Pfarrer von Heslach und dem katholischen Stadt-Pfarrer übertragen. Die Sträflinge und die Gefangenen besuchen an Sonn- und Fest-Tagen und an einem Wochentage den Gottesdienst in ihren Kirchen und werden durch einen städtischen Schulmeister im Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet und geübt. Die Sträflinge werden vorzugsweise zur Beschäftigung im Freien verwendet und auch an Privaten zu| Handarbeiten verdingt, indeß die Straf-Gefangenen zu Hausgeschäften angehalten werden. Die Kranken werden in dem Militär-Hospital verpflegt.

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Das westlich von der Stadt an der Bothnanger und Militär-Straße liegende Pönitentiar-Haus wurde 1846 zu bauen begonnen und soll vier Flügel umfassen, die sich an vier einander entgegengesetzten Seiten eines achteckigen, das Centrum bildenden Baues in der Art anschließen, daß sie die Figur eines rechteckigen Kreuzes darstellen. Bis jetzt sind nur das Central-Gebäude und die beiden in einer Linie von Süd-Ost gegen Nord-West sich erstreckenden Flügel vollendet. Das erstere, dessen Seiten sich genau nach den vier Haupt- und den vier dazwischen liegenden Himmelsgegenden richten, ist 64′ und bis zur Spitze des Glockenthürmchens 90′ hoch, und 23′ 2″, beziehungsweise 16′ 8″ breit, auf jeder Seite durch alle vier Stockwerke mit zwei vergitterten 5′ 5″ breiten, 10′ 2″ hohen Fenstern versehen. Im ersten Stocke sind die Canzlei, das Sprachzimmer der Gefangenen (mit ihren Angehörigen etc.) und das innere Wachzimmer; im zweiten der Speise- und Lehr-Saal, Verhörzimmer etc., den dritten und vierten Stock nimmt der ganzen Ausdehnung nach der Bet-Saal ein, mit einer Galerie in der Höhe des vierten Stockes. Der südwestliche 120′ lange 80′ hohe Flügel enthält: im Verwaltungs-Gebäude auf dem ersten Stock das Militär-Wachzimmer, das äußere Wachzimmer, Wohnzimmer des Kostreichers etc., auf dem zweiten die Wohnung des Verwalters und im dritten und vierten Stocke Dienstwohnungen; der übrige Theil des Flügels ist durch alle vier Stockwerke für die Krankenpflege der Gefangenen eingerichtet. Der nordwestliche Flügel, dem oben beschriebenen nach den Umrissen entsprechend, mit zwei steinernen Wendeltreppen (eine zum Hinauf-, die andere zum Hinabgehen), enthält im Erdgeschoß und ersten Stock je zwei die ganze Länge einnehmende Arbeits-Säle, im zweiten, dritten und vierten Stock und im Dach-Stock je zwei Zimmer, sowie sechs einfache und zwei doppelte Zellen, je 12′ lang und 7′ beziehungsweise 14′ breit, mit einem in der Höhe von 6′ angebrachten Fenster. Zu den Zellen in den drei letzterwähnten Etagen führen keine Gänge, sondern zwei gebretterte Galerieen mit eisernen Stacketen-Geländern, durch deren Zwischenraum die Vorgänge in den oberen und unteren Stockwerken von jedem Zellenstock aus beobachtet werden können. Die Gebäude sind von Sandstein und rings von einer 18′ hohen, 2′ 2″ 5‴ dicken, mit zwei gewölbten Eingangsthoren versehenen Mauer umgeben, welche sechs Nischen für die Militärposten hat. Der freie Hofraum ist vorerst in zwei Räume getheilt. In den zwischen den Flügeln liegenden abgesonderten| Höfen stehen je zwei Röhren-Brunnen, welche durch eine Wasserleitung vom Bothnanger Berge gespeist werden. Das Trink- und Koch-Wasser liefert ein Pump-Brunnen. Ein durch Pallisaden und Bretter abgeschlossener Hofraum ist zur Bewegung der Gefangenen in freier Luft bestimmt. Im Hofe steht außer einigen Holzschuppen etc. das Dampfheizungs-Gebäude, aus welchem durch kupferne Röhren der Dampf in die Gefängniß-Locale geführt und in diesen selbst durch gußeiserne Cylinder weiter geleitet wird.

Die in diesem Gebäude eingerichtete sogenannte Pönitentiar-Anstalt hat, bis zu Vollendung des Baues, blos die Bestimmung eines provisorischen Filiales des Zuchthauses in Gotteszell, und wurde als solches im September 1850 eröffnet. Für die Behandlung der Gefangenen ist ein eigenes Straf-System gesetzlich noch nicht festgestellt, sondern die für das Zuchthaus in Gotteszell geltende Hausordnung vom 23. Jan. 1843 (Regbl. v. 1843. S. 42 etc.) maßgebend. Durch K. Verordnung vom 30. Jan. 1851 wurde bestimmt, daß sämmtliche auf Lebensdauer verurtheilte Gefangene männlichen Geschlechts in hiesiger Straf-Anstalt untergebracht werden sollen; es sind gegenwärtig 24. Die Strafdauer der übrigen zeitlich verurtheilten Gefangenen (115 männl. Geschlechts) beträgt 5–30 Jahre. Die Mehrzahl der Gefangenen ist in vier großen Arbeits-Sälen gemeinschaftlich, der Rest in sogenannten Doppel-Zellen zu 2 und 3 oder, so weit sie es selbst wünschen, in Einzeln-Zellen beschäftigt. Die in Einzeln-Zellen beschäftigten Gefangenen haben daselbst auch ihre Schlafstellen in Hängmatten, wogegen die in den Sälen beschäftigten bei Nacht theils in den 64 Zellen, so weit solche verfügbar sind, einzeln, theils in zwei Schlaf-Sälen untergebracht werden.

An der Anstalt stehen ein Vorstand, zugleich Justitiar und Verwalter, 1 evangelischer Geistlicher, sowie, mit Nebenfunktionen, 1 katholischer Geistlicher und 1 Schullehrer, 1 Arzt und 1 Wund-Arzt; sodann 1 Ober-Aufseher und 10 Aufseher, welch’ letztere zunächst zum Polizei- und Sicherheits-Dienst, zugleich aber auch als Gewerbe-Aufseher verwendet werden und dem Landjäger-Corps angehören. Die nach 24stündigem Dienste zur Ablösung kommende, der hiesigen Garnisons-Mannschaft entnommene, von einem Obermann commandirte Militärwache zählt 12 Mann.

Die Arbeitszeit der Gefangenen beträgt täglich 11 Stunden. Ihre Arbeiten sind durch die Hausordnung auf das Innere der Anstalt beschränkt und bestehen meist in Gegenständen für die S. 233 u. 234 erwähnten Goldleisten- und Patentschiefertafeln-Fabriken. Die Ausführung geschieht entweder im Taglohn oder im Accord nach der Stückzahl; in beiden Fällen wird die Leistung eines Gefangenen| täglich zu etwa 20 kr. verwerthet, wovon derselbe in der Regel 1/41/3 als Nebenverdienst erhält, welchen er, soweit er 6 kr. täglich nicht übersteigt, für sich selbst verwenden darf.

In vier wöchentlichen Stunden wird Schulunterricht ertheilt, an welchem alle Gefangene unter 30 Jahren Theil nehmen müssen. – Gottesdienst wird regelmäßig an Sonn-, Fest- und Feier-Tagen, auch noch einmal wöchentlich für jede Confession eine Religionsstunde gehalten. Außerdem hält an Sonntagen Nachmittags der Lehrer den versammelten Gefangenen eine Vorlesung aus einem nützlichen Buche.

Was die Gesundheits-Verhältnisse der Gefangenen betrifft, so kamen 1852–53 bei einer Zahl von 111 in das Hospital der Anstalt 84, wovon 72 geheilt und 5 ungeheilt entlassen wurden. Es starben 2 und Einer entleibte sich selbst. Der höchste Krankenstand mit 9 war am 29. Juni 1853, der niederste mit 0 am 28. März 1853. Die im Hospital am Häufigsten vorgekommenen innerlichen Krankheiten waren: Catarrhfieber und gastrische Fieber; außerdem Drüsen-Anschwellung.

Über die Zellen-Haft konnten bis jetzt sichere Erfahrungen nicht gemacht werden, weil die Isolirung freiwillig und jedenfalls nicht streng durchgeführt ist, indem auch die Zellen-Gefangenen an den gemeinschaftlichen Bewegungen im Hofe, am gemeinschaftlichen Gottesdienst und Unterricht Theil nehmen.

G. Das Polizei-Personal.

Der Stadtbezirk besteht unter dem Polizei-Amtmann und den 3 Districts-Commissären (S. 266), aus 1 Oberwachtmeister, 1 Wachtmeister, 3 Unteroffizieren und 43 Polizei-Soldaten, wovon 3 in den Weilern sich aufhalten. Die Zahl der in Stuttgart stationirten Landjäger ist 15. Zu Unterstützung der Polizei-Mannschaft sendet die mit beziehungsweise 51 und 30 Soldaten besetzte Schloß- und Haupt-Wache allnächtlich regelmäßig, Sommers von 9–3, Winters von 8–4 Uhr, in bestimmten Reihenfolgen der Straßen Patrouillen aus; indeß gegen bedeutendere Störungen der Ordnung auf Anrufen außerordentliche Militär-Patrouillen erfolgen, und die Polizei auch in einzelnen Fällen von den gewöhnlichen Militär-Wachen unterstützt wird.

Die Zahl der auf Gemeindekosten bestellten umgehenden Nachtwächter ist 20 in der Stadt und 6 in den Weilern. Mit jenen, die sich in 5 Districte theilen, sind seit 1849 die früheren Windwächter vereinigt. Der schon 1813 gemachte Vorschlag, die Nachtwächter| durch eine an bestimmten Orten stationirte Polizei-Nachtwache zu ersetzen, ist nicht zur Ausführung gekommen.

Für den Schutz der Felder sind unter einem Ober-Feldwächter 6 Feldwächter von der Gemeinde angestellt, welche zur Zeit der Obst- und Trauben-Reife, durch 12–16 Feld-Schützen auf Kosten der Güterbesitzer vermehrt werden.


  1. Nach Mittheilungen des Güterbestätters Sattler.
  2. In Frankfurt a. M. nur 3221/2 Pfd. (Meidinger etc. Statist. Frankf. 1848 S. 49), in Wien 344 Pfd., in Berlin 289 Pfd., in München 369 Pfd. (Cotta’sche Vierteljahrsschrift 1845 IV. 148). Nach dem Jahres-Bericht der amtl. Statistik auf 1853 kamen an Mehl und Back-Waaren in Berlin nur 1491/16 Pfd. auf den Kopf.
  3. In Württ. überhaupt 31,42 Pfd. (W. Jahrb. 1853 II 187), in Frankfurt a. M. im J. 1842 160,79 Pfd. (Meidinger a. a. O. 60); einschließlich von Wild und Geflügel in London 163 Pfd., in Paris 98, in Wien 217, in Berlin 109 (1853 nur 87), in München 236 Pfd. (Viertelj.-Schr. a. a. O.), in Carlsruhe 83 Pfd.
  4. Im ganzen Lande im Durchschnitt von 1844–1850 501/2 M.
  5. In London 180, in Wien 65, in Berlin 26, in München 510 Berliner Quart (Vierteljahrsschrift a. a. O.).
  6. Von 1772 bis 1. Juli 1855 wurden von den Stuttgartern nicht weniger als 777.525 fl. 50 kr. Versicherungs-Beiträge bezahlt, wovon auf die letzten 10 Jahre 306.277 fl. 27 kr. treffen. An Entschädigungen waren ihnen dagegen im Ganzen nur 50.958 fl. 12 kr. zu geben, davon in den letzten 10 Jahren 17.114 fl. 35 kr.
  7. Von Stadt-Baumeister Fritz.
  8. Nach Mittheilungen des Oberkriegsraths v. Mögling.


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