« Kapitel BW1 Beschreibung des Oberamts Waldsee Kapitel BW3 »
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2. Gemeinde Arnach,

604 Einw.

1) Arnach, ein kathol. Pfarrdorf 37/8 St. südöstlich von Waldsee, mit 370 Einw.; C. A. Waldsee, F. A. Altdorf. Den großen und kleinen Zehenten bezieht die Pfarrei, Heu-, Klee- und Obstzehenten wird keiner gereicht. Patronats-Herr ist der Fürst. Die Grundlasten des Gemeindebezirks betragen 845 fl. in Geld und 774 fl. in Natural-Abgaben. Außer dem Fürsten, der den größten Theil bezieht, haben hauptsächlich die Armen-Verwaltung Waldsee und die Kirchenpflege Arnach, sodann in geringerem Maße Werner von Greut, der Fürst von Waldburg-Wurzach und der Staat Theil daran. Arnach selbst besteht aus 47 fürstl. und 9 der Kirche daselbst gehörigen Lehengütern und Sölden und einem Wernerischen Söldgute. Es liegt im Algäu an der äußersten Grenze des Oberamts gegen Leutkirch auf der Wasserscheide zwischen den Fluß-Gebieten des Rheins und der Donau, an der von Wolfegg nach Leutkirch führenden Staatsstraße. Das Dorf hat eine freundliche offene Lage; es ist weitläufig angelegt, die Gebäude sind fast durchaus mit Schindeln gedeckt. Die Felder sind, wenn gleich die Lage rauh und bergig ist, meistens gut. Es hat eine Kirche, ein Pfarr-, ein Caplanei- und ein Meßnerhaus und eine Schildwirthschaft. Die Baulast an der Kirche und dem Pfarrhaus hat die Kirchenpflege und subsidiär die Zehentherren, am Caplanei-Gebäude hat sie die Grundherrschaft Waldburg W.-W. Die sehr schöne Kirche wurde in den Jahren 1744/48 neu erbaut, der damalige Pfarrer Dr. Rom leistete dazu einen Beitrag von 6000 fl. Die Kirchenpflege hat ein Vermögen von 5640 fl. Capital, einen jährlichen Grundzins von 60 fl. 24 kr., und durchschnittlich jährlich 130 fl.| Frucht-Erlös. An der Kirche ist ein Pfarrer und ein Caplan angestellt. Die Caplanei stiftete der Pfarrer Dr. Rom, s. u. In die Pfarrei gehören seit 1818 die nachfolgenden Gemeinde-Parzellen mit Ausnahme von Kolben, Niedermühle und Truschwende; ferner gehören aus dem Oberamte Leutkirch dahin: Hürlishofen, Riedlings und Übendorf, und aus dem Oberamte Wangen: Pfenders und Rahmhaus. 1813 wurde Stadels nach Immenried, dagegen Gensen nach Arnach und 1818 Stegroth von hier nach Willeratshofen eingepfarrt. Der ganze Pfarrsprengel hat nur eine Schule zu Arnach. Es bestehen hier 3 Stiftungen, welche der Erwähnung werth sind:

a) von einem ehemaligen Pfarrer Hieronymus Lochner d. d. 26. Juni 1533, im Betrag von 1200 fl., wovon der Zins zur Aussteuer armer Jungfrauen verwendet wird;

b) von dem Pfarrer Dr. Rom wurde am 3. März 1744 ein Sct. Mariae Beneficium mit einem Capital von 10.000 fl. gestiftet, dessen 3procentige Zinsen dem jeweiligen Benefiziaten, welcher ein Sprößling der Romischen Familie seyn muß, vierteljährig ausbezahlt werden, und eine weitere Capitalsumme von 2000 fl., von deren Zinsen Hausarme unterstützt und armen Jünglingen Handwerke gelehrt werden sollen;

c) für Hausarme und zum Zweck des Schulunterrichts wurden im J. 1744 von Pfarrer Jakob Berchtold 3455 fl. gestiftet. Von den letzten beiden Stiftungen wurden an die gräfl. Zeil’schen Unterthanen der Parochie im J. 1786 durch Abtheilung 2218 fl. 20 kr. ausgeschieden. Indessen hat die Gemeinde mit ihren Parzellen auch noch Antheil an den Wolfegg’schen Armen- und Schulfonds. Das Gemeinde-Vermögen ist im Besitz von Realgemeinde-Berechtigten; die Bedürfnisse der Gemeinde-Verwaltung müssen durch Umlagen gedeckt werden, und auf gleiche Weise werden auch die Gemeindeschulden allmählig getilgt.

Arnach gehörte mit seinen Parzellen zur Grafschaft Wolfegg, bildete in derselben das Gericht Arnach und kam mit der Mediatisirung derselben durch die rheinische Bundes-Acte im Jahr 1806 unter würtembergische Landeshoheit.| Der Ort kommt schon frühe vor, und soll ehemals eigene Edelleute gehabt haben. In den Jahren 941–962 schenkt Berngarius de Arnanc von seinen Gütern den Ort „rubrum Stagnum“ genannt (Röthsee, Oberamts Wangen), einem gewissen frommen Mann Ratperonius, welcher daselbst eine Kirche erbaut.[1] 1043 gibt Erimbert mit seiner Gattin Irmengard dem Kloster Petershausen seine Güter, welche er im Nibelgau (in pago Nibelgewe) in den Orten Ritilines (Riedlings, Filial von Arnach im Oberamt Leutkirch) und Wegesaga besitzt, als Schenkung mit dem Recht hin, das erforderliche Holz zum Bauen und Brennen in diesen Orten in seinem Wald zu Arinanc zu schlagen, s. S. 69. Im Jahr 1380 verkauften Marg. v. Schellenberg und ihre Schwester Anna v. Königsegg, beide geb. v. Hohenthann, an den Bürger Conrad Faber zu Waldsee ihr Gut zu A. für 171/2 Pf. Heller. Das Patronat-Recht der Pfarrei A. sammt allen Rechten und Gerechtigkeiten, auch der Pfarrwiddum-Vogt-Recht, sammt Groß- und Kleinzehenten kaufte Jacob, Truchseß von W., am 3. Oktober 1576 von der Gräfin Helene zu der Hohenembs, geb. v. Freiberg-Eisenberg, zu Kißlegg etc. für 6500 fl., dagegen verkaufte derselbe am 3. Juni 1577 den Arnachischen Kleinzehenten zu Arnach, Riedlings, Stegroth, Ibendorf, Hünlishofen, Humberg, Rahmhaus, Spielmanns, Stadels, Brugg und Geboldingen für 2000 fl. wieder an die Pfarrgemeinde. Das Vogtrecht, bestehend in 100 Scheffel Früchten und 100 fl. Geld, welche die Pfarrei zu entrichten hat, blieb bis zum Jahr 1607 in dem Besitz der Herrschaft Wolfegg, von da an aber kam es durch Schenkung und Tausch von dem Truchseßen Heinrich zu Wolfegg und seinem Bruder Froben, Herr zu Zeil etc., an das Collegiatstift Wolfegg. Nach der Aufhebung desselben 1806 kam Kraft eines zwischen der Krone und dem Fürsten von W.-W.-W. zu Stande gekommenen Vergleichs dieses Vogtrecht in den Besitz| der königl. Finanzkammer. Auf eine Reklamation des Stiftungsraths in Wolfegg, wegen Wiedereinsetzung des Schulfonds in eine 1804 diesem verliehene Chorstiftspfründe, wurde durch einen weitern Vergleich vom 20. August 1825 eine jährliche Rente von dem Vogtrechte, 47 fl. Geld, 29 Sch. Dinkel und 25 Sch. Hafer, dem Schulfond zu Wolfegg abgetreten.
  • 2) Brugg, ein k. W. mit 45 Einw., Filial von Arnach. Der Weiler besteht aus 2 fürstl. Lehengütern, einem fürstl. Söldgut und 4 Hospital Waldsee’schen Lehengütern. Den großen und kleinen Zehenten beziehen die beiden Pfarreien Arnach und Ziegelbach gemeinschaftlich. Die übrigen Verhältnisse sind wie zu A.
  • 3) Geboldingen, ein k. W. in einer bergigen Lage, mit 37 Einw., Filial von A., dermalen der Sitz des Schultheißen, besteht aus 3 fürstl. Lehen- und einem Söldgut. Die Zehent-Verhältnisse sind wie bei Brugg.
  • 4) Gensen, ein k. W. mit 12 Einw., Filial von Arnach, aus 2 fürstl. Lehengütern und einer Mahl- und Sägemühle, an der Aach, bestehend. Den großen und kleinen Zehenten bezieht die Pfarrei Arnach.
  • 5) Humberg, ein k. W. in einer bergigen Lage, von geringer Fruchtbarkeit, mit 88 Einw., Filial von A., bestehend aus 7 fürstl. Lehen und 5 fürstl. Söldgütern. Den großen Zehenten bezieht die Pfarrei Arnach, den kleinen die Caplanei daselbst. 1452 verkauft die Kirchenpflege ihren Meierhof zu H. an das Kloster Weingarten gegen eine jährliche Gült, desgleichen Hans Spät einen Hof daselbst.
  • 6) Kolben, ein fürstl. Lehenhof mit 6 k. Einw., Filial von Ziegelbach, an welche Pfarrei auch der große und kleine Zehenten zu geben ist.
  • 7) Niedermühle, ein fürstl. Lehengut mit 4 kathol. Einw., Filial von Wurzach. Die Zehenten bezieht die Pfarrei Wurzach.
  • 8) St. Quirinhof, ein fürstl. Lehengut mit 4 kathol. Einw., Filial von Arnach. Den großen und kleinen Zehenten bezieht die Pfarrei Arnach.|
  • 9) Tobelmühle, ein fürstl. Lehengut und Mahlmühle mit 7 k. Einw. Den Zehenten beziehen die beiden Pfarreien Arnach und Ziegelbach gemeinschaftlich.
  • 10) Truschwende, ein k. W. mit 31 Einw., Filial von Wurzach, wo auch die Schule ist. Der Weiler wird durch die Ach in 2 Theile getheilt, wovon der eine und größere Theil fürstl. Wurzachisch ist und zu dem Oberamte Leutkirch gehört. Der hieher gehörige Wolfeggische Theil zählt 29 E. Den großen und kleinen Zehenten beziehen die Pfarreien Wurzach und Ziegelbach. Es befinden sich daselbst 6 fürstl. Lehengüter, 5 Lehensölden, eine fürstl. Wurzachische Lehensölde und eine Schildwirthschaft. Die Lage ist bergig und sumpfig. Weitere zu der Gemeinde Arnach gehörige Parzellen sind die einzeln stehenden Häuser: Haases, Jechters und Mosers, Schöllhornes und Theuses; sämmtlich auf der Markung von Arnach und unter diesem begriffen.


  1. Ussermann, Podr. germ. sacrae Chronicon Peterhusanum, Tom. I. Vita beati Ratperonii, S. 360 und 380.