Beschreibung des Oberamts Waldsee/Kapitel BW13
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13. Gemeinde Unter-Essendorf,
240 Einw.
- 1) Unter-Essendorf, ein k. Pfarrdorf mit 192 Einw., 27/8 St. nordöstlich von Waldsee an der Biberacher Straße, C. A. Waldsee, F. A. Ochsenhausen. Den großen Zehenten bezieht die Universität Freyburg und von 5 Morgen die Stiftungspflege des Orts, den kleinen die Pfarrei. Das Patronat-Recht hat die Universität Freyburg. S. O.-Essendorf. Der Ort gehörte zur Grafschaft Waldsee und bildete mit Venusberg, O.-Essendorf, Hetzisweiler, Himmenweiler, Mittishaus, Wagenhalden und einem Theil von Zuben, sodann mit Englerts, Mattenhaus und Schellenberg, G. Steinach, und Stadelhof, G. Winterstettenstadt, das Gericht Essendorf. U.-E. liegt in dem oben S. 7 bemerkten Trockenthal, an dem Rißthale auf einem Absatze, welchen die in der Nähe vorüber fließende Riß eingefurcht hat, und gewährt in dieser Lage einen freundlichen und Wohlhabenheit beurkundenden Anblick. Real-Gemeinderechts-Besitzer theilen sich in das Gemeinde-Eigenthum. Die öffentlichen Bedürfnisse werden durch Umlagen gedeckt. U.-E. bildet erst seit 1824 eine eigene Gemeinde, bis dahin war es mit seinen Parzellen mit der Gemeinde O.-Essendorf verbunden. Es hat eine schöne Kirche zum heiligen Martin, ein schönes Pfarrhaus mit Ökonomie-Gebäuden, ein Caplaneihaus, eine Schule und eine Schildwirthschaft. Die| Kirche wurde 1734 im Jesuiten-Styl neu aufgebaut. Die Baulast hat die sehr vermögliche mit einer jährlichen Einnahme von 5000 fl. dotirte Kirchenpflege, welche allein 87.000 fl. Capital und mehrere Zehenten und Lehengüter besitzt. Über die Baulast am Caplanei- und Pfarrhaus besteht zwischen der Stiftungspflege und der Groß-Zehentherrschaft ein noch obschwebender Rechtsstreit. An der Kirche ist ein Pfarrer und ein Caplan angestellt. Der Pfarrsprengel begreift die beiden Gemeindebezirke O.- und U.-Essendorf und den Weiler Englerts, G. Steinach. Bis zum Jahr 1811 gehörten dazu noch Winterstettenstadt und Winterstettendorf, ferner Schellenberg und Kohhaus. Das Daseyn von O.- und U.-Essendorf ist schon mit dem Jahr 797 beurkundet; siehe Heidgau. Auch in dem Reichenauer Trad.-Buch ist unter den Vergabungen des Grafen Berthold, gest. 973, an das Kloster Reichenau Essindorf genannt. Später erscheint ein eigenes adeliges Geschlecht „von Essendorf“. Es hatte seinen Sitz auf der Burg Essendorf, welche 3/8 St. östlich von U.-E., nicht weit von dem Weiler Scharben, auf einer Anhöhe mit einer bis an die Schweizer Alpen reichenden Aussicht stand. Die Spuren von Wällen und Graben und die Benennung „Burghalde“ sind das Einzige, was noch davon übrig ist. Das Geschlecht, dessen Besitzungen sich auch über den Oberamts-Bezirk Biberach erstreckten, theilte sich in drei Neben-Linien – die von Essendorf zu Horn, die von E. zu Mittelbuch und die von E. zu Himmenweiler. Die Ritter Huldrich, Alwig und Berthold von E. stifteten 1239 das Spital Biberach, und von dieser Zeit an kommen die von E. gar häufig in Urkunden vor und spielten eine nicht unbedeutende Rolle in Oberschwaben, bis das Geschlecht mit Heinrich von Essendorf, gen. Unruhe, 1569 erlosch. Ihre Besitzungen hatten sie schon vorher veräußert: die Burg Essendorf 1381 an Lutz von Landau, Himmenweiler schon 1339 an den Spital Waldsee, die Burg Mittelbuch mit Zugehör 1345 an das Kloster Ochsenhausen. Ob sie mit der Burg Essendorf auch den Besitz der beiden Dörfer Essendorf und ihrer Zugehör verbunden hatten,| ist zweifelhaft, wahrscheinlich aber besaßen sie die Burg nur als Söldlehen und als Dienstleute der Herren von Waldsee, ohne die Dörfer, wie denn auch Heinrich von Essendorf d. ä. zu Horn in einer Urkunde von 1487 den Truchseßen Johannes von Waldburg, Herrn von Waldsee, seinen gnädigen Herrn nennt. Die Dörfer und die dazu gehörigen Theile waren im Besitze der alten Herren von Waldsee und wurden von diesen 1331 mit der Herrschaft Waldsee an die Herzoge von Österreich verkauft, von welchen sie dann mit jener an das Truchseßische Haus kamen; siehe Waldsee. Die Burg Essendorf wurde unter dem Namen „Schloß Landau“ 1444 von Eberhard von Landau an den Truchseßen Eberhard von Waldburg verkauft. Wie der Bürgermeister Schad von Waldsee 1427 und Andere später mit einzelnen Gütern zu E. belehnt worden, übergehen wir, und bemerken nur noch, daß Kirchensatz und Zehenten 1456 der Universität Freyburg von ihrem Stifter Albrecht von Österreich geschenkt worden sind. Ein Hof, das sogen. Mangoldsgut, das 1438 die Gebrüder Mangold von Österreich zu Lehen hatten, wurde 1627 nach mehreren Lehens-Veränderungen an die Erbtruchseßen von Waldburg gegeben und ist nun K. Lehen.
- 2) Linden, ein k. W. mit 17 Einw., Filial von U.-Essendorf. Den großen Zehenten bezieht die Universität Freyburg, den kleinen die Pfarrei. Der Weiler liegt an dem Lindenweiher und besteht aus einem Bauerngut mit einer Mahlmühle und einer Sölde, dem sogenannten Weiherhäuschen. Nahe am Ufer des Lindenweihers, auf einer Anhöhe, finden sich noch die Überreste der Burg „Linden“. Sie war früher als österreichisches Lehen in dem Besitz eines Zweigs der von Stuben, welche sich von Stuben aus der Lynden nannten, und kam später durch Vererbung an Conrad von Riedheim. Dieser verkaufte „Veste und Schloß zur Lynden“ mit seinen Herrlichkeiten und Schloßrechten, den dazu gehörigen Weiher, einen Bauernhof daselbst und zwei Söldgüter zu O.-Essendorf 1511 an den Truchseßen Georg von Waldburg, der sie seiner Herrschaft Eberhardszell einverleibte. Die Besitzung war früher| Stift Kemptisches Lehen und ist nun K. Lehen. Die Burg wurde 1525 im Bauern-Aufstand durch den sogenannten Illerthalhaufen verbrannt, welchen Frevel der Truchseß Georg bei Essendorf durch Niedermetzlung des ganzen Trupps blutig rächte.
- 3) Scharben, ein k. W. mit 15 Einw., Filial von U.-Essendorf; den großen Zehenten bezieht die Universität Freyburg, den kleinen die Pfarrei. Der Weiler besteht aus 2 großen Bauerngütern und einem kleinen, vormals steuerfreien, und liegt sehr hoch mit einer schönen Aussicht. Nicht weit davon ist neben den Ruinen der Veste Landau (Essendorf) der sogenannte Michelsberg oder Michelstein, ein großes Felsenstück, aus welchem eine Quelle entspringt, die lange als Heilquelle und Wallfahrts-Ort benützt wurde, aber nun verlassen ist. Ein vormals Stift Kempten’sches, jetzt vom Staat abhängiges Lehen, wird Scharben mit dem Beisatz „Ruezenberg“ genannt. Im Übrigen theilt Scharben ganz die Geschichte und Verhältnisse der Herrschaft Eberhardszell, zu welcher es gehörte.
- 4) Venusberg, auch Venersberg, ein Hof mit 16 k. Einw., Filial von U.-Essendorf, sehr hoch, reizend und angenehm gelegen, zwischen Waldungen eingeschlossen und mit vielen Obstbäumen umgeben. Den großen Zehenten bezieht die Universität Freyburg, den kleinen die Pfarrei.