« Kapitel BS5 Beschreibung des Oberamts Waldsee Kapitel BK »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
6. Gemeinde Winterstettendorf,
119 Einw.
  • 1) Winterstettendorf, ein kath. Pfarrdorf, 21/4 St. nördlich von Waldsee, mit 112 Einw., C. A. Waldsee, F. A. Ochsenhausen. Den großen und kleinen Zehenten bezieht die Standesherrschaft. Patronatherr ist dieselbe. Die Grundlasten sind unter denen von Bergatreute begriffen.

    W. im Gegensatz von Winterstettenstadt auch bloß „Dorf“ genannt, liegt auf einer kleinen Anhöhe, an deren Fuß die Riß entspringt, in einer fruchtbaren und gesunden Gegend. Es hat eine Kirche, Pfarrhaus, 2 Schildwirthschaften mit einer kleinen Brauerei, eine Zehentscheuer und eine Mahlmühle am Ursprung der Riß. Früher stand hier auch ein österr. Zollhaus. Das Pfarrhaus wurde 1811 neu erbaut. Die Baulast von Kirche und Pfarrhaus hat die Standesherrschaft. Filiale der Pfarrei sind: Gensenweiler, Hagnaufurt, Hervetsweiler, Hinterweiler und Wattenweiler, wo die Schule ist.

    W. mit Hinterweiler gehörte früher zu der Gem. Bergatreute und bildet erst seit 1823 eine eigene Gemeinde. Es hat eigene Waldungen und viele Allmanden, die aber noch größtentheils Riedboden sind und erst cultivirt werden müssen. Der Ort kam im 14ten Jahrhundert, als die Schenken v. W. die Gegend verließen und ihre Besitzungen veräußerten, an die Stadt Waldsee. Diese verkaufte das Dorf 1709 nebst Zugehör an das Kloster Schussenried um 41.873 fl. Letzterem wurde| sodann 26. Juli 1746 die malefizische und niedere Gerichtsbarkeit als Lehen von Kaiser Carl VI. für 13.500 fl. übertragen. Übrigens stand W. unter der österr. Landeshoheit und wie Bergatreute unter der Landvogtei und dem Kreisamt Altdorf. 1475 verkaufte Eitel Schad 1/4 und 1481 die Hälfte des Zehenten an die Stadt Waldsee, welche 1482 auch das übrige Viertel an sich brachte. Die Pfarrei W. wurde schon 1308 von Herzog Albert IV. von Österreich an das Kloster Schussenried geschenkt, die Schenkung aber erst 1407 den 19. Dec. von Papst Gregor XII. bestätigt. Von der letzten Zeit an wurde die Pfarrei durch einen Kloster-Geistlichen versehen, und erst 1811 wurde ein eigener Pfarrer aufgestellt. Sie hieß die Pfarrei Wattenweiler, weil dort der Sitz des Pfarrers war; erst 1811 wurde zu Winterstetten ein Pfarrhaus gebaut. Bemerkenswerth ist, daß die Einwohner von W. und Hinterweiler bis 1811 nicht in die hier befindliche Pfarrkirche, sondern nach Unter-Essendorf eingepfarrt waren. Nach einer Sage sollen die Winterstetter in ihrer Abneigung gegen den Kloster-Geistlichen und das Kloster soweit gegangen seyn, daß sie jenen erhängt haben. Vielleicht stehen damit die besondern kirchlichen Verhältnisse und die neue Einweihung, Reconsecratio, der Kirche, welche 3. August 1429 vorgenommen worden, in Verbindung. Übrigens war auch Winterstettenstadt nach Essendorf eingepfarrt.
  • 2) Hinterweiler, ein Hof mit 7 k. Einw. und ganz gleichen Verhältnissen wie W. Auch er gehörte der Stadt Waldsee, wurde aber 1682 ihrem Amtsbürgermeister Georg Ferdinand Molitor von Lewenburg als Belohnung für seine Unterhandlungen wegen Befreiung der Stadt von der Truchseßischen Pfandschaft geschenkt und von dessen Erben 1734 an das Kloster Schussenried, von diesem aber 1735 als grundeigen verkauft.