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23. Gemeinde Nellmersbach.
Gemeinde dritter Classe mit 381 evangelischen Einwohnern.


Dieses Dörfchen liegt wie Hertmannsweiler, indem seine Markung sich gleichfalls an den letzten Ausläufer des Welzheimer Waldes anschließt, mit dem Unterschiede, daß sie östlich an das Oberamt Backnang und nördlich und nordwestlich an das Oberamt Marbach grenzt. Der bei Hertmannsweiler genannte Rothenbühl, ein Ausläufer des gedachten Waldes, östlich vom Dorfe, auf dem Rücken bewaldet, an seinem südlichen Abhange aber mit Reben bepflanzt, gehört unserer Markung an, die im Übrigen so ziemlich eben ist. Die climatischen und Boden-Verhältnisse sind im Ganzen günstig; nur in westlicher Richtung findet sich kalter Boden. Steinbrüche sind nicht vorhanden.

Nellmersbach gehört zum Forstbezirke Reichenberg und zum Hofcameralamt Winnenden, das gegen die Last der Faselviehhaltung alle Zehenten, von diesen jedoch nur den Weinzehenten in Natur, bezieht. An grundherrlichen Rechten hat die Gemeinde seit 1818 einen Capitalbetrag von 310 fl. 35 kr. abgelöst, so daß das Cameralamt jährlich noch außer den Zehenten 5 fl. 45 kr., 6 Scheffel 4 Simri Roggen, 6 Scheffel 5 Simri Haber und 1 Eimer 5 Imi Bodenwein erhebt. Zu Erhebung weiterer Gefälle sind die Stiftungspflegen Winnenden und Hertmannsweiler berechtigt.

Nellmersbach liegt 31/4 Stunden nordöstlich von Waiblingen, in einem kleinen, von Osten nach Westen sich hinziehenden, bei Leutenbach in das Buchenbachthal ausmündenden Thälchen, das von einem das Dorf durchfließenden Bächlein bewässert ist, welches jedoch nur bei Regen und Thauwetter im Gang ist. Der Ort hat 7 Pumpbrunnen und ist mit den Nachbarorten und der nahen Haller Straße durch meist gute Straßen verbunden. Er ist freundlich, gewährt namentlich von der Südostseite eine gute Ansicht und zählt 54 Haupt- und 41 Neben-Gebäude, worunter das 1847 von der Gemeinde neuerbaute Schulhaus. Die Markung hat 7202/8 Morgen Baufeld, steht also zur Einwohnerzahl in günstigem Verhältniß. Feldbau, Viehzucht und ein klein wenig Weinbau sind die Nahrungsquellen der Einwohner, worunter mehrere Arme, die jedoch als Holzmacher in den hofkammerlichen Waldungen ihr Brod finden. Die Landwirthschaft wird noch auf ältere Weise betrieben, die Brache jedoch mit Klee, Wälschkorn etc. stark eingebaut. Der Pflug wird gewöhnlich mit 2 Ochsen bespannt. | Das Getreide trägt 8–10fältig. Der Hanfbau ist bedeutend; das Erzeugniß wird von den Hausfrauen zu Tuch verarbeitet und auf den benachbarten Märkten verkauft. Die im untern Theil des Thälchens liegenden Wiesen können gewässert werden. Die Weinberge am Rothenbühl liefern einen guten Wein, 3–4 Eimer vom Morgen. Es kommen 2000–2500 Stöcke, meist Sylvaner, Elblinge, Gutedel und Wälsche, auf den Morgen. Die Obstzucht, zunächst auf die Mostbereitung gerichtet, nimmt zu. Einzelne Bürger besitzen einige Waldstückchen. Ein Morgen Ackers wird von 200–400 fl., Wiesen bis 500 fl., Weinbergs bis 600 fl. verkauft. Die Rindviehzucht, ein besonderer Erwerbszweig des Dörfchens, ist in gutem Zustand; theilweise besteht der Emmenthaler Schlag. Den Winter über ist die Mastung gewöhnlich. Seit Aufhebung des Übertriebsrechtes des Degenhofes ist ein Gemeindeschäfer bestellt, der aber Sommers seine Weide auf der Alp suchen muß. Die Race ist ein schöner Bastardschlag. Die Zucht von Gänsen und Hühnern zum auswärtigen Verkauf ist bedeutend. Die Handwerke sind ganz unbedeutend. Früher waren ziemlich viele Hafner hier.

Nellmersbach ist nach Winnenden eingepfarrt, in der Art, daß es den Begräbnißplatz und namentlich für die Casualien auch die Kirche in Leutenbach mit dieser Gemeinde gemein hat. An der Schule steht ein Schulmeister. Die Gemeindepflege befindet sich in nicht gerade ungünstigen Vermögensverhältnissen; kein Stiftungsvermögen.

Papst Innocenz IV. bestätigte den 11. April 1245 den Besitz in „Nedemersbach“ dem Stifte Backnang, welches solchen im Jahr 1453 an Württemberg verkaufte. Im Jahr 1524 besaß die Herrschaft aber nur 2 Lehen, der Heilige zu Winnenden 2 und die Caplanei Bürg 3 Lehen.

Nellmersbach gehörte zum äußeren Gerichte in Winnenden. Die Rechte der Hofdomainenkammer, 1665 mit Winnenthal an den Staat übergegangen, erwarb dieselbe 1807 durch Tausch.

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