« Kapitel B 17 Beschreibung des Oberamts Waiblingen Kapitel B 19 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
18. Gemeinde Hohenacker
mit Zillhardtshof, Gemeinde dritter Classe mit 565 ev. Einwohnern.


Die Markung erstreckt sich auf einer sanften, westlichen Senkung der Winnender Hochebene, welche schon oberhalb des Dorfes gegen die Rems hin sich zu neigen anfängt. Im Orte selbst setzt sich die Neigung, beträchtlicher werdend, fort, und geht an dessen Ende in ein kleines Seitenthälchen über, das in das 1/2 Stunde entfernte Remsthal ausmündet. Auf einer nördlichen Senkung derselben Hochebene liegt der Zillhardtshof, an dessen nördlicher Grenze der Zipfelbach vorbeifließt. Der Boden besteht vorherrschend aus Lehm. Das Terrain wechselt mit Bergen und Ebenen, und ist mit Quellwasser zur Genüge versehen, das Clima mild und gesund. Ein zunächst an der Rems entspringendes und ein vom Erbachhof herkommendes Bächlein, beide ohne Namen, fallen auf der Markung in die Rems. Auf derselben sind einige ergiebige Kalksteinbrüche.

Die Gemeinde ist dem Forstamt Reichenberg und dem Cameralamte Waiblingen zugetheilt. Der Staat ist alleiniger Grundherr und bezieht für den großen Zehenten 208 Sch. rauhe Frucht, 210 fl. für den kleinen, 80 fl. für den Heu-, 305 fl. für den Wein- und 25 fl. 40 kr. für den Noval-Zehenten, sowie 61 fl. Surrogatgelder, 17 fl. 2 kr. und 73 Sch. 5 S. Lehengefälle, 7 Sch. Landacht, und 165 fl. 24 kr. für Bodenwein.

a) Das Pfarrdorf Hohenacker, dessen Name in seiner Situation den Grund hat – 1 Stunde nördlich von Waiblingen gelegen – ist in der zuvor erwähnten Vertiefung gebaut, deren südliche und westliche Abhänge mit Reben bepflanzt sind. Seine Lage ist äußerst freundlich und gewährt in der nächsten Umgebung nach allen Seiten hin eine freie Aussicht. Auf der Höhe gegenüber liegt Hegnach gar malerisch. Durch den Ort führt die gute Straße von Neustadt nach Hochberg; dieselbe wird auf der Markung von der Vicinalstraße, die von Neckarrems nach Winnenden führt, durchschnitten. Die Brunnen liefern reichlich gutes Wasser. Der Weingärtner sieht es gerne, wenn der Brunnen an der Zehentscheune ausbleibt, weil er sich dann einen guten Herbst verspricht.

Hohenacker mit Parcelle zählt 91 Haupt- und 53 Neben-Gebäude. Die Kirche liegt im obern Theil des Dorfes, ist zwar alt, aber in gutem Zustand und wird von den Ortskassen im Bau erhalten. Nahe dabei liegt der Gottesacker und das vom Staat zu erhaltende hübsche Pfarrhaus. Die Schule ist im Rathhaus eingerichtet. Die Einwohner sind fleißig, betriebsam, ordnungsliebend und durchweg christlich gesinnt. (Im Jahr 1771 zählte der | Ort 359 Einwohner). Sie gehören zu den wohlhabendsten des Bezirkes und nähren sich von Acker- und Wein-Bau. Hier ist die größte Sterblichkeit (noch so groß als im Bretzenacker), aber auch beinahe die größte Zahl der Geburten (s. S. 35). Die Markung umfaßt 344/8 Morgen Gärten, 7443/8 Morgen Acker, 836/8 Morgen Wiesen und 1017/8 Morgen Weinberg. Die Äcker werden mit Ochsen bestellt und die Gülle wird sorgfältig aufbewahrt. Ein Morgen erträgt durchschnittlich 8 Sch. An Getreide können ziemliche Quantitäten nach Außen verkauft werden. Der Kleebau ist namhaft. Die in den Niederungen liegenden Wiesen können theilweise gewässert werden und sind ergiebig. Die Weinberge liegen in den Einschnitten des Remsthales und in diesem selbst, und zwar auf ziemlich steilen Abhängen. Sie haben eine günstige Lage und werden fleißig gebaut, obwohl die Erhaltung der terrassenförmig über einander sich erhebenden Mauern viele Mühe verursacht und der Frühlingsfrost öfters schadet. Die beste Lage ist die Burghalde.

Die Reben, hauptsächlich Wälsche, Sylvaner und Elblinge, sind ergiebig und geben einen guten, rothen, haltbaren Wein, welcher den Übergang vom Remsthaler- zum Neckar-Wein bildet. Die Obstzucht ist bedeutend, beschränkt sich aber auf Mostobst. Ein Morgen Acker wird zu 100–600 fl., Wiesen zu 100–500 fl. und Weinbergs zu 300–700 fl. verkauft. Der Privatwaldbesitz ist klein. Die 30 Morgen Waide sind zur Schäferei verpachtet. Die Rindviehzucht ist in gutem Stand; in Vergleichung mit der Einwohnerzahl ist der Stand sehr hoch (S. 61). Die Schafzucht (Bastarde) ist unbedeutend. Die Gewerbe sind die gewöhnlichen auf Dörfern. Außerdem wird mit Butter Handel nach Stuttgart und Ludwigsburg getrieben, und theilweise auch auswärts aufgekauft.

b) Zillhardtshof, Weiler, aus 7 Familien bestehend, 1/4 Stunde von Hohenacker. Die Lage ist oben angegeben. Der Weiler hat eine eigene Markung von 75/8 Morgen Gärten, 1702/8 Morgen Acker und 156/8 Morgen Wiesen. Die Nahrungsverhältnisse sind günstig. Sämmtliche Zehenten von diesem Weiler rühren vom Kloster Adelberg her, dem auch der Hof selbst (1580) gehörte.

Das Patronat ist königlich. Außer Zillhardtshof hat die Pfarrei keine Filialien. An der Schule steht ein Schulmeister. Eine Industrieschule ist nicht vorhanden.

Die Verhältnisse der Gemeindepflege sind nicht ungünstig; sie besitzt 855/8 Morgen Wald. Das Stiftungsvermögen ist 1385 fl.

Die Böschen von Winnenden trugen die Hälfte des Hohenacker Zehenten von Württemberg zu Lehen; im Jahr 1400 erhielten | Fürderer Bösch von Winnenden und Fürderer Schenk jeder ein Viertel davon. Hans Truchseß von Höfingen kaufte im Jahr 1407 ein Viertheil des großen und kleinen Zehenten von ihnen und wurde in demselben Jahre damit belehnt. Er verkaufte es am 22. April 1433 an die Dürner von Dürnau Brüder, welche es im Jahr 1436 von Württemberg geeignet erhielten; noch in demselben Jahre, 1436, verkaufte einer dieser Brüder Georg an Wilhelm Truchseß von Stetten den ältern, Vogt zu Waiblingen, dieses Viertel für 560 fl. rhein.

Im Jahr 1486 trennte Graf Eberhard der ältere von Württemberg die Kirche von der Pfarrei Waiblingen und errichtete eine eigene Pfarrei, deren Patronat wie das von Waiblingen württembergisch blieb.

Begütert war allhier das Augustinerkloster zu Eßlingen; diesem schenkte den 12. Juni 1398 Adelheid von Wernizhausen, Heinrichs von Iberg Wittwe, einen „Hof genannt Honacker bei Waiblingen“ (Staatsarch.) Einen Besitz erkaufte hier das Kloster Steinheim im Jahr 1441 von Wilhelm Truchseß von Stetten. Antheil an Zehnten besaß das Priorat Nellingen. welches solchen im Jahr 1509 an Kloster Wörnizauhausen um 240 Pfund Heller verkaufte; letzteres Kloster hatte schon 1482 von Graf Eberhard dem jüngern von Württemberg den Weinzehenten zu Hohnacker sammt dem Kelterwein, Zinswein, Theilwein und 48 Zinshühnern mit beiden Keltern und bei 15 Morgen eigene Weingärten um 2187 fl. erworben. Auch der Heilige zu Winnenden besaß 1537 ein Lehen. – Im Jahr 1560 waren am großen Zehenten die Herrschaft, die Früstingerspfründe und die neue Frühmesse zu Waiblingen, die Ortspfarrei, die Pfarrei Neustadt, an den übrigen Zehenten diese und Kloster Wörnizauhausen betheiligt.

« Kapitel B 17 Beschreibung des Oberamts Waiblingen Kapitel B 19 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).