« Kapitel B 3 Beschreibung des Oberamts Urach Kapitel B 5 »
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4. Böhringen mit Aglishardt und Strohweiler.

a. Böhringen, ein evangelisches Pfarrdorf auf der Alp, an der Straße von Urach nach Ulm, 21/2 St. östlich von Urach mit 864 Einw. Der große Zehente gehört dem Staat, der kleine und der Heuzehnte der Pfarrstelle. Die Grund-Gefälle betragen 644 fl., wovon den größten Theil der Staat, das Übrige die Heiligen- und die Gemeinde-Pflege des Orts und die Grafen von Degenfeld beziehen. S. Dettingen.

Böhringen, ehemals gemeiniglich „Beringen“ geschrieben, liegt ziemlich hoch auf einer Ebene, die jedoch von Bergen geschützt ist. Der Ort ist weitläufig gebaut, die Kirche St. Ulrich und St. Gallus steht am äußersten Ende. Der Kirchhof ist mit einer hohen, mit Schießscharten versehenen | Ringmauer umgeben. Filiale der Kirche sind Strohweiler und Aglishardt. Vor der Reformation war auch noch eine Kaplaney zu St. Nicolaus mit der Kirche verbunden, es gab auch eine Capelle St. Nicolaus. Der Ort gehört zu den besten der Alp. s. S. 57 u. 98. Er hat eine große Markung mit bedeutenden Allmanden und Commun-Waldungen und einer einträglichen Schafweide. Um die Cultur hat sich vormals der Pfarrer Höslin und ein vormaliger Amts-Substitut Bernhard verdient gemacht. Ein wichtiger Schritt zu Verbesserung derselben ist neuerlich geschehen, s. S. 66 und 78. Es wird viel Flachs und Hanf gebaut, der von den Einwohnern selbst gesponnen und gewoben wird. Der Ort hat 42 Webermeister und vier Schildwirthschaften mit zwey Brauereyen. Auffallend ist der Unterschied der Sterblichkeit zwischen Böhringen und dem benachbarten Zainingen, s. S. 52. Böhringen scheint ehemals zu der Pfalzgr. Tübingischen, nachher Helfensteinischen Grafschaft Ruck gehört zu haben, und wurde auch bald zu dem alten Landcapitel Blaubeuren, bald zu dem von Geißlingen gezählt. In dem Stiftungsbriefe des Klosters Anhausen vom Jahr 1143 wird unter den Orten, wo die Stifter, die Pfalzgrafen, dem Kloster Güter schenken, auch Beringen genannt, und als Albrecht von Sperwersegg 1191 dem Kloster Bebenhausen drey Lehen und den vierten Theil der Kirche zu Böhringen überläßt, geschieht es durch die Hand des Pfalzgrafen Rudolph. Indeß waren die Böhringer bis auf die neuesten Zeiten zu dem Schloß Urach mit Holzfuhren frohnpflichtig. Allmälig theilten sich die von Sperberseck, Spät, Hofen u. a. in den Besitz; die von Sperberseck, die, wie wir eben gesehen haben, schon 1191 mit Gütern und Rechten zu Böhringen vorkommen, vermachten und verkauften 1367, 1385, 1408 Güter und Gülten an die St. Nicolaus-Capelle daselbst; 1347 verkauft Heinrich Spät von Steingebronn seinen Hof und Güter zu Böhringen an Graf Eberhard von W.; 1394 wird von Schilling mit dem Patronat der Kirche, der Vogtey und Güter daselbst von Graf Eberhard dem Milden belehnt; | 1419 kauft Graf Eberhard von Heinrich Spät von Frickenhausen und von Heinrich Pfähler 1/8 an dem Gericht zu Böhringen für 20 Pfund, und in demselben Jahre kaufen die Grafen Ludwig und Ulrich von Hans, Conrad und Heinrich von Hofen 1/8, so wie 1420 von Marquart von Lichteneck 1/16 daran; 1444 endlich verkaufen die von Schilling an Graf Ludwig den Kirchensatz und Zehnten, und was sie zu Böhringen besaßen, um 2000 fl.

Die „Herren von Böhringen“, welche in Helfensteinischen Urkunden vom 13ten bis in’s 15te Jahrhundert häufig vorkommen, gehörten einem andern Böhringen, ohne Zweifel dem Geislinger, an. Böhringen wurde im dreyßigjährigen Kriege, besonders nach der Nördlinger Schlacht, hart mitgenommen, und fast ganz in einen Aschenhaufen verwandelt. Die Einwohner kamen durch Pest, Hunger und Elend um. Im Jahr 1635 raffte die Pest 500 Menschen weg. Der rühmlich bekannte Jeremias Höslin war von 1759 bis 1789 Pfarrer zu Böhringen und liegt daselbst begraben.

Unter den Bergen, wovon Böhringen umgeben ist, zeichnet sich der gegen den Rand der Alp gelegene „Bühl“ aus, der eine ausgezeichnete Aussicht gegen das Unterland gewährt. Die umliegenden Mähder und Holzwiesen heißen die Fuchslöcher; zwischen den Anhöhen findet man die Spur eines alten nach Zainingen führenden Hochsträßes, s. o. Die vorderste Anhöhe gegen Donnstetten wird der Römerstein, im Lagerbuch Rimetstein genannt, s. S. 14. Der nordöstliche, aus Holzmähdern bestehende Markungs-Bezirk heißt Geißweiler. Spuren von Gebäuden, die hier gefunden wurden, lassen vermuthen, daß hier vor Zeiten ein Weiler oder Hof gestanden habe. An der Grenze gegen das Dunthal liegen die Ruinen von Sperberseck, worauf wir bey Gutenberg kommen werden.

b. Aglishardt, ein Hof auf der Alp, 1/2 St. südlich von Böhringen und Filial davon. Den Heu-, Öhmd- und kleinen Zehnten hat die Pfarrey Böhringen. Der Hof, gemeiniglich auch der „Böhringer Hof“ genannt, besteht aus | zwey Wohn- und mehreren andern Gebäuden mit einer eigenen Markung, welche hauptsächlich gute Schafweide enthält. Er kommt unter dem Namen Adelungshart, Adelungeshart, Achillungishart schon sehr frühe vor, und gehörte ehemals dem Kloster Bebenhausen. 1192 schenkte Pfalzgraf Rudolf von Tübingen dem Kloster Güter zu Beringen, Adelungshart, Zimberbuch etc. (Steinhofer II. 122). In den päpstlichen Bestätigungs-Urkunden des Klosters vom Jahr 1204 und 1229 wird in der einen die Grangia in Adelungeshart, in der andern die Grangia in Achilungishart genannt. Besold Doc. red. p. 366. 375. Während des dreyßigjährigen Kriegs, 1632, wurde der Hof von den Mönchen, welche von Bebenhausen wieder Besitz genommen hatten, an die Gemeinde Böhringen für 15.000 fl. verkauft. Da aber die Gemeinde durch den Krieg zu Grunde gerichtet, den Kaufschilling nicht bezahlen konnte, so zog ihn der Kirchenrath wieder an sich und setzte Pächter darauf. Neuerlich verkaufte die K. Finanzkammer im Jahr 1829 den Hof an den Rittmeister v. Vischer zu Calw für 20.000 fl. Kurz vorher, 1828 und 1829, hatte sich die Kammer mit den benachbarten Gemeinden über die Ablösung der Weide- und Übertriebs-Rechte, welche dem Hofe auf den Markungen Böhringen, Gruorn, Hengen, Strohweiler und Zainingen und auf den Bichishäuser und Layen-Mädern zustanden, gegen eine Abfindungs-Summe von 4400 fl. vertragen. Dieses ausgedehnte Weiderecht läßt auf eine besondere Bedeutung des Hofes in alten Zeiten schließen.

Der Hof hat kein anderes als Cisternenwasser, aber 1/4 St. davon fließt eine reiche Quelle, der Hof-Brunnen genannt; oberhalb derselben beobachtet man auch einen Hungerbrunnen. An die schönen Staats-Waldungen der Aglishardter Markung reiht sich im Südwesten, eine seltene Erscheinung auf der Alp, eine schöne Fohren-Pflanzung an, s. S. 48. In der Markung Aglishardt sind die Bezirke von Zimmerbuch und Bichishausen vereinigt.

Zimmerbuch oder Cimmerbuch, Cimberbuch, | ein abgegangenes Hof oder Weiler in der Nähe von Aglishardt. Sein Name ist noch in den Lagerbüchern von einem Waldbezirk übrig. Das Gut erscheint unter den von dem Papst Gregor IX. dem Kloster Bebenhausen im Jahr 1229 bestätigten Besitzungen, nachdem es theils durch Schenkung 1192 theils durch Kauf 1228 an das Kloster gekommen war, s. o. und S. 133. Von dem Kloster wurde es mit Aglishardt vereinigt. S. Hengen.

Bichishausen, ebenfalls ein abgegangener Weiler oder Hof. Sein Name hat sich noch in den oben genannten Mähdern erhalten, welche den Hauptbestandtheil der vormaligen Markung von Aglishardt ausmachten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die gräfl. Urachischen „Truchsessen von Bichishausen“ von diesem Bichishausen und nicht von jenem im Lauterthale den Namen geführt haben, und ebenso dürfte auch jenes Bichishausen, welches die Grafen von Lechsgmünd in Verbindung mit Wittlingen (s. Wittlingen) besaßen, hier und nicht im Lauterthale zu suchen seyn. Es ist noch Volkssage, daß bey dem Böhringer Hof ein Dorf gestanden habe.

c. Strohweiler, ein Weiler auf der Alp, 3/4 St. nordwestlich und Filial von Böhringen, mit 57 Einw. Den großen Zehnten hat der Staat, den kleinen, den Heu- und Obstzehnten die Pfarren Böhringen. Grundgefälle bezieht allein der Staat, im Betrag von 86 fl. Der Ort kommt früher auch unter dem Namen „Strohmaiers-Weiler“ vor, gemeiniglich wurde er aber Niederweiler genannt. Er hat gute Felder. Die Lage neigt sich gegen das Schlattstaller Thal hinab; das Klima ist milder, als das der umliegenden Alporte und die Ernte tritt um mehrere Tage früher ein, als z. B. in Böhringen oder Hengen. Es wird auch gutes Obst erzeugt. Der Ort bestand ehemals aus 2 Höfen, welche in späterer Zeit in 8 getheilt wurden, deren Eigenthümer, Hofbauern genannt, den ungetheilten Besitz erhalten. Im Jahr 1424 verkauften Hans Schilling und Bet Schillingin, Klosterfrau zu Kirchheim, | an den St. Nicolaus zu Sperwerseck ihre Höfe zu Niederweiler und Böhringen; 1442 verkauft Conrad von Hofen an Hans Renner seine ewige Gült zu Niederweiler; 1446 verkauften Hans Küchenmeister und seine Hausfrau unter Anderm auch ein Gut zu Niederweiler an Graf Ludwig von W. Von Strohweiler führt eine in neuerer Zeit angelegte Straße nach Schlattstall hinab. In der Nähe befindet sich die alte Slater-Steige. S. S. 137.



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