Beschreibung des Oberamts Tuttlingen/Kapitel B 9
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Die noch mit Mauern umfaßte und einem Thor bewehrte Stadt hat mit ihrem großen an der Nordostseite sich erhebenden, von zwei Thürmen flankirten Schlosse, eine schöne, romantische Lage auf einem schmalen, wohl 100′ zunächst über dem Donauspiegel sich erhebenden Bergausläufer auf der rechten Seite des Flusses, ehe das Donauthal zum ersten Mal eng und felsig wird. Schöne Felsengruppen zeigt das Donau-Thal bald unterhalb der Stadt, ebenso das Lippach-Thal, besonders beim Walterstein; eine Höhle befindet sich in der „Felsenhalde“ im Donau-Thal, sie ist ungefähr 200′ lang und endigt in einer Tropfsteinkammer, auch der Wulfbach (s. u.) kommt aus einer Felsgrotte hervor.
Die Stadt ist so auf einer freistehenden Hügelkuppe hingebaut, daß sie gegen drei Seiten beherrschend herabblickt, namentlich auch gegen die Rückseite (Ostseite), wo sämmtliche Häuser mit ihren verwetterten hölzernen Altanen, hoch von der Stadtmauer in das stille Wiesenthälchen herabschauen. Die am besten zugängliche Seite ist die südliche, wenn man von Tuttlingen herkommt; hier trifft man vor dem alterthümlichen oberen Thor eine Gruppe von drei alten Lindenbäumen. Dieses Thor mit seinem großen, spitzbogigen Eingang ist aus gewaltigen gebuckelten Tuffsteinquadern aufgeführt; daran schließt sich die Stadtmauer, vor der auf dieser Seite ein breiter Graben, zum Theil noch erhalten, hinzieht.
Durch den Thorbogen tritt man in die Hauptstraße der Stadt, die ziemlich bergabwärts dem am anderen Ende gelegenen Schlosse zuläuft, die Häuser sind meist alterthümlich, hart auf einander gedrängt, mit altem, finsterem, mitunter geschnitztem Balkenwerk und zuweilen auch mit Erkern versehen. Die meisten Straßen laufen in gleicher Richtung mit der Hauptstraße und werden durch einige schmale Quergäßchen durchschnitten; das Ansehen des Städtchens ist alterthümlich, aber nicht unfreundlich.
Ursprünglich hatte Mühlheim zwei Thore (das untere Thor an der Nordseite wurde im Jahre 1814 abgebrochen) und zwei Ausfallspförtchen (an der nordwestlichen und an der südöstlichen Seite). Rings um die Stadt lief ein Zwinger mit ausgemauertem Graben, zudem zog sich an der Südseite, als an der| allein zugänglichen, noch ein tiefer Graben hin, von vier Thürmen beschirmt; davon standen zwei an zwei Ecken der Stadt, einer am oberen Thor, dessen unterer Theil noch steht, und einer zwischen diesem und der Südwestecke. An dem Nordende der Stadt schützte das heute noch auf schroffer Hügelspitze stehende alte Schloß, an das sich das neue Schloß mit seinem großen, schattigen Parke anschließt.Die der h. Maria Magdalena geweihte Kirche wurde in den Jahren 1794–1796 neu erbaut, nur der an der Südseite des Schiffes stehende Thurm ist noch alt und stammt von der früheren Kirche; er ist von unten herauf aus Buckelsteinen errichtet und endigt in zwei Staffelgiebel. Das weite, weiß getünchte Innere der Kirche wird von jonischen Pilastern belebt, durch große, mit verzierter Umrahmung versehene Rundbogenfenster erhellt, und schließt mit einer weiten, halbrunden Chorabside. Die drei Altäre sind in ansprechendem Zopfstil gehalten; auf dem Hochaltar sieht man ein großes, schlankes, jetzt ganz vergoldetes Kruzifix (gothische Holzskulptur); am nördlichen Seitenaltar den h. Joseph, gemalt von A. Korb (s. u.), auf dem südlichen ein schönes Gemälde, Christus am Kreuz und Magdalena. Die Kirchenbänke haben an den Seitenlehnen tüchtige Rococoschnitzereien, im selben Geschmack sind Kanzel und Beichtstühle gehalten. Ferner besitzt die Kirche vier interessante, hölzerne Tragleuchter, schöne Meßgewänder und heilige Gefäße aus dem vorigen Jahrhundert, zum Theil früher in der Welschenberger Kirche. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftung.
Von den vier Glocken hat die größte folgende Umschrift in prächtiger Zierschrift: XPS (Christos) vincit. XPS regnat. XPS imperat. XPS ab omni malo nos defendit. 1551.
Auf der zweitgrößten Glocke steht: Laudate dominum omnes gentes. Laudate dominum omnes populi. Sancta Maria o. p. n. (ora pro nobis). 1551.
Auf der drittgrößten Glocke liest man: honorem Deo et patrie liberam mentem sanctam spontaneam. 1551.
Auf der vierten Glocke steht in sehr alten, gothischen Majuskeln: Ave Maria gracia plena.
Das Pfarrhaus wurde im Jahre 1802 von der Gutsherrschaft angekauft und ist von ihr zu unterhalten.
Außerdem sind zu nennen: neben dem Armenhaus oder Gutleuthaus bei Altstadt, unter uralter Linde, die kleine St. Martinskapelle und das malerisch an der alten Steige in der| Stadt gelegenen St. Sebastianskirchlein. Dasselbe hat über dem nördlichen Eingang eine kleine Steinskulptur des h. Sebastian, die Wappen von Enzberg und Mühlheim und die Jahreszahl 1610, ohne Zweifel das Jahr ihrer Erbauung. Das Innere enthält auf dem Spätrenaissancealtar mit der Jahreszahl 1727 die Holzstatue des h. Sebastian und 5 runde, gemalte Todtenschilde (aus dem 17. Jahrh.) hiesiger Bürger, darunter bemerkenswerth der des Max Heubler, Bürger zu Überlingen, Wirth zum h. Berg, † 1612. Vor dem südlichen Thor stand die (jetzt abgetragene St. Eulogius-Kapelle, wo alljährlich die Pferde gesegnet wurden) und endlich erhob sich, eine halbe Stunde von der Stadt entfernt, am Fußweg nach Fridingen mitten im Wald auf dem Welschenberg eine viel besuchte, großartige Wallfahrtskirche zu „Maria-Hilf“. Stifter dieser Wallfahrt war Stadtpfarrer Walther, welcher im Jahre 1652 ein Kapellchen daselbst erbaute, worin sich das Gnadenbild der Maria, an eine lebendige Eiche befestigt, befand. Im Jahre 1661 wurde sodann eine Kirche daselbst erbaut, die in den Jahren 1754–56 durch eine größere, in dem Stil jener Zeit mit hochanstrebenden und weiträumigen Massen, ersetzt wurde, und deren imposante Ruine, von Waldbäumen dicht umhüllt, heute noch trauervoll emporsteigt (s. auch unten S. 388 ff.)Die Kirche wurde 1811 aufgehoben, 1813 theilweise abgebrochen.
Ferner nennen wir die auf dem linken Donauufer bei der sog. Altstadt gelegene St. Galluskirche; sie steht einsam in dem ummauerten Friedhof, auf kleinem, sonnigem Kalktuffhügel, der sich am Einfluß des raschen, klaren Wulfbaches in die Donau erhebt. Das Donau-Thal wird von hier an schmal, wild, weglos, krümmt sich, von mächtigen, mit Wald bewachsenen Felsen umdrängt, in großen Bögen hinab, während bis zu der jetzt ganz verschwundenen „Altstadt“ (ehemaligen Römerstadt) hin das Thal mit breiter, wiesenreicher, höchst fruchtbarer Sohle herzieht. Der Platz vor der Kirche bietet schöne Blicke, thalauf- und thalabwärts und hinüber an das malerisch zusammengebaute Mühlheim, mit seinen großartig aus Gruppen hoher Pappelbäume hervorragenden Schloßgebäuden.
Das Schiff der Galluskirche ist sehr alt, trägt frühromanisches Gepräge und zeigt noch zum großen Theil das aus ziemlich kleinen Steinen wohlgefügte Mauerwerk, woran Schichten von weißem Jurakalk mit graulich-braunen Tuffsteinen abwechseln,| in seiner ursprünglichen Sauberkeit. Auch erblickt man noch das alte, rundbogige Westportal, einige Rundbogenfenster und an der Südseite, gegen die Südwestecke hin, einen weiten, jetzt vermauerten Rundbogen, wie wenn früher im Westen eine Vorhalle gewesen wäre. Der in frühgothischer Zeit angebaute Chor schließt rechteckig und hat noch einige Spitzbogenfenster dieses Stils; ohne Zweifel noch später wurde im Norden ein Seitenschiff an die bis dahin einschiffige Kirche angelehnt. Im Innern ist die Decke des Hauptschiffes und des Chores flach, die des Seitenschiffes tonnengewölbt, der in den Chor führende Triumphbogen ist spitz und noch mit Resten von frühgothischen Fresken geziert. Die drei Altäre sind im Zopfstil gehalten, der südliche Seitenaltar besitzt ein Gemälde von A. Korb 1774. An der sehr unschön bemalten Emporenbrüstung (vom Jahre 1734) sieht man dagegen eine herrliche spätgothische Predella, Christus und die zwölf Apostel auf Goldgrund gemalt. Die Chorstühle sind ebenfalls noch alt und gothisch geschnitzt.Das nördlich anstoßende Seitenschiff beherbergt die Grabmäler der Herren von Enzberg; wir führen davon an: ein prächtiges Grabmal mit den Statuetten der Maria und Johannes d. T. geschmückt und der Inschrift: Anno domini 1611 den 27. tag Aprilis Ist in Gott Seligen verschaiden der Edel und Gestreng Johann Ruodolph von Entzberg zu Mülhaim. Dessen Seel der Allmechtige gnedig und barmhertzig sein welle. Amen.
Das Denkmal des Hans von Entzberg, † 25. Juny 1662.
Das des Nicolaus Friederich von Entzberg, k. russischer kommandirender General in Moskau, des Schwäbischen Kreises Generalfeldmarschall-Lieutenant, † 1726.
Im Hauptschiff links steht weiter ein Enzbergisches Grabmal mit folgender Inschrift:
Ohn Erben Ich noch Ledig war
.... umb 42 Jar,
den 12. hornung krank ich lag,
den 14. tod mit Clag,
den 16. in das grab,
bitt Gott für mich Mensch alle tag.
Auf den 14. tag Hornung der Edell Bruno von Entzberg starb.
Die Seel gehört Gott, den Leib hatts grab.
Anno 1613. Amen.
Auf dem Dachreiter der Kirche hängen zwei alte Glocken, eine ganz ohne Inschrift, die andere mit der Jahreszahl 1414.
Nördlich der Kirche steht die sehr alte, in jüngster Zeit wieder hergestellte Veitskapelle, sie besitzt einen großen Renaissancealtar, woran das Enzbergische Wappen und ein gothisches Holzbild, „St. Veit im Häfele“, im Ölkessel.
Der beide Gebäude umschließende, ummauerte, im Jahre 1874 beträchtlich erweiterte Kirchhof enthält hübsche Schmiedeisenkreuze, auf ihm werden die Mühlheimer begraben.
Die Unterhaltung von Kirche und Kapelle ruht ebenfalls auf der Stiftungspflege. Für die verschiedenen Kirchen und Kapellen sind eigene Fonds vorhanden.
Das dem Freiherrn von Enzberg gehörige Schloß wird von demselben bewohnt und besteht aus dem zusammengebauten alten und neuen Schloß; es ist ein imposantes, hohes Gebäude mit Mansardendach und zwei runden Thürmen, mit Zwiebeldächern an der Nordostseite. Über dem Eingang sieht man das Enzbergische Wappen; das schön eingerichtete Innere birgt verschiedene werthvolle, mittelalterliche Möbel. Gegen Süden liegen das Rentamt und ausgedehnte Ökonomiegebäude mit Bierbrauerei etc. Der ganze wohlgeschlossene Komplex ist zum größten Theil von einer Mauer umgeben, die auch noch einen Garten in sich schließt. Außerhalb sind sodann schöne Baumgüter und Parkanlagen und unweit davon liegt noch, nur durch die Straße getrennt, ein schön angelegter, ganz ummauerter Schloßgarten.
Das Rathhaus, an der Hauptstraße stehend, ist ein höchst malerisches Gebäude mit prächtigem, altem Holzbau, hat unten eine offene Halle, mit Arkaden auf Holzsäulen, der 2. Stock ist zum Theil noch bemalt und mit der Inschrift: R(estaurirt) 1762.
Dem Rathhaus gegenüber liegt ebenfalls ein schönes, altes, dreistockiges, leider übertünchtes Holzhaus; ein weiteres (sehr malerisch) am oberen Thor, die „Hochwacht“ genannt; ferner sieht man über dem Eingang eines anderen alten Holzhauses (auch in der Hauptstraße) die Jahreszahl 1523.
| Das ansehnliche Schulhaus, mit einem Glockenthürmchen auf dem First, wurde im Jahre 1846 erbaut, enthält zwei Lehrzimmer und die Wohnung des einen Lehrers, der andere wohnt in einem Privathaus.Ein öffentliches Backhaus und ein öffentliches Waschhaus besteht und ferner das schon genannte Armenhaus, „Gutleuthaus“, über der Donau drüben bei Altstadt.
Die Stadt ist jetzt hinreichend mit gutem, gesundem Trinkwasser versehen. Es sind drei laufende Brunnen vorhanden (am großen, steinernen Trog des Marktbrunnens die Jahreszahl 1785), die durch eine Leitung mit eisernen Deicheln von 3900′ Länge gespeist werden; ins herrschaftliche Bräuhaus liefert ein Druckwerk das Wasser aus einer Quelle an der Donau (s. auch u.). Auch die Markung besitzt zahlreiche und gute Quellen, die meisten in der Sohle des Donauthals. Die bedeutendsten sind:
Die Quelle „der Wulf“ oder des Wulfbaches, hinter der Altstadt an der Kolbinger-Straße; sie kommt als sehr starke und herrliche Quelle aus einer von Moos und Gesträuch malerisch überwachsenen Felsgrotte, die ein tiefes, klares Becken umschließt, hervor und treibt sofort drei Mühlen. Oberhalb der Wulfquelle entspringt der „Zaismer“. An der Brunnenstubenhalde bricht ebenfalls eine starke Quelle hervor, sie ist gefaßt und versieht Mühlheim mit dem nöthigen Wasser (s. o.). Dann die Quelle unter der Badstube und die unter der Stadtmühle, welche durch ein Druckwerk das Enzbergische Bräuhaus versorgt.
An der Waldhalde im Ursulenthal unter der Burgruine Kraftstein eine Quelle, von welcher der gleichnamige Hof sein Wasser bezieht. Endlich sind noch starke Quellen im Lippachthal.
Von Flüssen und Bächen fließen über die Markung Donau, Lippach, Wulfbach; Donau und Lippach treten fast jedes Jahr aus, der Austritt der Donau schadet nur zuweilen im Sommer, im Winter und Frühjahr ist er von Nutzen. Der Lippach schadet durch Verkiesung der Wiesen.
Seen sind keine vorhanden, aber einige Altwasser der Donau, früher bestand auf Altstadt ein Weiher, jetzt Wiesengrund.
Vizinalstraßen gehen von hier nach Kolbingen, Tuttlingen und Fridingen. Die neue Steige vom Donau-Thal in die Stadt wurde 1857–58 angelegt.
Eine steinerne Brücke geht über den Lippach, eine hölzerne je über die Donau und den Wulfbach, ferner über die Donau| ein hölzerner Steg zur Verlängerung der Donaubrücke bei Hochwasser; sie sind sämtlich von der Gemeinde zu unterhalten.Die fleißigen und betriebsamen Einwohner, von denen gegenwärtig vier über achtzig Jahre zählen, leben von Feldbau, Viehzucht und Gewerben; neben den gewöhnlichen Handwerkern, die zum Theil auch nach außen arbeiten, bestehen hier zwei Kinderspielwaren-Drechsler, die hauptsächlich nach Tuttlingen absetzen, drei Uhrenfabriken für Regulatoren, ein Kaufladen und vier Kramläden, vier Schildwirthschaften, vier Gassenwirthschaften und eine herrschaftliche Bierbrauerei ohne Wirthschaft.
Außerhalb des Orts liegen vier Mühlen: Die Stadtmühle mit 4 Mahlgängen und 1 Gerbgang, die untere Mühle mit 3 Mahlgängen, 1 Gerbgang, die mittlere Mühle mit 2 Mahlgängen und 1 Gerbgang, die obere Mühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang; alle diese drei letzteren am Wulfbach.
Die an der Donau gelegene Stadtmühle hat auch noch einen Ölgang, eine Gipsmühle und Poche, eine Sägemühle und eine Walke.
Ein fahrender Bote vermittelt den Verkehr nach Tuttlingen.
Je am 18. März, 3. Juni, 30. September, 30. Oktober und 30. November werden hier ein Krämer- und Viehmärkte abgehalten, die jedoch nicht von großer Bedeutung sind.
Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind, außer denen der Gutsherrschaft, keine besonders günstigen; diese hat 149 M. Äcker und Wiesen auf hiesiger Markung und noch viele Besitzungen auf angrenzenden Markungen und zwar:
Auf | Markung | Stetten: Äcker, Wiesen | 3/8 M. | 22
„ |
„ |
Nendingen, Äcker und Wiesen | 12 „ |
„ |
„ |
„ Waldungen | 478 | „
„ |
„ |
Bronnen, Äcker | 241 | „
„ |
„ |
„ Waldungen | 456 | „
„ |
„ |
Mahlstetten, Äcker | 6/8 „ | 19
„ |
„ |
„ Waldungen | – „ |
„ |
„ |
Irrendorf, Äcker | – „ |
„ |
„ |
„ Wald | 35 „ |
Großherzogthum Baden: | |||
Buchheim, Äcker | 139 | M.||
„ Wald | 2632/8 „ | ||
Gründelbuch, Äcker | 213 | „||
„ Wald | 1024/8 „ | ||
| | |||
Hohenzollern: | |||
Thalheim, Äcker | 6/8 M. | 4||
„ Wald | 2/8 „ | 24||
Möhringen, Äcker | 3/8 „ | 1
Der Mittelmann, eigentlich Vermögliche gibt es nicht, besitzt ungefähr 5–6 Morgen, die ärmere Klasse 1–2 M. Feld oder auch nur Allmandtheile. Die Pfarrei besitzt etwa 22 Morgen Feld.
Die Markung hat, namentlich auf den Höhen, einen mittelfruchtbaren, leichten, hitzigen, steinigen Boden, bestehend aus den Zersetzungen des weißen Jura; im Thal ist der Boden wegen der Anschwemmungen besser und tiefgründiger.
Drei Steinbrüche bestehen, wovon der am Ettenberg und am Espachweg Jurakalksteine liefert, der bei Altstadt Tuffsteine, ist aber nicht sehr ergiebig, weßhalb alle besseren Bausteine vom Bärenthal bezogen werden. Auf dem Welschenberg wurde früher zum Bau der dortigen Kirche Kalkmarmor gewonnen. Lehm- und Töpferthongruben sind vier vorhanden, eine Sandgrube liegt auf dem Espach, Kies kann mit Leichtigkeit an der Donau gewonnen werden; Erzgruben waren früher mehrere auf dem Schönenberg und vor einigen Jahren noch eine im Lippachthal.
Das Klima ist ziemlich rauh, die Sommernächte sind meistens kühl, schädliche Frühlingsfröste häufig und stellen sich öfter noch recht spät ein, auch kalte Nebel und starke Winde sind nicht selten; Bohnen gedeihen noch, Gurken schon weniger.
Die Landwirthschaft wird fleißig betrieben, hemmend tritt ihr entgegen ein nicht hinreichender Grundbesitz, zu große Entfernung vieler Grundstücke von der Stadt und beschwerliche, steile Zugänge zu denselben. Außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln wird Gips und Asche, zuweilen auch Kompost angewendet; die Düngerstätten bedürften noch mancher Verbesserung.
Die Wendepflüge sind noch allgemein, außerdem benützt man einige eiserne Eggen, mehrere Ackerwalzen und Dreschwalzen; auf dem Hof Kraftstein befindet sich eine Dreschmaschine.
Ein großes, geschlossenes Gut bildet nur Hofgut Kraftstein (s. u.), das die Stadtgemeinde Mühlheim schon in den Jahren 1386 und 87 den beiden Edelfrauen Luggard von Wartenberg abkaufte.
Man baut vorherrschend Dinkel und Gerste (auch Linsengerste), in höheren Lagen auch Haber; Weizen und Roggen wollen nicht recht gedeihen, sodann Kartoffeln, Ackerbohnen, viel Hanf, von dem ziemlich nach außen verkauft wird, Flachs, Mohn und Reps.
| Der Futterkräuterbau mit dreiblätterigem Klee und Luzerne, Esparsette und Wicken ist ebenfalls ziemlich bedeutend. Dinkel, Haber und Gerste wird nach außen verkauft, dagegen aber Mehl in beträchtlicher Menge wieder eingeführt.Der Wiesenbau ist ausgedehnt und das Futter meist gut, es kann davon nach außen verkauft werden; die Wiesen sind zweimähdig, 63 Morgen können bewässert werden.
Die Obstzucht ist unbedeutend und die Jungstämme bezieht man aus Reutlingen und aus der Gemeindebaumschule.
Die Gemeinde besitzt 1895 Morgen Laub- und Nadelwaldungen, die jährlich 640 Kl. und 16.000 Stück Wellen abwerfen. Ein Theil davon wird an die Ortsbürger vertheilt, von denen jeder 6 Raummeter und das hiezu gehörige Reisach erhält, das Übrige wird verkauft und der jährliche Erlös, bestehend in 25.000 fl., wovon übrigens der Hauerlohn abzuziehen ist, theils zur Waldkultur, theils zur Bestreitung der Gemeindeausgaben verwendet.
Eigentliche, der Gemeinde gehörige Weiden sind an der Berghalde bei Mühlheim 470, auf dem Kraftstein 230 Morgen; sie sind gering und werden von fremden Schafen befahren, mit Ausnahme der Schafe auf Kraftstein (s. u.); die Pachtsumme beträgt jährlich 490, der Pfercherlös 137 Gulden.
Außerdem besitzt die Gemeinde 500 Morgen Allmanden (Äcker und Wiesen), die gegen einen jährlichen Zins von 284 fl. an die Bürger verliehen sind; und zudem besitzt die Gemeinde das Hofgut Kraftstein mit 202 M. angebautem Feld, woraus sie jährlich 1200 fl. Pacht bezieht.
Die Pferdezucht und Pferdehaltung ist ganz unbedeutend; die Viehzucht dagegen in gutem Zustand; man hält die Simmenthalerrace, von welcher die Gemeinde zwei Farren aufgestellt hat. Im Herbst wird das Vieh zum Theil noch ausgetrieben. Der Handel mit Vieh ist unbedeutend, dagegen findet Milchverkauf statt. Auf hiesiger Markung laufen im Vorsommer 480–500 Stück, im Nachsommer 200 Stück Schafe (deutsche Race und Bastarde). Wolle und Schafe kommen nach Tuttlingen oder Möhringen zum Verkauf.
Die Schweinemastung, auch zum Verkauf, (die Ferkel werden von außen bezogen) ist ziemlich bedeutend; mehr noch die Ziegenzucht, auch die Geflügelzucht, vorzugsweise mit Gänsen, ist ausgedehnt.
| Die Fischerei in der Donau und dem Lippach gehört dem Freiherrn von Enzberg; die Donau führt Hechte, die zum Theil eine sehr bedeutende Größe (bis zu 28 Pfd.) erreichen, und Barben, der Lippach Forellen. Hier sei noch bemerkt, daß die ehemalige Bann- und auch jetzt noch einzige Bierbrauerei zu Mühlheim, die Stadtmühle an der Donau und die obere Mühle am Wulfbach daselbst mit ihren Nebenwerken, ebenso die Mühle an der Donau zu Bronnen, die Lippachmühle zu Mahlstetten (O.-A. Spaichingen), ferner das ausschließliche, durch verschiedene Käufe erworbene Fischereirecht in der Donau innerhalb der Ortsmarkungen Bronnen, Mühlheim, Stetten, zu Nendingen von der Brücke bis zur Markungsgrenze Stetten, und im Lippach auf den Ortsmarkungen Mühlheim, Kolbingen, Mahlstetten der Gutsherrschaft eigenthümlich gehören.Neben der Volksschule besteht eine Industrieschule.
Der im Jahre 1873 aus der allgemeinen Stiftungspflege ausgeschiedene Armenfonds oder das Kapital der Gutleuthauspflege beträgt 6183 fl. 351/2 kr.; als seine Stifter werden in Urkunden genannt, Elsbeth von Homburg-Neidegg und Freiherr Rudolf von Enzberg. Die Kirchenpflege, vereinigt aus der St. Magdalenenstiftung, der Altstadtpflege und der Sebastianspflege, besteht aus 13.690 fl. 241/2 kr. Kapital und über 43 M. Feld.
Von Überresten aus der Vorzeit sind bemerkenswerth: Eine Viertelstunde nördlich der Stadt, auf dem linken Donauufer, auf der Flur „Altstadt“, wo der Sage nach eine Stadt sich befand, zwischen dem Lippach und dem Wulfbach, lag eine bedeutende, römische Niederlassung, von der schon viel Gebäudeschutt, römische Gefässe, Münzen etc. aufgefunden wurden. Auch fand man in dem dort anstehenden Tuffstein römische Gräber, sowie auch viele allemannische Reihengräber mit den gewöhnlichen Schmucksachen und Eisenwaffen. Zu ihr führte von Königsheim über Kolbingen her eine Römerstraße, die alte „Mühlheimerstraße“, sie lief von da weiter über den Ettenberg am „Heidenkapf“ vorüber, über die Flur „Haldorf“ gegen Liptingen. Eine weitere von Böttingen herabkommende Römerstraße „alter Postweg“, „Soldatenweg“ geht über die Mühlheimer Markung bei Kraftstein. Auf dem linken Donauufer, in der Nähe der „Altstadt“, ein Grabhügel.
Auf der Markung standen ferner die Burgen Espach, gerade gegenüber der „Altstadt“, Walterstein, weit oben im Lippachthal, (s. o. Kolbingen), Bräunisburg (oder Neuwartenberg) auf einem| Vorsprung des Bräunisbergs, und Kraftstein beim Ursulenthal. Von den drei ersteren sind noch einige Spuren vorhanden, von Kraftstein steht noch der untere Theil eines Thurmes. Endlich wäre noch die an der Markungsgrenze gelegene, beinahe abgegangene Burg „Alt-Rietheim“ zu erwähnen. (S. auch unten bei Rietheim).Interessante Flurnamen sind „Birkenloch“ unter der Altstadt, „Schloßhalde“ und „Schelmenbrunnen“ unter der Bräunisburg, „im Keller“ hinter dem Walterstein, „Wachtfelsen“ auf dem Welschenberg, „Osterthal“ zwischen Mühlheim und dem Welschenberg.
Zu der Gemeinde gehören:
Altstadt-Neuhaus, 1/4 Stunde südwestlich von der Stadt, an der Landstraße von hier nach Nendingen gelegen.
Gutleuthaus, liegt 1/4 Stunde nördlich der Stadt über der Donau an der Lippach, an der Stelle, wo die alte Römerstadt „Altstadt“ stand.
Kraftstein. Liegt 11/2 Stunden nordwestlich der Stadt, auf einem von der Hauptmarkung abgetrennten Gebiete, auf dem Heuberg. Dabei ein der Stadtgemeinde Mühlheim gehöriges, 718 M. umfassendes Gut, wovon etwa ein Drittel auf angebautes Feld, eines auf Wiesen und Weiden und eines auf Wald kommt.
Meßnerhaus, liegt bei der St. Galluskirche bei Altstadt.
Mittlere Mühle, liegt 1/2 Stunde nordöstlich der Stadt, am Wulfbach und kurz über ihr liegt die
Obere Mühle.
Schützenwirthshaus. Liegt im Tiefenthal, 1/4 Stunde südwestlich von der Stadt.
Untere Mühle, dieselbe liegt unweit der oben genannten mittleren Mühle, gleichfalls am Wulfbach.
Mühlheim [1] hat seinen Namen wahrscheinlich von den uralten fünf Mühlen des Wulfbachthals. Es gehörte zum Scherragau. 790 soll nach Reichenauer Tradition Graf Gerold es an das Kloster geschenkt haben. Auch die Klöster Petershausen und Salem waren begütert. 1241 heißt es burgum, 1266 hat es einen Schultheißen, 1268 ein sigillum civitatis in Mulheim. Die Pfarrkirche ist der Maria Magdalena geweiht und hatte| 1275 einen Pleban. Sie soll 1209 von Graf Friedrich von Zollern gebaut sein, wurde 1466 und 1718 reparirt, 1794 durch die Enzberg neuerbaut. Die Sebastianskapelle wurde 1616 eingeweiht, die Welschenbergskirche zuerst 1658 erbaut (s. u.). Die Herrschaft Mühlheim grenzte östlich an die Herrschaften Wernwag und Meßkirch, südlich an die Landgrafschaft Nellenburg und die Grafschaft Sigmaringen, westlich an’s Tuttlinger Amt, an die Herrschaft Konzenberg und einen Theil der Grafschaft Hohenberg, nördlich ganz an diese. Dazu gehörten Mühlheim, Irrendorf, Nendingen, Stetten, Bronnen, Kraftstein, Böttingen, Königsheim, Mahlstetten, Allenspach, Aggenhausen, Buchheim. Die Herrschaft steuerte zum Ritterkanton Hegau. Österreich maßte sich wegen Hohenberg in den meisten Orten die Landeshoheit, hohe und forstliche Jurisdiktion an (vergl. die gelehrte Widerlegung des Oberamtmanns Kuttler von 1790, Arch. Mühlh.) Der 1544 zwischen König Ferdinand als Graf von Hohenberg und Hans Friederich und Rudolf von Enzberg betreffend Hoch- und forstliche Gerechtigkeit abgeschlossene Vertrag setzte fest: den Herren von Enzberg sollte zustehen alle hohe und forstliche Obrigkeit und Gerechtigkeit über Mühlheim und Zubehör auf dem rechten Donauufer, doch unbeschadet dem, was, niederem Gerichtszwang anhängig, in bemeldtem Bezirk von Alters her zu Fridingen gehört; ferner die hohe Obrigkeit über das auf der anderen Seite liegende Altmühlheim, sowie das Dorf Stetten in und außerhalb Etters mit Zwing und Bännen und über die dazu gehörigen Mühlen; endlich die hohen Gerichte, Strafen und Bußen in den Ettern der Dörfer und Höfe Irrendorf, Königsheim, Böttingen, Mahlstetten und Allenspach, überdies, soweit sich ihr Zwing und Bann erstreckt, auch die niedere Gerichtsbarkeit. Auch sind die Hauptleute der Herrschaft Hohenberg schuldig, den Herren von Enzberg und ihren Erben jedes Jahr einen Hirsch und zwei Sauen zu fangen und nach Fridingen oder Egesheim zu liefern. Dagegen steht dem König Ferdinand und jedem künftigen Hauptmann der Herrschaft Hohenberg zu: erstens aller Forst und Forstgerechtigkeit in dem Enzbergischen Gebiet links von der Donau bis zur Herrschaft Hohenberg, ferner alle malefizischen Strafen und Bußen hoher und forstlicher Obrigkeit außerhalb Etters der Dörfer und Höfe Irrendorf, Königsheim, Böttingen, Mahlstetten und Allenspach. Auf dem Schafhof Gründelbuch hatte der Besitzer der Herrschaft die hohe und forstliche, Kloster Salem die niedere Jurisdiktion.| Die Herrschaft kam (ohne Zweifel von dem bertoldischen Geschlecht) wohl als Reichenau’sches Lehen (s. o.) an die Grafen von Zollern. Graf Friedrich von Zollern besitzt sie 1241 (Mon. Zoll. 1, 62; vgl. O.-A. Spaichingen S. 260). 12. April 1303 wurde sie sammt dem dazu gehörigen Bronnen dem Bisthum Konstanz zu Lehen aufgegeben, was sie fortan blieb, doch nicht ohne daß ein großer Theil der Güter, z. B. ganz Stetten, als Eigenbesitz zu betrachten war. 15. März 1319 dotiren die Gräfin Agnes von Zollern und ihr älterer Sohn Friedrich genannt von Schalksburg, eine Kapelle zu Mühlheim, zum Gedächtnis des verstorbenen Friedrich Grafen zu Zollern (Mon. Zoll. 1, 132). 28. September 1391 verkauft Graf Friedrich von Zollern (genannt Mülli, gestorben 1408, hatte seinen Beinamen wahrscheinlich von Mühlheim, der zweiten Residenz der Schalksburger, Stillfr. Hohenz. Forsch. 1, 158) die Herrschaft sammt der Vogtei über Kloster Beuron an Konrad von Weitingen (s. O.-A. Spaichingen S. 260). Um 1380 hatte er das Schloß Bronnen mit sammt seinen Dörfern an Schwigger von Gundelfingen verpfändet, welcher 2. Februar 1389 seinen Schwestersohn Hans von Zimmern in diese Pfandsgemeinschaft aufnahm (Zim. Chr. 1, 225. Mon. Zoll. 1, 288). Über das Aufhören dieses Gundelfingen-Zimmern’schen Besitzes weiß die Chronik keine Auskunft. Allein im Kaufbriefe von 1391 verpflichtet sich Graf Friedrich, in den nächsten Jahren Bronnen, das mit seinen Zugehörungen verpfändet sei, zur Herrschaft wieder herbeizubringen, was wohl auch bald geschehen sein wird. Auf Konrad von Weitingen folgte im Besitz sein Bruder Volz von Weitingen, vermählt an Beatrix von Enzberg, Engelhard’s Tochter. Dessen Söhne Konrad und Volz von Weitingen verkaufen die Herrschaft 23. September 1409 um 8500 fl., sammt Nendingen, das von Reichenau zu Lehen gieng, und der Beuroner Vogtei an die Brüder ihrer Mutter, Friedrich und Engelhard von Enzberg. Dieses Geschlecht stammte aus Niefern bei Pforzheim, wo ein Heinrich I. zuerst 1186 erscheint. Die Niefern’sche Linie starb Mitte des 16. Jahrhunderts aus; die Nebenlinie Enzberg wurde um 1236 von Heinrich IV., Vogt des Klosters Maulbronn, begründet (s. O.-A. Maulbronn S. 218 ff.). Die Familie verzweigte sich in den folgenden Jahrhunderten weit und erwarb allerlei Besitz, verlor aber den Enzbergischen Stammbesitz bis Ende des 14. Jahrhunderts großentheils, namentlich an Maulbronn, nachdem 1388 Pfalzgraf Ruprecht die Burg Enzberg| gebrochen. (Der Ort Enzberg selbst blieb zu 3/4 ritterschaftlich; 1491 noch zu 11/2 Viertel enzbergisch; 1506 traten an die Stelle Verwandte der Familie, die von Wallstein, später noch andere). Obgenannter Friedrich I. ist derselbe, der mit seinen Brüdern Konrad und Engelhard 1393 (Hornberg auf St. Jakoben-Tag, 25. Juli) mit Wirtemberg und Baden sich verglichen (Mühlh. Arch.), dann aber 24. September 1395 als Schlegelkönig in Heimsheim gefangen worden war. 1411 (Abend vor Christi Himmelfahrt 20. Mai) wurde er von Bischof Otto von Konstanz mit dem lehenbaren Theil der Herrschaft belehnt und im gleichen Jahr (Donnerstag nach Fronleichnam, 18. Juni) von Abt Friedrich von Reichenau mit Nendingen sammt Zugehör. Er war vermählt mit Beatrix von Hohenbodman, nannte Bruno von Lupfen seinen Oheim und unterzeichnete 1410 den Burgfrieden von Hohenkarpfen mit. 1419 hatten die Enzberge Konflikt mit Kloster Beuron, nahmen den Abt gefangen, mußten ihn aber auf Befehl von Konstanz wieder freigeben. Friedrichs I. Nachfolger ist Friedrich II., erstmals belehnt 1435, vermählt mit Magdalena Vogt von Summerau. Ihm folgt Friedrich III., erstmals belehnt 1439, letztmals 1463, vermählt mit Klara von Randegg, gestorben wahrscheinlich 1470. 1452 kündete Kloster Beuron denen von Enzberg die Vogtei auf und übergab sie dem Herzog Sigmund von Österreich. Friedrich’s III. Söhne sind Friedrich IV. 1461–1478, vermählt mit Margaretha von Mansberg, erstmals belehnt 1470, und Hans I., 1478 Rechtsnachfolger seines Bruders, 1470 Dienstmann Eberhard’s von Wirtemberg, vermählt mit Christina von Mundprad. 10. November 1476 geben beide das Dienst- und Öffnungsrecht von Mühlheim und Bronnen an Herzog Sigmund von Österreich, nachdem er sie auf fünf Jahre zu Dienern aufgenommen (St. Arch., Lichn. Nr. 1990). 1477 an St. Gertrud erbt von einem Hans von Enzberg Friedrich das Haus zu Ettlingen, Hans die Dörfer Niefern und Bauschlott. Hans ist 1472 in Palästina, dient wider den Herzog von Burgund und wird wegen seiner Verdienste 3. Juli 1475 nebst Bestätigung sämmtlicher Rechte und Privilegien der Herrschaft vom Kaiser mit dem Blutbann belehnt (Chmel, Regg. Frid. III. Nro. 6992 S. 677), hat 1484 Fehde mit Hohenberg, tritt 1488 in den schwäbischen Bund, worin die von Enzberg bis an dessen Ende blieben; stirbt 1490. Friedrich setzt in diesem Jahr des verstorbenen Hansen Kinder in seine Güter ein und geht in’s Leibgeding.| Eine Schwester beider ist wahrscheinlich Engeltrud, 1477 Nonne zu Pforzheim. Friedrich hatte eine Tochter Beatrix, Hans mehrere Söhne, Hans II., Friedrich V., Hans Rudolf I., Wendel. Hans II., vermählt mit Agnes von Staufen, sodann mit Magdalena von Summerau-Praßberg, wird erstmals belehnt 1492, stirbt 1496, worauf 1498 sein Bruder Friedrich V. belehnt wird. Seine Söhne Friedrich VI. und Hans Rudolf II., waren bei seinem Tode minderjährig und standen unter Vormundschaft ihres Oheims Hans Jakob von Bodman. Friedrich, vermählt mit Magdalena von Rietheim, lebte bis 1540, Hans Rudolf überlebte ihn. 1509 theilten beide mit einander zu gleichen Theilen. Ihr Schwager ist Hans Heinrich von Klingenberg. Von 1511 ist die ausführliche Erneuerung der Mühlheimer Stadtordnung durch Bischof Hugo von Konstanz, wonach die von Enzberg den Schultheißen setzen und dieser, wie das Gericht, ihnen Treue zu schwören hat. Friedrich verpfändet 10. Oktober 1516 das Schloß Bronnen um 300 fl. an Joh. Gättling, Bürger in Rottweil (Konst. Kop.-Buch) tauscht nach 1520 von Wolf Sigismund von Stain Güter bei Fridingen gegen den Klingel, ein Bad bei Mühlheim ein (s. Fridingen). Hans Rudolf diente 1515 dem König Franz von Frankreich in dem Krieg um Mailand gegen Kaiser Maximilian und kam deswegen in die Reichsacht (s. Böttingen und Königsheim). Er war vermählt mit einer Freiin von Schönau und starb 18. Juni 1542. Friedrich hilft 1519 Tuttlingen einnehmen und zeichnet sich im Bauernkrieg unter Truchseß und bei der Vertheidigung der Stadt Wien aus, streckt an Nendingen und Stetten 300 fl. vor zur Auslösung ihres von Truchseß’ Truppen geraubten Viehs, verpflichtet sich 1529 dem König Ferdinand zu dreijährigem Kriegsdienst, bleibt energisch bei der alten Religion; 1537 ging er in’s Leibgeding zu Mühlheim, wohnte aber 1538 in Radolfszell.
1540 nahmen die Hohenbergischen Amtleute ihm wegen eines im Enzbergischen erschossenen hohenbergischen Forstknechts die Dörfer Böttingen und Königsheim mit einer Menge bewaffneter Reiter weg. Er selbst wurde wegen des auf ihm ruhenden Verdachts vor den k. Hof zu Hagenau zitirt, dahin mit einer Salvegarde vom Reichsregiment aus begleitet, daselbst absolvirt, und die Restitution der abgenommenen Dörfer befohlen. Seit 1542 steuert die Herrschaft zum Ritterschaftskanton Hegau. Friedrich VI. hatte zwei Söhne, Friedrich VII. | und Hans Rudolf III., und fünf Töchter, Anna, Amalia, Ursula, Veronika, Magdalena. Friedrich VII. wird erstmals belehnt 1536, war vermählt mit Apollonia Ottilia Schad von Mittelbiberach, aus welcher Ehe ein Sohn Joachim hervorging, welcher 1551 minderjährig starb. Der Vater war 1548 gestorben und hatte ihm die Hälfte der allodialen Besitzungen der Herrschaft hinterlassen, was aber nach Joachim’s Tod Hans Rudolf III. an sich zog und dadurch einen Rechtsstreit mit der Apollonia Schad und ihren Erben veranlaßte, welcher, für die Familie verderblich, bis 1580 sich fortspann, wo er am 21. April durch Vergleich vor dem K. Hofgericht zu Rottweil sein Ende fand. Apollonia war ohne Zweifel in zweiter Ehe mit Konrad Ifflinger von Granegg verheirathet, indem auch dieser an seine Stiefsöhne von Enzberg gerichtliche Forderungen 12. Juni 1596 erhebt. Hans Rudolf III. war vermählt mit Agatha von Neideck und Magdalena von Hornstein. Er starb um 1584 und hatte zwei Töchter, Margaretha und Agatha, und sechs Söhne, Hans Jakob, wahrscheinlich unvermählt gestorben, Hans Friedrich I., vermählt mit Marianne von Thurn, Hans Rudolf IV., vermählt mit Margaretha Ursula von Ulm, starb kinderlos 27. April 1611; Wendel, Deutschkomthur in Villingen; Hans Sigmund, Alleinherr 1613, vermählt mit Anna Gremlich von Jungingen und Veronika Segesser von Braunegg, und Bruno, welcher 14. Februar 1613 ledig verstarb. Hans Sigmund, Hans Rudolf und Bruno wurden erstmals belehnt 1584. Auch Hans Friedrich I. war frühe gestorben und hatte einen Sohn gleichen Namens hinterlassen, der mit seinen Oheimen belehnt wurde. Die nächste Generation bilden Hans Friedrich II. und Hans Rudolf V., Söhne Hans Sigmund’s, jener vermählt mit Maria Anna von Herbstheim, starb 25. Juni 1661; dieser, mit Anastasia von Breitenlandenberg, starb 18. Juni 1642. Sie waren beim Tode ihres Vaters (1619) minderjährig und standen unter Vormundschaft Balthasars von Hornstein und Beat Jakob Segesser’s von Braunegg. Sie theilten 1631 unter sich die Herrschaft zu gleichen Theilen. Als Hans Rudolf V. starb, hinterließ er eine Tochter, Maria Franziska, Seitens welcher nebst ihrer Mutter ein Erb- und Rechtsstreit gegen Hans Friedrich II. entstand, der bis 1653, wo der Gant gegen letzteren ausbrach, (s. Mahlstetten, Stetten) fortdauerte. Damals betrug die Schuldenlast etliche und sechzig tausend Gulden. 9. Februar 1665 werden an Matthäus von Herbstheim auf 4000 Gulden| Kapital versetzt die Allodien: das vordere Schloß nebst Zugehör, zwei Theile des Zehntens von Königsheim, 120 Morgen Äcker, 32 Mannsmahd Wiesen zu Mühlheim, drei Baumgärten, 30 Morgen Wald auf der Nendinger Bahn. Hans Friedrich’s II. Sohn war Nikolaus Friedrich geboren in Mühlheim 5. März 1650, minderjährig belehnt 1662, kais. russischer komm. General in Moskau, schwäbischer Kreisfeldmarschalllieutenant, gestorben 1726. Er hatte eine Tochter, Margaretha, und drei Söhne, Nikolaus Karl, belehnt 1727, vermählt mit Maria Ursula Regina von Hallwyl, starb um 1734; Nikolaus Anton, Großkreuz des Malteserordens, bis 1750; Nikolaus Friedrich Marx, Domherr, gestorben 1740. Von 1717–1743 wurde die Herrschaft wegen Schulden unter ritterschaftliche Verwaltung genommen, wobei aber die Schuldenlast bis 1737 auf 119.000 Gulden anwuchs. Eine zeitweilige Rückgabe der Verwaltung an Nikolaus Anton hatte keinen besseren Erfolg; ja die Schulden stiegen unter dem Oberamtmann Beller auf 220.000 Gulden. Nikolaus Karl hinterließ vier Söhne, Nikolaus Friedrich, Ludwig August, Nikolaus Karl, Nikolaus Franz (geboren 8. September 1753, gestorben 18. Mai 1814). Sie standen unter Vormundschaft des Jo. Franz von Ulm zu Langenrain und wurden sammt ihren Oheimen belehnt 1734. Nikolaus Friedrich war vermählt mit Maria Franziska Euphemia von Flaxland und starb 15. November 1753; Ludwig August, 7. August 1729 bis 21. Juni 1817, war Direktor des Ritterkantons Hegau; Nikolaus Karl war Domherr zu Konstanz; Nikolaus Franz war vermählt mit Konstanzia von Zweiern. Nikolaus Friedrich hinterließ ein einziges Kind, Nikolaus Franz, der mit seinem Oheim Ludwig August 1762 belehnt ward, und ebenso noch einmal 1801. Nikolaus Franz’ Söhne sind: Nikolaus Leopold I., 3. April 1783 bis 31. Januar 1855, Nikolaus August, Nikolaus Anton. Leopold I. war vermählt mit Gräfin Josephine v. Waldburg-Zeil-Trauchburg. Sein Sohn ist: Nikolaus Leopold II., geboren 20. März 1816, gegenwärtiger Majoratsherr, vermählt mit Maria Luise von Leoprechting aus Mannheim; dessen Söhne: Nikolaus Rudolf IV. geboren 11. März 1846, Witwer von Anna Gr. von Waldburg-Zeil-Trauchburg, Vater eines Sohnes Konrad, geboren 7. Mai 1877, und Bruno. Obgenannter Nikolaus August, 1. Juli 1784 bis 26. Juli 1831, würtembergischer Oberstlieutenant, vermählt mit Charlotte von König, gründete eine Nebenlinie, deren Mannsstamm ist: August II.,| geboren 11. Dezember 1828, Besitzer der Herrschaft Möggingen; Eugen, geboren 26. Februar 1858; ebenso eine der Ritterdirektor Ludwig August, vermählt mit Antonie von Roth-Schreckenstein, welche aber mit drei Söhnen: Honor, Josef, Karl und einer Tochter im ersten Gliede wieder erlosch.
Das Wappen von Enzberg ist ein altdeutscher blauer Schild, in dessen Mitte ein aufrecht stehender goldener Fingerring mit einem dreiangelförmig gefaßten Rubin. Auf dem offenen gekrönten Helm ruht ein rothsammtenes Kissen mit zwei goldenen Quasten. Auf dem Kissen steht nochmals der gleiche Ring wie im Schild. Die Helmdecke ist golden und blau.
Von Regesten bis 1391 führen wir folgende an:
Zu den vier Kühen, welche den Brüdern in Reichenau das tägliche warmosium (d. i. die Zuspeise) liefern, stellt 843 Mühlheim eine (W. Urk. B. 1, 125). Kloster Petershausen besitzt durch Stiftung seines Gründers Bischof Gebhard II. von Konstanz 980–96 Stetten und Mühlheim (Stälin, Wirtemb. Geschichte 1, 595). Kloster Salem erwirbt 1218 von Liukardis, Tochter Hugos von Brunnon, und ihrem Gatten Heinrich von Güttingen Güter in Buchheim u. a. O. Ztschr. f. d. Gesch. d. O.-R. 31, 103; dasselbe Gotteshaus bekommt 1241 von Graf Friedrich von Zollern in seinem burgum Mühlheim ein Haus mit Hofstatt (Mon. Zoll. 1, 62), eine zweite 31. Dezember 1255 in der ummauerten Stadt (eb. S. 71). Auch weitere Güter erwarb das Kloster, so 1268 vom Schultheiß Ulrich und seiner Frau Hailwigis welche ihm 6. Dezember 1333 Graf Friedrich mit Willen der Stadt freite (eb. S. 146). 1275 fatirt der Pleban 50 Pfd. (ca. 600 fl.) und zahlt den Zehnten für das ganze Jahr (lib. dec.). 1294 ist in Salem ein Bruder Hermann von Mühlhain, gleich dem Bruder Rupert von Ehingen, um die Obstbaumzucht des Klosters verdient (Ztschr. f. d. Gesch. d. Oberrh. 24, 251). 12. April 1303 urkundet zu Konstanz Udilhild, Witwe des Grafen Friedrich des Jüngeren, und ihr Sohn Graf Friedrich II., daß sie dem Bisthum Konstanz gegeben haben die Burg Brunnen, Stadt und Veste Mühlheim und die Schutzvogtei über Kloster Beuron um 1400 Pfund Heller. Nachdem die Güter sechs Wochen und drei Tage im Besitz des Bischofs gewesen, sollten sie dem Grafen wieder zum Leibgeding werden, sterbe er ohne Nachkommen, an das Bisthum heimfallen; Söhne oder Töchter| von ihm sollten sie als Konstanzisches Lehen besitzen. 3. Februar 1305 gibt Konstanz dem Grafen Friedrich gegen Heimzahlung der geliehenen 1400 Pfd. Heller die verpfändete Herrschaft zurück, und er verpflichtet sich dieselbe nicht zu verkümmern oder zu veräußern (Stillfr. Mon. Zoll. Nr. 247, 248). Auch ward jedenfalls damals schon das Konstanzische Lehensverhältnis festgesetzt (Hohenz. Forsch. 1, 138). Zur Herrschaft gehört die Stadt und Veste Mühlheim, die alte Stadt mit der Mühle und deren Kirchensatz (diese hatte ohne Zweifel, wie oft die Altstädte, die ältere Kirche) die Vogtei über Kloster Beuron, über’s Thal Beuron, die Vogtei zu Irrendorf über Leut, Gut, Gericht, die Vogtei über Leute und Gericht Beuron’s zu Oberschwandorf, desgleichen zu Niederschwandorf, desgleichen über Leute und Gericht des Klosters Beuron zu Buchheim, desgleichen zu Riedern, das Gut zu Winzeln, der Kirchensatz zu Oberdigisheim sammt Leut und Gut daselbst, desgleichen Thieringen, Hossingen, Meßstetten, Böttingen, Aggenhausen, Mahlstetten, Alsbain; Leute und Gut zu Dürbheim, Leute und Gut im Spaichinger Thal, Leute und Gut zu Kolbingen, Leute und Gut und halbes Gericht und Kirchensatz zu Renquishausen, Honstetten und Worndorf, das Dorf Kungsheim. Unterschrieben sind als Urkundspersonen: Graf Eberhard von Nellenburg, Ulrich von Klingenberg, Alber von Wernwag und Hug von Wahingen. Probst und Domkapitel zu Konstanz hatten zu dem Kauf resp. dem Anlehen für Graf Friedrich den dritten Theil der Summe vorgeschossen und sollten dafür den dritten Theil der Einkünfte der Herrschaft genießen. Dafür wurden ihnen bis zur Rückzahlung die bischöflichen Einkünfte von Altishofen und Bollingen bis zu 18 Mark Silber Konstanzer Gewicht zugewiesen durch Bischof Heinrich, Konstanz 21. Juli 1306. (Karlsr. Arch. Urk.).25. April 1389 bekennen Hans Kröwel von Frundegg und Vyg von Wartenberg, seine eheliche Wirthin, mit Junker Hansen von Zymern um alle Ansprüche und besonders von der Schuld wegen von Brunna quitt geworden zu sein (Baumann, Wart. 174). –
Kraftstein gehörte der Gemeinde Mühlheim, welche 1386 die Hälfte der Veste von Frau Luggard von Wartenberg der älteren mit allen Zugehörden um 40 Pfund Heller, 1387 von Frau Luggard der jüngeren die andere Hälfte um 80 Pfund Heller kaufte (vgl. Baumann, Wartenb. S. 197).
| 5. Mai 1525 hatte Truchseß Georg sein Feldlager bei Mühlheim.Merkwürdig sind die Schicksale Mühlheims im 30jährigen Krieg, zumal darüber noch Aufzeichnungen eines Zeitgenossen, des Hufschmieds Bartholomäus Kindler, dessen Angaben in militärischer Beziehung freilich von denen der andern gleichzeitigen Quellen, besonders des Theatrum Europaeum, vielfach abweichen (vgl. v. Martens), vorhanden sind (Wieser, Welschenberg). Nachdem schon 1610 auch in Mühlheim ein Sterben unter Mensch und Vieh gewesen, brach das Kriegsverderben mit dem Jahr 1628 herein. In diesem Jahre waren es noch 96 Bürger, welche bis 1632 von den Kaiserlichen Unendliches zu erdulden hatten. 22. Juni 1632 kamen die Schweden mit 1000 Reitern. Alles floh, die Enzberg nach Rottweil; der Bürgermeister Huber wurde erstochen. Am 14. September erschien der schwedische Oberst Farbos und blieb mit seinem Regimente acht Wochen. Beuron, Meßkirch und andere Orte wurden verbrannt. 2. Februar 1633 kam er zum zweitenmale und acht Tage darauf der Oberst Scandander mit seinem Regiment; einige Schwadronen wurden nach Nendingen und Fridingen verlegt. 21. Februar fiel völlig unerwartet der kaiserliche Oberst Goß mit 4000 Reitern über sie her und richtete ein solches Blutbad in Mühlheim an, daß ein Blutstrom bis in die Donau hinabfloß und das Wasser am rechten Ufer roth färbte. 300 schwedische Leichen wurden beim unteren Schloßgarten begraben. Auch die zu Nendingen und Fridingen wurden geschlagen. Einige Zeit später kam der französische Oberstlieutenant Schlosser mit 100 Reitern, der sogleich 8000 Gulden Kontribution verlangte. Von hier ging er nach Villingen, kam aber von da nach Aufhebung der Belagerung wieder zurück.
Auch wollte von da aus das schwedische Regiment Jastellinz und das württembergische Regiment Degenfeld am 17. August (alten Stils) sich hier niederlassen, was aber durch den kaiserlichen Feldmarschall Schäffenberg, der mit etwa 5000 Mann, meist Reitern, zu Meßkirch stand, vereitelt wurde. Schäffenberg legte den beiden Regimentern einen Hinterhalt in den Waldungen rechts der Donau und schlug sie mit Verlust von 200 Mann bei Stetten in die Flucht. Schlosser und die 500 Franzosen in Mühlheim entkamen. Es waren jetzt nur noch 10 Bürger in Mühlheim. Die Leute hielten sich meist in Wäldern und Höhlen auf. Die Mißhandlungen waren einmal| so furchtbar, daß die Leute im bloßen Hemde über die Stadtmauer sprangen. 1635 wurde Hunger und Theurung noch größer; viele starben den Hungertod. Dazu kam noch Mäusefraß (vgl. übrigens Tuttlingen im gleichen Jahr), und ein vernichtendes Gewitter am 10. August. 1636 28. September waren es wieder 28 Bürger. Nun kam die Pest. Barth. Kindler verlor in wenigen Tagen seine acht Kinder, wovon zwei in einen Sarg gelegt wurden. 1641 stellt Widerholt an Hans Friedrich und Hans Rudolf einen Schutzbrief aus. 1643 24. November lag Rosa mit acht Reiter- und zwei Dragonerregimentern nebst drei Brigaden Infanterie in Mühlheim und Umgebung. Er entkam mit einem Theil der Reiter, das Fußvolk im Stich lassend.1698 wurde bei Bronnen ein Schmelzofen errichtet, 1729–33 nach Altstadt verlegt, ging aber durch die damalige schlechte Verwaltung und die Erschwerung des Erzgrabens im Nellenburgischen Gebiet zu Grunde. 1703 Mai wurde Mühlheim geplündert und mehr als 600 Stück Ochsen geraubt.
Am 11. Februar 1705 stürzte ein alter von den Franzosen halb verbrannter, gegen 66 Fuß hoher Thurm, der Schlagthurm genannt, Morgens zwischen 9 und 10 Uhr, während in der Pfarrkirche eben die heilige Wandlung vor sich ging und die in der Schule versammelten Kinder knieend gemeinsam die Wandlungsgebete verrichteten, plötzlich über die Schule, die wie es scheint, an den Thurm angebaut war, zusammen und begrub die 65 Kinder mit sammt dem Lehrer Michael Nestel unter den Zentner schweren Steinen und Schutt. „Aber o staunenerregendes Wunder,“ ruft der Lehrer in seinem Bericht aus, „keines von uns hatte weder einen Fuß noch einen Arm gebrochen, noch war eines tödtlich verwundet noch getödtet; sondern alle Kinder kamen, obgleich von den Steinen fast ganz bedeckt, so daß sie oft nur einen Arm oder Fuß hervorstreckten, mit ganz leichten Verletzungen davon.“
1796 wurde der französische General Vauban von Lobkowitz’schen Reitern hier gefangen, und die Stadt hätte dafür das Schicksal Irrendorfs getheilt, wenn die Österreicher nicht angerückt wären.
In Mühlheim ist geboren, 7. Dezember 1753, als der älteste Sohn von den 15 Kindern des Franz Anton Ammann, Bürgers, Schullehrers und Stadtschreibers daselbst, Ambros Ignaz Ammann, der bekannte Kartograph. Er besuchte,| nachdem ihn sein Vater für einen wissenschaftlichen Beruf vorbereitet hatte, mit gutem Erfolg die Lehranstalten der Universität Freiburg. Von dort aus trat er ohne Vorwissen und zur großen Betrübnis seiner Eltern, freiwillig als Dragoner in französischen Kriegsdienst, von welchem er sich jedoch mit großer Lebensgefahr alsbald wieder selbst befreite und nach Bayern entfloh. Hier verheiratete er sich mit einer Witwe, deren Vermögen ihm die Mittel zur Fortsetzung seiner Studien verschaffte. Mit außerordentlichem Fleiß widmete sich der verheiratete Student der Mathematik und den verwandten Wissenschaften. Nach einer literarischen Fehde mit Bohnenberger in Tübingen verbanden sich in den 1790er Jahren die beiden Gelehrten zur ersten trigonometrischen Aufnahme Süddeutschlands und Herausgabe der heute noch geschätzten „Charte von Schwaben.“ 32 Blätter (von 54) sind von Ammann aufgenommen und gezeichnet. Die Arbeit verschaffte ihm bald die ehrenvolle Aufnahme in den bayerischen Staatsdienst, dem er mit Auszeichnung lange Jahre angehörte, bis er im hohen Alter 1840 in Dillingen starb. (Nach Mittheilungen des Herrn Rentmeisters Wieser, eines Ammann’schen Verwandten[2].)Ein interessantes Kulturbild nach Entstehung, Blüte und Fall bietet die Wallfahrt Mariahilf auf dem Welschenberg. (Nach Wieser Msc.). Die Andacht knüpfte sich seit älterer Zeit an eine schöne Eiche auf dem Plateau des Welschenbergs, welche nacheinander mehrere Gnadenbilder trug, besonders ein Marienbild mit Abbildung des Städtchens Sichem in Südbrabant, dessen Lage mit Mühlheim Ähnlichkeit hatte. (Daher ohne Zweifel auch der Name Welschenberg, wogegen die Übersetzung mons Italicus nichts beweist.) Am 12. Aug. 1649 setzte Stadtpfarrer Ge. Walther von Mühlheim dieses Bild in eine Nische der Eiche. 1652 baute er eine Kapelle über dieselbe und erhielt vom Bischof von Konstanz das Recht, darin Messe zu lesen und die Sakramente zu ertheilen. Schon 1654 kamen etwa 800 Personen (Gaißer). Die Kapelle erhielt den Namen Mariahilf und wurde unter konstanzische Aufsicht gestellt. 11. Sept. 1661 konnte eine größere, steinerne Kirche eingeweiht werden. Walther war 21. Febr. 1659 gestorben und in seiner Kapelle begraben worden. Konstanz sprach die ganze Wallfahrt als Eigenthum an und verwaltete ihr Vermögen geheim. Angestellt waren 2 Priester (ein Direktor und ein Pönitentiar), nebst einem Laienbruder, welche bei der Wallfahrt wohnten; sodann 1 Organist, 2 Chorknaben, 1 Klingelbeutelführer aus Mühlheim. 1683 ward durch Enzberg eine Herberge gebaut, dazu eine Reihe offener Buden. An den Festtagen war der | Besuch massenhaft und halfen die benachbarten Geistlichen aus. 11. Nov. 1664 wurde die Mariahilfbruderschaft und zugleich die Scapulierbruderschaft eingeführt, gleichzeitig der Kirche alle Rechte einer ordentlichen Pfarrkirche verliehen. Die Wallfahrer kamen bis von Burgund. Eine Menge Gedenktafeln zeugten vom Aufblühen der Andacht. 1754 wurde die alte Kirche abgebrochen und 1756 stand bereits die neue, welche 56.000 fl. gekostet haben soll. Sie war 150′ lang, 60′ breit, im (wahrscheinlich flachen) Gewölbe 65′ hoch, mit fünfseitigem, gewölbtem Chor, 130′ hohem Thurm, in einfach edlem Renaissancestil, aber mit prächtiger Ausstattung. (Der Originalaufriß bei Wieser). Die Eiche bildete den Mittelpunkt des Altars. Die Wallfahrt genoß seit 1668 die Einkünfte von Stetten und der Lippachmühle (s. Stetten). 1715 bis 1732 petitionirte Enzberg vergeblich beim Lehensherrn um die Rückgabe dieser Besitzungen. Sodann Prozeß, welcher 15. Mai 1748 beim k. Landgericht Wangen, 12. Mai 1758 (!) vom k. Reichskammergericht Wezlar zu Gunsten des Klägers entschieden ward, worauf 30. Mai 1759 endlich die Zurückgabe erfolgte, die Liquidation des zu viel Empfangenen aber aufgeschoben blieb. Die Enzbergischen Beamten rechneten von den 91 Jahren des Genusses einen Überschuß von 39.207 fl. 46 kr. Kapital und Zins heraus, was die Wallfahrt unmittelbar nach dem großen Kirchenbau nicht hätte zahlen können. Daher wollte Enzberg auch nur allmählige Abzahlung. Die Wallfahrt erklärte sich aber auch hiezu außer Stand und Willen. Ihre Opferstockeinnahmen betrugen 1761–66 153 fl. 30 kr. jährlich, 1783–1801 nur noch 57 fl. 35 kr. im Jahr. Von sonstigen Einnahmen ist nichts bekannt, auch war nur ein gestifteter Jahrtag vorhanden, außerdem die Stiftung des Pfarrers Fr. Jos. Bekli zu Walpertshofen, zuletzt Direktor an der Wallfahrt, von 1744, mit 10.000 fl. zur Besoldung des Direktors. 1790, als Enzberg die Kirche zu Mühlheim zu bauen hatte, war die Forderung auf 101.949 fl. gestiegen; die Wallfahrt erklärte aber blos ein Kapital von 9632 fl. 51 kr. zu haben. Die Gläubiger begnügten sich mit 12.000 fl., hievon aber zahlte die Wallfahrt blos 2500; 2500 wurden auf die Pfarrpfründe Mühlheim, 5000 auf die Kirchenstiftungen daselbst, 1500 fl. auf die Pfarrpfründe Böttingen, 500 fl. auf die Muttergotteskapelle zu Nendingen gewälzt. Zur Erbauung der Pfarrkirche in Mühlheim wurden sofort auf Pfandschaft der Stiftungspflege 8. Jan. 1793 bei der Universität Tübingen 10.000 fl. aufgenommen, woran die Wallfahrt ihre 2500 fl. 1795 abzahlte. Kaum war Mühlheim württembergisch geworden, so erfolgte die Katastrophe der Wallfahrt: 31. Dez. 1805 mußte die Verwaltung dem Kath. Geistl. Rath eingestehen, daß sie außer ihren in Württemberg stehenden Kapitalien kein weiteres Vermögen besitze, der Grundstock schon nothgelitten habe. Dem Ansuchen der Pfarrei Mühlheim, sie von der ihr überwiesenen Schuld von 2500 fl. zu befreien, wurde alsbald entsprochen, der Verwaltung die Bezahlung der Zinsen an die Universität Tübingen auferlegt, wozu sie außer Stand war. Jetzt wagte nur noch der Gemeinderath von Mühlheim beim geistlichen Ministerium für die dem Untergang geweihte Anstalt zu bitten. Vergebens, 16. Juli 1811 verfügte der Geistl. Rath ihre Aufhebung. Nur die Beigabe eines Vikars für die Stadtpfarrei mit 300 fl. Beitrag aus dem Wallfahrtsfonds erinnert noch an ihren Bestand. Denn die Kirche wurde auf den Abbruch verkauft. Ende| August 1811 ward sie geschlossen; 2. Sept. 1812 die letzte stille Messe gestattet. Nun begann die Zerstörung. Die Ausstattungsgegenstände wurden theils an Kirchen vertheilt (Mühlheim erhielt u. a. den Hochaltar mit der Eiche, welche aber als schadhaft in ein Gemeindemagazin kam, und mit dem Gnadenbilde; die Glocken kamen nach Tuttlingen, auf den Kirchenthurm und die Rathhausthürme), theils verkauft. Sodann wurden die Metallsachen herausgenommen und sammt dem Pfarrhaus verkauft, letzteres abgebrochen. Für das Übrige, das zu 900 fl. angeschlagen war, wollte sich lange kein Käufer finden. Endlich kauften es 6 Zimmerleute von Mühlheim und Stetten und brachen hauptsächlich nur Ziegelsteine heraus, so daß das Gemäuer noch ziemlich erhalten blieb. Etwa 15 Jahre später wurden von Unberechtigten Sockel, Gesimse, Thüren- und Fensterbögen um der Backsteine willen zerstört. Auch die Pilgerherberge wurde von Enzberg auf den Abbruch verkauft. Die bischöfliche Verwaltung zahlte an Württemberg 22.196 fl. 39 kr. heraus, wozu 3139 fl. Erlös aus sämmtlichen Gebäuden kam. Der Pfarrei Mühlheim wurde das ihr zugeschobene Kapital sammt Zinsen zurückbezahlt, ebenso der Kirchenstiftung Mühlheim, der Pfarrei Böttingen und der Muttergotteskapelle zu Nendingen, doch diesen ohne Zinsen. Der Rest des Wallfahrtskapitals ward dem neu errichteten Priesterseminar zu Ellwangen zugewiesen.
Stadtpfarrer: Die ersten neun scheinen Ordensgeistliche aus dem Kl. Salem gewesen zu sein; als erster Parochus wird Ge. Walther 1649 genannt; dann Aug. Henzler 1751; Matthi. Flad 1774; Fr. Ant. Henzler 1784; Fr. X. Lehr 1803; Lor. Leimgruber 1844; Heinr. Dörr 1869.
- ↑ Die geschichtliche Darstellung gründet sich im Wesentlichen auf die Urkunden des Enzbergischen Archivs zu Mühlheim, besonders nach Regesten des Rentmeisters Wieser.
- ↑ Von Ammanns Brüdern starb einer als k. k. österr. Militärarzt, einer als k. k. österr. Straßen- und Wasserbau-Inspektor von Tirol und einer als griechischer Major in Griechenland.
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