Beschreibung des Oberamts Saulgau/Kapitel A 2
« Kapitel A 1 | Beschreibung des Oberamts Saulgau | Kapitel A 3 » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Wie anderwärts, war damals das Land in Gaue und Marken eingetheilt, und unter die Herrschaft der Gaugrafen gestellt. Die Gaue, welche in unsern Bezirk eingreifen, waren, so weit sie aus Urkunden unzweifelhaft zu erweisen sind, folgende:
1) Die Folkoltsbar. Die Grafen Chadaloch und Wago, welche wir schon bei Ehingen und Riedlingen näher kennen gelernt haben, schenken im J. 805 und wieder 817 dem Kloster St. Gallen Güter in der Folkoltsbar, in Wolfpoldessiaza, in Stiviloheim, und in Heidcauwe[1]. Ob unter Stiviloheim der Ort Stuben zu verstehen sey, wie Neugart annimmt, lassen wir dahin gestellt seyn; daß aber Wolfpoldessiaza oder Wolfpoldessiuzza, wie es auch heißt, nicht wohl unser Siessen seyn könne, beweißt eine nähere Vergleichung der Urkunden Nr. 155 und 226 bei Neugart. Dagegen ist unter Haidgau vermuthlich der Ort, oder Bezirk Haid, auch „auf der Haid" genannt, und nicht, wie Neugart meint, Haidgau bei Wurzach, oder weil er dieses doch zu entfernt findet, Hayingen auf der Alp zu verstehen. Zu Haidgau in der Folkolktsbare (in Essindorf et in Heidkauge) schenkt schon im J. 797 ein gewisser Pabo seine Güter an St. Gallen. Neugart Codex Dipl. Nr. 132; von Arx Geschichte von St. Gallen I. p. 56.
2) Ertgau. Zu diesem Gau findet man gezählt: Moosheim, Nonnenweiler, und Mengen. Kaiser Otto I. bestätigt durch Urkunde vom J. 961 den Gütertausch| zwischen dem Bischof Hartpert von Chur und dem Kloster Schwarzach, wonach ersterer unter Anderem auch Moseheim und Nunnunwilare in comitatu Herekewe erhält, und der Bischof Gebhard von Constanz tauscht, kraft Urkunde vom J. 995, Güter in Riedhausen, Rapirgahusa in pago Erregou ein. Neug. C. D. Nr. 745 und 797. Über Mengen s. u. bei Saulgau.3) Linzgau. Aus diesem Gau sind Fleischwangen und Pfrungen beurkundet. Im J. 808 übergibt ein gewisser Scroto seine väterliche Erbschaft in Flinswangen an das Kloster St. Gallen, und die Urkunde ist von Ulrich, dem Grafen des Linzgaues unterschrieben. Durch Freygebigkeit einer gewissen Azala kam 1121 die Hälfte von Pfrungen, (Pfruwanga) mit dem Gut Taverna (Tafern) im Linzgau an das Kloster Petershausen[2]. Ob die Villa Altinshusen deren Besitz unter Anderem mit einem Gut zu Lengenweiler von dem Pabst Hadrian IV. im J. 1158 der Stephanskirche in Constanz bestätigt, unser Altshausen sey, muß bezweifelt werden, obgleich der Ort seiner Lage nach ohne Zweifel zu dem Linzgau gehörte. S. Neugart C. D. Nr. 868.
4) Scheergau, Scerra pagus, Scherra, Scherrun, ein Gau, der seinen Namen von dem Bezirke Scheer, „auf der Scheer" hat (s. u.) worauf auch Schloß und Stadt Scheer liegen. Er kommt in mehreren Urkunden des 9ten Jahrhunderts vor. Die Urkunden nennen zwar keine Orte aus dem disseitigen Oberamtsbezirke; aber die genannten lassen keinen Zweifel übrig, daß wenigstens das Städtchen Scheer, vermuthlich als Hauptort, dazu gehört, und daß sich der Gau aufwärts von diesem, zu beiden Seiten der Donau, hauptsächlich über das jetzige Fürstenthum Hohenzollern-Sigmaringen ausgebreitet habe[3]. Daß der Gau ein Theil der großen Bertholdsbar gewesen sey, beweisen nicht nur mehrere in den Urkunden genannten Orte, sondern| insbesondere auch eine Urkunde König Ludwigs des Deutschen vom Jahr 875, woraus sich ergibt, daß Graf Adalbert von der Baar auch Graf von der Scheer gewesen ist[4].5. Dingau, Diengowe. Dieser Gau kommt in den Habsburgisch-Östreichischen Urbarien von 1292 und 1303, und in den Verkaufs-Urkunden der Östreichischen Erwerbungen an der Donau vor. Hii sunt redditus de advocatia in Diengowe, heißt die Überschrift in dem lateinischen Urbar von 1292. Der Gau umfaßte den Gerichtsbezirk und Pfarrsprengel Hohen-Tengen, der noch jetzt die Göge, Göwe heißt. Er hatte seinen Namen entweder von dem Hauptorte Hohen-Tengen, in alten Schriften Dingen geschrieben, oder, mit dem Orte, von Geding, Gericht, mallus publicus. Der Gau war übrigens allen Umständen nach nur ein Theil, eine Vogtei des Ertgaus.
6) Goldineshuntare; ein Untergau, Cent, der in einer Urkunde des Königs Ludwig des Deutschen vom J. 854, wodurch die Streitigkeiten zwischen dem Kloster St. Gallen und dem Bischof von Constanz beigelegt werden, vorkommt. Es wird darin zu dem Gau der Ort Herbertingen gezählt, wo das Kloster eine Hube von Constanz abtritt, in comitatu Udalrici comitis, in pagello Goldineshuntare, in villa Heriprehtinga[5].
Saulgau, Sulgau, Sulichgowe. In der von dem Abt Berno (er wurde 1008 Abt in der Reichenau) verfaßten Lebensbeschreibung des h. Meinrads wird erzählt, daß der h. Meinrad zu den Zeiten Kaiser Karls des Großen in dem Gau, den das Alterthum nach dem| Orte Sulichgeuve genannt habe, geboren sey. König Ludwig der Fromme schenkt laut Urkunde vom J. 819, dem Kloster Buchau quandam villam proprietatis nostrae, sitam in centena Extagia nuncupata quae appellatur Sulogon, und nach einer Urkunde vom Jahr 888 schenkt König Arnulf seinem Kaplan Otolf die Kirche Dußlingen in pago Hattinunta et Sulihgeuwa. Neugart 1. c. Nr. 204. u. 581. Diese und andere Nachrichten setzen das Daseyn eines Sulichgaus außer Zweifel. Die Ähnlichkeit des Namens ließ denselben zunächst in dem Bezirke der Stadt Sulgau oder Saulgau suchen. Daß man sich aber hierin geirrt habe, und daß der Sulichgau in dem Bezirke der Stadt Rottenburg am Neckar zu suchen sey, wo noch die Sülchen-Capelle steht, darauf hat zuerst Herr Archivrath Leichtlen in Freiburg aufmerksam gemacht, und seine Behauptung ist durch weitere Forschungen bestätigt worden. S. Würt. Jahrbücher 1825 und Beschreibung des Oberamts Rottenburg. S. 7.Die Hauptstütze der frühern Meynung fällt damit weg, daß die beweisende Stelle in der Urkunde König Ludwigs nach einer andern und richtigern Abschrift der Urkunde, wovon in den Würtembergischen Jahrbüchern 1826 ein Abdruck enthalten ist, ganz anders, und zwar folgendermaßen lautet: quandam villam proprietatis nostrae sitam in centena Kretgow nuncupata, quae vocatur Maginga et ecclesiam in villa, quae appellatur Sulogau. Somit lag Mengen und sicherlich auch Saulgau im Kretgau, oder Ertgau, und es gab keinen Gau Namens Sulgau an der Donau.
Den hier mitgetheilten Nachrichten zu Folge gehörte der größte Theil und zwar der Kern des Oberamtsbezirks zu dem Ertgau, worin sich auch die noch zur Folkoltsbar gerechneten Theile auflößten; der nördliche Theil gehörte zu dem Scheergau, der südliche zu dem Linzgau.
Aus den Gauen gingen die erblichen Grafschaften, Comitiae, hervor, welche sich nach den alten Marken wieder in einzelne Vogteyen, Herrschaften theilten. An die Stelle des| Ertgaus und Dingaus trat die Grafschaft Friedberg, an die Stelle des Scheergaus, die Herrschaft Scheer und wie es scheint die Grafschaft Sigmaringen. Der Linzgau, so weit er das Oberamt anging, lößte sich in der Grafschaft, nachmaligen Landvogtey Altdorf und in der Grafschaft Heiligenberg (wozu Pfrungen gehörte) auf.Den größten Theil des Oberamts nahm die Grafschaft Friedberg ein. Im Laufe der Zeit wurde aber Manches davon losgerissen. In einer Urkunde Herzogs Leopold von Östreich vom J. 1317, sind die Gränzen der Grafschaft Friedberg, die der Herzog kurz vorher an den Grafen Wilhelm von Montfort verpfändet hatte, folgender Maßen beschrieben. „Mit allen Herrlichkeiten, Gewalt, Gerichten, Zwingen, Bännen, Wildbännen, Steuern, Nutzen und Rechten, und facht unser Grafschaft an im Bronnen zu Riedhausen, da vier Wildbänne zusammen gand, von dannen in Bauhof zu Königsegg, von dannen in Menzlisfelben, da dannen gen Hagnau (Hangen) in den Furt, von dem Furt in Rindsfurt (bei Musbach) da dannen gen Otterschwang in die Mus, und dann in der Schussen Ursprung und die Federach, die rinnt in Buchauer See, dannen in Sulzbach, und dannen hin zu Unterwachingen, hinüber gen Munderkingen in das Mittel-Mühlrad, dann der Donau nach uf bis in die Osterach, die da rinnt in die Donau. Die Ostrach uf bis in die Brucke zu Osterach, dannen hin der alten Straß nach für Laubbach , wieder gen Riedhausen in den Bronnen[6]."
| An die Grafschaft Friedberg gränzte längs der Ostrach hin die Grafschaft Sigmaringen nebst der Herrschaft Scheer. Von Riedhausen aufwärts hing dieselbe noch mit der Grafschaft Heiligenberg, und nach einer Gränzbeschreibung vom J. 1460, abwärts mit der Grafschaft Veringen zusammen. S. O.A. Riedlingen.Herren der Grafschaft Friedberg waren die Grafen von Veringen-Nellenburg, deren Stamm seine Wurzeln ohne Zweifel auf dem Bussen hatte. S. Würt. Jahrb. 1826. Von Graf Mangold von Nellenburg wurde die Grafschaft im J. 1282 an den Kaiser Rudolph von Habsburg verkauft. An Ebendenselben verkaufte zur nämlichen Zeit Graf Hugo von Montfort (der 1290 auch die Grafschaft Sigmaringen an Rudolph verkaufte) auch die Herrschaft Scheer, und Saulgau und Mengen waren von dem Kaiser und seinen Söhnen ebenfalls erworben worden. S. h. Mit der Landvogtei Altdorf kam das Östreichische Haus 1486 vollends auch in den Besitz des südöstlichen Theils des Oberamtsbezirks, und somit des größten Theils des Oberamts. Aber bald fingen auch hier, wie anderwärts die Verpfändungen an, und die Besitzungen erfuhren einen Wechsel der Herrschaft nach dem andern, bis sie endlich theils als Pfandschaft, theils durch Kauf an das Waldburgische Haus kamen, das Jahrhunderte lang im Besitze war, im J. 1680 aber sich genöthigt sah, einen Theil davon wieder zurückzugeben[7].
| [8] | Die ganze Grafschaft Friedberg und die Herrschaft Scheer nebst Zugehör wurde endlich im J. 1786 von dem Waldburgischen Hause, nachdem die Scheerer Linie erloschen war, und zwar von Graf Joh. Aloys zu Wolfegg in eigenem und im Namen seines Mündels, des Grafen Gebhard Xaver zu Wolfegg-Waldsee, dann von Eberhard Ernst, Grafen zu Zeil-Wurzach an den Fürsten Karl Anselm von Thurn und Taxis für 2.100.000 fl. verkauft[9]. Theile der Grafschaft waren indeß vorher neuerdings davon losgerissen worden: das Amt Bierstetten war an das Stift Buchau, das Dorf Allmansmeiler an Schussenried, mehreres an Salmansweiler, an Königseck u. A. gekommen. S. Jetkofen, Bierstetten, Saulgau, Königseck. In dem Landvogtey-Bezirke hatte das Kloster Weingarten allmählig die Ämter Blönried und Waldhausen und einzelne Lehengüter erworben. S. Blönried. Auch das Kloster Baindt hatte ansehnliche, jedoch immer mittelbare Lehensbesitzungen. Von auswärtigen Klöstern besaßen auch St. Gallen, Reichenau und Petershausen, St. Blasii und Habsthal einzelne Rechte und Gefälle. In dem Oberamtsbezirke selber war, neben der halb klösterlichen Commenthurey, kein reichsunmittelbares Kloster aufgekommen. Die Nonnenklöster Sießen und Ennetach und das Priorat in Mengen waren mit ihren Gütern gänzlich der Landesherrschaft unterworfen. Ritterschaftliche Gutsherren gab es| nicht in dem Oberamtsbezirke. In ältern Zeiten findet man zwar, wie überall, viele Edelleute – die von Reischach, von Hornstein, von Wartemberg, von Magenbuch, von Büttelschieß, die Gremlich, von Bartenstein, von Renoldsweiler, von Ebenweiler, von Stuben, von Schmaleneck, von Strahleck, von Pfrungen, von Ursendorf u. A. theils begütert, theils angesessen; allein die Besitzungen kamen sämmtlich in andere Hände, und die Geschlechter selbst verschwanden allmählich bis auf wenige.So theilte sich der Oberamtsbezirk Saulgau vor dem großen Wechsel im J. 1803 in der oben schon bezeichneten Weise unter Östreich, Thurn und Taxis, die Land-Commenthurey Altshausen, das Reichsgräfliche Haus Königseck-Aulendorf und das Kloster Weingarten.
Durch den Preßburger Frieden fielen die Donaustädte Mengen und Saulgau und die landvogteylichen Ämter, somit sämmtliche Östreichische Besitzungen in dem diesseitigen Oberamte, nebst den von Östreich nach dem Reichsdeputations-Schlusse 1803 sequestirten Besitzungen der Stifter und Klöster Buchau, Schussenried, Baindt an die Krone Würtemberg.
Die Rheinische Bundesacte brachte im J. 1806 auch noch die Commende Altshausen an die Krone, und unterwarf die Taxischen, Königseckischen und vormals Weingartischen Besitzungen der Landeshoheit, letztere später auch der Grundherrschaft von Würtemberg. S. Blönried. Aus sämmtlichen Besitzungen wurde dann noch in demselben Jahre das Oberamt Saulgau gebildet, das auch bis auf den heutigen Tag unverändert geblieben ist.
Die Pfarreyen des Oberamts waren früher unter verschiedene Landkapitel und Archidiakonate getheilt, und zwar nach einer von Neugart (Epist. Const. p. XII.) mitgetheilten Aufzeichnung aus dem 16. Jahrhundert auf folgende Weise.
1) Landcapitel Saulgau: Allmansweiler, Altschhausen, Bolstern, Boms, Boos mit Lampertsweiler, Ebenweiler, Ebersbach mit Laubbrunn, Nußbach (wohl Musbach) und Stuben, Fulgenstadt, Herbertsweiler (Herbertingen), Hochberg mit Ludgantsweiler (Luditsweiler) Mieterkingen, Moosheim mit Dissen, Renartsweiler mit Bierstetten, Schwarzach, Sießen, Sulgen mit Bockenweiler (Bogenweiler), Bondorf und Mooshaupten. S. Saulgau.
2) Landcapitel Mengen: Ennentach, Friedberg, Hohentengen mit Wolfertsweiler, Hoßkirch, Königseckwald, Mengen, Scheer.
3) Landcapitel Riedlingen: Heudorf.
Landcapitel Theuringen: Fleischwangen, Pfrungen, Riedhausen, Waldhausen.
Zu dem Landcapitel Saulgau gehörten außer den genannten Pfarreyen unsers Oberamtsbezirks noch 20, zu dem Landcapitel Mengen noch 12 andere Pfarreyen.
Diese Eintheilung blieb bis in die neuern Zeiten. Im J. 1810 aber wurde der alte Verband aufgelößt, und das Landcapitel, nunmehrige Dekanat Saulgau in Übereinstimmung mit dem Oberamtsbezirke gebildet. Kleine Veränderungen in den Pfarreyen und deren Sprengel werden in der Ortsbeschreibung bemerkt werden.
Außer vielen Einquartirungen und Durchmärschen von allen Nationen, welche im J. 1796 mit dem Einrücken der Franzosen begannen, litt der Oberamtsbezirk hauptsächlich dadurch, daß er zweymal der Kriegs-Schauplatz selber, oder diesem wenigstens sehr nahe war. Das erstemal war dieß im J. 1796, bei dem Rückzuge Moreaus[ws 1] und der Schlacht bei Biberach, das zweitemal 1799 der Fall, da der Erzherzog Karl dem General Jourdan[ws 2] am 21. März das siegreiche Treffen bei Ostrach lieferte. In der Schlacht bei Biberach berührte die Stellung des französischen Heeres noch die nordöstliche Gränze des Oberamts; bey Allmannsweiler stand ein französisches Corps. General Desaix[ws 3] setzte seinen Rückzug nach der Schlacht über Mengen und Scheer fort.
Das Treffen bei Ostrach hatte sich beinahe über den ganzen Oberamtsbezirk ausgedehnt. Die Franzosen waren unter dem Namen der Donauarmee 40.000 Mann stark, am 1. März über den Rhein gegangen, und allmählig bis| gegen die Ostrach vorgerückt. Zu gleicher Zeit marschirte der Erzherzog Karl[ws 4] mit 55.000 Mann von Baiern her an die Schussen. Der französische General Lefevre ging mit seiner Division am 10. über die Ostrach, und rückte in 3 Colonnen auf der Straße von Saulgau, Altshausen und Friedberg vor, wobei die Östreichischen Vorposten bis Saulgau und Ratzenreute zurückgedrückt wurden. Jourdan selber rückte über Pfullendorf, St. Cyr[ws 5] über Mengen vor, letzterer besetzte Hohentengen, Ölkofen, Völkofen und Ursendorf. Am 20. bezogen die Östreicher zwey Lager, das eine bey Altshausen, das andere bei Renhardsweiler; an letzterem Orte nahm der Erzherzog sein Hauptquartier. Von hier aus rückte der Vortrab fechtend schnell weiter vor, und nahm an demselben Tage noch mit einbrechender Nacht die Orte Königseck, Hoßkirch, Eratskirch und Sießen; Königseckwald, Bolstern, Friedberg hielten die Franzosen besetzt. In der Nacht ordnete der Erzherzog den allgemeinen Angriff an. Er erfolgte in drei Colonnen. Der Feldmarschallieutenant Fürst von Fürstenberg , der 4 Tage nachher bei Stockach fiel, ging mit einer Colonne von Fulgenstadt aus auf Friedberg und Hohentengen, wo St. Cyr stand, los und vertrieb die Franzosen aus Friedberg. St. Cyr griff dagegen über Hohentengen an. Es entstand ein hartneckiger Kampf, das Dorf Hohentengen wurde mehrmals genommen, und wieder verloren, bis endlich ein gleichzeitiger Angriff der Östreicher auf die Dörfer Bremen und Enzkofen gemacht, und die Franzosen auf die Höhen von Mengen zurückgeschlagen wurden. Die zweite Colonne, an deren Spitze sich der Erzherzog selber befand, rückte von Sießen aus auf der Straße nach Ostrach vor, sie stieß bei Bolstern auf den Feind, und warf ihn nach einem lebhaften Gefechte auf Jetkofen und Ostrach zurück. Die dritte Colonne unter dem Feldzeugmeister Wallis setzte sich von Altshausen aus auf der Straße über Hoßkirch gleichfalls gegen Ostrach in den Marsch. Ihr Vortrab verdrängte die Franzosen bei Hoßkirch. Ein abgeschicktes Corps bestand bei Riedhausen ein hitziges| Gefecht mit einem französischen Truppencorps, das bei Hoßkirch abgeschnitten, seinen Weg über Riedhausen und Pfrungen suchte. Bey Ostrach, Jetkofen und Einhard wurden jetzt die Franzosen über die Ostrach geworfen, und beyde Colonnen marschirten vor Ostrach auf den diesseitigen Anhöhen auf, drangen durch die Ostrach, nahmen das Dorf Ostrach und stürmten die jenseitigen von den Franzosen besetzten Anhöhen, wobei General Lefevre[ws 6] verwundet wurde, worauf Jourdan den Rückzug nach Pfullendorf, St. Cyr von Mengen aus nach Mößkirch antrat. Am 25. März erfolgte dann die Schlacht bey Stockach. Es ist leicht zu erachten, daß in diesen Tagen der Oberamtsbezirk in einer sehr gefahrvollen Lage sich befand; Hohentengen, Bremen, Enzkofen u. a. O. wurden geplündert und mehr oder weniger beschädigt. Ein Glück, daß der Sturm schnell vorüberging!
2) Ortschaften: Mannert setzt das Römische Grinario, Herr Domdechant von Jaumann dagegen Clarenna auf der Stelle von Mengen und letzterer dagegen Grinario bey Pfullendorf an. Besondere Belege finden sich zu Mengen weder für die eine noch die andere Ansicht, und bekanntlich sind die Meinungen über den Zug der Oberdonaustraße selbst noch sehr verschieden. Bemerkenswerth bleibt übrigens, daß, wie wir gleich sehen werden, in der Nähe von Mengen nicht unbedeutende Römische Alterthümer gefunden worden sind. – Der nun abgebrochene Thurm zu Königseck soll Römische Bauart verraten haben.
3) Grabhügel findet man mehrere bei Mendelbeuren an der Straße nach Ravensburg, an und in dem Walde, ebenso bey Stephansreute, Wolfartsreute, Steegen. Ihre regelmäßige Form, die freistehende Lage, die Einsenkungen auf dem Kopfe – Alles zeigt an, daß sie Menschenwerk, und ohne Zweifel Grabhügel sind; ob aber Römische? möchte noch zu erweisen seyn. Nicht unbemerkt darf übrigens gelassen werden, daß der größte von den Hügeln bei Steegen noch „Heidenbühl" genannt wird. Herr Inspector Meßmer zu Aulendorf hat ihn vor einiger Zeit theilweise untersucht, darin aber nichts, als mehrere Scherben gefunden.
4) Denkmähler anderer Art sind hauptsächlich bey Ennetach gefunden worden, und zwar an und auf der Anhöhe gegen Hipfelsberg, der Ennetacher Berg genannt. Darunter befanden sich außer vielen Münzen und alten Mauern, welche von Zeit zu Zeit ausgegraben worden sind, ein Bild von Bronze und ein Altar. Ersteres war, der Beschreibung nach, ein Merkur. Alle Bemühungen, dem Bilde wieder auf die Spur zu kommen, waren vergeblich, es soll von einem Würtembergischen Soldaten seinem Obersten verehrt worden seyn. Der Altar ist in dem Eingänge zu dem Schlosse Scheer aufgestellt. Er ist 4 Fuß hoch, dem Apollo Grannus geweiht und hat folgende Inschrift:
|Apollini Granno et Nimphis C. Vidius Julius pro se et suis votum solvit libens lubens merito, zu Deutsch: dem Appollo Grannus (weiht diesen Gelübdestein) C. Vidius Julius für sich und die Seinigen, willig, gern, schuldig.
Sowohl der Altar, als der Merkur wurden vor ungefähr 20 Jahren aufgefunden, aber nicht wie in den Würt. Jahrbüchern (Jahrg. 1823. S. 40 u. ff.) berichtet worden, bey Granheim, sondern an dem oben angezeigten Orte. Übrigens liegt Granheim nur 1/2 Stunde davon, und man könnte um so mehr vermuthen, daß der dem Apollo auf dem Altar gegebene Beyname Grannus auf den Ort Granheim übergegangen sey, da auch zu Achen, Aquae Grani, ein dem Apollo Granus geweihter Altar gefunden worden ist. Daß übrigens derselben Gottheit auch zu Launingen, Brenz, Neuenstadt am Kocher Altäre geweiht worden sind, ist schon in den Würt. Jahrbüchern an den angeführten Orten bemerkt[12]. Den Beynamen Grannus, worüber schon viel geschrieben worden ist, führte Apoll wahrscheinlich als Gott der Heilquellen.
Bei der noch statt findenden, und in der letzten Zeit zum Theil noch vermehrten Vertheilung der Wohnsitze (Vereinödung) findet man weniger Spuren von verschwundenen Ortschaften, als anderwärts, wo sich die zerstreuten Wohnplätze in einem großen Orte vereinigt haben. Dagegen haben die Namen der Wohnsitze häufig gewechselt, wie sie denn auch jetzt noch nicht überall feststehen. Die Namen der abgegangenen Weiler und Höfe, deren Spuren man noch findet, sind: Celle bey Sießen, Gemmingen bey Scheer, Burkhartshausen bei Mengen, Füllenstock bey Lichtenfeld, Wagenhausen bey Bolstern.
- ↑ Neugart, Cod. Dipl. Nr. 158 und 193.
- ↑ Ussermann Prodr. Germ. Sacr. T. I. p. 368.
- ↑ S. Neugart Episc. Const. p. LXXV. und dessen Cod. Dipl.
- ↑ Dedit itaque Adalbertus comes ad Monasterium St. Galli in suo comitatu, qui dicitur Scherra, in loco, qui vocatur Filsininga ecclesiam etc. Neugart Cod. Dipl. Nr. 485.
- ↑ Neugart Cod. Dipl. Nr. 356, vollständiger in Herrgott Geneal. Habsb. Nr. 56. Die Goldineshuntare lag übrigens in der Grafschaft Nellenburg, und an ihre Stelle ist später der Madachgau getreten. Herbertingen war also blos eine Expositur. S. Herbertingen.
- ↑ Die Gränze zwischen Sigmaringen und Friedberg bei Ostrach ist in den Sigmaringischen Lehenbriefen noch folgender Maßen näher bezeichnet: „Die Ostrach bis in die Bruck zu Ostrach dem Dorf, außer derselben Bruckh den rechten Weg hinaus in den Seebach, den Seebach auf gen Weiler in die Höfe (U. u. O. Weiler), außer den Höfen zu Weiler den alten Truttenweg auf hinter dem Geschlächt gen St. Jos in das Bild, außer St. Josen Bild gen Riedhausen in den Stockbrunnen etc., „von wo sie über Burgweiler nach Pfullendorf ging. S. Königseck. Die Ostrach schied so streng ab, daß das Dorf Ostrach selber ehemals zwischen den beiden Grafschaften getheilt war.
- ↑ Da wir noch öfters auf diese Pfandschaftsgeschichte zurückzukommen Veranlassung finden werden, so wird es am Angemessensten seyn, hier das Wesentliche davon, wie es sich theils aus Urkunden des Scherer Archivs, theils aus Pappenheims Chronik der Truchsessen ergibt, zusammen zu stellen.
- ↑ :Im Jahre 1354 verpfändete Herzog Leopold von Östreich dem Truchsessen Hans von Waldburg und seiner Gemahlin die Städte Riedlingen, Mengen, und Munderkingen für 4000 fl. Im J. 1386 überließ Leopold dem Truchsessen Hans die Stadt und Vogtey Saulgau, und die Stadt und Burg Waldsee zur lebenslänglichen Benutzung, statt der ansehnlichen Güter, welche des Truchsessen reiche Gemahlin, Catharina, eine Tochter des Grafen Friedrich von Cilly, nach dem Absterben ihres ersten Gemahls, des Grafen Albrechts von Görz als Leibgeding zu fordern hatte. 1401 gestattete Leopold dem Truchsessen Hans gegen Erlegung von 1745 fl. die Veste Kallenberg nebst Zugehör, Nusplingen, Oberheim, Dürmettingen, Erlichheim, und Brunnhaupten von dem Grafen von Sulz zurückzulösen. Bald darauf überließen die Söhne Leopolds, die Herzoge Leopold und Friedrich dem Truchsessen die Besitzung Saulgau und dazu die Veste zum Bussen nebst Zugehör für 9000 fl. als Pfandschaft. Eben dieselben bestätigten dem Truchsessen durch den großen Pfandbrief vom J. 1406 sämmtliche Pfandschaften gegen Erlegung einer weitern Summe von 6000 fl., wodurch der ganze Pfandschilling auf 30.445 fl. stieg. Pappenheim II. S. 18. Im J. 1415 ging auch, was hier beyläufig bemerkt wird, die Verpfändung der Landvogtey vor, in deren Besitz das Waldburgische Haus bis 1486 blieb. 1452 verkaufte Herzog Sigmund von Östreich. an den Truchsessen Eberhard von Waldburg laut Briefs, gegeben zu Insbruck, die Grafschaft Friedberg sammt Schloß und Stadt Scheer, dazu die Vogtey zum Bussen und zu Dürmentingen, „die vorher schon dem Eberhard eigen waren," um 32.000 fl. auf ein Ewiges und Beständiges, Pappenheim I. S. 134. Im J. 1454 verwandelte derselbe Herzog auch die Pfandschaften in eine Mannsinhabung, die nach dem Absterben des Truchsessischen Mannsstammes ledig und ohne Lösung heimfallen solle. So war nun das Truchsessische Haus im wirklichen Besitze der 5 Donaustädte, der Grafschaft Friedberg und der übrigen oben angezeichten Güter. Aber bald streckte Östreich die Hand wieder darnach aus. Käufe, Verleihungen und Verträge wurden angefochten, und sämmtliche Besitzungen für bloße Pfandschaften erklärt. Zwar wurde das Waldburgische Haus mehrmals und namentlich von König Ferdinand im J. 1526 in seinem Besitze bestätigt; allein die Anforderungen erneuerten sich immer wieder. Nachdem der Streit so fast zwei Jahrhunderte lang (v. 1486) gedauert hatte, kam endlich 1680 ein Vertrag zu Stande, wonach das Truchsessische Haus die 5 Donaustädte mit Zugehör, gegen Zurückbezahlung des darauf haftenden Pfandschillings von 27.000 fl. an Östreich zurückgeben mußte, dagegen die Burgen und Vesten Waldsee, Bussen und Kallenberg nebst Zugehör, desgleichen die Herrschaften Winterstetten und Ellwangen als ewige Mannsinhabung mit Vorbehalt der Östreichischen Oberhoheit, und die Grafschaft Friedberg-Scheer, nach Inhalt des darüber schon 1675 abgeschlossenen Vertrags, als Östreichisches Mannslehen mit aller Hoheit behielt. In diesem Besitze wurde zwar das Truchsessische Haus bald nachher abermals wieder angefochten, doch erlangte es durch den Vertrag von 1696, jedoch gegen die Abtretung der Herrschaft Kallenberg, von Kaiser Leopold die Bestätigung darin.
- ↑ Die Einkünfte waren bei den Kaufsunterhandlungen zu 26.000 fl. berechnet worden.
- ↑ Nur der Herr Pfarrer Raifel in Hohen-Tengen machte hievon eine ehrenwerthe Ausnahme. Auch hat rühmlicher Weise der Herr Pfarrer Baratti in Hoßkirch eine Orts-Chronik angelegt.
- ↑ Vergl. Leichtlens Schwaben unter den Römern, Freyburg 1820. S. 35.
- ↑ Vergl. Sattlers älteste Gesch. von Würtemberg. S. 188. 190 v. Raisers Gesch. von Lauingen 1822. S. 18. 35.