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16. Obernau,
in älteren Urkunden Obernowe, Oberowe, Oberau, auch schlechtweg Owe geschrieben, und mehrmals als Oppidum, Stadt, Städtlein angegeben [1], ein kath. Pfarrdorf, 5/4 St. von Rottenburg, mit 550 Einw. Das Dorf | liegt, auf 3 Seiten von Bergen umgeben, im Neckarthale und gewährt als Schluß des eine starke Viertelstunde rechts und links des Neckars sich aufwärts ziehenden Wiesengrundes mit seinem alten Thurme, dem einzigen Überbleibsel seiner ehemaligen Burg, einen reizenden Anblick, so wenig es übrigens in seinen rings umher zerstreuten Häusern ein Städtlein verräth, doch zeigt es noch Spuren von Thoren und alten, an manchen Stellen selbst 5 Schuh dicken Ringmauern. Der Feldbau ist nicht beträchtlich, und überdies noch sehr mühsam, indem sich die Äcker größtentheils auf entfernten Anhöhen befinden; doch sind die Einwohner gewerbsam, viele treiben nebenbey das Wollenstricken, und ernähren sich, wenn auch kärglich, damit.

Den Großzehnteu bezieht der Staat. Er ist auf 9 Jahre an die Gemeinde für 66 Sch. Dinkel, 19 Sch. Haber und 16 Sch. Gerste verpachtet. Der Weinzehnte ist zwischen dem Staat, der Pfarrey und der Grundherrschaft getheilt; den Noval-, den Klein- und Heuzehnten hat die Pfarrey. Zehentfrey sind 231/2 M. Äcker und in der Brach der Klee durchgängig. Grundherrschaft ist das freyherrliche Geschlecht von Raßler [2].

Merkwürdig sind hier die Überbleibsel der römischen Wasserleitung (s. S. 25.) und dann bedeutende Mineralquellen, besonders eine am rechten Ufer des Neckars (s. S. 94). | Das Badhaus in Obernau war in ältern Zeiten schon bekannt, ist nun aber in das Rath- und Schulhaus verwandelt [3]. In einer Urkunde von 1307 kommt Volmar, Schultheiß von Obernau, der sich auch einfach Scultetus de Owe nennt, als Bürge für seine Schwager Ilsung von Heunenthal vor, und unter den Zeugen H. Sartor de Owe. 1392 an St. Peter und Paulstag hat Cunz Böcklin, genannt Heppeler, all sein eigen Gut und Recht, so er zu Obernau an dem Haus, an dem Thurm und an dem Städtlein mit aller Zugehörde hatte, dem Hause Östreich zu Lehen gegeben, worauf er von Erzherzog Leopold damit wieder belehnt worden, solche aber wieder an letztern versetzt. Nachher war Burkhard von Mansperg im Besitz der Pfandschaft und 1473 Kraft von Hailfingen. 1479 wurde Burkard von Gültlingen damit belehnt. Von Heinrich von Gültlingen kam das Lehen 1512 an Philipp von Ehingen kaufweise [4]. Die von Ehingen wurden verschiedener Streite namentlich auch der Religionsveränderung wegen, von Östreich ihrer Lehen verlustig erklärt, und nur nach langem Zwiste wurde erst 1680 Albrecht Sigismund von Ehingen mit Obernau, als östreichisches Mannslehen wieder begabt. 1698 wurde Obernau der von Raßlerischen Familie lehensweise überlassen, welche es noch besitzt. In ältesten Zeiten war Obernau ein Filial von Remmingsheim. 1377 stiftete Johann Seidenfaden, Pfarrer zu Remmingsheim, eine | Kaplaney zur h. Jungfrau Maria, und behielt sich und seinen Nachfolgern das Patronatsrecht bevor. 1420 hat Frau Anna von Braunschweig mit Wissen und Willen ihres Gemahls Friedrich, Herzogs von Östreich, die Kaplaney sammt dem Patronatrecht und dem Zehnten, dem Probst und Kapitel zum h. Moriz zu Ehingen übertragen, von wo aus Obernau einige Zeit versehen wurde. 1467 wurde Obernau ganz von Remmingsheim getrennt, und wahrscheinlich 1686 die eigentliche Pfarrey errichtet. Die Baulast an der Kirche, welche 1806 neu erbaut worden, und dem Pfarrhaus hat der Staat.



  1. In älteren Zeiten kommt Obernau immer als Städtchen vor und in dieser Eigenschaft beschickte es auch die Landtage zu Ehingen mit einem eigenen Abgeordneten. A. d. H.
  2. Obernau macht einen Bestandtheil des Frh. von Raßlerischen Ritterguts Weitenburg aus, wozu in dem Oberamte Rottenburg auch Fruchtgefälle zu Ergenzingen und Nellingsheim gehören. Obernau für sich aber mit Zugehör war nicht ritterschaftlich, sondern ein altlandsäßiges Gut unter Östr. Hohenbergischer Landeshoheit, und steuerte als solches zu Ehingen. Das Gut, „die Veste, Burg und Stadt Obernau mit allen Rechten und Zugehörungen" ist (vorm. Östr.) Mannlehen. Es war damit die hohe und niedere Gerichtsbarkeit (auf Stock und Galgen) verbunden. S. S. 97. Zu dem Gute gehören das in der Tab. II. bemerkte Grundeigenthum, ferner Geld- und Fruchtgefälle, Hauptrecht und Leibfall, Frohngeld, die Hälfte des Bürgerannahmsgeld und die Jagd. Der reine Ertrag ist zu 500 fl. berechnet. A. d. H.
  3. J. C. Hohenschild gab 1618, als damaliger Besitzer des Bads, ein Büchlein von seinen Wirkungen heraus. Von seinen Wirkungen gibt auch Dr. Alex. Camerarius Nachricht in: Syllogen memorabilium medicinae et mirabilium naturae arcanorum. Tab 1683. S. 1596 u. f. A. d. H.
  4. Nach Crusius sollen die von Ehingen Obernau schon früher besessen und eine Linie daselbst ihren Sitz gehabt haben. Das Lehen soll ihnen von Östreich entzogen worden seyn, weil Einer von Ehingen seinen leiblichen Vater, Sebastian von Ehingen, umgebracht hat. A. d. H.
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