Beschreibung des Oberamts Neuenbürg/Kapitel B 17
« Kapitel B 16 | Beschreibung des Oberamts Neuenbürg | Kapitel B 18 » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
An einer der reizendsten Stellen des tiefeingeschnittenen Enz-Thales, gerade wo der Forellenbach in die Enz mündet, liegt an der Landstraße von Neuenbürg nach Wildbad und Calw zu beiden Seiten des Flusses das weitläufig in die Länge gebaute, ansehnliche Dorf, dessen freundliche, zum Theil stattliche, im städtischen Styl erbaute Gebäude den Anblick schöner Landsitze gewähren.
Das in neuerer Zeit erbaute Schulhaus, ein ansehnliches Gebäude mit Thürmchen und Uhr auf dem First, steht frei an einem der hervorragendsten Punkte in der Mitte des Dorfs; es enthält neben 2 geräumigen Schulzimmern auch die Wohnung des Schulmeisters und die Gelasse für den Gemeinderath. Ein neuer Begräbnißplatz wird gegenwärtig angelegt. Mit frischem, sehr gutem Trinkwasser ist der Ort hinreichend versehen, überdieß durchfließt ihn raschen Laufs die Enz und dient nicht nur der hier schwunghaft betriebenen Holzflößerei, sondern setzt auch die unterhalb des Orts gelegenen 2 Sägmühlen (die obere und untere Sägmühle) in Bewegung; eine weitere Sägmühle steht an dem Forellenbach 1/8 Stunde östlich vom Ort. Zwei hölzerne Brücken führen im Ort über die Enz.
Die Boden- und klimatischen Verhältnisse sind dieselben wie in Calmbach.
Die im Allgemeinen kräftigen Einwohner, welche nicht selten ein hohes Alter erreichen, haben in Charakter und Manieren etwas Ansprechendes. Bedeutender Holzhandel, Holzflößerei und Holzmachen bilden auch hier, wie in dem Mutterort, die Haupterwerbsquellen und sichern den rührigen Einwohnern ihr gutes Auskommen; der Ort zählt neben der im Allgemeinen vorhandenen Wohlhabenheit mehrere sehr reiche Holzhändler. Der Ackerbau ist unbedeutend, dagegen wird der ausgedehnte Wiesenbau rationell betrieben und erlaubt eine namhafte Rindviehzucht, wie sich denn auch der Ort durch einen schönen Viehstand auszeichnet; die Nachzucht geschieht durch 2 Farren (Montefoner- und Landrace), welche ein Ortsbürger Namens der Gemeinde hält. Der Ertrag und die Bewirthschaftung der Güter ist wie im Mutterort; die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 160 bis 400 fl., die der Wiesen, welche größtentheils wässerbar sind, von 250–600 fl. Der Gartenbau wird sorgfältig gepflegt und nicht allein zum Nutzen, sondern auch zum Vergnügen betrieben. Die Obstzucht ist ziemlich ausgedehnt und immer noch im Zunehmen begriffen; neben den gewöhnlichen Sorten wird auch sehr feines Tafelobst | gezogen und namentlich von dem Gutsbesitzer und Holzhändler Ludwig Rechfuß umfassend cultivirt. Die Zucht der Schweine ist beträchtlich und erlaubt noch einen namhaften Verkauf an Ferkeln. Ziegen werden ziemlich viele gehalten. Gegenstand der von dem Staat verpachteten Fischerei sind hauptsächlich die in der Enz vorkommenden Forellen. Außer den schon genannten Gewerben sind noch 2 Schildwirthschaften und die nöthigsten, den örtlichen Bedürfnissen dienenden Handwerker vorhanden.Der Verkehr mit der Umgegend ist nicht nur durch die Neuenbürg-Wildbader Landstraße, sondern auch durch Vicinalstraßen nach Dennach und durch das Eyachthal nach Dobel gesichert; überdieß führt noch ein guter Fahrweg nach Langenbrand. Der Ort liegt 5/4 Stunden südlich von Neuenbürg, 3/4 Stunden nördlich von dem Mutterort und 5/4 Stunden nordöstlich von Wildbad.
Früher durch einen Anwalt verwaltet, wurde der Ort erst in neuerer Zeit eine eigene Schultheißerei und selbstständige Gemeinde. Die verhältnißmäßig ziemlich große, sehr bergigte Markung ist, mit Ausnahme der Thalebenen und den untersten Ausläufern der Thalgehänge durchgängig mit Waldungen bestockt, von denen 1100 Morgen Eigenthum der Gemeinde sind; von dem jährlichen, 700 Klafter betragenden Ertrag derselben erhielt früher jeder Bürger 4 Klafter, wofür in neuerer Zeit je 31 fl. dem Berechtigten gereicht werden, dagegen verkauft die Gemeinde das schlagbare Holz als Langholz mit großem Vortheil, so daß über Abzug der an die Bürgerschaft ausgetheilten Gelder noch gegen 5000 fl. jährlich in die Gemeindekasse fließen. Überdieß ist jedem Bürger 1/2 Morgen Gemeindewiesen zu unentgeldlicher Benützung überlassen.
Die Gemeindeverwaltung war bis jetzt nicht genöthigt, Gemeindeschaden umzulegen; das Stiftungsvermögen beträgt 1200 fl., auch ist eine jährliche Revenue für Armenunterstützungen vorhanden (s. über Gemeinde- und Stiftungsvermögen Tabelle III.).
An Württemberg kam Höfen mit Neuenbürg.
Die ältere Benennung des Ortes ist „zum Hof“ (locus dictus zu dem hofe in Urkunde vom 26. Juli 1376), zu den Höfen.
« Kapitel B 16 | Beschreibung des Oberamts Neuenbürg | Kapitel B 18 » | |||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|