« Kapitel B 13 Beschreibung des Oberamts Neresheim Kapitel B 15 »
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Elchingen
auf dem Herdtfeld.
Gemeinde III. Kl. mit 706 Einw., wor. 5 Evang. – Kath. Pfarrdorf. 13/4 Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt gelegen.
Der ansehnliche, durch Freundlichkeit sich auszeichnende Ort liegt auf einer der höchsten Stellen des Herdtfeldes, mitten in einer | nur von ganz unbedeutenden Erhebungen unterbrochenen Hochfläche, wird von Gras- und Krautgärten und von Feldungen umgeben, die in weiterem Umkreis von Wäldern eingefaßt sind. Eine weite doch etwas eintönige Aussicht gewährt der Jägerbühl. Die größtentheils weiß getünchten und neu gebauten Häuser liegen ziemlich geordnet meist an den beiden durch das Dorf führenden reinlichen Hauptstraßen, welche die Verbindung von Neresheim nach Lauchheim und von Dorfmerkingen nach Ebnat vermitteln. Die Häuser sind niedrig, einstockig, aber sauber und meist mit Ziegeln gedeckt. Elchingen mußte schon mehrere verheerende Brände durchmachen; noch im Jahre 1654 lag das ganze Dorf in Schutt und Asche da, kein Haus, kein Mensch war in ihm; im Jahre 1756 den 13. Mai brannten 123 Gebäude mit Kirche und Thurm nieder, 1845 den 13. Juni wieder 25 und den 14. Juni 1870 brannte beinahe der dritte Theil des Orts ab (36 Hauptgebäude und 8 Nebengebäude, worunter das Schul- und Rathhaus). Der Schaden an Gebäuden betrug 54.000 fl. Das Feuer kam durch die Unvorsichtigkeit eines achtjährigen Knaben aus. Die werthvolleren Akten im Rathhaus wurden gerettet.

Die 1725 unter Abt Amandus Fischer im Rococostil erbaute, 1792 unter Abt Michael erneuerte, dem h. Ottmar geweihte Kirche liegt erhaben am Ostende des Dorfes, hat einen halbachteckigen Chorschluß und gegen Westen einen 131′ hohen schlanken Thurm aus Backsteinen, dessen obere achteckige Geschosse mit Pilastern und gedoppelten Bogenfenstern geziert und mit einer Zwiebelkuppel bekrönt sind. Das geräumige Innere ist ansprechend bemalt, an den Decken mit zwei riesigen Fresken: die im Schiffe stellt Christus auf Golgatha, die im Chor Christi Geburt dar. Die drei großen Altäre sind sehr tüchtige Rococoarbeiten, reich mit Ornamenten und Heiligenbildern versehen; auch das geschnitzte Chorgestühl ist bemerkenswerth, besonders aber der prachtvolle gelbmarmorne Taufstein mit den fast frei gearbeiteten Gestalten der vier Evangelisten, 1792 aus der Neresheimer Klosterkirche hieher versetzt; und von ungewöhnlichem und edlem Ausdruck ist endlich das große Krucifix auf dem Hauptaltar. Die zwölfregistrige Orgel wurde 1841 um 1003 fl. erbaut. Die vier Glocken sind gegossen von Konrad Zoller in Biberach 1863. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftungspflege.

Rings um die Kirche geht der sehr stark ummauerte Friedhof; an seiner Südseite sieht man noch Theile des alten Umlaufes.

Das hübsche neben der Kirche gelegene zweistockige Pfarrhaus wurde in der zweiten Hälfte des siebenzehnten Jahrhunderts vom Kloster Neresheim erbaut; man stieß damals beim Graben auf ein uraltes Kellergewölbe. Die Unterhaltung hat die Stiftungspflege, die subsidiäre die Standesherrschaft Taxis.

Das 1843 mit einem Aufwand von 5000 fl. erbaute, 1870 | niedergebrannte Schul- und Rathhaus wurde seitdem wieder aufgebaut und enthält das Rathszimmer, zwei Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters; außer diesem unterrichtet noch ein Lehrgehilfe.

Die am westlichen Ende des Dorfs gelegene Wohnung des fürstlich Thurn und Taxis’schen Revierförsters wurde 1841 erbaut.

An Trinkwasser ist kein Mangel, nur für die Thiere reicht es zuweilen nicht hin und muß dann aus dem drei Viertelstunden entfernten Hohenlohe geholt werden. Im Ganzen bestehen 100–110 Brunnen, meist Schöpfbrunnen und drei Pumpbrunnen. Das beste Wasser liefert der Brunnen außerhalb des Ortes, während viele der Ortsbrunnen mittelmäßiges Wasser haben, das hauptsächlich aus den Dachrinnen zugeleitet wird; auf der Markung sind keine Quellen. Fünf große Wetten liegen innerhalb und eine außerhalb des Ortes.

Die Staatsstraße von Neresheim nach Aalen geht hier durch, Vicinalstraßen führen nach Dorfmerkingen, Ebnat und Affalterwang, eine steinerne von der Gemeinde zu unterhaltende Brücke befindet sich im Karrenhauthal an der Staatsstraße.

Haupterwerbsmittel der geordneten und körperlich kräftigen Einwohner, die häufig ein sehr hohes Alter erreichen, sind Feldbau und Viehzucht; die gewöhnlichen Handwerker, drei Schildwirthschaften mit Bierbrauereien und zwei Kramläden sind vorhanden.

Die hiesigen Steinbrüche liefern nur gewöhnliche Bausteine.

Die Vermögensverhältnisse sind befriedigend; den begütertsten Bürgern gehören 70–90, dem sog. Mittelmann 20–30 Morgen Feld.

Die große, wohl arrondirte Markung bildet ein flachwelliges Terrain, das von unbedeutenden Thälchen und Mulden durchzogen wird. Der mittelfruchtbare Boden besteht größtentheils aus den Zersetzungen des weißen Jura, die theils mit Thon, theils mit Lehm gemengt sind. Das Klima ist, wie überhaupt auf dem Herdtfeld, ziemlich rauh und feinere Gewächse, wie Gurken, Bohnen etc. wollen wegen der starken Frühlingsfröste und der kalten Nebel nicht mehr gedeihen, dagegen gehört Hagelschlag zu den Seltenheiten, es kam 1831 und 1849 vor.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung des verbesserten Wendepflugs und der eisernen Egge sehr fleißig und umsichtig betrieben; auch die Dreschmaschine hat Eingang gefunden. Zum Anbau kommen vorzugsweise Dinkel und Gerste, welche sehr gut gedeihen, ferner Haber und Roggen; von Brach- und Handelsgewächsen Kartoffeln, dreiblättriger Klee, Esparsette, weiße Rüben und Flachs; letzterer nur für den eigenen Bedarf. Von den Getreideerzeugnissen können jährlich etwa 4000 Scheffel Dinkel, 5000 Scheffel Gerste und 2000 Scheffel Haber nach außen abgesetzt werden.

Der nicht sehr ausgedehnte Wiesenbau liefert ein sehr gutes | Futter, das im Ort verbraucht wird und überdieß muß zuweilen noch Futter zugekauft werden.

Von wenig Bedeutung ist die Obstzucht, die sich mit spät blühenden Mostsorten, Zwetschgen und etwas Kirschen beschäftigt, und das örtliche Bedürfniß nicht vollständig befriedigt.

Eigentliche Weiden sind nicht vorhanden; nur die Brach- und Stoppelweide wird den Sommer über mit 1600 Bastardschafen befahren, was der Gemeindekasse eine Pachtsumme von 2000 fl. und den Pfercherlös mit 1200 fl. einbringt. Gemeindewaldungen sind keine vorhanden, dagegen besitzt die Stiftungspflege 52 Morgen.

Die Pferdezucht ist nicht von Bedeutung, die Rindviehzucht aber in ganz gutem Zustande und würde sich noch mehr ausdehnen, wenn nicht Mangel an Futter einem noch größeren Viehstand entgegen stünde. Man züchtet die Simmenthaler Race und hat 2 Farren aufgestellt; ein ziemlich lebhafter Handel mit Vieh wird auf benachbarten Märkten getrieben. Viehaustrieb findet nicht statt.

Die Stiftungspflege, auch Ottmarspflege genannt, besitzt 9000 fl. Kapitalien und 52 Morgen Wald; die Zinse werden für Kultkosten und Armenzwecke verwendet.

Von Spuren aus grauer Vorzeit nennen wir in erster Linie die zum Theil noch gut erhaltene römische Heerstraße, welche von der römischen Niederlassung bei Heidenheim nach der bei Bopfingen führte und nur einige hundert Schritte östlich von Elchingen vorbei zog. Etwa 1/4 Stunde östlich von dieser Heerstraße stand auf der sog. Birk (d. i. Bürg) eine römische Niederlassung, von der man schon Gebäudereste, römische Ziegel etc. ausgegraben hat. In Elchingen selbst stand in der Nähe der Kirche ein römischer Wachhügel; dieser sehr namhafte, auf einem der höchsten Punkte der Umgegend gelegene, künstlich aufgeworfene Hügel, von dem man eine weite Aussicht genießt, wurde in letzter Zeit beinahe ganz abgetragen. Auf der Kuppe desselben, der Tanzplatz genannt, wurde noch vor 10 Jahren von der Ortsjugend der sogenannte Huttanz abgehalten (s. den allgem. Theil). Bei Anlegung einer Düngerstätte in der Fuchsgasse kam ein Backsteingemäuer zum Vorschein, das ohne Zweifel von einem römischen Gebäude herrührte. In dem 1/2 Stunde nördlich vom Ort gelegenen Heiligenwald befinden sich drei altgermanische Grabhügel, von denen einer geöffnet wurde; man fand Urnen und andere Gefässe in demselben. Westlich am Ort kommt die Benennung „Wasserstall“ vor, was auf einen mit Wassergraben umgebenen Burgstall hindeutet. Auf dem 1/4 Stunde östlich vom Ort gelegenen Fachsenberg sei das Fachsenschloß gestanden. Im sog. Schneckengarten soll sich um Weihnachten ein Geist als Licht sehen lassen.

Elchingen wird 1144 erstmals genannt (Alchingen) als hälftig zum Zehentbezirk der Ohmenheimer Kirche gehörig. Der Stifter des | Klosters Neresheim hatte auch hier ein predium geschenkt, 1152 bestätigt; später waren die Herrn von Hürnheim Hauptbesitzer, Conrad vom Hohenhause aber verkaufte an die Grafen von Oettingen, welche 1311 ihr Besitzthum samt dem Kirchsatz dem Kloster Neresheim um 1200 Pfd. Heller überließen. Das Kloster Ellwangen, welches 1275 einige Zinsgüter an Neresheim verkauft hatte, verzichtete nun auch auf seine Lehensherrlichkeit. Ein ritterliches Geschlecht, welchem wohl die Äbte Ulrich 1258 und Nicolaus 1394 von Neresheim angehörten, stammte ohne Zweifel von hier und es gehörte demselben der Hans von Elchingen an, welcher 1369 von Neresheim eine Hube in Elchingen um 70 Pfd. Heller kaufte und auf dessen Güter zu Holenstein, Elchingen und Neresheim ein Gläubiger vom Landgericht eingewiesen wurde 1378. Da es aber auch ritterliche Herrn von Elchingen im Donauthal giebt, so ist es schwer zu sagen, welche Herrn dieses Namens von unserem Elchingen herkommen. Namentlich in der Nähe von Göppingen, in Holzheim, Ganslosen, Süßen, Donzdorf, Reichenbach u. s. w. waren Herrn von Elchingen begütert und möglich ist’s, daß von den Söhnen eines Ritters Rugger von E., Rugger II., Conrad und Hans a. 1341 der letztere identisch ist mit dem eben genannten Hans von E. 1369–78. Hieher rechnen wir auch einen Fritz Elchinger 1345, 48 in Utzmemmingen gesessen, dessen Wittwe 1351 einen Sohn Peter hatte. Ein Schloß soll einst am Fachsenberg beim Fachsenbuck gestanden sein. Güter „in Fachsenberg“ verkaufte Lorch 1313 an Neresheim um 12 Pfd.

Weitere Besitzer in Elchingen waren die Wittwe des Vogts von Diepertsbuch 1343 und ein Konrad der Siglawer, welche je ein Gut an’s Kloster Neresheim verkauften. Hans und Conrad Protzer, Nördlinger Patricier, verkauften Höfe, Selden, Gülten, Zinse etc. zu Elchingen, Holenstein und Ohmenheim um 804 Pfd. Heller an Graf Friedrich von Oettingen, welcher davon eine Meßpfründe zu Kirchheim stiftete. Auch das Spital Nördlingen hat ein Lehen zu Elchingen 1576 an Neresheim vertauscht. Dieses Kloster erwarb allmählig das ganze Dorf, einen ötting. Unterthanen ausgenommen, und 1764 trat Oettingen auch die Dorfsherrschaft und Obrigkeit ab. Mit Neresheim ist auch Elchingen 1803 thurn und taxisch geworden, seit 1810 württembergisch.

Die Gemeinde hatte schon 1496 ein eigenes Gericht. Im 30jährigen Krieg kam der Ort herunter bis auf 5 noch bebaute Güter. Ganz besonders oft hat er auch von großen Feuersbrünsten gelitten.

Das Pfarreipatronat gehörte einst den Grundherren, wurde 1311 an’s Kloster Neresheim verkauft und die Pfarrei 1422 incorporirt. Jetzt gehört das Patronat Thurn und Taxis.

Das einstige Filial Affalterwang ist jetzt nach Waldhausen gepfarrt, vorübergehend war Dorfmerkingen mit Elchingen verbunden 1676–1713.


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