« Kapitel B 1 Beschreibung des Oberamts Maulbronn Kapitel B 3 »
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Derdingen (Ober-),
Gemeinde II. Kl. mit 1902 Einw., worunter 5 Katholiken. a) Derdingen, Pfarrdorf mit Marktrecht, 1310 Einw., b) Groß-Villars (theilweise), Pfarrdorf 96 Einw., c) Obere Mühle, Haus, 10 Einw., d) Ölmühle, Haus, 7 Einw., e) Unter-Derdingen, Weiler, 473 Einw., f) Untere Mühle, Haus, 6 Einw. – Ev. Pfarrei; die Katholiken sind nach Stockheim, O-A. Brackenheim eingepfarrt. 2 Stunden nördlich von Maulbronn gelegen. Derdingen ist der Sitz eines Revierförsters.


Freundlich und frei zwischen fruchtbaren Ackerlandshügeln, die sich langgestreckt von Osten, Süden und Westen herziehen, liegt der sehr ansehnliche Ort auf der rechten Seite eines von Süden herkommenden Seitenbachs des nur 1/8 Stunde nördlich vorbeifließenden Kraichbaches. Gegen Süden und Osten erheben sich, den Blick aufhaltend, die nahen, vielgebuchteten waldigen Abhänge des Stromberges, der bis hieher seine wohlgeformten Ausläufer sendet; gegen Nordwesten liegt die Gegend ganz offen und auf allen höheren Stellen erblickt man in blauer Ferne die schönen Linien der Vogesen; Hauptaussichtspunkte sind Hagenrain, Kupferhalde, Hornkopf, Wolfenberg. Derdingen hat breite, gutgehaltene Straßen, tüchtige Holzhäuser, und auch manche, die im städtischen Geschmack gehalten sind; ein besonders hübsches Ansehen verleiht dem Dorfe der ausgedehnte, noch ummauerte Pfleghof, früher dem Kloster Herrenalb gehörig und westlich vom eigentlichen Dorf sich erhebend.

Die große Kirche steht auf der Ostseite dieser Gebäulichkeiten, | die noch umgeben sind von Mauern und breitem Graben und wie eine feste Burg mit Steingiebeln, Thürmen und Thoren sich erheben. Obstbäume wachsen jetzt im breiten Graben, wildes Gesträuch und Epheu schlingt sich an den Mauern hinauf. Die Kirche, die ein längliches Viereck mit schief zu einander stehenden Giebelseiten bildet, wurde laut Inschrift erbaut 1571–74 und steht mit ihrer östlichen Giebelseite an der hohen Umfassungsmauer des Pfleghofes. An ihrer Nordseite erhielten sich einige Spitzbogenfenster, an ihrer Südseite dagegen sind unschöne flachbogige Fenster eingebrochen; hier führen auch zwei Portale herein, jedes mit der Jahreszahl 1574, und eine Tafel mit folgender Inschrift ist eingelassen: Als man zalt 1571 ist von meinem gnedigen Fürst und Herrn Hertzog Ludwig zu Wirtemberg mir Sebastian Dreher von Lewenberg derzeit Amptman zu Derdingen befelch geben solche kirch zu bawen. Das sich dan bis sie erbawen worden in 3. Jar verzogen. Hat in der Zeit der Scheffel Kernen golten 12 Gülde. rocken 9. der schöfel Dinkel fünfthalben gülde. der haber ... das fuoder wein 140 Gülde. die scheiben saltz ... und durchaus Allding des vor nie erhört zum Höchsten und Theuersten gewesen. Am Ostgiebel steht auch 1574. Das flachgedeckte Innere besitzt ein großes Krucifix aus dem 16. Jahrhundert von auffallend schöner, feiner und weicher Körperbildung und großartigem Ausdruck des Gesichtes. An der Ostwand steht eine Grabplatte, worauf eine sehr hübsch gearbeitete, halblebensgroße weibliche Figur betend dargestellt ist. Die Umschrift lautet: Anno. 82. (1582) 2. Septemb. starb. die ehrn und tugentsam fraw Barbara amptmanns zu Derdingen Jacob flecken hausfraw. got geb ier frolich ufersteung. An der Nordwand hängt ein gemaltes Epitaphium von 1609; der Taufstein ist gothisch verziert. Die neue große Orgel wurde 1855 von Schäfer in Heilbronn um 2435 fl. gefertigt.

Der südlich frei neben der Kirche stehende umfangreiche Glockenthurm war einst ein frühgothisches Steinhaus aus dem Anfang des dreizehnten Jahrhunderts und erst in späten Zeiten wurde ihm ein riesenhaftes achtseitiges Zeltdach von Schiefer aufgesetzt. Unter dem Gebäude befindet sich ein großer Keller. Dieses sehr sorgsam aus schöngelben Keuperwerksteinen zusammengefugte Steinhaus hat viele zarte, aus Einem Stein geschaffte Spitzbogenfenster von der alten gedrückten Form; innen weiten sich zum Theil diese Fensterchen zu breiten bequemen Nischen mit Sitzbänken, und man sieht wohl, daß hier einst Wohnräume waren. Über dem gegen Westen befindlichen Eingang steht die später eingemeißelte Jahreszahl 1553.

Von den drei verzierten Glocken haben die beiden größeren die Umschrift: Paulus Strobel von Speyer gos mich anno Domini 1752, und sind mit dem württembergischen Wappen und einem Rost geschmückt, auf der dritten Glocke steht: Gegossen von L. Neubert | in Ludwigsburg 1845; auf den beiden größeren Glocken sind merkwürdiger Weise unten am Rande natürliche Pflanzenblätter (Salbei u. s. w.) abgegossen. Die Kirche wird von der Gemeinde und der Stiftungspflege unterhalten. Der Friedhof liegt außerhalb des Orts.

Nördlich von der Kirche, durch einen Garten getrennt, steht lang hingedehnt das ganz aus Stein erbaute Pfarrhaus, das frühere herrenalb’sche Stabsamt, ein sehr altes zweistockiges Gebäude mit gothischen Sprossenfenstern; es war bis 1808 die Wohnung der herrenalb’schen Beamten und Geistlichen. Unten in der Hausflur ist ein Grabstein eingemauert mit dem Herrenalber Wappen und: 1553 obiit die Sep....., ferner ein Wappenschild, der eine Kanne enthält; in einer Kammer findet sich das Eberstein’sche Wappen mit der Jahreszahl 1594.

An das vom Staat zu unterhaltende Pfarrhaus stößt nördlich eine alte gothische Kapelle, jetzt als Speicher benützt. Daneben die frühere Herrschaftsküferei, jetzt Privathaus, und westlich von der Kirche steht der große ehemalige herrschaftliche Fruchtkasten, der jetzt unten die Kelter, oben Fruchtböden enthält und bei der Ablösung von der Gemeinde erkauft wurde. Er zeigt noch einen spitzbogigen Eingang und über einem zweiten rundbogigen das württembergische Wappen mit der Jahreszahl 1580. Um den ganzen Pfleghof lief und läuft jetzt zum Theil noch ein gefüllter Wassergraben, und eine Zugbrücke führte zu dem an der südöstlichen Ecke stehenden Doppelthor. Noch zu erwähnen ist ein altes im südwestlichen Theile des Ortes an der Straße nach Knittlingen stehendes Gebäude, das frühere Schafhaus, mit dem Herrenalber Wappen und der Jahreszahl 1486.

Das Rathhaus ist sehr alt und wurde 1835 erneuert.

Das Schulhaus, 1840/41 aus einem ältern Gebäude vergrößert, enthält drei Lehrzimmer und die Wohnungen für zwei Schulmeister.

Die ansehnliche Wohnung des Revierförsters, welche Eigenthum des Staats ist, steht an der Hauptstraße des Orts.

Gutes Trinkwasser liefern stets hinreichend 5 laufende Brunnen und 10 Pumpbrunnen; bei dem Rathhause steht der Hauptbrunnen mit steinerner Brunnensäule, die mit drei Masken und einem Kapitell geschmückt ist; am großen Troge sieht man das württembergische Wappen und 1791. Die Markung ist reich an guten kleineren Quellen; von Bächen fließt darüber die Kraich, die einige nicht bedeutende Zuflüsse empfängt; auch sind 4 ziemlich große Weiher vorhanden: der obere 3 Morgen große Kraichsee, der untere Kraichsee mit 144/8 Morgen, der 64/8 Morgen große Bernhardsweiher und der sog. Grabensee, 22/8 Morgen haltend. Dann besteht noch im Ort eine Wette. Periodisch fließende Quellen (sogenannte Hungerbrunnen) kommen vor.

| Vicinalstraßen gehen von hier nach Unter-Derdingen und Flehingen, nach Sternenfels und Groß-Villars. Einzelne kleine Brückchen und Stege führen über die Kraich und deren Zuflüsse; sie sind von der Gemeinde zu unterhalten.

Die hiesigen Einwohner finden ihre Haupterwerbsquellen in Feldbau, Viehzucht, Wein- und Obstbau; Gewerbe werden nur in kleinem Umfange betrieben; es leben hier die gewöhnlichen Handwerker, die alle auch nach außen arbeiten. Dann bestehen 2 Getreidemühlen, die obere mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, und die untere mit 3 Mahlgängen, einem Gerbgang, einem Schälgang und einer Einrichtung zum Ölmahlen; endlich besteht eine weitere durch ein Pferd getriebene Ölmühle. Vier Schildwirthschaften, zwei Bierbrauereien, eine Speisewirthschaft, zwei Kaufläden und ein Kramladen sind vorhanden.

Die vier jährlich hier abgehaltenen Krämermärkte haben Bedeutung, nicht aber die damit verbundenen Viehmärkte.

Die Vermögensverhältnisse sind günstig, ein Mittelstand herrscht vor und fast Jeder hat sein Auskommen. Der größte Grundbesitz beläuft sich auf 40–45 Morgen, der des Mittelmannes auf 10–12, bei der ärmeren Klasse sinkt er bis zu 1/4 Morgen herunter. Armenunterstützung erhalten 10–12 Personen.

Ein eigenthümlicher Volksbrauch ist, daß je an Lichtmeß der Besitzer der oberen Mühle 6 Kuchen liefern muß, von diesen erhalten 4 die ledigen Bursche, einen der Schultheiß und einen der Revierförster; überdies bekommen die ledigen Bursche 5 fl. aus der Gemeindekasse zum Verzechen, wobei alsdann ein kleiner Tanz abgehalten wird. Das Ortslagerbuch von 1720 enthält hierüber folgendes:

I. Theil. Bl. 1094 ff. Untere Mühle. Nichtweniger hat Müller Jahrs auf Lichtmeß Einen sogenannten Mühlkuchen, als biß daher und von ohnerdenklichen Zeiten Herkommens und üblich gewesen ist, zu raichen, der soll halten 15 Pfund etc.

(Bl. 1096.) Und hat es mit dem Mühlkuchen (gleich wie bey diser also auch bei der obern Mühlen) vermög uhralter Amtsrechnungen die Meynung: Nemlich es seyen am Liechtmeßtag altem Gebrauch nach die Hofdiener und Knecht in beide Mühlenen (nemlich in die obere und in dise die untere Mühlin) mit einer Flaschen Wein gezogen, und es seyen Ihnen von Jed wederem Müller uff einer Kreuzstang darzu geordnet, die mit einem grünen Buchsbaum und mit aufgestellten Äpfeln geziert gewesen, nebst einem Trunkh, zur Ergözlichkeit, Ihrer das Jahr umhin habender vielen Bemühung, und um willen die beede Mühlenen dem Closter mit einem ziemlichen Mühlzinnß verbunden, zur gedächtnuß denenselben Kuchen gegeben, und also uffgezöhrt und empfangen worden.

Solche Mühlkuchen aber werden nunmehro durch die Ledige | pursch beeder Fleckhen Ober- und Unterderdingen Jahrs am Tag Liechtmeß, ußer beeden Mühlenen, uff denen darzu gezierten Stangen zu Pferd abgeholt, in den Amthof geführt, und daselbst nebst dem herkommentlich erlaubten Trunkh Wein, nach eines Amtmanns Verordnung, unter die Hofbediente ausgetheilt etc.

Obere Mühle. Bl. 1110. Mühlkuchen uff Liechtmeß, die meynung darmit habend, als nächst hieoben bei der Untern Mühl angezaigt worden.

Die sehr ausgedehnte Gemeindemarkung ist ziemlich uneben, im östlichen und südlichen Theil, der jedoch meist für den Wald- und Weinbau benützt wird, sogar bergig. Der im allgemeinen fruchtbare Boden besteht theils aus Lehm, theils aus sog. Schlaisboden (eine Zersetzung des Lettenkohlensandsteins); der für den Wald- und Weinbau benützte Theil hat an den Gehängen und Bergausläufern Keupermergel und auf den Höhen kommen die Zersetzungen des Keuperwerksteins vor. Außer Gips-, Lehm- und Töpferthongruben bestehen zwei Keuperwerksteinbrüche, aus denen gute Werk- und Bausteine gewonnen und häufig auch ins Badische abgesetzt werden.

Das Klima ist mild und gestattet den Anbau aller in Württemberg vorkommenden feineren Gewächse; Hagelschlag kommt selten vor.

Mit vielem Fleiß und mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe (Brabanter- und Suppinger Pflüge, eiserner Eggen, Walzen, Repssäemaschinen) wird die Landwirthschaft betrieben und dem Boden, außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln, auch mit künstlichen nachgeholfen. Zum Anbau kommen Dinkel, Roggen, Haber, Gerste, ausnahmsweise Weizen und von Brach- und Handelsgewächsen Kartoffeln, Angersen, viele Futterkräuter (dreiblättriger Klee, Luzerne, Esparsette, Wicken), Erbsen, Linsen, Bohnen, Ackerbohnen, Welschkorn, Mohn, Reps, Zuckerrüben, Cichorie, Hanf etc. Von den Felderzeugnissen können über den eigenen Bedarf jährlich etwa 1600 Scheffel Dinkel, 50 Scheffel Gerste, 1400 Scheffel Haber und ziemlich viel Brach- und Handelsgewächse nach außen abgesetzt werden.

Der im Verhältniß zum Ackerbau nicht ausgedehnte Wiesenbau liefert überdies keinen reichlichen Ertrag und nur mittelgutes, theilweise saures Futter, daher um den nöthigen Viehstand zu unterhalten auf den Anbau von Futterkräutern und andern Futtersurrogaten sehr Bedacht genommen wird.

Nicht sehr ausgedehnt ist auch der Weinbau, der jedoch einen guten Wein (vorherrschend roth und sog. Schiller) liefert, dessen höchste Preise sich in den Jahren 1857–1867 von 55–75 fl., die niedersten von 28–60 fl. per Eimer bewegten. Auf den Morgen pflanzt man 2700 Stöcke, die nur in den Weinbergen bei Unter-Derdingen bezogen werden. Der Wein findet seinen Absatz in der Umgegend, namentlich auch in dem benachbarten Baden.

| Von Bedeutung ist die Obstzucht, die sich nicht nur mit den gewöhnlichen, sondern auch mit edlen Sorten beschäftigt, indessen das örtliche Bedürfniß nicht vollständig befriedigt.

An Waldungen besitzt die Gemeinde 1012 vorherrschend mit Laubhölzern bestockte Morgen, die jährlich etwa 300 Klafter und gegen 18.000 Stück Wellen ertragen, wovon jeder Bürger 25 Stück Wellen als Bürgergabe erhält, während das übrige Holz verkauft wird, was der Gemeindekasse eine jährliche Rente von 6–7000 fl. sichert.

Eigentliche Weiden bestehen nicht, dagegen wird die Brach- und Stoppelweide an einen Ortsschäfer, welcher vom 25. Juli bis 1. März 500 Stück Bastarde auf der Markung laufen läßt, um 1355 fl. verpachtet; überdies trägt die Pferchnutzung der Gemeinde noch etwa 780 fl. jährlich ein.

Die vorhandenen Gemeindegüter und Allmanden werfen eine jährliche Pachtsumme von etwa 1200 fl. ab.

Was die Viehzucht betrifft, so ist die der Pferde unbedeutend, dagegen die des Rindviehs sehr namhaft und bildet einen besonderen Erwerbszweig, indem neben der eigenen Benützung viel Vieh auf benachbarten Märkten, wie auch nach Baden und Frankreich abgesetzt wird; man züchtet eine mit Simmenthaler gekreuzte Landrace und hat hiezu in den beiden Orten Derdingen und Unter-Derdingen neun Farren aufgestellt.

Die Schweinezucht ist ausgedehnt; es befinden sich 40 Mutterschweine und 5 Eber im Ort und mit gezogenen Ferkeln wird ein einträglicher Handel auf dem Markt in Bretten getrieben; auch werden über den eigenen nicht unbedeutenden Bedarf an gemästeten Schweinen noch ziemlich viele nach außen abgesetzt.

Fischerei (Karpfen und Hechte) treibt auf künstliche Weise ein Ortsbürger in den obengenannten Seen und setzt die Fische meist in Karlsruhe ab.

Von den vorhandenen Armenstiftungen werden die Zinse folgendermaßen verwendet: von 320 fl. und 200 fl. zur Vertheilung von Brod an Pfingsten und am 16. März, ferner von 230 fl. und von 300 fl. zu Anschaffung von Gesangbüchern und von Kleidern an unbemittelte Konfirmanden.

Nach der Volkssage soll Derdingen und Unter-Derdingen früher zusammengehört und einen Ort gebildet haben; so viel ist sicher, daß man zwischen beiden Orten schon auf Grundreste von Gebäuden gestoßen ist; was wohl auch zu dieser Sage Veranlassung gab. Im Thal gegen Sternenfels lag der Ort Bernhardsweiler (s. hier. unten). Auf dem Hagenrain, östlich vom Ort, befindet sich eine große, ein längliches Viereck bildende Schanze. Etwa 1/4 Stunde | westlich vom Ort wird ein hoher Punkt „Schänzle“ genannt und zunächst am Ort kommt die Benennung „hinter der Schanz“ vor.

Der Ort heißt Tardingen 766, später nur Terdingen und Derdingen, daher die Schreibart Dertingen unrichtig.

Kl. Lorsch hat hier Besitz seit 766 (Cod. Laur. II. 451); Kl. Weißenburg im 9. Jahrh., der ihm aber zur Zeit K. Otto’s II. von dem Salier Otto, Grafen im Kraichgau, entrissen wurde (Stälin, Wirt. Gesch. I., 602). Auch Kl. Hirschau war seit c. 1140 hier begütert (Cod. Hirs. 46 a., vergl. Mone, Zeitschrift 1. 299), ebenso Kl. Maulbronn seit 1357, und im 13. Jahrh. Kl. Lichtenthal (Mone 1, 497).

Die Güter dieser Klöster, mit Ausnahme der Maulbronn’schen, erwarb mit der Zeit das seit 1181 hier begüterte Herrenalb, das auch bis 1344 die der weltlichen Herren in Derdingen vollständig, samt Vogtrecht, Kirchensatz und Zehnten, an sich brachte, wie aus den von Mone, Zeitschrift 1, 104 ff.; 2, 99 ff.; 5, 444 ff.; 6, 208 ff.; 7, 77 ff. veröffentlichten Urkunden desselben hervorgeht. Sein hiesiger Pfleghof (grangia) wird schon 1247 erwähnt. Wie aus jenen Urkunden zu schließen, gehörten beide Orte, Ober- und Unter-Derdingen (unterschieden seit 1247), ursprünglich den Grafen von Ingersheim, welche sie auf die Grafen von Calw, und diese auf die Grafen von Eberstein-Zweibrücken und Kazenelnbogen vererbten. Von diesen Grafen trugen dieselben zu Lehen die Herrn von Wiesloch, zugleich mit dem Kirchensatz; ferner die Herrn von Helmsheim, zugleich mit der Vogtei, von denen wieder die Göler von Ravensburg und die Herrn von Weitingen Lehen hatten; endlich die Herrn von Derdingen, die zugleich Lehensleute derer von Wiesloch und von Magenheim waren.

Von den Herrn von Derdingen kommen vor: Dietrich um 1100 (Cod. Hirs. 30 b), Adelbert c. 1140 (eb. 46 a), Walther 1153, Zeuge in der Urk. K. Friedrichs I. wegen Elfingens, Dietrich 1181 (Herrenalber Urk.), Dietmar 1186 (eb.), Hugo, Ministerial des Pfalzgrafen Rudolf von Tübingen (Crusius Schwäb. Chron. 1, 669), Heinrich, gen. Truhelin, 1243 (Herrenalber Urk.), Eberhard, Chorherr zu Sindelfingen, gest. 24. Sept. 1278, (Crusius 1, 845), Swigger und Conrad 1252 (Herrenalber Urk.), Heinrich und Offemia 1287 (eb.), Werner, der Esel, 1353 (Klunz. Reg. 33).

Wie die Freiherrn von Magenheim zu Gütern in Derdingen kamen, ist unbekannt. Lehensleute von ihnen waren auch die Herren von Riechen und (zugleich von den Gölern) die von Ramsbach. Ferner hatten die Herrn von Königsbach Lehen in Derdingen von denen von Entringen. Endlich waren im 14. Jahrhundert begütert die Herrn von Wunnenstein, Gültlingen und Enzberg.

Was die kirchlichen Verhältnisse betrifft, so war hier schon | 1227 eine Pfarrei (zu St. Katharina) und eine Kaplanei (Mone, Zeitschr. 5, 200). Erstere wurde 1251 dem Kloster incorporirt und seitdem durch einen ständigen Vikar versehen (Mone, 1, 226 f.), der 13 Scheffel Weizen und ebensoviel Spelz, 14 Scheffel Haber, 1/2 Fuder Wein und den kleinen Zehnten von Unter-Derdingen, sowie von einer Wiese, als Einkommen hatte.

1438 fand hier ein pfälzischer Einfall statt. – 1525 plünderte ein Bauernschwarm die herrenalbische Pflege, und 1535 wurden die Derdinger Bauern selber aufrührerisch.

Auf Derdinger Markung lag in dem Thal gegen Sternenfels, wo sich der früher sogenannte Bernhardsweiher befindet, der abgegangene Ort Bernhardsweiler, welcher 1194–1295 mehrmals vorkommt (Mone, Zeitschr. 1, 109, 247).

Zu der Gemeinde gehören:

b) Groß-Villars, zum kleineren Theil (s. die Ortsbeschreibung von Knittlingen).

c) Die obere Mühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, unterhalb Unter-Derdingen gelegen.

d) Die Ölmühle, liegt 1/4 Stunde östlich vom Mutterort.

e) Unter-Derdingen; 1/4 Stunde nördlich vom Mutterort liegt angenehm zwischen Obstbaumgärten auf der rechten Seite der Kraich und etwas an dem gegen Süden schauenden Thalhang hinangebaut der kleine hübsche Ort mit seinen mittelgroßen, zum Theil ganz aus Stein erbauten Häusern und breiten wohlunterhaltenen Straßen.

Die Kirche stammt aus dem Jahr 1769, dagegen ist der östlich stehende Thurm spätromanisch; gegen Süden erhielt sich in seinem sonst von gothischen Fenstern durchbrochenen ersten Geschosse ein romanisches Rundbogenfenster. Das Innere des Schiffes ist ganz einfach und flachgedeckt, der Triumphbogen noch ursprünglich und halbrund, der Thurm aber hat ein Rippenkreuzgewölbe (die Rippen von halbachteckigem Querschnitt), das von schönen Blätterkonsolen aufsteigt. Den Schlußstein ziert das Lamm Gottes; an den Wänden stehen hier zwei sandsteinerne Grabmäler, eines zeigt das vor dem Gekreuzigten knieende Kind des Vogtes Dreher † 1579; das andere stellt Sebastian Drehers zwei eheliche Hausfrauen mit ihren Kindern dar, gestorben 1564 und 157.. Auf dem von achteckigem, schieferbelegtem Zeltdache bedeckten Thurm hängen 2 Glocken, die eine mit der Umschrift: Dertingen Anno 1699 gossen mich Johann und Stephann die Arnoldt gebirtig aus Lotringen. Soli Deo gloria. Die zweite: Ave maria gratia plena dominus tecum. in nomine patris filii et spiriti sancti. 1634. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde.

Das sehr stattliche Schulhaus wurde 1841 neuerbaut und enthält | 2 geräumige Lehrzimmer und die große Wohnung des Schulmeisters.

Gutes Trinkwasser liefern hinlänglich 5 Pumpbrunnen.

Schildwirthschaften bestehen hier zwei.

Die übrigen Verhältnisse gleichen denen im Mutterorte.

f) Die untere Mühle, mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, liegt 1/4 Stunde unterhalb Unter-Derdingen. Sämtliche Mühlwerke werden von der Kraich in Bewegung gesetzt.

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