« Kapitel B 15 Beschreibung des Oberamts Maulbronn Kapitel B 17 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Schmie.
Gemeinde III. Kl. mit 532 Einw. – Ev. Pfarrei. 1/2 Stunde südöstlich von Maulbronn gelegen.


Der langgedehnte Ort liegt hoch und luftig auf sanft gegen Süden geneigter Fläche, nahe dem Rande des etwas weiter südlich hinziehenden hier beginnenden Schmiethales. Eine sehr liebliche Aussicht bietet sich schon vom Orte selbst aus an die Löwensteiner- und Murrhardter Berge, an den Schurwald, einen Theil der Alb, an die Solitüde und an den Schönbuch. Die meist kleinen Häuser stehen ziemlich regelmäßig und von Obstbäumen umschattet an der breiten gekandelten Straße, und zeichnen sich vielfach durch geschnitztes Balkenwerk aus, eines darunter zeigt am Eckbalken einen Kopf mit langem Doppelbart und die Jahreszahl 1568, dieselbe Zahl steht an der steinernen Thüre dieses Hauses. An einem anderen Hause liest man 1526.

In der Mitte des Ortes links an der Straße nach Lienzingen liegt die Kirche auf einer gemauerten, mit freundlichem Gärtchen geschmückten Terrasse; sie hat einen schönen neuen samt der Sakristei von Baurath Barth in Heilbronn in romanischem Geschmack 1863–64 erbauten Thurm, der zugleich die Stelle des Chors vertritt; sein drittes Geschoß ist achteckig und wird von hohem Helme bekrönt; den Übergang vom Viereck in’s Achteck vermitteln vier achteckige Thürmchen. Die einfache und kleine Kirche selbst stammt, wie noch das schmale Rundbogenfensterchen ihrer Nordseite beweist, zum Theil aus romanischer Zeit; die übrigen Fenster sind flachbogig und stammen aus der Zeit ihrer letzten Veränderung im Jahr 1756, diese Jahreszahl steht über dem im Zopfstil verzierten Südeingange; über dem Pförtchen der Westseite sieht man H. C. 1604. Im rechteckigen flachgedeckten Innern des Langhauses befindet sich ein hübscher neugothischer Taufstein, und auf dem Altar ein gutgeschnitztes Krucifix. Von den zwei schönverzierten Glocken ist die größere gegossen von L. Neubert in Ludwigsburg 1845, die kleinere von C. G. Neubert in Ludwigsburg. In die nördlich an der Kirche hinlaufende Ringmauer ist ein altes Bildstöckchen eingemauert. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde. Der Friedhof liegt außerhalb (nordwestlich) des Ortes; der frühere lag um die Kirche.

Ein Pfarrhaus ist noch nicht vorhanden, indem der Ort erst den 29. Januar 1845 zu einer ständigen Pfarrverweserei erhoben wurde; früher war er nach Lienzingen eingepfarrt; der Pfarrverweser wohnt in einem Privatgebäude.

Das alterthümliche Rathhaus samt Kelter zeigt sehr tüchtigen, hübsch verzierten Holzbau; an seiner Ostecke sieht man einen Schild, worauf 1568 steht. Das freundliche, von Reben umrankte Schulhaus | steht an schönem Gärtchen, ward 1838 erbaut und enthält ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters. Zu nennen ist noch ein altes Haus neben dem Rathhause mit Buckelsteinecken an seinem steinernen Unterstock.

Gutes Trinkwasser liefern seit neuerer Zeit hinreichend 7 Pump- und 2 Ziehbrunnen; früher, bevor der Ort mit weitern Brunnen versehen wurde, entstand öfters Wassermangel. Auch die Markung ist arm an Quellen und nur die Schmie entspringt in unbedeutender Quelle unfern des Dorfs. Zwei Wetten sind im Ort angelegt und außerhalb des Orts bestehen zwei Seen, der eine in den Krämerwiesen 1/8 Stunde nordwestlich vom Ort am Fußweg nach Maulbronn, der andere, der sog. Heumadensee, unfern des Orts an der Vicinalstraße nach Lienzingen.

Zwei Vicinalstraßen führen vom Ort auf die Maulbronn–Illinger Landstraße. Auf der Markung bestehen 7 steinerne Überfahrtsbrückchen, die von der Gemeinde zu unterhalten sind.

Die Einwohner, welche zum Theil noch von eingewanderten Waldensern abstammen, sind sehr fleißig und finden ihre Haupterwerbsquellen in Feldbau, Viehzucht, hauptsächlich aber in Waldarbeiten und im Betrieb des Steinhauerhandwerks, wozu zwei nahe beim Ort gelegene Keuperwerksteinbrüche ein vortreffliches Material liefern; die gewonnenen Steine werden theils roh, theils behauen nach außen, namentlich nach Pforzheim abgesetzt; früher wurden viele bei den Eisenbahnbauten verwendet. Wie alt der Betrieb des Steinhauerhandwerks im hiesigen Orte ist, geht daraus hervor, daß die Wendeltreppe zum Oratorium im Maulbronner Kloster von einem Laienbruder Conrad von Schmie 1493 und das Gesindehaus daselbst von einem Hans Romer von Schmie 1550 ausgeführt wurde. Grabsteine werden noch jetzt von zwei hiesigen Bildhauern verfertigt und gehen in bedeutender Anzahl nach außen. Außer den gewöhnlichsten Handwerkern bestehen noch zwei Schildwirthschaften und zwei Kramläden.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohner gehören zu den mittelmäßigen, der begütertste Bürger besitzt 70–80 Morgen, der Mittelmann 15, die ärmere Klasse 1/2–1 Morgen Feld; einige Bürger besitzen auch Güterstücke auf angrenzenden Markungen. Gemeindeunterstützung erhalten gegenwärtig 3–4 Personen.

Die nicht große und überdieß noch über die Hälfte mit Wald bestockte Markung hat, soweit sie für den Feldbau benützt wird, eine ebene Lage und einen mittelfruchtbaren Boden, der größtentheils aus den leicht sandigen Zersetzungen des Keuperwerksteins besteht, und auch von diesem in geringer Tiefe unterlagert wird, daher viele Stellen nicht durchlassend (naß) sind. In einzelnen Lagen treten die weniger fruchtbaren Zersetzungen des unteren Keupermergels auf.

| Die klimatischen Verhältnisse sind günstig und auch Hagelschlag gehört zu den Seltenheiten.

Die Landwirthschaft wird sehr fleißig betrieben und wegen der kleinen Feldmarkung ist man sehr darauf bedacht, den Boden zu verbessern und demselben möglichst viel abzugewinnen. Von verbesserten Ackergeräthen ist der Brabanter Pflug am häufigsten, auch die eiserne Egge, die Walze und die Repssämaschine werden getroffen. Außer den gewöhnlichen Cerealien kommen zum Anbau Kartoffeln, Futterkräuter, Angersen und etwas Reps. Der Verkauf an Getreidefrüchten ist ganz unbedeutend und es muß noch Getreide von außen bezogen werden.

Der nicht sehr ausgedehnte Wiesenbau liefert ein gutes nahrhaftes Futter.

Weinbau wird nur auf etwa 36 Morgen, von denen nur die Hälfte im Ertrag stehen, getrieben; man baut vielerlei Sorten und pflanzt 3500 Stöcke auf den Morgen. Der Wein ist gering und seine Preise bewegten sich in den letzten 10 Jahren von 20–30 fl. der Eimer.

Die im Zunehmen begriffene Obstzucht beschäftigt sich hauptsächlich mit Luiken, Bratbirnen und Zwetschgen; das Obst geräth gerne und in günstigen Jahren kann ein kleiner Theil des Obstertrages nach außen verkauft werden.

Die Gemeinde besitzt 650 Morgen Laubwaldungen, die jährlich 114 Klafter und 15.175 Stück Wellen ertragen, hievon erhält jeder Bürger 1/2 Klafter und 50–100 Stück Wellen; der Rest des Holzes wird verkauft, was der Gemeindekasse eine jährliche Einnahme von 2–3000 fl. sichert. Überdieß bezieht die Gemeinde aus 75 Morgen Allmanden, welche sie an Bürger verleiht, 4–500 fl.

Die Schafweide wird nicht verpachtet.

Pferdezucht wird nicht getrieben und die Rindviehzucht ist im Verhältniß zu den Nachbarorten mittelmäßig; man hält eine gute Landrace und sucht diese durch zwei aufgestellte Simmenthaler Zuchtstiere zu verbessern. Der Handel mit Vieh ist ganz unbedeutend.

Fischzucht wird nur in den vorhandenen zwei Seen getrieben; das Fischrecht hat die Gemeinde, welche es an Ortsbürger um 40 fl. jährlich verpachtet.

An besonderen Stiftungen sind 250 fl. vorhanden, deren Zinse zu Brod, Schulbüchern und Frauenkleidungsstücken für Unbemittelte verwendet werden.

Von Resten aus der Vorzeit ist nur die sog. Ulmerschanze, die auf eine große Strecke durch den Gemeindewald führt, anzuführen.

Der Bezirk Smecgowe erscheint 771, der Ort Schmiehe 1308. Er gehörte vermuthlich zum Reichsgut, dann den Herren von Enzberg und Roßwag und kam von ihnen an’s Kloster Maulbronn. | 24. September 1308 freit und eignet Rudolf von Roßwag demselben seine Güter hier. 15. September 1350 vermacht eine Demut Wilrebrecherin dem Kloster hier Güter. 1357 verkauft Wilhelm von Wunnenstein dem Kloster Leibeigene, und ebenso 1366 Elisabeth, Wittwe des Fürderer von Wunnenstein. 23. April 1368 verkaufen Friedrich und Reinhard von Enzberg dem Kloster ihren hiesigen Besitz; ebenso 15. Dezember 1369 Conrad von da; 28. Februar 1370 Bernhard Göler von Enzberg Zehnten und Gefälle, 13. Januar 1413 Friedrich von Enzberg Wald. Der Rest der Roßwag’schen Güter kam mit Neuroßwag von Wirtemberg an’s Kloster (s. bei Illingen und Zaisersweiher).

1493 war der Laienbruder Conrad und 1550 Hans Romer von Schmie Baumeister in Maulbronn.

1649 fand hier noch ein Einfall der Philippsburger Besatzung statt.

1674, 13. Juni, wurde von den Lothringern geplündert.

« Kapitel B 15 Beschreibung des Oberamts Maulbronn Kapitel B 17 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).