« Kapitel B 9 Beschreibung des Oberamts Marbach Kapitel B 11 »
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Groß-Bottwar,[1]


Gemeinde II. Kl. mit 2324 Einw., wor. 18 Kath. a. Groß-Bottwar, Stadt, 2252 Einw., b. Benzenmühle, Haus, 13 Einw., c. Sauserhof, Weiler, 59 Einw. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Ludwigsburg eingepfarrt.

Die Stadt Groß-Bottwar war bis zum Jahr 1806 der Sitz eines Oberamts, jetzt der eines Kameralamts, eines Amtsnotariats, einer Postexpedition, eines prakticirenden Arztes und eines Wundarztes; auch befindet sich daselbst eine Apotheke.

Unter dem 26° 57′ 17,15″ östlicher Länge und 49° 0′ 5,12″ nördlicher Breite (Stadtkirchethurm), hat die Stadt an der Vereinigung der kleinen Bottwar mit der Bottwar, auf einem zwischen den beiden Flüßchen hinziehenden, sanft auslaufenden Flachrücken eine sehr reizende Lage; auf der Ost- und Südostseite drängt sich an die Stadt das freundliche, zwischen fruchtbarem, flachem Ackerland hinziehende Bottwar-Thal, durch dessen üppigen Wiesengrund sich das klare Flüßchen mit seinen gebüsch- und baumreichen Ufern munter schlängelt. In mäßiger Entfernung von dem Thale erheben sich kräftig die| mildgerundeten rebenreichen Ausläufer und Vorberge der Löwensteiner Berge, von denen insbesondere das altersgraue, großartige Schloß Lichtenberg ernst herunterschaut. Von Nordwesten her zieht das anmuthige, etwas abgeschiedene Flachthälchen der kleinen Bottwar gegen die Stadt und im nicht fernen Hintergrunde des Thälchens erhebt sich frei und kräftig der Berg Wunnenstein mit den spärlichen Überresten der ehemaligen Burg gleichen Namens.

Minder reizend als die Umgegend ist die unregelmäßig angelegte, enge gebaute, meist von schmalen Straßen durchzogene Stadt selbst, die indessen theilweise den echten Charakter einer mittelalterlichen Landstadt an sich trägt und noch manches alterthümliche Haus aufzuweisen hat. Die Stadt zerfällt in die ursprüngliche Stadt (Altstadt) und in die später entstandenen Vorstädte, die obere Vorstadt an der Nordseite, die mittlere Vorstadt an der Westseite und die untere Vorstadt an der Südseite des Orts. Die Altstadt war mit Mauern und Gräben umgeben, die sich großentheils namentlich an der Südseite noch erhalten haben, und hatte 3 mit Thürmen versehene Hauptthore, das obere Thor an der Nordseite, das untere Thor an der Südseite und das Thürlesthor an der Westseite der Altstadt. In den Jahren 1828/29 wurde der untere, 1830 der obere und 1837 der mittlere Thorthurm abgebrochen; ein Nebenthor, das sog. Mühlthörle an der Südseite der Stadt steht noch.

Der hintere oder sogenannte Karcerthurm, welcher auf der Stadtmauer stand, wurde 1822 abgebrochen. Die Ortsstraßen sind, mit Ausnahme der macadamisirten Hauptstraße sämtlich gepflastert.

Von öffentlichen Gebäuden sind zu nennen:

Die dem heil. Martin geweihte Pfarrkirche, welche frei in der mittleren Vorstadt liegt; das Langhaus ist in einem modernen Rundbogenstyl mit hohen rundbogigen Fenstern und geradlinigen Eingängen gegen Ende des vorigen Jahrhunderts umgebaut und mit einem Walmdach versehen. Der Thurm ist sehr alt, viereckig, gegen oben sind die Ecken abgestutzt und nur sein oberstes achteckiges, aus Holz erbautes Stockwerk (Glockenhaus) stammt wie auch das Langhaus, aus neuerer Zeit und trägt ein achtseitiges Zeltdach. In seinen älteren Theilen enthält der Thurm spitzbogige Eingänge und Fenster, von denen einige an die Übergangsperiode vom romanischen in den gothischen Styl erinnern. Das geräumige Innere der Kirche ist weiß getüncht und die flache, gegipste Decke ruht auf 6 runden Säulen; von dem Langhause führt ein spitzer Chorbogen in das untere Geschoß des Thurms, das die Stelle des Chors vertritt; er ist mit| einem schönen Netzgewölbe gedeckt, dessen scharf profilirten Gurten von Konsolen ausgehen, auf welchen die 4 Kirchenväter, wie auch das Württembergische und das Stadtwappen dargestellt sind. Die Gewölbeschlußsteine enthalten Bildwerke des h. Martins, der Mutter Gottes mit dem Kinde u. s. w. Im Chor ist auch ein 3/4 lebensgroßes, vortrefflich aus Holz geschnittenes Krucifix aufbewahrt, das lange Zeit unbeachtet auf der Kirchenbühne lag und erst im Jahr 1856 wieder von Künstlerhand gut erneuert wurde. Von den auf dem Thurme hängenden 3 Glocken ist die größte von Heinrich Kurtz in Stuttgart 1856, die mittlere von Neubert in Ludwigsburg 1782, und die kleinste von Georg Lehner in Stuttgart 1696 gegossen worden. Die Unterhaltung der Kirche liegt der Stiftungspflege ob. Die Kirche ist von dem ehemaligen Begräbnißplatz umgeben, der an der Westseite der Kirche mit Linden und Kastanienbäumen bepflanzt wurde und nun als Turnplatz dient.

An der Kirche stehen ein Stadtpfarrer und ein Helfer; der erste evangel. Stadtpfarrer war vor dem Interim M. Peter 1525 und nach dem Interim Joh. Gayling 1552–59, welcher ein Schüler Luthers und ein eifriger Verbreiter der evangelischen Lehre war.

Eine weitere Kirche, die in der Altstadt gelegene Allerheiligen-Kirche, wurde 1832 zur Schule eingerichtet; sie ist ein stattliches Gebäude mit Thürmchen und Uhr auf dem First und enthält nun 4 geräumige Lehrzimmer. Die an der Schule angestellten Lehrer, 2 Schulmeister und 2 Unterlehrer, wohnen in Privathäusern gegen Mietheentschädigung von Seiten der Stadt.

Der ansehnliche Begräbnißplatz liegt außerhalb (westlich) der Stadt an der Straße nach Winzerhausen; auf demselben stand die St. Maria oder Liebfrauenkirche, die in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts abgieng. In dieser Kirche befand sich ein nun spurlos verschwundener Grabstein der angeblichen Stifterin dieser Kirche mit der Umschrift: Anno domini nongentesimo Sexto VIII. Idus Septembris obiit Detta nobilis matrona de Howenstauffen cujus anima requiescat in pace. Bei dieser Jahrszahl mußte aber jedenfalls ein Irrthum unterlaufen und die Form Howenstauffen weist auf viel spätere Zeit des Mittelalters.

An der östlichen Stadtmauer stehen das Stadtpfarrei- und das Helferathaus, welche beide in gutem Zustande sich befinden und Eigenthum des Staats sind.

Das lateinische Schulhaus enthält 2 Lehrzimmer und die Wohnung des Präceptors.

| Beinahe in der Mitte der Stadt steht auf dem ansehnlichen, quadratischen Marktplatz das großartige weit über die Stadt emporragende Rathhaus, welches an der Stelle des früheren, baufällig gewordenen im Jahr 1556 erbaut wurde. Das untere Stockwerk enthält spitzbogige Arkaden und das Registraturgewölbe, das noch von dem früheren Rathhaus herzustammen scheint; an der östlichen Außenseite befindet sich das kunstlos aus Stein gehauene Wappen der Stadt mit der Jahrszahl 1556 und innerhalb der Arkaden an der Westseite ein sehr alt gefaßter Brunnen (früher Schöpfbrunnen, in neuerer Zeit zum Pumpen eingerichtet) mit der Jahrszahl 1546, demnach älter als das gegenwärtige Rathhaus. Im mittleren Stockwerke sind die Gelasse für den Gemeinderath, Rathsstube etc. eingerichtet und im oberen befindet sich die Küche und die in ihrem alterthümlichen Charakter noch erhaltene Rathsstube; letztere hat eine flachgetäfelte Decke, deren mittlerer Längebalken von einer hölzernen, schöngewundenen Säule unterstützt wird. An dem schön verzierten Kapitäl der Säule steht 1556 und zunächst desselben ist an dem Längebalken zu beiden Seiten das Stadtwappen eingeschnitten. In dieser Stube befindet sich auch eine alte Uhr, die mit der Uhr an der Giebelseite des Rathhauses in Verbindung steht; in ein Fenster ist ein ziemlich gutes Glasgemälde, das Stadtwappen vorstellend, eingelassen mit der Unterschrift: Dye Stat Botwar Anno 1557. Über dem Wappen steht:

Richter stand dem Recht bei
Als ob heyd der jengst Thag sei,
Hast du Gewalt richt recht
Den Got Her und du Chnecht.
Urtel nit uf ains Clag
Her vor auch des Andern Sag.

An der vorderen Giebelseite des Rathhauses ist eine künstliche Uhr angebracht, auf der einen Seite derselben befindet sich eine alte Sonnenuhr, auf der anderen ein Storch, der beim Schlagen der Stunden den Kopf bewegt und mit dem Schnabel die Zahl der Stunden hackt; dieses Uhrwerk wurde im Jahr 1776 von Mechanikus Gottfried Hahn von Kornwestheim wieder hergestellt. Auf dem First des Gebäudes erhebt sich ein Thürmchen mit Glocke.

Überdieß sind noch folgende Gebäude Eigenthum der Gemeinde: eine große Kelter mit 3 Bäumen und 3 Trotten, ein 1835 erbautes Backhaus, ein Armenhaus, ein Polizeiwachhaus, das auch das städtische Gefängniß enthält, eine Zehentscheuer und ein Schafhaus.

| Am nördlichen Ende der oberen Vorstadt steht das Kameralamtsgebäude, das ehemalige von Bouwinghausen’sche Schloß, das Rechberg’sche Freihaus genannt (im vorigen Jahrhundert im v. Schützschen Besitz), welches 1826 Kameralverwalter Heller von dem Herrn v. Bouwinghausen erkaufte und 1838 an den Staat verkaufte, der es zu seiner gegenwärtigen Bestimmung einrichten ließ; es ist ein freundliches wohlerhaltenes Gebäude mit Erker und wird von geschmackvoll angelegten Gärten umgeben.

Von Privathäusern, die größtentheils neben steinernem Unterstock ein altes, interessantes Gebälkwerk und nicht selten vortretende Stockwerke haben, sind wegen ihres Alters und alter Bauart noch besonders zu erwähnen: in der langen Straße das ehemalige, nunmehr dem Schlossermeister Breischaft gehörige Kloster mit steinernem Unterstock, an dessen Ecke ein halbrunder Wulst hinzieht, der noch in die romanische Periode zurückdeutet; die übrigen Stockwerke haben ein sehr schönes, theilweise gut geschnitztes Eichengebälkwerk. Über dem Eingang steht die Jahrszahl 1558, die uns vermuthlich die Zeit einer Erneuerung des Gebäudes angiebt.

In der gleichen Straße steht das Haus des Weingärtners Körner mit altem, steinernem Unterstock, an dem die Jahrszahl 1549 angebracht ist, und theilweise ornamentirtem Eichengebälkwerk.

In der Mühlgasse stehen 2 Häuser mit spitzbogigen Eingängen und den Jahrszahlen 1595 und 1599.

Das der Wittwe des Kupferschmieds Gscheidle und dem Nagelschmied Philipps gehörige Haus in der Hauptstraße soll ein Kloster gewesen sein; es enthält theilweise noch schönes Balkenwerk und einen spitzbogigen, nun zugemauerten Eingang, über dem ein altes, aus Stein gehauenes Bild, drei bärtige Männer, über denen der heilige Geist schwebt, angebracht ist; auf beiden Seiten des Bildes befinden sich Wappenschilde, der eine einen Hammer, der andere einen Hahn enthaltend.

Den Trinkwasserbedarf liefern hinreichend 4 laufende und etwa 20 Pumpbrunnen; unter den ersteren befindet sich der vor dem Rathhaus stehende vierröhrige Marktbrunnen, an dessen Brunnentrog die Jahrszahl 1747 angebracht ist. Das Wasser des Marktbrunnens ist minder gut als das der übrigen Brunnen.

Überdieß fließen an der Ostseite der Stadt die Bottwar und an der Westseite die kleine Bottwar vorüber und vereinigen sich unterhalb der unteren Vorstadt. Die aus den waldreichen Löwensteiner Bergen herkommende Bottwar tritt in Folge starker Regengüsse oder| Schneeabgänge öfters schnell aus und setzt dann den unteren Theil der Stadt unter Wasser. Über die Bottwar führen auf der Markung 4 steinerne und über die kleine Bottwar 2 hölzerne Brücken; auch sind mehrere Stege vorhanden. Die Fischerei in den beiden Flüßchen ist unbedeutend und liefert nur wenig Forellen; sie ist nicht verpachtet und darf von den Ortsbürgern nach Belieben ausgeübt werden.

Früher bestanden mehrere Seen (Weiher) wie der einige Morgen große See auf den sog. Seegärten unterhalb der Stadt, welcher 1776 trocken gelegt wurde, ferner der Schmutzhornsee am Anfang des Bernthals und ein schon 1569 trocken gelegter See im Faulbachthal, an der Stelle wo die Straße nach Winzerhausen über das Thal führt.

Die Einwohner, welche insbesondere Feldbau, Weinbau und Viehzucht treiben, sind äußerst fleißig und genügsam, was häufig auf Kosten der freien Entwicklung des Körpers geschieht. Der Gesundheitszustand ist im allgemeinen gut; als gewöhnliche Krankheiten sind die Schleim- und Nervenfieber zu nennen. Der früher nicht seltene Kretinismus nimmt mehr und mehr ab. Die Lebensweise und Sitten sind noch einfach schwäbisch, ebenso die Nahrung, bei welcher Milch und Kartoffeln die gewöhnlichen Gerichte bilden. Die alte, schwäbische Tracht (Lederhosen, dreispitzer Hut und hohe Stiefel) sucht sich zu erhalten; die Kleidung des weiblichen Geschlechts ist düster und eintönig. Die ökonomischen Verhältnisse sind gut und der vermöglichste Bürger besitzt an Grundeigenthum 50 Morgen, die mittlere Klasse 8–10 Morgen und die geringste 1/41/2 Morgen. Gemeindeunterstützung erhalten gegenwärtig etwa 40 Personen.

Von hiesigen Stadtkindern machte sich seiner Zeit bekannt Melchior Volz, geb. 1562, 1619 Abt in Maulbronn, gestorben den 9. Dec. 1625. Er trat auf als Polemiker gegen die Jesuiten.

Bei der großen Einfachheit der Einwohner in Beziehung auf Wohnung und die täglichen Bedürfnisse war bis jetzt eine lebhafte Entwicklung des eigentlichen Gewerbelebens nicht möglich und die Gewerbetreibenden arbeiten, neben einem kleinen landwirthschaftlichen Betrieb, meist nur für das örtliche Bedürfniß; eine Ausnahme machen die ziemlich zahlreichen Gerber, die ihre Waren auf auswärtigen Ledermärkten absetzen, auch ein Barometer- und Thermometerfabrikant, ein Messerschmied, ein Siebmacher, ein Oblatenmacher und einige Schreiner arbeiten nach Außen und setzen ihre Fabrikate theilweise auf den Stuttgarter Messen ab. Überdieß bestehen 6| Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, 5 Handlungen, eine Ziegelhütte mit Gipsstampfe und 6 Mühlwerke, und zwar 1) die an der östlichen Ecke der Stadt gelegene Burgermühle mit 3 Mahlgängen, einem Hirsegang und einem Gerbgang; 2) die Eselsmühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang, welche an dem nordwestlichen Ende der obern Vorstadt liegt; 3) die Benzenmühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang, etwa 10 Minuten oberhalb des Orts gelegen; 4) die Walkmühle mit Gipsmühle liegt am südlichen Ende der Stadt; 5) die Sägmühle mit Gips- und Ölmühle etwa 10 Minuten unterhalb der Stadt gelegen, und 6) eine Ölmühle innerhalb der Stadt, welche mit einem Pferd getrieben wird, während die übrigen Werke, mit Ausnahme der an der kleinen Bottwar gelegenen Eselsmühle, von der Bottwar in Bewegung gesetzt werden.

Die sehr große, schön arrondirte Markung bildet größtentheils eine wellige, mit mehreren leicht eingefurchten Thälchen und Rinnen durchzogene Ebene und nur auf der linken Seite der Bottwar ragen die steilen Ausläufer der Löwensteiner Berge in die Markung herein; im Norden greift noch ein Theil des Wunnensteins und der demselben nahe und freistehende Kochersberg in die Markung ein.

Der Boden ist im allgemeinen sehr fruchtbar und besteht im Flachlande, das mit wenig Ausnahmen für den Ackerbau benützt wird, aus einem ergiebigen Diluviallehm, in den Thalebenen aber aus Alluvialablagerungen. Die bergigen Partien der Markung bestehen aus den Zersetzungen der verschiedenen Keuperschichten und liefern einen für den Wein- und Waldbau vorzüglich geeigneten Boden. Ein Keuperwerksteinbruch liegt im Wald Käbling und ein Muschelkalkbruch zwischen Groß- und Kleinbottwar; in letzterem kommen großartige Reste verkieselten Holzes vor.

Die klimatischen Verhältnisse sind günstig und gestatten den Anbau aller in Württemberg vorkommenden Kulturgewächse; auch ist die Luft gesund und mild, dagegen schaden Frühlingsfröste zuweilen der Obstblüthe und den Reben. Hagelschlag kommt seltener vor.

Die Landwirthschaft wird mit großem Fleiß betrieben und macht erfreuliche Fortschritte; es fehlt nicht an Landwirthen, die mit Rath und gutem Beispiel vorangehen und zweckmäßigen Neuerungen die Bahn brechen, wie denn auch der schwerzische Pflug allgemein geworden ist und der Felgpflug, der Häufelpflug, die Repsmaschine, die Walze etc. Eingang gefunden haben. Als Düngungsmittel werden außer den gewöhnlichen auch Gips und Compost angewendet.| Im Dreifeldersystem mit ganz angeblümter Brache baut man die gewöhnlichen Cerealien, Kartoffeln, Futterkräuter, besonders dreiblättrigen Klee, Welschkorn, Erbsen, Linsen, Wicken, Ackerbohnen, Reps, Mohn und etwas Zuckerrüben. Flachs und Hanf baut man für den eigenen Bedarf; Tabak gedeiht sehr gut, wird aber in neuerer Zeit wenig mehr gepflanzt. Auf den Morgen rechnet man Aussaat 7–8 Sri. Dinkel, 6 Sri. Haber, 4 Sri. Gerste, 3 Sri. Weizen, und erntet 8–12 Scheff. Dinkel, 5–6 Scheff. Haber, 4 Scheff. Gerste, 21/2–3 Scheff. Weizen. Die höchsten Preise eines Morgens Acker betragen gegenwärtig 1200 fl., die mittleren 500 fl. und die geringsten 80 fl. Von den Getreidefrüchten wird eine namhafte Menge an Bäcker und Händler abgesetzt und die Erzeugnisse der Ölgewächse werden von Händlern aus der Heilbronner Gegend aufgekauft.

Der Wiesenbau ist sehr ausgedehnt (gegen 500 Morgen) und liefert größtentheils ein gutes, nahrhaftes Futter; nur ein Theil der Wiesengründe ist etwas sumpfig, dem durch Drainirung abgeholfen werden könnte. Wässerung findet nicht statt. Ein Morgen Wiese erträgt 30–40 Centner Futter und die Preise eines Morgens bewegen sich von 400–900 fl. Futter wird wegen des ausgedehnten Viehstandes nicht verkauft, vielmehr noch zugekauft.

Der Weinbau, welcher eine Haupterwerbsquelle der Einwohner bildet, ist bedeutend und liefert ein sehr gutes Erzeugniß, das wegen seiner Haltbarkeit und Milde gesucht ist. Auf den Morgen kommen 3200 Stöcke zu stehen, und zwar vorzugsweise Drollinger, Elblinge, Silvaner. Die Reben werden den Winter über bezogen. Der höchste Ertrag eines Morgens beträgt 6, der durchschnittliche 4 Eimer und die Preise eines Morgens bewegen sich von 200–1000 fl. Zu den besten Lagen rechnet man den Harzberg, die Wünsten und den Bönning. Der Absatz des Weins geht hauptsächlich in die Donau- und Schwarzwaldgegenden. Nach einer vom Jahr 1600 bis heute fortgeführten Weinpreistabelle, von der wir einige Jahrgänge hier im Auszug folgen lassen, waren folgende Preise eines Eimers in den Jahren:

Jahr Qualität. Preise:
1600 mittelmäßig 00000000 08 fl. 20 kr.
1631 sehr gut 04 fl. 0– kr.
1652 gut 07 fl. 50 kr.
1686 gut 09 fl. 45 kr.
1701 gut 09 fl. 0– kr.
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Jahr Qualität. Preise:
1731 gut 05 fl. 20 kr.
1753 gut 16 fl. 0– kr.
1783 sehr gut 12 fl. 30 kr.
1811 sehr gut 46 fl. 0– kr.
1817 gering und sauer 70 fl. 0– kr.
1822 sehr gut aber wenig 50 fl. 0– kr.
1828 sehr viel, mittelmäßig 12 fl. 0– kr.
1834 gut und viel 33 fl. 0– kr.
1846 sehr gut 52 fl. 0– kr.
1856 mittelmäßig und wenig 45 fl. 0– kr.
1857 sehr gut und viel 38 fl. 0– kr.
1858 gut und viel 35 fl. 0– kr.
1859 recht gut und viel 44 fl. 30 kr.
1860 gering und wenig 24 fl. 30 kr.
1861 wenig und gut 62 fl. 0– kr.
1862 viel und gut 53 fl. 0– kr.
1863 viel und gut 50 fl. 0– kr.
1864 wenig und gering 37 fl. 48 kr.
1865 ausgezeichnet gut aber wenig 77 fl. 0– kr.

Die immer mehr sich ausdehnende Obstzucht ist nicht unbeträchtlich und wird auch von Seiten der Gemeinde eifrig gepflegt, welche nicht nur einen eigenen, in Hohenheim gebildeten Baumwart aufgestellt hat, sondern auch die städtischen Allmanden mit Obstbäumen auspflanzen ließ, die in günstigen Jahren der Gemeindekasse eine Einnahme von etwa 1800 fl. abwarfen. Das Obst geräth gerne und kommt in gesegneten Jahren als Mostobst in ansehnlicher Menge in den Handel, während auch im Ort selbst viel vermostet wird. Man pflanzt vorzugsweise Luiken, Reinetten, Fleiner, Palmisch-, Brat-, Knaus-, Wolfs- und Träublesbirnen; auch Tafelobst wird einiges gezogen. Von Steinobst werden hauptsächlich Zwetschgen gepflanzt. Die Jungstämme ziehen die Ortsbürger selbst nach oder beziehen sie aus der neuestens angelegten Gemeindebaumschule.

Die Gemeinde besitzt 1300 Morgen größtentheils mit Eichen gut bestockte Waldungen, deren in 350 Klaftern und 25.000 Stück Wellen bestehender Ertrag, soweit es thunlich ist, als Stammholz mit Vortheil verwerthet wird. Der Erlös aus dem Holz wird zur Hälfte unter die Ortsbürger vertheilt, so daß jeder etwa 10–12 fl. jährlich erhält, die andere Hälfte mit etwa 6000 fl. fließt in die Gemeindekasse.

| Eigentliche Weiden sind nicht mehr vorhanden, weßhalb nur noch die Winterschäferei betrieben wird, welche derzeit ein Pachtgeld von 400 fl. und einen Pfercherlös von 500 fl. jährlich abwirft.

Die mit einem tüchtigen Neckarschlag sich beschäftigende Rindviehzucht ist in sehr gutem Zustande und wird durch 10 ausgezeichnete Farren (Neckarschlag mit Simmenthaler Kreuzung und reine Simmenthaler) nachgezüchtet und verbessert; der Farrenhalter schafft die Zuchtstiere an und erhält hiefür jährlich vom Staat 1100 fl. und für etwa 200 fl. Güternutzung. Diese Last rührt von dem Kloster Murrhardt her, das hier ein sog. Abtsgut hatte, und welches später mit der Verpflichtung der Farrenhaltung an den Staat übergieng. Auch die Orte Hof und Lembach haben das Recht, die hier aufgestellten Zuchtstiere zu benützen. Mit Vieh, auch mit gemästetem, wird auf benachbarten Märkten ein lebhafter Handel getrieben.

Was die Schafzucht betrifft, so beschränkt sich diese auf 500 Stück Bastarde, welche der Gemeindeschäfer im Ort überwintert.

Die eigentliche Schweinezucht ist nicht von Bedeutung; die meisten zur Mastung bestimmten Schweine werden theils als Milchschweine, theils als Läufer in der Heilbronner und Haller Gegend aufgekauft, auch von Händlern aus Bayern eingetrieben, wobei der sog. Hallerrace der Vorzug gegeben wird. Der Verkauf an gemästeten Schweinen ist nicht unbeträchtlich.

Ziegen werden ziemlich viele von ärmeren Leuten der Milch und des Düngers wegen gehalten.

Von Geflügel sind es hauptsächlich Gänse, die in großer Ausdehnung gezogen und zum Theil nach Ludwigsburg und Heilbronn verkauft werden.

Die Bienenzucht ist nicht bedeutend, obgleich die Gegend sich hiefür eignen würde.

Was die Verkehrsmittel betrifft, so ist die Stadt hierin gut versehen, indem außer der durch den Ort führenden, vom Staat zu unterhaltenden Poststraße, noch Vicinalstraßen nach verschiedenen Richtungen angelegt sind und jeden Abend der von Ludwigsburg über Marbach nach Beilstein fahrende und von da den andern Morgen nach Ludwigsburg zurückkehrende Eilwagen im Ort anhält und die Verbindung mit dem Eisenbahnhof in Ludwigsburg vermittelt. Die Entfernung des Orts von der südlich gelegenen Oberamtsstadt beträgt 2 Stunden.

| Von Schulanstalten befinden sich in der Stadt: eine lateinische Schule, an der ein Präceptor angestellt ist, eine Volksschule, an der 2 Schulmeister und 2 Unterlehrer unterrichten, eine gewerbliche Zeichenschule, eine Turnanstalt und 3 Industrieschulen.

Die Stadt hat das Recht, den 24. Februar, 23. April, 27. Oktober je einen Vieh- und Krämermarkt, und den 21. April und den 26. Oktober je einen Holzmarkt abzuhalten, auf denen theilweise sehr lebhaft gehandelt wird.

Der Gemeindehaushalt ist geordnet und die Gemeinde besitzt neben einem Kapitalvermögen von 20.000 fl., einem Stiftungsvermögen von 6500 fl. und den Einnahmen aus Wald, Allmanden und Weide, noch 80 Morgen zu Ackerfeld ausgerodeten Wald, welcher etwa 900 fl. Pachtgeld abwirft; überdieß bezieht sie noch 5–600 fl. Pachtgelder. Die Gemeindeschadensumlage beträgt gegenwärtig 2000 fl. (s. auch Tabelle III.).

Das Wappen der Stadt enthält im goldenen Schild einen rechts schauenden weißen Storch, dessen Schnabel und Beine roth sind, über ihm ein vierzinkiges Hirschhorn; auf dem jetzigen Stadtschultheißenamtssiegel ist auffallender Weise das Hirschhorn weggelassen. Der Storch im Wappen der Stadt bezieht sich ohne Zweifel auf den Umstand, daß, wie schon Ladislaus Suntheim zu Anfang des 16. Jahrhunderts berichtet, im Aiperthal bei Großbottwar die Störche sich zur jährlichen Wanderung versammelten. Auch jetzt noch halten sich Störche gerne hier auf (s. auch Württemb. Jahrbücher Jahrg. 1854. Heft II. S. 188).

Auf der Stelle der gegenwärtigen Stadt hatten sich schon die Römer angesiedelt, wofür hauptsächlich ein im Jahr 1714 hier gefundener römischer Denkstein und 3 Römerstraßen, die vom Ort ausgehen, zeugen (s. hier. den Abschnitt „römische Alterthümer“). Auch auf der 1/4 Stunde nordwestlich von der Stadt gelegenen Flur „Mäurach“ entdeckte man Grundreste von römischen Bauwerken.

Zu der Gemeinde gehören:

b. Benzenmühle (s. oben). Am 23. Nov. 1699 wurde zum Wiederaufbau der seit dem 30jährigen Kriege öde liegenden Mühle öffentlich aufgefordert.

c. Sauserhof (früher auch Neuhof unter Lichtenberg genannt), liegt 1/2 Stunde nordwestlich von Großbottwar an der Landstraße nach Oberstenfeld und ist mit gutem Trinkwasser hinreichend| versehen. Zu dem Weiler, der indessen keine eigene Markung hat, gehören 179 Morgen fruchtbare Felder, die unter 9 vermögliche Bauern vertheilt sind. Im J. 1472 verlieh Graf Ulrich von Württemberg diesen Hof „Schafhof unter Lichtenberg der Sauser genannt“ dem Auberlen Fuchsen und dessen Erben zu rechtem Erblehen gegen Reichung eines Drittheils der darauf wachsenden Früchte und Leistung anderer Verpflichtungen. Unter Herzog Christoph war derselbe Hof laut dem Lehenbrief von 1566 Erblehen des Peter Maier, Conrad Asimus und Jerg Eckstein (Kübler 3). Er war schon in früher Zeit der Stadtgemeinde Bottwar zugetheilt, wurde jedoch im Anfang des vorigen Jahrhunderts durch den Lehnsherrn Freih. von Schütz als Grundherrn von Winzerhausen zum letzteren Dorfe gezogen, jedoch durch Vertrag von 1821 wieder der Gemeinde Großbottwar einverleibt. Im J. 1817 war das Gut unter Aufhebung der Erblehensverhältnisse in ein einfaches Zinsgut, welches jetzt zur Ablösung gebracht ist, verwandelt.

Großbottwars älteste Schreibung, wie solche im 9. Jahrhundert vorkommt, ist Bodeburen, Boteburen (873, zwischen 950–976 Bodibura. Wirt. Urk.-Buch 1, 173. 212), abzuleiten von Mannsnamen Bodo und Beuren d. i. Bauernsitz. Lateinische Urkunden von 1245. 1269 bezeichnen den Ort als B. superius; in früheren Urkunden wird zwischen Groß- und Klein-Bottwar nicht unterschieden und das unten aus älterer Zeit Angeführte kann ebenso gut den einen als den andern Ort betreffen. Seine hiesigen Güter vergabte Graf Kunibert im 9. Jahrhundert an das Kloster Fulda (Tradit. Fuldens. ed. Dronke 22). Im J. 873 schenkte Ado und dessen Gemahlin Detda ihren ausgedehnten Herrenhof in B. (in marca vel in villa B.) an den h. Cyriacus in Neuhausen bei Worms (Wirt. Urk.-Buch 1, 173). Möglich, daß eben diese Detda mit ihrem Namen in die obenerwähnte Inschrift hereinspielt und zur Fertigung der Fälschung mißbraucht wurde. Das Hochstift Worms selbst aber war auch im Besitz hiesiger Güter und Rechte, welche der Bischof Anno einem Grafen Burkhard um 960 auf Lebenszeit verlieh (Wirt. Urk.-Buch 1, 212).

Glieder des hiesigen Ortsadels waren um 1110 Schwigger und dessen Sohn Hiltebold von B., etwas später Wolfram (Cod. Hirs. 40a. 52b. 69b); Rudegerus de Bodoboro war am 22. April 1142 in Jerusalem, im Kloster zum Grabe des Herrn, Zeuge bei der bestätigten Schenkung der Kirche zu Denkendorf an die regulirten Chorherren zum heil. Grab (Wirt. Urk.-Buch 2, 18).

In späteren Jahrhunderten war Groß-Bottwar ein Theil der| Herrschaft Lichtenberg, deren Hauptbestand 1357 an Württemberg gelangte. Bei G. B. scheint letzteres einige Jahre früher der Fall gewesen zu sein; es kam wohl ursprünglich als Pfand dahin; schon im Jahre 1335 gab Graf Ulrich von Württemberg den Geistlichen der Dechanei Bottwar die Freiheit zu testiren (Reyscher Statutarrechte 475). Übrigens verkauften noch 1352 Heinrich der Hummel von Lichtenberg mit seiner Gattin Agnes und seinem Bruder Albrecht ein Paar hiesige Höfe, den einen ans Stift Oberstenfeld, den andern an Fritz v. Gaisberg.

Daß Groß-Bottwar 1361 von Seiten Württembergs der Krone Böhmen zum Lehen aufgetragen wurde, ist A. VII. 3 erwähnt.

Um die Mitte des 15. Jahrhunderts war G. B. an Dietrich von Urbach verschrieben und es war durch den Grafen Ulrich von Württemberg noch einzulösen, als er es 1462 mit anderem an die Pfalz versetzen mußte (Sattler, Grafen 3, 26). Übrigens kaufte dieser Graf trotz seiner damaligen Bedrängniß im Jahre 1465 einen hiesigen Hof von Agathe von Baldeck, Walthers von Urbach Wittwe.

Die alte Stadtsteuer betrug 300 Pf. H. und etwas über 100 Malter Frucht, statt welch letzterer Zeit 1475 vertragsmäßig 60 Pf. H. gegeben wurden, wozu aber auch die herrschaftlichen Güter beisteuern mußten. Früher war in der Stadt allein das Speierer Maß üblich, später auch das Stuttgarter (Reyscher Statutarrechte 478).

In katholischen Zeiten bestund hier ein Beguinenhaus.

Unter den benachbarten Stiftern und Klöstern hatten Besitzungen das Stift zu Backnang (1245), das zu Oberstenfeld (1247), das Kl. Steinheim (1269). Das Kl. Murrhardt, schon im 9. Jahrhundert allhier begütert (Wirt. Urk.-Buch 1, 173), besaß die Kirche, welche ihr schon 1348 durch P. Clemens VI. inkorporirt wurde, und einen eigenen Abtshof (hinter dem jetzigen Gastwirthshaus zur Sonne).

Vor der Reformation war allhier eine Stadtpfarrei, eine St. Johannes-Kaplanei, eine Kaplanei zum heiligen Kreuz und zu unserer lieben Frau, eine Allerheiligen-Frühmeß (die nun zur Schule eingerichtete Kirche), eine St. Martins-Frühmeß, endlich eine Prädikatur; letztere wurde von dem hiesigen Kaplan Johannes Rückher 1496 gestiftet (Kübler 18–19).

Schon im Jahre 1525 predigte an hiesiger Kirche der Pfarrer Meister Peter Lehrsätze der Reformation. Er war in solchem Ansehen, daß, als die aufrührerischen Bauern vor diese Stadt kamen, der damalige Vogt solche zu ihm schickte, um sie zu belehren, daß| ihre Unternehmungen mit dem reinen Evangelium im Widerspruch seien. Seine Ermahnungen hatten immerhin einige Wirkung.

Obengenanntes Kloster Murrhardt verkaufte 1555 den Kirchensatz an Herzog Christoph, behielt sich jedoch noch den Zehnten vor, weßhalb es noch bis zur Aufhebung des Kirchenraths eine hiesige Pflege besaß und den Kirchendiener zu besolden und sonstige Leistungen hatte.


  1. G. Kübler, Stadtschultheiß, Chronik der Stadt Groß-Bottwar. Im Selbstverlag des Verf. 1861. 8.
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