« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg Kapitel B 2 »
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B.


Ortsbeschreibung,


in alphabetischer Reihe der den Oberamtsbezirk bildenden 22 politischen Gemeinden oder Schultheißereien; jedoch unter Vorausstellung der Oberamtsstadt.

Die am Schluß beigefügten Tabellen gewähren übersichtliche Zusammenstellungen: I. der Bevölkerung, der Gebäude und des Viehstandes, II. des Flächenmaßes nach den verschiedenen Bestandtheilen und III. des Steuer-Catasters, des Gemeinde- und Stiftungshaushaltes.


Ludwigsburg,[1]


Oberamtsstadt, mit den Parzellen a. Harteneck, Hof, b. Favorite, Schloß; Gemeinde I. Klasse, evang. Pfarrei, 6880 ortsangehörigen Einwohnern, wor. 344 Kath. mit eigener Pfarrei, und 77 Juden mit Synagoge; Harteneck gehört zur Pfarrei Neckarweihingen.

Ludwigsburg ist die zweite königl. Residenzstadt und wählt als eine der sogenannten guten Städte einen eigenen Abgeordneten zur Stände-Versammlung, während der übrige Oberamtsbezirk einen zweiten zu stellen hat. Die Stadt ist der Sitz der K. Regierung für den Neckarkreis, sowie der verschiedenen Behörden und Beamten für den Oberamtsbezirk (vergl. oben S. 68 ff.).

| Als höhere gerichtliche Straf-Anstalt befindet sich daselbst ein Arbeitshaus; auch ist in einem Theil der Schloßgebäude ein öffentliches Schwurgerichtslocal für die periodischen Urtheils-Sitzungen eingerichtet.

Die Stadt ist ferner eine der drei Hauptgarnisonen des Königl. Truppencorps; in rein militärischer Beziehung unter dem Oberbefehl eines Gouverneurs, mit welcher Funktion der jeweilig dienstälteste General der Garnison ohne Rücksicht auf die Waffe, welcher er angehört, betraut und welchem zu Besorgung der Detail-Anordnungen im Garnisonsdienste ein Platzadjutant beigegeben ist, befinden sich dermalen daselbst:

1) der Generalquartiermeisterstab mit der unter seiner Leitung und Aufsicht stehenden Kriegsschule;

2) die aus 3 Bataillonen zu je 2 Batterien zusammengesetzte Feldartillerie, wovon:

1 Bataillon leichte,
1 Bataillon schwere Fußartillerie und
1 Bataillon reitende Artillerie

ist.

Der Artillerie-Train ist den Batterien einverleibt.

Außerdem ist der Feld-Artillerie in einer besondern Abtheilung zur Ausbildung für den Krieg der für das Armeefuhrwesen bestimmte Armeetrain noch zugewiesen.

3) Das Arsenal mit seinen Zweigen, nämlich:

a) dem Verwaltungs-, Aufsichts- und Handwerksmeister-Personal (dem Stabe) und
b) der ausschließlich zum Garnisonsdienst und zur Stellung der Hülfsarbeiter in die Arsenal-Werkstätten bestimmten Garnisons-Artillerie-Kompagnie.

4) Zwei Reiter-Regimenter zu je 4 Schwadronen.

5) Zwei in eine Brigade formirte Infanterie-Regimenter zu je 2 Bataillonen à 4 Kompagnien.

6) Das für den Militär-Spital nothwendige Sanitäts- und Aufsichts-Personal und endlich

7) die Offiziers-Uniformirungs- und die Kasernen-Verwaltung.

Der Generalstab, die Feld-Artillerie und das Arsenal haben ihren Sitz resp. ihre Garnison bleibend in Ludwigsburg.

Die Infanterie- und Reiter-Regimenter wechseln regelmäßig nach gewissen Zeitfolgen (3–4 Jahren) ihre Garnisonen, und die einzelnen Artillerie-Bataillone verlassen die Garnison abwechslungsweise während der Sommermonate, um ihre Schießübungen bei Gmünd vorzunehmen.

| Von Stuttgart nördlich 31/2 geometr. Stunden entfernt, liegt die Stadt unter 26° 51′ 15,36″ östlicher Länge und 48° 53′ 52,04″ nördlicher Breite; ihre Erhebung über das Mittelmeer beträgt an der Erdfläche der Hauptkirche 1022 württembergische Fuß etc. (weitere Höhenpunkte s. oben). Auf der zwischen den Thälern des Neckars, der Enz und der Glems sich weitdehnenden, freien Hochebene gelegen, lagert sich die Stadt auf einem flachen Bergrücken, der von dem Salon aus über das Stuttgarter Thor gegen den Marktplatz etc. hinzieht. Am südwestlichen Ende der Stadt beginnt eine weit ausgerundete Mulde, die sich bald zu einem Thälchen ausbildet, das an der westlichen Seite der Stadt hinzieht bis zur nordwestlichen Ecke derselben, wo es sich wendet und seinen weiteren Zug an der Nordseite der Stadt, an dem Schloß vorüber bis nach Neckarweihingen fortsetzt, um dort in das Neckarthal einzulaufen. In dieses Thälchen läuft zwischen dem Schloß und der Emichsburg eine bei dem Begräbnißplatz beginnende Mulde, ferner eine minder bedeutende zwischen dem Schloß und dem Heilbronner Thor. Demnach ist der südliche Theil der Stadt der am höchsten gelegene, von dem sich das Terrain allmälig gegen Norden senkt, so zwar, daß je mehr man sich dem nördlichen Ende nähert, der Fall zunimmt und endlich ziemlich steil gegen das Thälchen abfällt; ebenso senkt sich der westliche Stadttheil größtentheils gegen dieses Thälchen, während ein Theil der Stadt, namentlich der vom Marktplatz nördlich gelegene, theilweise gegen Osten, gegen die bei dem Heilbronner Thor ausmündende Mulde abfällt. Daher in der nördlichen Hälfte der Stadt die von der Hauptstraße ablenkenden Querstraßen anfänglich bergan ziehen bis zur Rückenebene und von da wieder bergab gegen das an der Westseite der Stadt ziehende Thälchen führen. In Folge dieser Lage ist die Stadt dem freien Zutritt der Winde und beständigen Luftströmungen ausgesetzt und nur die tiefer gelegenen Partien an der West- und Nordseite sind einigermaßen geschützt. Die Luft ist daher weniger mild als in Stuttgart, dagegen rein und frisch, übrigens wegen des beständigen Zugs für Brustleidende und solche, die zu Rheumatismen geneigt sind, nicht zuträglich. Im Allgemeinen aber ist der Aufenthalt in Ludwigsburg gesund und epidemische Krankheiten wie Nervenfieber kommen nicht häufig vor.

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Obglei[ch] die Umgegend der Stadt, wie alle Hochebenen, wenig Abwechslung darbietet, so hat doch die Kunst dasjenige vielseitig zu ersetzen gesucht, was die Natur versagte; schöne, ausgedehnte Gartenanlagen und schattige Spaziergänge (s. unten) umgeben die Stadt und verleihen ihr einen besonderen Reiz. Überdieß bringt es schon die| hohe Lage mit sich, daß man an vielen Punkten, namentlich in der Nähe des Salons, eine schöne Fernsicht genießt; auch unterbricht der aller Orten sichtbare, wohlgeformte Asperg die eintönige Hochebene und gewährt dem Auge einen angenehmen Ruhepunkt.

Nach den Orten Eglosheim und Kornwestheim, wie nach dem Wald Osterholz führen schattige Alleen von Linden und Hainbuchen. Reich mit Obstbäumen besetzte Vicinalstraßen sind nach Aldingen, Oßweil, Benningen und Pflugfelden angelegt. Eine schnurgerade Obstallee aber führt nach der 31/2 Stunden südwestlich gelegenen Solitude; außer dieser bestehen noch mehrere Obstalleen in der nächsten Umgebung der Stadt. Durch ein anmuthiges Thälchen gelangt man nach 1/2 Stunde in das freundliche Neckarthal, das, namentlich von dem Schlößchen Harteneck aus gesehen, einen äußerst angenehmen Eindruck macht. Will man sich weiter ergehen, so bietet ein Spaziergang nach der K. Hofdomäne Seegut oder auf den hohen Asperg viele Annehmlichkeiten.

Die Beschreibung der Baulichkeiten beginnen wir mit dem königlichen Schlosse und dessen Anlagen, als dem Stamm, welchem die Stadt selbst entsprossen ist.

Am nordöstlichen Ende der Stadt, durch Alleen gegen dieselbe begrenzt, hat dasselbe eine sehr freundliche Lage; es ist im Geschmack des 18. Jahrhunderts (Rococcostyl) mit reicher Architektur erbaut und wohl eines der größten und sehenswerthesten neueren Schlösser in Deutschland, das, obgleich in etwas verschiedenen Perioden und Baustylen ausgeführt, dennoch ein harmonisches, großartiges Ganze bildet. Die Haupttheile des aus 16 Gebäuden bestehenden Schlosses sind das alte und das neue Corps de Logis, welche durch zwei Reihen von Nebengebäuden (Flügel) mit einander in Verbindung stehen und einen ausgedehnten 560′ langen und 220′ breiten Hofraum einschließen, der jedoch nicht ganz rechtwinkelig ist, indem das alte Corps de Logis nicht parallel mit dem neuen steht. In der Mitte dieses sog. inneren Schloßhofes befindet sich ein vierröhriger, eiserner Brunnen, auf dessen Brunnensäule ein Adler mit halb ausgebreiteten Flügeln angebracht ist, während am Fuß derselben vier broncirte Löwen die Wasserspeier bilden. Außer dem inneren Schloßhof bestehen noch drei Hofräume, die sich an die Außenseiten der Schloßflügel lehnen, jedoch minder groß und nicht rings mit Gebäuden umschlossen sind. Das alte Corps de Logis, das älteste und zugleich schönste Gebäude des Schlosses, bildet den nördlichen Querbau desselben und liegt oben an dem Rande eines mäßig eingefurchten Thälchens, dessen Abhang zunächst am Schloß unter König Friedrich| mit künstlichen Terrassen und reichen Blumenbeeten geziert war. Das Gebäude selbst besteht aus einem Mittelbau, an den sich zu beiden Seiten Galerien anreihen, an deren Ende je ein Pavillon steht. Der Mittelbau ist dreistockig und hat überdieß einen Aufbau mit Thürmchen auf der Spitze; zu beiden Seiten des Aufbaues dehnt sich die mit Geländern und allegorischen Figuren versehene Plattform aus, von der man eine sehr anziehende Aussicht zunächst in den Favoritpark, über die Anlagen, die Stadt und in der Ferne an den Stromberg, an die Löwensteiner Berge, in das Neckarthal etc. genießt. Die gegen den Schloßhof gekehrte Seite des Mittelbaus enthält den an Architektur reichen Eingang mit einem auf Säulen ruhenden Balkon. Von dem Inneren dieses Gebäudes erwähnen wir zwei Zimmer in dem westlichen Pavillon; das eine ist an Decke, Wänden und Fußboden, mit Holzmosaik geschmackvoll und äußerst kunstreich ausgestattet, in dem anderen, mit schönen Malereien und reichen Goldverzierungen versehenen sog. Jagdzimmer prangt an der Decke der Jagdorden. In der nordwestlichen Ecke des Hauptbaus befindet sich das durchaus mit Spiegeln verkleidete sog. Spiegelkabinet, in welchem Herzog Karl Alexander verschied.

Das neue Corps de Logis liegt dem alten gegenüber und bildet den südlichen Querbau, an dessen beiden Enden zwei große Eckgebäude stehen. In der Mitte des sehr ansehnlichen Hauptbaus befindet sich gegen Süden ein halbrunder Vorsprung und auf der nördlichen, gegen den Schloßhof gekehrten Seite der reichverzierte vorspringende Eingang mit Auffahrt. Die Zimmer dieses Schloßtheils sind die schönsten und bieten eine freundliche Aussicht in den anstoßenden Schloßgarten und theilweise in die Anlagen. Im Innern führen zwei großartige Treppenhäuser, an deren Wänden allegorische, lebensgroße Gypsfiguren angebracht sind, zu den einzelnen Gelassen dieses Corps de Logis, in dessen Mitte der mit Gypsmarmor und goldenen Verzierungen an den Wänden und Kapitälen reich ausgeschmückte Marmorsaal (Speisesaal) sich befindet. An den Marmorsaal reihen sich westlich die Zimmer, welche König Friedrich bewohnte und in deren westlichstem (Eckzimmer) er sein Testament dictirte; die vom Saal östlich gelegenen Gelasse waren von der Königin Mathilde, schon bei Lebzeiten ihres Gemahls und später als Wittwe bewohnt, woselbst sie auch starb.

In den Gebäudereihen (Flügel), welche die beiden Corps de Logis verbinden, stehen in der östlichen Reihe, von dem alten Corps de Logis ausgegangen, der Pagenbau, der Cavaliersbau, an den sich| im Rücken die Schloßkapelle (katholische Kirche) anschließt. Die Kapelle, unter der sich die (unten beschriebene) fürstliche Familiengruft befindet, enthält Wandungen von Gypsmarmor und ist mit reichen Goldverzierungen eigentlich überladen; an der Decke befindet sich ein von Carlone trefflich ausgeführtes Gemälde, das Altarblatt ist eine Copie nach Alb. Dürer. In dem Fürstenstande hängen zwei ausgezeichnet schöne Bilder, welche Herzog Karl von dem Pabst zum Geschenke erhielt, das eine Ecce homo in Mosaikarbeit, das andere die heil. Jungfrau in Gobelin. Unter den katholischen Regierungsnachfolgern Eberhard Ludwigs (Herzog Karl Alexander und dessen Sohn Herzog Karl) ward die Kapelle für den Gottesdienst ihrer Confession eingerichtet. Herzog Friedrich II. (der nachherige König) gab sie, indem er für den Gottesdienst der Katholiken anderwärts sorgte, ihrer ursprünglichen Bestimmung zurück, worauf sie an Pfingsten 1799 wieder für den evangelischen Gottesdienst geweiht wurde; im Jahr 1828 erhielt dieselbe abermals die Bestimmung zum katholischen Gottesdienst und ist dermalen katholische Stadtkirche.

An den Cavaliersbau reiht sich die Familiengalerie, welche sämmtliche Regenten von Herzog Eberhard im Bart bis auf den König Friedrich und von mehreren derselben auch die Gemahlinnen in Lebensgröße gemalt, enthält. Der Saal ist mit Gypsmarmor ausgekleidet und die Decke mit schönen Fresken von Carlone (dessen Namen nebst der Jahrszahl 1733 in einer Ecke des Plafonds steht) geziert. Von dieser Galerie führt ein bedeckter Gang zu dem von dem Schloß abgesondert stehenden, in Lyraform erbauten Theater, das etwa 1000 Personen aufzunehmen im Stande ist. Das südliche Ende der Familiengalerie schließt an das neue Corps de Logis an.

Der westliche Flügel, oder vielmehr die an der Westseite hinziehende Gebäudereihe, enthält zunächst dem alten Corps de Logis den Ordens- oder Rittersaal; obgleich derselbe durch seine gegenwärtige Bestimmung zum Schwurgerichtssaal manches verloren hat, so sind doch noch Sehenswürdigkeiten seiner frühern reichen Ausstattung übrig, namentlich auch das ausgezeichnet schöne, lebensgroße Bild des Königs Friedrich, gemalt von Seele. An den Ordenssaal schließt sich ein weiterer Cavaliersbau und im Rücken zwischen beiden Gebäuden steht die Ordenskapelle, früher als evangelische Hofkapelle von Herzog Karl im Jahr 1748, als er seine erste Gemahlin, eine Prinzessin von Baireuth, heimführte, eingerichtet, bis sie in dem Jahr 1810/11 von König Friedrich zur Ordenskapelle umgewandelt wurde; ihre Ausstattung ist reich und geschmackvoll; die Decke enthält ein kunstreiches Gemälde von Guibal, in einer Wandnische steht der| Thron und an den Wänden sind die Wappen und Namen der mit dem K. Württ. goldenen Adlerorden decorirten hohen Personen angebracht. An diesen Cavaliersbau, mit welchem durch einen bedeckten Gang der von den Schloßgebäuden frei stehende Festinsaal in Verbindung gesetzt ist, schließt sich die Gemäldegalerie, ein langer, mit Deckemalereien von Guibal gezierter Saal, an den sich zwei Vorsäle anreihen. Obgleich die besseren Gemälde in neuerer Zeit nach Stuttgart in die Staatsgalerie gebracht wurden, so enthält die hiesige Sammlung immer noch manches Kunstwerk von Meistern der älteren und neueren Schulen, wie von Rembrand, Lucas Kranach, Holbein, Hamilton, Querfurt, Rugendas, Tenier, Hondekoeter, Mirevelt, Mignon, Bemmel, Seybold, Kupetsky, Griffier, Poelemburg, Spagnoletto, Valentin, Roos, Hetsch, Harper, Feistenberger, Gerhardt, Pool, Standaart etc. Auch finden sich vereinzelt in verschiedenen Gemächern des Schlosses noch Gemälde theils von den genannten Meistern, theils von andern, als: Bourguignon, Carraccio, Rubens, Guibal, Kobell, Hinkel, Danner etc.

In der Mitte des Hauptsaales befindet sich auf der einen Seite das Brustbild des Königs Friedrich in halb erhabener Arbeit von Scheffauer, auf der andern Seite die Statue Apollo’s von Lejeune, beide in cararischem Marmor ausgeführt. Das südliche Ende der Gemäldegalerie grenzt an das neue Corps de Logis.

Seit dem Jahr 1850 befindet sich in dem Schlosse mit Erlaubniß Sr. Majestät des Königs auch die in Druckschriften vielfach erwähnte Gemäldesammlung des Obertribunal-Procurators Abel in Stuttgart aufgestellt; sie enthält nur altdeutsche Malereien und zwar der erste Saal aus der niederdeutschen Schule 27 Nummern, worunter von den beiden Roger v. d. Weyden, Dick v. Harlem, Henri Mat de Blas, Hemskerk, Bernard v. Orlay, Schoreel, Mabuse, Bart de Bruya; der zweite Saal 70 Nummern der schwäbischen und besonders der Ulmer Schule vom Jahr 1400 bis in das 16. Jahrhundert, namentlich ausgezeichnete Bilder von B. Zeitblom, ferner von M. Schaffner, P. Tagpert v. Ravensburg, H. Holbein d. J. etc.; der dritte Saal 38 Nummern der fränkischen und sächsischen Schule, darunter von Wohlgemuth, Hans v. Kulmbach, Hs. Brosamer, B. Beham, A. Altdorfer, Hs. Baldung Grün, Hs. Schäuffelin, Math. Grünewald, L. Kranach, Chr. Schwarz, J. Alsner, Hs. Schöpfer etc.

Im Allgemeinen birgt das Schloß in seinen 452 Gelassen noch viele Sehenswürdigkeiten und Kunstgegenstände; insbesondere sind die Zimmer, welche König Friedrich und seine Gemahlin Mathilde bewohnten, mit werthvollen Kunstwerken von Dannecker, von Salis,| Seele, Stirnbrand, O. Müller, Langendörfer etc., namentlich auch mit künstlichen Stickereien von der Hand der Königin Mathilde ausgestattet.

In den unteren Stockwerken des Schlosses sind Gelasse für die Kreisregierung, das Finanz-Archiv und das Depot älterer Staatsrechnungen eingerichtet; die obersten Räume des alten Corps de Logis bewohnt das Guidecorps.

Die unter der Schloßkapelle befindliche Fürstengruft ist auf Anordnung des Herzogs Eberhard Ludwig zunächst für seine eigenen irdischen Überreste erbaut worden; die erste fürstliche Leiche, welche sie aufnahm, war jedoch die seines Sohnes, des Erbprinzen Friedrich Ludwig, der im Jahr 1731 zwei Jahre vor seinem Vater verschied. Die Gruft erhielt unter König Friedrich eine bedeutende Erweiterung und ist nun in die protestantische und die katholische abgetheilt. – Von den regierenden Gliedern des Württembergischen Hauses sind hier beigesetzt, in der protestantischen Abtheilung: der Herzog Eberhard Ludwig († 1733) und dessen Gemahlin Johanna Elisabeth, geb. Prinzessin von Baden († 1757), die Gemahlin des Herzogs Friedrich Eugen, Friedrike Sophie Dorothee, geb. Prinzessin von Brandenburg-Schwedt († 1798), König Friedrich († 1816), dessen Gemahlin Königin Charlotte Mathilde († 1828). In der katholischen Abtheilung: Herzog Karl Alexander († 1737), dessen Gemahlin Marie Auguste, geb. Prinzessin von Thurn u. Taxis († 1756), Herzog Karl Eugen († 1793), Herzog Ludwig Eugen († 1795), dessen Gemahlin Sophie Albertine, geb. Gräfin von Beuchlingen († 1807) und Herzog Friedrich Eugen († 1797).

Außer den Württ. Prinzen und Prinzessinnen, namentlich der Descendenz König Friedrichs sind in die Gruft auch aufgenommen: Friedrich Prinz von Thurn u. Taxis, württ. und des schwäbischen Kreises General-Major († 1805), durch seine Mutter Auguste Elisabeth Marie ein Enkel des Herzogs Karl Alexander; zuletzt die Gemahlin des Grafen Wilhelm von Württemberg, Theodolinde, geb. Prinzessin von Leuchtenberg († 1857).

Als besondere Denkwürdigkeit ist noch anzuführen, daß in dem Schloßkeller das größte Faß in Württemberg, 300 württ. Eimer haltend, aufbewahrt wird.

Zur Geschichte des Schloßbaues erwähnen wir Folgendes:

Das Mittel- oder Hauptgebäude des Fürstenbaues (das alte Corps de Logis) kam 1710 unter Dach; der Baumeister war Hauptmann (zuletzt Oberstlieutenant) Nette, der 1714 starb. Die beiden Flügelgebäude an demselben wurden im Jahr 1713 angefangen, aber erst durch den im Mai| 1717 nach Ludwigsburg gekommenen, nachherigen Ober-Baumeister Paolo Retti vollendet. Ursprünglich sollte das Schloß mit seinen Nebengebäuden hauptsächlich auf der Nordseite in das Thälchen ausgedehnt werden, welches in den 1760ger Jahren zum Theil ausgefüllt wurde, und deßhalb lange Zeit die Planie hieß.

Der Bau der Schloßkapelle mit der Fürstengruft wurde nach dem Entwurf des, nach Nette’s Tod, im Jahr 1715 mit dem Bauwesen betrauten Donato Giuseppe Frisoni, welcher überhaupt als Baumeister die größte Bedeutung für Ludwigsburg bekam, ausgeführt; die Feier der Grundsteinlegung fand am 18. Mai 1716 und die der Einweihung am 31. October 1723 statt. Das neue Corps de Logis wurde nach dem Plane Retti’s im Jahr 1724 angefangen und im Jahr 1733, gerade als Herzog Eberhard Ludwig starb, vollendet.

Die Umfriedigung des Schlosses wurde auf Befehl des Herzogs Eberhard Ludwig im Jahr 1731 zuerst mit Pallisadenhölzern angeordnet und von seinem Nachfolger Karl Alexander vollends ausgeführt. Herzog Karl ließ dagegen im Jahr 1748 den Schloßhof auf der Seite gegen das Waldhorn mit eisernem Gitterwerk, welches späterhin weiter durchgeführt wurde, versehen.

Mit der Oberleitung des Bau’s waren von dem Herzog Eberhard Ludwig betraut: der Haushofmeister, Hofmarschall, seit 1708 Oberhofmarschall Georg Friedrich Forstner von Dambenoy, anfangs Liebling des Herzogs, in dessen tiefste Ungnade er später fiel; beigegeben wurde ihm 1705 der Werkmeister (Kirchenraths-Baumeister) Johann Ulrich Heim. Bald darauf, wenigstens schon 1707, war auch Hauptmann Nette (s. oben) bei dem Bauwesen angestellt.

Früher erscheint auch eine besondere Baudeputation als wirkliche Regierungsbehörde, welche die Accorde genehmigte, Befehle an die Beamten erließ, Abgaben erhob, Strafen erkannte etc., besonders aber die schwierig beizutreibenden, außerordentlichen Mittel für das großartige, dem Herzog immer nicht rasch genug fortschreitende Unternehmen beischaffen sollte. Nach Forstners Entfernung im Jahr 1716 stand der Oberhofmarschall Graf v. Gräveniz an der Spitze der Baudeputation, bald darauf der Präsident v. Pölniz, wie denn überhaupt bis zur Aufhebung der Baudeputation (nach Herzog Eberhard Ludwigs Tod 1733) sowohl bei den Vorständen, als auch bei den zugeordneten Räthen etc. mancher Personalwechsel in dem Amte eintrat.

Die Hauptbaumeister in der spätern Zeit des Herzogs Eberhard Ludwig, Donato Guiseppe Frisoni und Paolo Retti, ließ der folgende Herzog Karl Alexander nach Hohen-Asperg, später nach Hohen-Neuffen in Verhaft bringen und hinsichtlich ihres Benehmens unter der vorigen Regierung in Untersuchung ziehen. Frisoni aus Laino am Comer-See, im Jahr 1709 durch Hauptmann Nette zunächst von Prag für die Stuccaturarbeiten berufen, hatte sich durch solche bereits 20–22.000 fl. allhier verdient, als er im| Jahr 1714 sich auf die Architektur legte und mit Unterstützung des Herzogs Frankreich bereiste. Seit 1715 leitete er als Baudirector, wozu er im Jahr 1717 ernannt, und 1726 mit dem Charakter eines Oberstlieutenants ausgezeichnet wurde, die Bauwerke in Ludwigsburg und auf dem Seehaus; die Stuccaturarbeiten überließ er seinem Schwager Carolini. Sein erstes Bauwesen in seiner neuen Stellung war die Schloßkapelle (1715). Im Jahr 1717 zog Frisoni seiner Schwester Sohn, den nachherigen Ober-Baumeister Paolo Retti zu sich, welcher damals in Wien bedeutende Baugeschäfte mit Auszeichnung übernommen hatte, und selbst wieder seine drei Brüder, Leopold als Baumeister (welcher später den Schloßbau in Stuttgart ausführte), Riccardo als Stuccator, Livio als Kunstmaler und noch andere Verwandte beizuziehen, und deren Dürftigkeit in nicht unbedeutenden Reichthum zu verwandeln wußte. Die Untersuchung gegen die beiden Baumeister Frisoni und Retti, deren Arbeiten der Ober-Baudirector v. Herbort und der Professor der Theologie Bernhard Bilfinger in Tübingen zu prüfen hatten, endigte jedoch mit einem Geldopfer von 25.000 fl., das der herzoglichen Kasse in der Hand des Juden Süß zu bringen war, wogegen den beiden Baumeistern fernere Verwendung in Bausachen zugesagt wurde. Frisoni starb jedoch schon im Jahr 1735, während der ihn überlebende Retti wieder neue Bauaufträge erhielt.

Von württembergischen Handwerkern waren vorzugsweise bei dem Schloßbau beschäftigt: die Steinmetzenmeister Christoph Friedrich Weyhing, Math. Heim, Johann Jakob Heim und der Hofschlosser Michael Lauffer; vom Ausland berief Retti im höheren Auftrag den Marmorirer Corbellini und die beiden Kunstmaler Scoti und Carloni.

Zu den Kosten des Schloßbaues kam noch die 75–80.000 fl. kostende Meublirung, über welche im Jahr 1713 mit dem Juden Gabriel Fränkel u. Konsorten in Fürth ein Accord abgeschlossen wurde. Die Rentkammer erhob wegen der angemutheten Geldlieferungen bedeutende Einreden; auch wurden über die Fortschritte des Ludwigsburger Bauwesens, auf welches in wenigen Jahren, mit Ausnahme der Naturallieferungen, 700.000 fl. verwendet worden sein sollen, die Klagen des verkürzten Stuttgarts so rege, daß man auf die Baumeister Frisoni und Retti einzuwirken suchte. Frisoni, welchem 1000 Dukaten als Geschenk der Landschaft u. a. in Aussicht gestellt wurden, entwarf erfolglos einen neuen Bauplan, nach welchem die Residenz bei Berg angelegt – und auf diese Weise Canstatt mit Stuttgart verbunden worden wäre, wogegen das Ludwigsburger Bauwesen mit dem Corps de Logis, seinen zwei Flügeln, Stallung und Comödienhaus geschlossen und mehr als Lustschloß für den Sommer benützt werden sollte. Anstatt hierauf einzugehen, drang der Herzog auf die Erbauung des neuen Corps de Logis. Nach Abänderung noch großartiger Plane wurde am 22. December 1725 mit dem Ober-Baumeister Retti ein neuer Accord abgeschlossen, daß er genanntes Gebäude und dessen Verbindung| mit dem ursprünglichen Bau mittelst Galerien und Pavillons, mit Ausnahme der vielen Naturallieferungen, um 459.000 fl. und 1000 Dukaten Belohnung in 6–7 Jahren herstellen solle. Durch Bauerweiterungen, welche der Herzog vielfältig anordnete, wurde diese Summe im Jahr 1728 um 38.000 fl. nebst vielen Naturallieferungen erhöht. Im Ganzen hat das ausgedehnte Bauwesen nebst den Gartenanlagen einen Aufwand an Geld, Naturallieferungen, Frohnen und Fuhren verursacht, dessen Größe nach den angeführten Summen nicht allein zu bemessen ist.

An die Südseite des Corps de Logis und zu beiden Seiten desselben lehnen sich freundliche Gärtchen und eine mit Figuren und reichen Blumenbeten gezierte Terrasse an, an die, nur durch eine Allee getrennt, der einfach angelegte Schloßgarten grenzt, der ein durch zwei Wege in vier Felder getheiltes länglichtes Viereck bildet. Der Umfang, wie die Wege des Gartens sind mit edlen Obstbäumen besetzt, während die übrige Fläche ein grüner Rasen deckt, aus welchem sich in dem südlichen Theile des Gartens zu beiden Seiten des mittleren Wegs je ein Blumenhügel mit kolossaler Vase erhebt. Überdieß ziert den Schloßgarten ein klarer, mit Schwanen belebter See, an dessen unterem Ende eine kleine Kanone steht, die bei Sonnenschein mittelst eines angebrachten Brennglases Mittags 12 Uhr losgeht. Auf die Verschönerung des Schloßgartens war Herzog Karl sehr bedacht und bediente sich hiebei des Garteninspectors Sievert und nach dessen Tode des Hofgärtners Hemerling. Den Garten zierte eine der schönsten, zu jener Zeit bekannten Orangerien; die Citronen- und Orangenbäume waren theils von den Herzogen Eberhard im Bart und Christoph noch vorhanden, theils wurden sie von Herzog Eberhard Ludwig in beträchtlicher Anzahl aus Sardinien bezogen und ihre Zahl von Herzog Karl noch bedeutend vermehrt. Unter der Regierung des Königs Wilhelm ist die Orangerie nach Stuttgart verlegt worden.

An die südliche Seite des Schloßgartens grenzt ein großes, schön angelegtes Obstbaumgut, das wie noch mehrere andere dem Staat gehörige, in der Nähe des Schlosses und der Anlagen gelegene Obstbaumgüter verliehen wird.

Östlich und nordöstlich des Schlosses dehnen sich die königlichen Anlagen, theils in gleicher Höhe, theils ziemlich tiefer als das Schloß gelegen, aus; sie sind ein Werk des Königs Friedrich, der hier eine wilde, meist öde gelegene Fläche in den reizendsten, seiner Zeit weit berühmten Garten auf das Sinnigste umwandeln ließ. Obgleich von der früheren Pracht der Anlagen manches verschwunden ist, so| enthalten dieselben doch noch vieles Schöne und Sehenswürdige. Wir beschränken uns auf das Wesentlichste und bemerken:

1) Den sog. Spielplatz, ein freier, schön angelegter Raum, der früher zu mancherlei Spielen diente und auf dem noch ein Carroussel, einige Schaukeln etc. bestehen; eine besondere Zierde des Platzes gewährt ein eirundes, mit kräftigen Thränenweiden rings umpflanztes Bassin, in dessen Mitte ein Springbrunnen sich befindet. Auf der Stelle des See’s stand früher das berühmte, von Herzog Karl erbaute Opernhaus, welches im Jahr 1802 abgebrochen wurde. An den Spielplatz lehnt sich einerseits der südlich geneigte, terrassenförmig angelegte Weinberg, auf dessen unbeträchtlicher Anhöhe ein mit Baumrinde verkleidetes, innen mit Spiegeln ausgetäfeltes Weinberghäuschen steht; anderseits ein Pavillon, der sich an eine dicht mit Epheu umrankte, künstliche Ruine anschließt und neben der Wohnung des Hofgärtners ein Billardzimmer enthält, welches mit einem sehenswerthen Deckegemälde von Guibal geziert ist. Hinter diesem Gebäude erhebt sich der sog. Rosenhügel, auf dem eine reiche Sammlung Rosen gepflegt wird.

2) Die im Jahr 1798 erbaute Emichsburg, eine künstliche Ruine, erhebt sich oben an dem Rande einer hohen, senkrechten Felsenwand, einem ehemaligen Muschelkalksteinbruch[2], der zur Anlage Ludwigsburgs Bau- und Straßenmaterial lieferte. Über den Felsen stürzt sich rauschend ein kleiner Bach, einen schönen Wasserfall bildend, in einen unterhalb der Felswand angebrachten Weiher, den üppige Waldbäume umsaumen und ihre Kronen bis zur Burg emporheben; den Felsen selbst umrankt kräftiges Epheu und aus den Ritzen desselben sprossen verschiedene felsenliebende Pflanzen, ihr frisches Grün über die kahle Wand ausbreitend. Die Burg besteht aus einem runden, ziemlich hohen Thurm und einem in geringer Entfernung stehenden Rondel, das gleichsam den untern Theil eines Thurms bildet; beide Gebäude sind mittelst eines Zwischenbaus verbunden und überdieß lehnt sich noch ein kleiner Mauerrest an den Thurm. An der Nord- und Ostseite schlängelt sich üppiges Epheu bis zu der weit ausgeladenen Zinne des Thurms und an der Südseite führt der Eingang in das Innere des Zwischenbaus, in welchem, wie auch schon außerhalb der Ruine, verschiedene Ritterrüstungen und interessante alte Waffen aufgehängt sind. Von diesem Gelaß| gelangt man einerseits in das nach neuerem Geschmack eingerichtete Rondel, anderseits in den Thurm, in welchem eine Wendeltreppe 100′ in die Höhe und 75′ in die Tiefe führt. Auf der Zinne des Thurms angekommen, öffnet sich dem Auge eine sehr freundliche Aussicht über den Park mit dem Favoritschlößchen, an den Asperg, den Stromberg, die Löwensteiner Berge, den Wunnenstein und in das nahe Neckarthal, in welchem sich Marbach besonders vortheilhaft ausnimmt. Steigt man aber von dem Eingang abwärts in den Thurm, so gelangt man in ein in den Felsen gehauenes Gemach, das sein spärliches Licht nur durch eine künstlich angebrachte Öffnung erhält. Hier sitzt in Wachs bossirt, mit voller Rüstung angethan, der Graf Emich von Württemberg und ihm gegenüber sein Beichtvater, an einem mit Humpen und Pokalen besetzten Tische. Von da gelangt man zu der sog. Folterkammer, in welcher ebenfalls interessante Alterthümer, Waffen, Folterwerkzeuge etc. aufbewahrt sind. In den Thurmöffnungen sind Äolsharfen angebracht, deren schmelzende Töne den Besucher angenehm überraschen.

3) Der sog. Posilippo, ein 140′ langer, gewölbter Gang, führt von dem anmuthigen Eisthälchen, das seinen Namen von der daselbst angelegten Eisgrube hat, unter der zu den Anlagen führenden Hauptallee durch.

Die Stadt selbst ist mit Ausnahme des nordwestlichen Theils ganz regelmäßig angelegt (s. den der Oberamtskarte beigefügten Stadtplan); sie bildet eine von Süd nach Nord in die Länge gezogene Figur, in welcher Richtung auch die Längestraßen, jedoch nicht ganz mathematisch richtig, geführt sind, indem sie ein wenig gegen Westen abweichen; die Querstraßen dagegen weichen etwas gegen Norden ab, mit Ausnahme der Post- und Schorndorfer Straße, welche sich merklich gegen Süden neigt, wodurch die an diesen Straßen stehenden Eckgebäude etwas verschoben wurden. Ursprünglich war der Bauplan der Stadt viel großartiger, als er bis jetzt in Ausführung kam, was die zum großen Theil noch erhaltene, 10′ hohe Stadtmauer nachweist, die einen Raum einschloß, der nicht ganz zur Hälfte überbaut ist, während den übrigen Theil schöne Gartenanlagen, Alleen etc. ausfüllen und sogar im südwestlichen Theil noch Feldbau innerhalb der Stadtmauern getrieben wird. Die Stadtmauer ist Eigenthum des Staats.

Herzog Eberhard Ludwig wollte die Stadt mit Graben und Wall umfriedigen; der Graben sollte mit Pallisaden versehen werden; es wurde wirklich im Jahr 1730 mit einer derartigen Umfriedigung der Stadt der Anfang gemacht und ein kleiner Rest derselben ist noch| heute in der sog. Ezdorf’schen Allee, zwischen dem Stuttgarter und Solitude-Thor zu sehen. Indessen starb der Herzog und erst Herzog Karl war es vorbehalten, die Stadt mit einer Mauer zu umgeben, womit im Jahr 1758 unten in dem sog. Thale bei dem Schießhaus begonnen wurde.

Die Stadt hat vier Hauptthore: das Stuttgarter Thor an der Südseite, das Heilbronner Thor an der Nordseite, das Schorndorfer Thor an der Ostseite und das Leonberger Thor an der Westseite; überdieß sind noch vier Nebenthore vorhanden und zwar: das Aldinger Thor auf der südöstlichen Ecke der Stadtmauer, das Solitude-Thor an der südwestlichen Seite, das Osterholz-Thor an der Westseite und das Asperger Thor an der Nordseite. Ferner bestehen Ausgänge für Fußgänger, zwei in dem Schloßgarten, einer nach Harteneck und einer in den Salon.

Die meist aus Holz mit steinernen Unterstöcken aufgeführten Gebäude sind größtentheils zweistockig und mit Mansarden versehen, während alle architektonischen Verzierungen, sowohl an Privat- und öffentlichen Gebäuden, wie auch an den Thoren etc., durchgängig im Rococcogeschmack gehalten sind; der gleiche Geist weht in der schnurgeraden Führung der Straßen sowohl in der Stadt, als in den sie umgebenden Gartenanlagen. Viele finden die hier ausgesprochene, in gleichem Baustyl durchgeführte Regelmäßigkeit schön, während sie Andere weniger anspricht; so viel steht fest, daß Ludwigsburg eine sehr reinliche, freundliche, mit ansehnlichen Straßen versehene Stadt ist, die in ihrer nächsten Umgebung einen Reichthum von künstlich angelegten Spaziergängen, Gärten und Anlagen bietet, wie ihn selten eine andere Stadt aufzuweisen vermag. Dagegen wird man ihr immer ansehen, daß sie eine durchaus künstliche Stadt ist, das heißt, gezwungen auf einer Stelle erbaut wurde, die sich von Natur nicht für eine Stadt eignet.

Von den Straßen der Stadt, welche mit Ausnahme der macadamisirten Stuttgarter Straße und der theilweise steinbeschlagenen Schorndorfer Straße durchgängig gepflastert und reinlich gehalten sind, nennen wir: 1) die Hauptstraße (im südlichen Stadttheil die Stuttgarter Straße, im nördlichen die vordere Schloßstraße genannt), welche die Stadt in ihrer größten Ausdehnung, beinahe 1/2 Stunde lang von dem Stuttgarter bis zu dem Heilbronner Thor schnurgerade durchzieht; sie ist nur auf einer Seite mit Gebäuden versehen, während sich auf der andern breite, mit Kastanien- und Lindenbäumen besetzte Alleen hinziehen, an die sich in der obern Stadt der Exercierplatz und Baumgüter, in dem unteren Stadttheile aber der| Schloßgarten und in geringer Entfernung die Schloßgebäude anlehnen, so daß man von den an dieser Straße stehenden Gebäuden in der Richtung gegen Osten eine sehr freundliche Aussicht in’s Freie genießt. 2) Die Poststraße, deren östliche Verlängerung die Schorndorfer genannt wird, führt quer durch die über 1/4 Stunde breite Stadt und theilt dieselbe in zwei Hälften, von denen die nördliche von Herzog Eberhard Ludwig, die südliche von Herzog Karl erbaut wurde, und daher auch den Namen Karlsstadt führt. Die schöne, breite Poststraße hat zu beiden Seiten Gebäude, während die Schorndorfer Straße anfänglich zwischen Baumgütern und dem Schloßgarten hinführt und erst am östlichen Ende bis zu dem Schorndorfer Thor mit zwei Häuserreihen besetzt ist. 3) Die hintere Schloßstraße führt parallel mit der Hauptstraße hinter dem Schloßgarten und ist nur auf einer Seite mit Gebäuden versehen, von denen man gegen Westen eine freie Aussicht in den Schloßgarten genießt. 4) Die Leonberger Straße von dem Karlsplatz bis zu dem Leonberger Thor; 5) die Karlsstädter Straße, von der Stuttgarter Straße bis zu dem südlichen Ende des Sees ziehend; 6) die Karlsstädter Seestraße, führt von der Stuttgarter Straße bis zu der nördlichen Seite des Sees; 7) die Asperger Straße von der Stadtkirche bis zum westlichen Ende der Stadt; 8) die Linden-Straße führt, vom Holzmarkt ausgehend, bis an’s Westende der Stadt; in ihrer Verlängerung gegen Osten zieht die Metzger-Straße bis zur vordern Schloßstraße. 9) Die Marstall-Straße; 10) die Charlotten-Straße u. s. w. Außer diesen sind noch folgende Längenstraßen, d. i. Straßen, die mit der Hauptstraße parallel laufen, zu nennen: die innere und äußere Seestraße, die obere und untere Kirchstraße, die Hospital-Straße u. s. w.

Von den zahlreich innerhalb der Stadtmauern angelegten Alleen nennen wir:

Die vordere Allee, welche längs der Hauptstraße von dem Stuttgarter bis zum Heilbronner Thor hinzieht.

Die dicke Allee, schon von Herzog Eberhard Ludwig angelegt, führt von der grünen Bettlade auf dem Salon bis zu dem Schloß.

Die Porzellan-Allee, welche von der Schorndorfer Straße neben der vormaligen Porzellanfabrik gegen den Salon zieht.

Die sechsfache Allee, führt von der östlichen Stadtmauer gegen den Feuersee.

Die Ezdorf’sche Allee, welche von einem Oberst v. Ezdorf angelegt wurde, und von dem Stuttgarter Thor längs der Stadtmauer bis gegen das Solitude-Thor hinzieht u. s. w.

Sämmtliche Alleen in und außer der Stadt, welche theils von| Herzog Eberhard Ludwig, größtentheils aber von Herzog Karl Eugen angelegt wurden, waren mit Lindenbäumen, theilweise mit Hainbuchen besetzt, die man aus den Waldungen auf 5–6 Stunden im Umkreis von Ludwigsburg in starken Stämmen ausgraben und durch Frohnfuhren nach Ludwigsburg bringen ließ. In neuerer Zeit mußten diese Alleen theilweise Gartenanlagen und nutzbringenden Obstbäumen weichen. In den Jahren 1817/18 wurde der Stadt die der Hauptstraße zunächst stehende Baumreihe an der vorderen Allee zur Ausgrabung überlassen, um an ihre Stelle Weichsteine, mit eisernen Ketten verbunden, zu setzen.

Größere öffentliche Plätze sind:

1) Der Marktplatz, ein länglichtes Viereck, von dem die größeren Seiten 375′, die kleineren 275′ lang sind; in der Mitte desselben steht der vierröhrige Marktbrunnen mit dem lebensgroßen Standbild des Herzogs Eberhard Ludwig. Die Errichtung des Brunnens wurde im Jahr 1723/24 durch Oberbaumeister Retti um 1350 fl. besorgt; der eiserne Trog hingegen ist 1726 von der herzoglichen Factorie Königsbronn nach einer von Retti gefertigten Zeichnung geliefert worden. Die den Marktplatz umgebenden Wohngebäude sind in ihren unteren Stockwerken mit auf Säulen ruhenden, rundbogigen Arcaden (bedeckten Gängen) versehen, so daß man bei jeder Witterung trockenen Fußes um den Marktplatz kommen kann.

2) Der Karlsplatz bildet ebenfalls ein länglichtes Viereck, dessen größere Seiten 394′, die kleineren 320′ lang sind; derselbe ist nur auf drei Seiten mit Gebäuden umgeben, während die vierte (östliche) an die Hauptstraße (Stuttgarter Straße) stößt. In der Mitte des Platzes steht ein Obelisk mit einem aus Erz gegossenen Medaillon, welches das Brustbild Königs Friedrich in halberhabener Arbeit darstellt.

3) Dem Karlsplatz gegenüber liegt der Exerzierplatz, welcher nicht mit Gebäuden, sondern mit Alleen umgeben ist; er bildet ein länglichtes Viereck, von dem die größeren Seiten 1340′, die kleineren 410′ lang sind. Er wurde im Jahr 1817 von der Finanzverwaltung an die Kriegsverwaltung überlassen, ist beinahe 15 Morgen groß und dient sämmtlichen Truppen der Garnison zur gemeinschaftlichen Benützung.

4) Der Arsenalplatz, auf zwei Seiten von dem Arsenalgebäude umgeben, während an den zwei übrigen Straßen hinziehen.

5) Der Holzmarktplatz, ein nicht parallel mit den Straßen laufendes Viereck, an dessen Ecken je eine Straße ausgeht, so daß| hiedurch gleichsam ein Achteck entstanden ist; in der Mitte des Platzes steht ein Brunnen.

Ferner nennen wir noch den Reithausplatz, den Marstallplatz, den Garnisonskircheplatz, den Turnplatz etc.

Außerhalb der Stadt liegt etwa 1/4 Stunde von derselben an der Aldinger Straße theils auf Aldinger, theils auf Kornwestheimer Markung der große Exerzierplatz, ein beinahe 70 Morgen haltendes, ziemlich eben gelegenes Feld, welches im Jahr 1830 die Kriegsverwaltung von der Finanzverwaltung gepachtet hat, um der Garnison nicht nur zum Exerzieren in größeren Abtheilungen, sondern auch als Schießplatz auf größere Abstände zu dienen. Der gewöhnliche Schießplatz liegt zwischen dem Stuttgarter und Solitude-Thor unweit der Kanonengießerei, seit dem Jahr 1820 von der K. Finanzverwaltung in Pacht überlassen; der Platz hält zwei Morgen und seine Länge gestattet das Schießen nur bis zu einem Abstand von 200 Schritten.

Von öffentlichen Baulichkeiten nennen wir zuerst die städtischen Gebäude.

1) Das Rathhaus, ein ansehnliches, in einem ansprechenden Styl ausgeführtes Gebäude, steht in der Poststraße mit freier Aussicht auf den Marktplatz, es enthält neben den Gelassen für den Gemeinderath die Kanzleien für das Polizeiamt und das Gerichtsnotariat.

2) Die Stadtkirche, an der Westseite des Marktplatzes gelegen. Sie wurde mittelst mehrfach veranstalteter Collecte und Beiträgen von Klosterämtern, Gemeinden etc. im Jahr 1726 nach dem Plan des Oberstlieutenants Frisoni und unter dessen Leitung zu bauen angefangen. Die Stuccatorarbeit besorgte Riccardo Retti und die Thürme erbaute größtentheils der Baumeister Retti; ihre Vollendung erhielten sie erst durch den Oberbaumeister Paul Retti den 14. November 1730. Der Grundstein der Kirche selbst war schon den 25. August 1718 gelegt worden und ihre feierliche Einweihung geschah den 18. September 1726. Die Kirche ist im Rococcogeschmack gegen alle Regeln der kirchlichen Baukunst, mit der vorderen Giebelseite gegen Osten gekehrt, erbaut, während sie im Westen dreiseitig schließt, jedoch keinen eigentlichen Chor daselbst bildet. Die vordere Giebelseite erhebt sich zwischen den beiden Thürmen und hat einen geradlinigen, schmucklosen Eingang. Der gewalmte Giebel trägt auf seiner Spitze eine Vase, in dem obern Giebelfelde den Namenszug des Herzogs Eberhard Ludwig und in dem unteren das württembergische Wappen; zu beiden Seiten des Giebels stehen steinerne Figuren, die eine das Kreuz, die andere einen Anker haltend.

| Die beiden Thürme sind in ihren unteren Stockwerken viereckig, und gehen gegen oben in ein Achteck über. Auf den mit Schiefer gedeckten Bohlendächern erheben sich kleine Thürmchen, sog. Laternen. Die Thürme, wie die Kirche haben später einen rothen Anstrich erhalten, was das unkirchliche Aussehen derselben noch vermehrt. Das weiß getünchte, etwas düstere Innere der Kirche ist einfach gehalten und hat nichts Bemerkenswerthes. An die Stelle der im Jahr 1726 angefangenen und erst im Jahr 1742 vollendeten Orgel ist im Jahr 1858 im Auftrage und auf Kosten eines in Paris lebenden Ludwigsburgers, des Generals v. Mylius, ein neues, von Orgelmacher Walker in Ludwigsburg gefertigtes Orgelwerk gesetzt worden. Die vier Glocken, welche Herzog Eberhard Ludwig von dem Glockengießer Gottlieb Korn in Ulm gießen ließ, haben folgende Inschriften: 1) Die große, 4150 Pfund schwere, Civibus suis Ludoviciburgianis quatuor has campanas consecravit Eberhardus Ludovicus, Dux Wirtembergiae et Tecciae, ipso natali Jubilaeo 1726. 2) Confluat ad laudes aere sonante Chorus, 1726 (1650 Pfund schwer). 3) Turba ruat: clangit nola sacrata Deo. 1726 (850 Pfund schwer). 4) Gloria in excelsis Deo, hominibus pax, Deo bene placitum (350 Pfd. schwer).

3) Das Lyceum, ein ansehnliches Eckgebäude in der Poststraße, dem Museum gegenüber gelegen; in demselben befinden sich auch die Realschulen und die deutschen Knabenschulen. In den Gelassen der letztern wird auch die gewerbliche Fortbildungsschule Abends gehalten.

4) Die Mädchenschule, besteht aus zwei, in einem rechten Winkel aneinander stoßenden Gebäuden, welche die südöstliche Ecke des Marktplatzes begrenzen und in ihren unteren Stockwerken mit Arcaden versehen sind; sie enthalten neben Schulgelassen für Mädchen noch eine ausgedehnte Industrieschule.

Lehrerwohnungen sind nicht vorhanden, dagegen beziehen der Rector und der erste Professor am Lyceum Hausmiethe-Entschädigung.

5) Das Mathildenstift, nach der verstorbenen Königin Wittwe so genannt, besteht aus mehreren Gebäuden, welche theils hinter dem Rathhause, theils in der Karlsstädter Seestraße liegen und durch einen ansehnlichen Garten mit einander in Verbindung gesetzt sind (s. unten).

6) Das städtische Hospital, aus zwei Gebäuden bestehend, welche zunächst der neuen Reiterkaserne die Ecke von der Post- und Hospitalstraße bilden; hinter demselben liegt der städtische Turnplatz.

7) Die ehemalige Hauptwache (die gegenwärtige befindet sich im Schloß) steht neben der Mädchenschule auf dem Marktplatz; in| derselben hat der Platzadjutant freie Wohnung und bezieht überdieß freies Brennholz von der Stadtgemeinde. Der Ursprung der Hauptwache auf dem Marktplatze dürfte wohl in das Jahr 1726 fallen, wo durch ein herzogliches Decret vom 19. October 1726 die Errichtung einer Hauptwache auf dem Marktplatze „zu Verlegung einiger commandirten erbprinzlichen Reuter“ angeordnet wurde. In Folge dessen wurde von der Baudeputation die Einleitung getroffen, daß die zu Aufbewahrung der Stadtfeuerspritzen und für die Nachtwächter auf dem Markte erbauten Häuschen in eine zur Aufnahme von 16–20 Reitern geeignete Stube umgewandelt wurden, für die Pferdestallung aber benützte man ein nächst gelegenes Bürgerhaus mit einem Stall zu acht Pferden, und eine in der Nähe erbaute hölzerne Barake.

8) Das städtische Schießhaus liegt am nordwestlichen Ende der Stadt, übrigens noch innerhalb der Stadtmauern; es wurde auf Befehl des Herzogs Eberhard Ludwig erbaut, und die Kosten aus der rentkammerlichen Baukasse in Ludwigsburg bestritten.

9) Die Gasfabrik, außerhalb der nördlichen Seite der Stadt gelegen, wurde im Frühjahr 1858 zu bauen angefangen und dem englischen Ingenieur Stevenson die Herstellung des Werks überlassen, wofür er aus der Stadtkasse die Summe von 73.500 fl. und die Gasfabrik auf 25 Jahre in Pacht erhält. Die Stadt soll 137 öffentliche Flammen bekommen. Beim Graben des Fundaments für die Gasfabrik wurden im Diluviallehm 18′ unter der Oberfläche ein Hirschgeweih, Kieferreste, Knochen etc. gefunden.

10) Die Thorhäuser an dem Schorndorfer und an dem Asperger Thor sind Eigenthum der Stadtgemeinde.

11.) Der Begräbnißplatz, mit einer außerhalb desselben gelegenen Wohnung für den Todtengräber, liegt vor dem Schorndorfer Thor und stößt gegen Westen an die Stadtmauer. Der ganz ummauerte, in neuerer Zeit namhaft vergrößerte Gottesacker ist sehr geordnet angelegt und enthält viele sinnig und kunstreich ausgeführte Denkmale und reich mit Blumen gezierte Gräber, unter denen die Begräbnisse der Familien Ruoff und Neidhard sich auszeichnen. Die zahlreichen Thränenweiden, deren lichtes Grün zuweilen von dunklen Tannen unterbrochen wird, geben diesem Leichenfeld das Ansehen eines Lustwäldchens. Das auf dem Gottesacker stehende Mausoleum, welches König Friedrich dem Grafen v. Zeppelin (nach dem Entwurf von Thouret) errichten ließ, besteht aus einem mit einer Kuppel gedeckten Tempel, zu dem ein auf vier Säulen ruhender Porticus führt,| in dessen Giebelfelde die Inschrift „dem vorangegangenen Freunde“ angebracht ist, während über dem Eingang in den Tempel selbst die Worte „die der Tod getrennt, vereinigt das Grab“ stehen. Das von oben beleuchtete Innere des Tempels bildet eine Rotunde und war ursprünglich mit lichtblauem Sulzer Anhydrit ausgekleidet, an dessen Stelle nun ein gewöhnlicher Mörtelverwurf getreten ist. Dem Eingang gegenüber führen zwei Stufen zu dem auf einem Piedestal von Granit ruhenden Kenotaphium von schwarzem Marmor, an welches sich eine von Dannecker aus cararischem Marmor vortrefflich gearbeitete weibliche Figur, die trauernde Freundschaft, lehnt. Über demselben war in Basrelief das Bildniß des in dem Gewölbe unter der Kapelle ruhenden Grafen von Scheffauer gefertigt angebracht, das übrigens längst nicht mehr vorhanden ist.

Der erste Begräbnißplatz im Jahr 1719 errichtet und 1728 erweitert, lag dem Arsenal gegenüber und ist seit 1818 mit Häusern überbaut.

In der Nähe des Begräbnißplatzes standen früher die Kgl. Maierei, in der ein ansehnlicher Viehstand von auserlesener Schweizerrace, aufgestellt war, und ein in ländlichem Styl erbauter Pavillon, in welchem sich der verewigte König Friedrich gerne aufzuhalten pflegte; von dieser abgegangenen Maierei ist nur noch eine Scheune, jetzt Eigenthum der Stadtgemeinde, übrig.

Als Staatsgebäude sind anzuführen:

1) Die Garnisonskirche. Sie liegt der Stadtkirche gegenüber und ist wie diese im Rococcostyl erbaut; sie hat keinen Chor, hohe, rundbogige Fenster, gewalmte, verzierte Giebel, auf denen Vasen stehen und trägt auf der gegen den Marktplatz gekehrten Giebelspitze ein einfaches, mit Zeltdach versehenes Thürmchen, einen sog. Dachreiter. Das Innere ist freundlich, weiß getüncht und mit Gold einfach verziert. Die Kirche wurde ursprünglich von den Reformirten im Jahr 1727 zu bauen angefangen, blieb aber ungeachtet der Leistungen der reformirten Einwohner und der namhaften Beiträge von Außen unvollendet und diente längere Zeit der Stadt als Holzmagazin, bis endlich Herzog Karl sich mit der reformirten Gemeinde wegen ihrer Ansprüche an das Gebäude abfand und dasselbe zur Garnisonskirche ausbauen ließ. Als solche wurde sie den 4. October 1781 eingeweiht und der Militärbehörde förmlich übergeben. Sie erhielt über dem Eingang die Inschrift: Deo Heroum, Deo Exercituum, hoc templum consecravit Carolus MDCCLXXXI.

2) Das Gouvernementsgebäude, früher Gesandtenbau, an der vordern Schloßstraße dem K. Schlosse gegenüber gelegen, ein| im einfachen Styl gehaltenes, geräumiges Gebäude, das mit seinen Hintergebäuden einen viereckigen Hofraum umschließt.

3) Das ansehnliche, sehr geräumige Oberamteigebäude mit Hofraum und Garten bildet ein auf dem Marktplatz stehendes Eckhaus; von den Städten und Ämtern Calw, Zavelstein, Wildberg, Bulach, Liebenzell und Neuenbürg in den Jahren 1721 bis 1724 erbaut, ward es das Calwer Amthaus genannt und im Jahr 1727 von Stadt und Amt Calw dem Herzog verehrt.

4) Das Oberamtsgerichtsgebäude in der Schorndorfer Straße gegenüber dem Arbeitshaus, vorher dem etc. v. Grundherr gehörig, wurde im Jahr 1837 erkauft und zum Oberamtsgericht eingerichtet. Das Oberamtsgerichtsgefängniß nächst dem Schorndorfer Thor, seit 1855 erbaut, enthält etlich und 20 Zellen und ist mit einem ummauerten Hofraum umgeben, in welchem die von dem Schwurgerichtshof Ludwigsburg zum Tode Verurtheilten hingerichtet werden.

5) Das Cameralamtsgebäude in der Poststraße bildet mit der anstoßenden Amtswohnung des General-Superintendenten ein Gebäude, das zu den ansehnlicheren der Stadt gehört.

6) Demselben gegenüber liegt das Postamtsgebäude, ein schönes, großes Haus, das die Ecke von der Poststraße und der Eberhardsstraße bildet; im unteren Stockwerk sind die Gelasse für das Postamt, das obere bewohnt der Regierungsvorstand gegen einen an die K. Finanzverwaltung zu zahlenden Miethzins. Früher diente das Gebäude zur Wohnung des Landvogts.

7) Das Decanat- und Diaconatgebäude steht zunächst (nördlich) der Pfarrkirche, es ist nur mit der schmalen Seite gegen den Marktplatz gerichtet und in zwei Wohnungen abgetheilt.

Für Militär-Zwecke sind folgende Gebäude bestimmt:

1) Für den Generalquartiermeisterstab und die Kriegsschule. Das vormalige Hahn’sche Haus in der hintern Schloßstraße, zur Kanzlei, Bibliothek, Kartensammlung und zu Arbeitsgelassen für die Offiziere des Corps verwendet. Im Hintergebäude befindet sich Stallung für einen Theil der Offizierspferde des Generalstabs.

2) Für die Feldartillerie: Die seit 1842 im Besitz der Kriegsverwaltung befindliche Marstallkaserne[3].

| Die ehemalige an der vordern Schloßstraße neben dem Gouvernementsgebäude gelegene Leibjägerkaserne.

Die frühere Leibescadrons-, jetzt Fuß-Artillerie-Kaserne an der Ecke der Stuttgarter- und Karlsstädter-Seestraße gelegen.

Das schon im Jahr 1772 durch den Herzoglichen Kriegsrath erworbene vormalig Beck’sche Haus an der von der Stuttgarter- und Karlsstädter- innern Seestraße gebildeten Ecke gelegen.

Der im Jahre 1806 der Stadt abgekaufte alte Stadtspital (früher städtisches Armenhaus).

Das ehemalige im Jahre 1824 durch die Militärverwaltung käuflich erworbene Hardegg’sche Haus, in der Stuttgarter-Straße neben dem Beck’schen Haus.

Sodann die an der Stuttgarter-Straße liegende, gegen Süden an die Kasernenverwaltung angrenzende neue Bauverwaltung.

Außer den Kasernenhöfen besitzt die Artillerie noch ausschließlich für ihren Gebrauch: Eine bedeckte Reitbahn (Reithaus) am Feuersee, eine offene Reitbahn hinter der Kaserne des II. Bataillons, sowie: eine offene Reit- und Fahrbahn auf dem früheren Holzhofe der Kasernenverwaltung; auch wird eine offene Reit- und Fahrbahn im Hofe des großen Wagenhauses am Feuersee unter gewissen Beschränkungen zu Reit- und Fahrübungen benützt.

3) Die Gebäude des Arsenals:

a) Innerhalb der Stadt gelegen, weil für die bewohnte Umgebung gefahrlos;

aa) Das Hauptgebäude (eigentliche Arsenal), ein im Jahre 1761/62 erbautes, aus zwei, im rechten Winkel zusammenhängenden Flügeln bestehendes Gebäude, an dessen gegen den Hof gekehrten Seiten mythologische, aus Stein gearbeitete Standbilder angebracht sind; an der Ecke des westlichen Flügels befindet sich das Standbild des Herzogs Friedrich Eugen und an der Ecke des nördlichen Flügels das des Herzogs Karl. Über dem Eingang des westlichen Flügels steht die Aufschrift: „Pacem arma firmant,“ über den Eingängen des nördlichen Flügels sind die Worte: „Erectum 1762,“ „Reparatum 1801“ angebracht.

Das Gebäude enthält im westlichen Flügel die Wache, die Amtswohnungen und Kanzleien, Modellsammlungen, Vorrathsmagazine und eine zur Ausrüstung und Untersuchung von Fahrzeugen aller Art bestimmte Halle; im nördlichen Flügel befindet sich zu ebener Erde durchlaufend ein großer Boden zur Aufstellung von Geschützen und Wagen, im zweiten Stock und in den Dachräumen sind die| Vorräthe an Handwaffen und sonstige Armeeausrüstungsgegenstände, theilweise auch von den Regimentern, soweit diese den Raum hiefür in ihren Kasernen nicht besitzen, aufbewahrt.

Derjenige Theil des Gebäudes, welcher die Kanzleien und Wohnungen, also Feuerstellen enthält, ist durch eine massive, nach der ganzen Höhe und Tiefe durchreichende Feuerwand von dem übrigen Theile des Hauses getrennt.

Auf der den einspringenden Winkel des Arsenalgebäudes bildenden Seite, angrenzend einerseits an die See-, andererseits an die Poststraße und entlang beider liegt mittelst an Weichsteinen aufgehängter eiserner Ketten von ihnen geschieden, ein etwa 21/2 Morgen großer Platz, welchen an der nördlichen Seite anstatt der Weichsteine Piedestale mit Trophäen umgeben und der zeitweise den in der Nähe kasernirten Truppen zu Exerzierübungen, hauptsächlich aber bei Ausrüstungen etc. zum Aufstellen von Geschützen und Wagen dient.

bb) Anschließend an das Hauptgebäude, durch das Eingangsthor in den hinter dem südlichen Flügel des letzteren befindlichen Hof von jenem getrennt, folgt in südlicher Richtung gegen den Feuersee hin:

Die sogenannte große Gewehrfabrik; ein dreistockiges, im Jahre 1807 durch die Kriegsverwaltung erworbenes und damals zu dem durch seine Benennung bezeichneten Zwecke eingerichtetes Gebäude, sodann die sog. kleine Gewehrfabrik im gleichen Jahre neuerbaut und zu derselben Bestimmung hergestellt, an der Straßenecke dem Feuersee gegenüber gelegen; in beiden Gebäuden befinden sich dermalen die Werkstätten für Büchsenmacher und Sattler nebst den Wohnungen und Dienstlokalen der für diese Geschäftszweige bestellten Aufsichts-Offiziere, sowie endlich das chemische Laboratorium.

Hieran anschließend in östlicher Richtung liegt:

Das neue, erst im Jahre 1856/57 erbaute Reparaturwerkstättengebäude, für Schmiede, Schlosser, Schreiner, Wagner und Dreher, welches theilweise auf dem Areal des hintern Arsenalhofes, theils auf demjenigen des früheren Postgartens steht, und mit den nördlich davon im ehemaligen Postgarten gelegenen, zur Aufbewahrung des Nutzholzes bestimmten beiden größeren Schuppen, den Werkhof des Arsenals im engern Sinne schließt.

cc) An der nordöstlichen Ecke des Hauptarsenalgebäudes, mit der Front nach der Poststraße gerichtet, befindet sich die Kaserne der Garnisons-Artillerie.

| Diese (ehemaliges Postgebäude) wurde im Jahre 1855 sammt dem dazu gehörigen Garten durch die Militärverwaltung erkauft, im Jahre 1857 zu ihrer jetzigen Bestimmung eingerichtet und wird dermalen das Hauptgebäude als eigentliche Kaserne, das Nebengebäude als Dienstwohnung für den Commandanten der Garnisons-Artillerie und zu Instruktions- und Wohngelassen der Sanitäts-Abtheilung verwendet, während das in dem Hintergebäude enthaltene Gelaß zur Magazinirung verschiedener Arsenalvorräthe dient.

dd) Das große, ferner das sog. neue Wagenhaus am Feuersee und die ehemaligen Gewächshäuser.

Diese Gebäude, welche mit Ausnahme zweier Gewächshäuser, in denen nebenbei einige Wohnungen für niedere Arsenal-Offizianten und Arbeitslokale, auch ein für größere Präsenzstände bestimmter Pferdestall (der sog. Seestall) sich befinden, werden lediglich als Magazine für das Arsenal und zur Aufbewahrung von Fourage für die berittenen Waffen der Garnison verwendet.

Das große Wagenhaus insbesondere, ein einstockiges, aus drei Flügeln bestehendes Gebäude, von denen der mittlere (westliche) fast über die gesammte Länge des Feuersees sich erstreckt und mit den andern, nach rückwärts in rechten Winkeln an ihn anschließenden, einen zu Ausrüstungsarbeiten und zeitweise auch zu Reit- und Fahrübungen dienenden, fast zwei Morgen großen Hof einschließt, ist nach seiner ganzen Ausdehnung zu ebener Erde zur Aufbewahrung von Geschützen und Fahrzeugen und im Dachraum zur Unterbringung der Ausrüstung an Lederwerk für die Mannschaft und die Bespannung des Königl. Truppencorps bestimmt.

b) Außerhalb der Stadt gelegen:

aa) Die Geschützgießerei.

Sie liegt ungefähr in der Mitte zwischen dem Stuttgarter und dem Solitude-Thor an der jetzt zum größeren Theil beseitigten früheren Stadtmauer. Sie wurde im Jahre 1812 neuerbaut, seitdem zeitgemäß verbessert, so daß ihre dermalige Einrichtung zum Gießen, Bohren und Abdrehen der für das Königl. Truppencorps erforderlichen Geschützrohre nicht nur vollständig genügt, sondern nöthigen Falles auch auswärtige Bestellungen von mäßigem Belange befriedigt werden können.

Der Betrieb geschieht unter der Leitung und Controle von Artillerieoffizieren durch einen eigenen Stückgießerei-Inspektor, welcher nebenbei auf seine Rechnung in einem von dem ärarischen vollständig abgesonderten und entfernten Privat-Etablissement das Glockengießerei-Gewerbe ausübt.

| Die Geschützbohrmaschine wird dermalen noch mittelst des Pferdegöppels bewegt.

bb) Das Laboratorium mit Pulverabladhütte und Wachhaus in geeigneter Entfernung von der Stadt an der Solitude-Allee gelegen.

Das noch nicht vollständig ausgebaute Laboratorium soll die Räume und Einrichtungen enthalten, um den ganzen Bedarf an Munition für das Kön. Truppencorps darin anfertigen zu können.

Nach dem Bauplane soll das Gebäude vier, einen entsprechenden Hofraum einschließende Flügel erhalten, von denen der östliche, dicht an der Straße gelegene, schon im Jahre 1847, der westliche theilweise im Jahre 1848 und sofort im Jahre 1856 zugleich mit dem südlichen Flügel vollends hergestellt wurde. Dadurch ist die Arsenalverwaltung wenigstens nothdürftig in den Stand gesetzt, alle durch mögliche Explosionen etc. für die bewohnte Umgebung gefährlichen Arbeiten außerhalb der Stadt verrichten zu lassen und namentlich zu derartigen Zwecken die in unmittelbarer Nähe des Arsenals befindliche kleine Gewehrfabrik, sowie die alte Wagnerwerkstätte, welche längere Zeit ebenfalls zum Laboratorium diente, dermalen aber zum Abbruch bestimmt ist und nur noch bei größeren Präsenzen als Interimskaserne oder bei zeitweiser Arbeitsanhäufung vorübergehend als Werkstätte benützt wird, nicht mehr verwenden zu müssen.

Die Pulverabladhütte und das Wachhaus sind ihren Zwecken entsprechend angelegt und gleichzeitig mit dem Laboratorium hergestellt worden.

cc) Die Pulvermagazine 1 und 2 mit zugehörigem Wachhaus, wovon die beiden ersteren beziehungsweise an den von dem sog. Gänsfuß in südöstlicher und nordöstlicher Richtung nach der Leonberger und Heilbronner Landstraße ausgehenden Alleen über 1000 Schritte in gerader Linie von der Stadt und dem Bahnhofe, sowie dem Dorfe Eglosheim entfernt und das letztere zwischen beiden Magazinen an dem Rondell des Gänsfußes liegen.

Beide Magazine sind mit Rücksicht auf möglichste Vermeidung von Gefahr für die bewohnte Umgebung leicht in Fachwerk erbaut und überdieß so gelegen, daß der zwischen ihnen und der Stadt hinziehende Höhenrücken im Falle eines Unfalles der letzteren noch angemessenen Schutz verspricht.

4) Die Gebäude der Reiterei.

a) Diejenigen eines Reiterregiments.

aa) Kaserne beim Arsenalplatz. Der ältere, sehr baufällige Theil| derselben, welcher im Jahre 1808 erbaut wurde, bildet ein geschlossenes Viereck mit einem geräumigen Hofe; in allen vier Flügeln befinden sich zu ebener Erde Stallungen, in dem darüber befindlichen Stock: Mannschafts- und einige Familienwohnungen.

Die Montur- und Waffenvorrathskammern für den Stab und die Schwadronen sind in dieser, wie in allen Kasernen der Garnison, im Dachstock eingerichtet.

Der neuere Theil wurde erst in den Sommern 1856 und 1857 an der Stelle des früher zu Arsenalzwecken benützten Bauhofgebäudes in drei Stockwerken massiv erbaut und bildet den südlichen Kasernenflügel mit der Front gegen den Arsenalplatz. Auch in diesem Flügel fand, weil der vorhandene Raum es nicht anders gestattete, die Einrichtung der Stallungen wieder unter den Wohnungen statt.

In dem zwischen dem südlichen älteren und dem neuen Kasernentheil gelegenen Hofraum, welcher östlich durch ein kleineres Stallgebäude ohne Wohnstock, westlich durch ein solches mit Wohnstock abgeschlossen ist, befinden sich in zwei abgesonderten Gebäuden die Menageküche mit der Büchsenmacherwerkstätte und das Holzmagazin des Regiments.

bb) Das Reithaus am Marstallplatz unfern der Kaserne gelegen.

cc) Die Fouragemagazine des Regiments, welche in verschiedenen Gebäuden zerstreut, zum Theil von Privaten gemiethet und mitunter ziemlich entfernt von der Kaserne sind.

b) Diejenigen eines weiteren Reiterregiments.

aa) Die alte (eigentliche) Kaserne an dem Karlsplatze, welche im Jahre 1769 von der Stadt an den herzogl. Kriegsrath abgetreten wurde, besteht aus zwei rechtwinklig zusammenhängenden Flügeln; sie enthalten zu ebener Erde Stallungen und in den Stockwerken Räumlichkeiten für etwa drei Schwadronen Mannschaft.

Hinter der alten Kaserne befinden sich noch zwei Stallgebäude mit darüber befindlichen Fouragemagazinen, der Schützen- und der neue Stall; außer diesen noch das Menageküchen- und das Holzstallgebäude.

bb) Die sog. neue, sehr baufällige, im Jahre 1802 erbaute Kaserne, an der Südseite des Karlsplatzes gelegen, enthält zu ebener Erde Stallungen, in den übrigen Stockwerken für etwa eine Schwadron Mannschaftswohnungen und Fouragemagazine.

cc) Der ehemalige Gardeoffiziers-Pavillon, an der von der Stuttgarter Straße und der Südseite des Karlsplatzes gebildeten Ecke gelegen, im Jahre 1807 durch König Friedrich erkauft und auf| Kosten der Rentkammer zu Offizierswohnungen eingerichtet, war später Sitz der Stadtcommandantschaft und enthält nun die für den Regimentsstab eines Reiterregiments erforderlichen Kanzleien, Verwaltungs- und Wohngelasse.

dd) Das Reithaus, am Feuersee gelegen, wurde im Jahre 1819 erbaut.

5) Die Gebäude der Infanterie.

a) Diejenigen eines Infanterieregiments.

Die eigentliche Kaserne (Thalkaserne genannt) mit zwei Pavillons, dem sog. Neubau und drei abgesonderten Gebäuden zu Waschküche, Pferde- und Holzställen, liegt ziemlich tief am nördlichen Ende der Stadt an der vordern Schloßstraße; sie bildet ein großes, gegen die Heilbronner Straße offenes Viereck, dessen mittlerer (westlicher) Flügel zwei, der nördliche und südliche aber je nur ein Stockwerk enthalten und zusammen einen sehr geräumigen Hofraum einschließen. Die Thalkaserne war ursprünglich das Jägereigebäude.

Der obengenannte Gebäudecomplex reicht gerade hin, um das Regiment während der Winterpräsenz aufzunehmen. Zur Unterbringung des Sommerstandes jedoch müssen auch die dem Regiment im K. Residenzschlosse vorbehaltenen Lokalitäten, der Festin- und der Jäger-Saal, mit Mannschaft belegt werden.

Der Turnplatz, welcher früher dem in der Thalkaserne liegenden Regiment allein zugehörte, wurde in solcher Weise vergrößert, daß er jetzt der ganzen Garnison gemeinschaftlich zu ihren gymnastischen Übungen dienen kann.

b) Diejenigen des weiteren Infanterieregiments.

aa) Die sog. Kanzleikaserne, welche mit ihren beiden rechtwinklig an einander stehenden Gebäudeflügeln an der von der Stuttgarter und der Poststraße gebildeten Ecke gelegen, mit fünf Hintergebäuden bis daher einem Infanterieregiment zur Unterkunft gedient hatte.

In Folge der Erhöhung des Präsenzstandes reichten die Lokalitäten dieser Kaserne aber nicht mehr aus, weßhalb für beständig hinzugezogen wurde:

bb) Das Sponek’sche Haus, die frühere Kaserne der Garnisons-Artillerie-Compagnie, und aushülfsweise:

cc) Die sog. Sattelkammer.

6) Die Militärspital-Gebäude.

a) Der eigentliche, zu Aufnahme der innerlich Kranken bestimmte Spital, in der Schorndorfer Straße zunächst dem Thore gelegen,| besteht aus zwei dicht an einander gereihten Gebäuden, dem früheren Schalk’schen und dem Löffler’schen Hause, welche im Jahre 1806 durch die Militärverwaltung erkauft und als Spital eingerichtet worden sind.

b) Diesem Gebäude gegenüber befindet sich vorzugsweise zur Aufnahme von äußerlich- und Hautkranken bestimmt, das sog. Laustersche Haus, welches im Jahre 1809 erkauft und im Jahre 1817 in die jetzige Verwendung übergegangen ist.

In dem Hofe des eigentlichen Spitalgebäudes befinden sich in abgesonderten Lokalen die Anatomie und die zum Ökonomiebetrieb nöthigen Einrichtungen.

7) Kasernenverwaltung. Das an der Ecke der Stuttgarter und untern Seestraße gelegene Gebäude, die alte Bauverwaltung.

8) Offiziers-Uniformirungsverwaltung befindet sich gegen Miethe in einem Privathause.

Die hier bestehende größere gerichtliche Strafanstalt, das Arbeitshaus[4], besitzt folgende Baulichkeiten und Gärten, welche an der südlichen Seite der Schorndorfer Straße gelegen sind, und zwar:

| a) Das Verwaltungsgebäude, in dessen unterem Stockwerk die Kanzleilokale der Verwaltung und der Fabrik-Inspection, die Thorwachstube und ein Sprechzimmer für die Gefangenen mit ihren Angehörigen eingerichtet sind, während sich im obern Stockwerk die Wohngelasse für den Vorstand und den Ökonomieverwalter befinden.

1

b) Das Pfarrhaus, westlich von dem Verwaltungsgebäude an der Ecke der Schorndorfer Straße und der Nußallee gelegen; es | diente früher dem Oberamtsrichter zur Wohnung und ist im Jahr 1838 dem evangelischen Hausgeistlichen als Amtswohnung angewiesen worden.

c) Die im Jahr 1850 erbaute Waschküche, welche zum Gebrauch der Angestellten bestimmt ist, liegt hinter dem Verwaltungsgebäude.

d) Das ebenfalls hinter dem Verwaltungsgebäude gelegene Militär-Wachhaus ist für die Militärwache der Anstalt bestimmt.

e) Die Hausmeisterei, östlich von dem Verwaltungsgebäude an der Schorndorfer Straße gelegen, enthält im obern Stockwerk die Privatwohnung des Hausmeisters, im untern dessen Kanzleizimmer und ein Zimmer zur Aufbewahrung von Materialien und Geräthschaften.

f) Zu Gefängnissen dienen innerhalb der Hofräume der erste Gefängnißbau, ein im Osten des Gebäudecomplexes gelegenes, zweistockiges Gebäude, das aus einem Mittelbau und zwei Seitenflügeln besteht. Der nördliche, auf die Schorndorfer Straße stoßende Flügel, früher der sogen. Festungsbau, enthält das Schullokal, die Wohnung für den Schullehrer etc., der Mittelbau mehrere Arbeits- und Schlafsäle für etwa 100 Gefangene etc. und der südliche Flügel Magazine, Krankenzimmer etc.

Der zweite und dritte Gefängnißbau vereinigen sich in ein großartiges aus drei Flügeln bestehendes Gebäude, das sich im Rücken des Verwaltungsgebäudes ausdehnt und durch die in der Mitte des Querflügels stehende Kirche in zwei Gebäude abgetheilt ist. Das größte Gebäude der Anstalt ist der zweite gegen Osten gelegene Gefängnißbau, dreistockig massiv aufgeführt und die Wohnung eines Ober-Aufsehers, Magazine etc. und etwa 50 Arbeits- und Schlafsäle für 420 Gefangene enthaltend. Der dritte gegen Westen gelegene Gefängnißbau ist ebenfalls dreistockig massiv erbaut und enthält nicht nur Raum für etwa 240 Gefangene, sondern auch eine Aufsehers-Wohnung, mehrere Arbeits- und Schlafsäle, Aufseherszimmer, ein Badzimmer etc.

g) Die in der Mitte beider Gefängnißgebäude stehende Kirche ist in einem einfachen Styl massiv erbaut; sie wurde im Jahr 1752 zu bauen angefangen und 1754 eingeweiht; das geräumige und helle Innere enthält außer zwei Ölgemälden, das eine Christus am Kreuze, das andere die Auferstehung Christi vorstellend, nichts Bemerkenswerthes. In der Kirche wird an Sonn- und Feiertagen von den Hausgeistlichen abwechslungsweise evangelischer und katholischer Gottesdienst, wie auch in jeder Woche eine Religionsstunde gehalten. Die| zuerst gestiftete Glocke trägt die Inschrift: Aes servos nequam frugi fac, ordine sancto distribuens panes, pensa, flagella, preces. At Tu, quicquid id est pietatis et aeris et aedis, sume nec aes clangens nos, Deus esse sine!

Für öconomische Zwecke der Anstalt sind vorhanden: der Magazinbau, bestehend aus zwei langen, durch ein Thor getrennten zweistockigen Gebäuden; das Spitalgebäude, früher ein Mädchen-Waisenhaus, erhielt im Jahr 1824 seine gegenwärtige Bestimmung und liegt östlich von dem südlichen Flügel des ersten Gefängnißbaues; es enthält 20 Zimmer und Raum für 80 Kranke. In dem Spital befindet sich auch die Wohnung des Unterarztes und ein besonderes Sectionszimmer; um hiebei die Gesundheitsverhältnisse der Gefangenen gelegenheitlich zu erwähnen, so betrug im Jahr 1857/58 bei der jährlichen Mittelzahl von 546 Gefangenen der höchste tägliche Krankenstand 67, der niederste 30; im Laufe des Jahrs starben 35. Die unter den Gefangenen am häufigsten vorkommenden Krankheiten sind: Katarrhfieber, gastrische Fieber, gastrische und rheumatische Diarrhöen, Lungenfell-Entzündungen, Wassersucht und der in jedem Sommer wiederkehrende Scorbut.

Die Waschküche mit Dampfkessel-Feuerung wurde im Jahr 1836 erbaut; die Wasch für die Anstalt wird von den Gefangenen selbst besorgt.

Als Brodbäckerei und Brodmagazin dienen zwei aneinander gebaute Gebäude, von denen der südliche Theil, die Bäckerei enthaltend, früher zur Tuch-Manufactur gehörig, im Jahr 1852 seine gegenwärtige Einrichtung erhielt, nämlich eine Backküche mit drei Backöfen, zwei Backstuben, zwei Mehlmagazinen und ein Aufseherszimmer.

Ein im Jahr 1754 erbautes Spinnhaus, in welchem später Strohflechtarbeiten betrieben wurden, ist nun dem Kostreicher der Anstalt, sowie einem Aufseher zur Wohnung eingeräumt.

Endlich ist ein eigenes Küchengebäude vorhanden, das im Jahr 1852 neu erbaut wurde.

Außer den Gebäuden gehören zu der Anstalt noch ausgedehnte Hofräume und Gärten, welch letztere den Angestellten der Anstalt und dem jeweiligen Kostreicher gegen Pachtgeld zur Benützung überlassen werden. In den zu den eigentlichen Gefängnißbauen gehörigen Hofräumen, in welchen mit den Gefangenen zur Erholung die sogen. Hofstunde abgehalten wird, sind Blumengärten angelegt.

Das nöthige Wasser liefern 8 Pumpbrunnen, welche sich innerhalb der Anstalt befinden.

| Von ansehnlichen Privatgebäuden sind zu nennen: das Museum, ein sehr ansehnliches, in der Poststraße gelegenes Gebäude, zu dessen Eingang eine halbrunde, mit Geländer versehene Anfahrt führt. Ursprünglich Eigenthum des Oberst von Darell, wurde es später das sogen. Prinzen-Palais, welches König Friedrich als Erbprinz, sein Bruder Herzog Louis und nachher der Prinz Paul, Bruder des Königs Wilhelm, bewohnten. Durch testamentarisches Vermächtniß des König Friedrich kam es zuletzt an die Kinder des Prinzen Paul und wurde von diesen im Jahr 1833 an die Museumsgesellschaft verkauft.

Der Mathildenhof, Eigenthum der Stiftung der verewigten Königin Mathilde, besteht aus einem ansehnlichen zweistockigen Wohnhause in der hinteren Schloßstraße, nebst mehreren Öconomiegebäuden und einem nahezu 13 Morgen großen, theils zum Nutzen, theils zum Vergnügen schön angelegten Garten. Von dem Feldzeugmeister v. Nicolai an den Minister Grafen von Zeppelin übergegangen, verkauften dessen Erben im Jahr 1801 an die Königin Mathilde das Gebäude nebst 6 Morgen Garten, welchem nach und nach noch mehrere Stücke zugekauft wurden.

Zu der gedachten Stiftung gehört ferner ein kleineres Wohnhaus an der Schorndorfer Straße mit einigen Hintergebäuden und einem kleinen Blumen- und Küchengarten, der sich an den Garten des größeren oben erwähnten Wohnhauses anschließt. Dieses Gebäude hat Oberbaumeister Paul Retti für sich erbaut und an den Geheimen Rath v. Schütz im Jahr 1733 verkauft, später kam es in das Eigenthum der Freiherrl. v. Palm’schen Familie und nachher an die Familie v. Moser, von der es die Königin Mathilde im Jahr 1804 erkaufte.

Ferner verdienen Erwähnung das Kaufmann Knapp’sche Haus, das dem Bierbrauer Karl Körner gehörige Haus, die Wohnung des General-Lieutenant von Röder, das ehemalige Schenk’sche, jetzt Gottlieb Körner’sche Haus, das Gräveniz’sche, gegenwärtig dem Kaufmann Jung gehörige Haus in der Marstallstraße, die Blechfabrik von Hetzel und Bär; sie besteht aus mehreren Gebäuden mit ansehnlichen Hofräumen und Gartenanlagen.

Außerhalb der Stadt steht unfern der Straße nach Eglosheim das sogen. Varnbüler’sche Schlößchen (Gut), das von dem verstorbenen General-Lieutenant v. Varnbüler erbaut wurde, später an den Major v. Vischer und von diesem an den Particulier Ernst käuflich überging. Es besteht aus einem freundlichen in Gartenanlagen gelegenen Wohnhaus, nebst zwei Öconomiegebäuden und 20 Morgen Güter.

Der Bahnhof liegt ziemlich erhöht, südwestlich von der Stadt| und erlaubt eine freie Aussicht über die Stadt und die nächste Umgegend. Außer dem massiven, zweistockigen Hauptgebäude, welches auf der gegen die Stadt gekehrten Seite mit rundbogigen Arcaden versehen ist, sind noch mehrere ansehnliche Nebengebäude und freundliche Gartenanlagen vorhanden.

Der an der südlichen Stadtgrenze, übrigens schon auf Kornwestheimer Markung gelegene Salon, erhielt seine Benennung von den gleichnamigen zunächst gelegenen Anlagen (s. unten) und besteht aus einem sehr ansehnlichen Hauptgebäude mit 5 Sälen und gegen 40 Zimmern, einem Nebengebäude und dem etwa 300 Schritte entfernt gelegenen sogen. Öconomiegebäude. Diese Gebäude, an der Stelle eines Pavillons, den das Volk Catharinen-Plaisir nannte, von den Gebrüdern Paulus im Jahr 1837 zu Aufnahme einer wissenschaftlichen Bildungsanstalt hergestellt und eingerichtet, übernahm im Jahr 1858 Dr. Maisch von Ludwigsburg, welcher die Anstalt unter der Benennung „Alumnat Ludwigsburg“ fortführt.

Das „Salon“ genannte Lustwäldchen, welches Herzog Eberhard Ludwig anlegen und durch Lindenalleen mit dem Schloß und Schloßgarten in Verbindung setzen ließ, erhielt unter Herzog Carl großartige Verschönerungen durch Anlegung von Irrgängen, Rondelen, Terrassen, eines aus künstlich zugeschnittenen Hainbuchen bestehenden Theaters, Vogelhäusern, Pavillons etc. Die Gebäulichkeiten sind längst abgegangen und das grüne Theater, wie viele der Wege, in neuerer Zeit der Forstcultur übergeben und mit Holzpflanzen ausgesetzt worden. Dagegen hat sich die sogen. grüne Bettlade, ein aus Hainbuchen und Linden künstlich gezogenes länglichtes Viereck mit Eingängen und Fenstern, noch erhalten, von dem ohne Zweifel der Name „Salon“ herrührt. Die noch übliche Benennung grüne Bettlade statt des ursprünglichen Namens „Grand Cabinet de verdure“ mag wohl daher rühren, daß der Herzog Eberhard Ludwig, wie sein Nachfolger Carl Alexander daselbst öfters unter einem Zelte übernachteten, um sich an dem Gesang der Nachtigallen zu ergötzen und an der reinen Luft zu erquicken. Vermöge der hohen Lage ist die Aussicht von dem Salon überraschend schön und reicht bis an die Alp (Hohenneuffen, Beurener Felsen etc.) in das Neckarthal, über die Filder hinweg an den Schönbuch, zur Solitude, an die Ausläufer des Schwarzwaldes, über den Schurwald, Welzheimer und Mainharder Wald, an den Wunnenstein, den Stromberg, Heuchelberg, Asperg und im fernen Hintergrund ragen noch einzelne Punkte des Odenwalds (der Katzenbuckel etc.) hervor.

Die Stadt entbehrt eines Flusses, ist aber für ihren| Wasserbedarf mit vielen Brunnen und Seen versehen. Das Trinkwasser erhält sie aus 194 Brunnen, worunter 26 öffentliche (13 laufende und 13 Pumpbrunnen) und 168 Privatbrunnen (19 laufende und 49 Pumpbrunnen) sich befinden; zu den letzteren zählen die Brunnen in den Militärgebäuden, im K. Schloß und in den Anlagen, im K. Arbeitshaus und in einzelnen Gebäuden, welche unter der Verwaltung des K. Kameralamts stehen. Die laufenden Brunnen, von denen mehrere, namentlich die der Privaten, vom Abwasser der höher liegenden Brunnen gespeist werden, haben ihre Quellen theils außerhalb der Stadt oberhalb des Osterholzes im Eglosheimer Feld, hinter der Schießmauer und dem Gießhaus, theils innerhalb der Stadt im Feuersee, im Schloßgarten, im Schloßhof, in den Anlagen, auf dem Marstallplatz und in der Schorndorfer Straße. Was die Beschaffenheit des Wassers betrifft, so ist diese verschieden, indem namentlich die Wasser der Pumpbrunnen Gyps und doppelt kohlensauren Kalk enthalten, während in den Wassern der übrigen Brunnen diese Salze nur in ganz geringer Menge vorkommen. In sehr trockenen Jahrgängen lassen mehrere Brunnen, namentlich die laufenden, entweder ganz nach, oder liefern nur spärlich Wasser, so daß Wassermangel entsteht, dem bisher mittelst des in der Nähe des Feuersees errichteten sogen. Noth-Pumpbrunnens zu begegnen gesucht wurde, in dem man aus den reichlichen Quellen des Feuersees den zunächst vorbeiführenden Leitungen Wasser zubrachte.

Neuerlich an der Südseite der Stadt auf Kosten einer Privatgesellschaft begonnene Bohrversuche bezwecken dem zeitlichen Wassermangel durch Auffindung neuer Quellen ausreichender abzuhelfen.

Außer dem Wasser der im Schloßgarten u. s. w. vorhandenen Seen (s. oben) dient für Nothfälle auch der am südwestlichen Ende der Stadt gelegene 83/4 Morgen große Feuersee, welcher ein beinahe regelmäßiges längliches Rechteck bildet und mit üppigen Weiden umpflanzt ist. Dieser See speist nicht nur die Seen in den Anlagen und im Schloßgarten, sondern auch mehrere Brunnen in der Stadt. Er ist der Rest von drei hier bestandenen, dem Kloster Bebenhausen gehörig gewesenen Seen, nämlich dem 5 Morgen 1/2 V. 21/2 Ruth. großen oberen See (der alte Schießplatz), dem 25 Morg. 11/2 V. 103/4 Ruth., nach dem Landbuch von 1624 323/4 Morg. großen mittleren oder großen See und dem 91/8 Morgen großen unteren See; die Seen sind im Jahr 1597 von dem Klostervermögen an die weltliche Kammer verkauft worden. Außer denselben bestand noch von dem ehemaligen Schaafhof herrührend, unterhalb des Arsenals der| Schildkrötensee, so benannt von den Schildkröten, die Herzog Eberhard Ludwig hier aufbewahren ließ; die Stadt nahm den 1 Morg. 1/2 V. 101/2 Ruth. großen Platz des ausgetrockneten Sees als Eigenthum in Anspruch und übergab ihn als sogen. Allmandstückchen den Bürgern zur Benützung.

Überhaupt scheint die Gegend an der westlichen Seite der Stadt sehr wasserreich gewesen zu sein, indem nach einem Riß (Plan) von 1747 außer den genannten Seen, noch vier weitere bestanden haben, welche zusammen 7 Morgen 2 Viert. 153/4 Ruth. betrugen.

Der nur 161/4 Ruth. große sogen. Deuchelsee, zunächst der ehemaligen Hofküferei, ist ebenfalls abgegangen.

Die Stadtgemeinde Ludwigsburg hatte 1850 3. Dez. 7053 Angehörige, und zwar 3363 männl., 3690 weibl. 1856 3. Dez. betrug die angehör. Bevölkerung 6880 (3215 m., 3665 w.). Bei der Zählung des Jahres 1846 3. Dez. fanden sich 6929 (3324 männl., 3605 weibl.) Angehörige, worunter 6506 dem evangelischen, 344 dem katholischen, 2 anderem christlichem Bekenntnisse zugethan, und 77 Israeliten waren. Im Jahre 1832 1. Nov. zählte man hier 6208 (2904 männl., 3304 weibl.) Angehörige. Von diesen waren 400 abwesend, dagegen 4258 Fremde anwesend, wonach sich die Zahl der Ortsanwesenden auf 10.066 belief. Die letztern betrugen im Jahre 1846 3. Dez. 11.266 (bei 528 Abwesenden und 4865 Fremden).

Die Zahl der Familien betrug am letztgenannten Termin 1821, der Verehelichten 2241, der Wittwer 130, der Wittwen 324, und der Geschiedenen 18. Es kamen hiernach auf 1 Familie 3,8, auf 1 Ehe 6,2 Angehörige.

Nach Altersklassen vertheilte sich die angehörige Bevölkerung von 1846 auf folgende Weise:

männl. weibl.
unter 1 Jahr alt 501 495
06 bis 14 Jahre 481 549
14 bis 20 Jahre 341 396
20 bis 25 Jahre 339 373
25 bis 40 Jahre 734 846
40 bis 60 Jahre 661 667
60 bis 70 Jahre 189 189
70 bis 80 Jahre 63 76
80 bis 90 Jahre 15 13
90 bis 100 Jahre 1
3324 3605
000
0006929
| Hienach standen von 1000 Seelen der städtischen Bevölkerung 292 im Kindesalter von 0 bis 14 Jahren, während nur 79 über 60 Jahre zählten, so daß sich also 629 im Alter zwischen 14 und 60 Jahren befanden.

Nach dem Ergebniß des zehnjährigen Durchschnittes von 1836/46 wurden hier jährlich 237,6 Kinder geboren, worunter 26,9 uneheliche; es kommen somit auf 1000 Einwohner 37,9 Geburten (1 auf 26,3) und auf 100 Geburten 11,3 uneheliche (1 auf 8,8).

In demselben Zeitraum starben jährlich 218,4 (111,8 männl., 106,6 weibl.), wonach von 1000 Lebenden jährlich 34,9 gestorben sind (1 Todesfall auf 28,7), und es kommen hiebei auf 1000 männl. Angehörige 38,2, auf 1000 weibl. Angehörige 31,9 Sterbfälle.

Auf 100 Gestorbene treffen 108,8 Geborene, und es betrug der natürliche Zuwachs zur Bevölkerung in jenem Zeitraum 192 (79 männl., 113 weibl.), die wirkliche Zunahme aber 336 (150 männl., 186 weibl.) Seelen.

Ausgezeichnete Ludwigsburger sind: Christmann, Joh. Fried., geb. 9. Sept. 1752, im Tübinger Stift gebildet, seit 1784 bis zu seinem am 21. Apr. 1817 erfolgten Tode Pfarrer in Heutingsheim, ein eifriger Schriftsteller besonders im religiösen und musikalischen Fache.

Franquemont, Fried. Graf v., geb. den 5. März 1770, k. württ. General der Infanterie, 1816–1829 Kriegsminister, einer der ausgezeichnetsten württembergischen Feldherrn und ein Mann von dem biedersten Charakter, gestorben zu Stuttgart den 2. Jan. 1842 (Neuer Nekrol. der Deutschen 1842a, 19–26).

Hügel, Aug. Ferd. Freih. v., geb. den 11. Sept. 1775, Generallieutenant 1820, Commandant der ersten Infanteriedivision und Gouverneur von Stuttgart 1837, gestorben zu Stuttgart den 19. Oct. 1837 (Württ. Jahrb. 1840 S. 261).

Kerner, Karl Friedr., Sohn des Oberamtmanns, Regierungsraths, geb. den 7. März 1775, im Krieg als Artilleriecommandant und im Frieden durch Emporbringung der württ. Eisenwerke ausgezeichnet, von König Friedrich in den Freiherrnstand erhoben, gestorben als k. württ. Geh.Rath und Präsident des Bergraths zu Stuttgart den 12. Apr. 1840 (Schwäb. Chron. v. 19. Mai 1840).

Kerner, Justinus, Bruder des vorhergehenden, geb. den 18. Sept. 1786, von 1818–1851 Oberamtsarzt in Weinsberg, wo er noch lebt, berühmt als lyrischer Dichter, auch bekannt durch seine Schriften über die Geisterwelt, über das Fettgift und über das Wildbad. Seiner Vaterstadt gilt manche belebte Schilderung in seinem „Bilderbuch aus meiner Knabenzeit. Braunschweig 1839. 8.″

| Majer, Joh. Christoph, geb. den 25. Dec. 1741, studirte zuerst im theologischen Stift in Tübingen, darauf die Rechte in Jena, wurde 1771 Professor der Moralphilosophie und des Naturrechts in Jena, 1774 Professor der Rechte in Kiel, 1778 Professor des Staats- und Lehenrechts in Tübingen. Ein geistreicher Lehrer und Schriftsteller im Staatsrecht. Gestorben zu Tübingen den 3. März 1821.

Mörike, Eduard, geb. den 8. Sept. 1804, in Stuttgart wohnend, „unter den Dichtern der neuern schwäbischen Schule einer der ausgezeichnetsten.“ (S. Conversationslexikon.)

Scheler, Georg, geb. den 13. Dez. 1770, ein in eilf Feldzügen ausgezeichneter Militär, Divisionsgeneral, Generallieutenant und Gouverneur, 1812 in den Grafenstand erhoben, gestorben zu Stuttgart den 3. Febr. 1826. (Schwäb. Chronik v. 14. u. 15. Febr. 1826.)

Schmidlin, Joh. Joseph, Sohn des hiesigen Spezialsuperintendenten, geb. den 15. Oct. 1725, studirte anfangs in Wittenberg Theologie, später in Tübingen die Rechte, lebte nach unsteter Jugend zuletzt als Schriftsteller in Hamburg, wo er am 31. Dez. 1779 starb. Von ihm ist das (unvollendet gebliebene) französische Real- u. Universal-Wörterbuch Catholicon. (Siehe Joh. Phil. Hochheimer Joh. Jos. Schmidlins Lebensgeschichte. Oehringen 1780, vergl. auch Pfaff Würt. Plutarch 2, 79.)

Strauß, Dav. Friedr., Sohn des Kaufmanns, geb. den 27. Jan. 1808, der berühmte Verfasser des „Leben Jesu.“ (S. Conversationslexikon.)

Tafinger, Joh. Andr., geb. den 18. Mai 1728, im Tübinger Stift gebildet, 1753 Professor und 1783 Rector des Stuttgarter Gymnasiums, 1796 Abt in Hirschau, gestorben den 2. Aug. 1804 zu Stuttgart.

Varnbüler, Ferd. Friedr. Gottlob Freih. v., Sohn des Kammerjunkers, Oberstwachtmeisters, geb. den 5. Dez. 1774, k. württ. Generallieutenant, gestorben zu Ludwigsburg den 26. Sept. 1830.

Vellnagel, Christian Ludw. Aug., Sohn des damaligen Regimentsquartiermeisters, geb. den 30. Jun. 1764, unter fünf Regierungen durch seine fast 60jährigen Dienste im geheimen Cabinet (bis 1843) erprobt, Ministerstaatssecretär, Hofkammerpräsident, durch König Friedrich in den Freiherrnstand erhoben, gestorben zu Stuttgart den 24. Jun. 1853. (Schwäb. Chronik v. 7. Sept. 1853.)

Wocher, Gustav Joseph Maximil., Sohn des Hofjunkers und Lieutenants, geb. den 4. Sept. 1779, trat 1796 in das Tiroler Scharfschützenkorps und schwang sich durch seine kriegerischen Verdienste zum k. k. Feldzeugmeister, geheimen Rathe und Inhaber des| 25. Infanterieregiments empor. Im Jahre 1848 unterstützte er durch geschickte Manöver die großen Erfolge bei Custozza. Er starb den 25. März 1858 zu Wien. S. (Wiener) Militär-Zeitung vom 29. Mai 1858.

Was die sittlichen Verhältnisse der Stadtbewohner betrifft, so verläugnen sich zwar nicht die Einwirkungen des hier garnisonirenden Militärs und des immer reger werdenden Gewerbebetriebs; gleichwohl fällt in dieser Beziehung eine Vergleichung mit andern ähnlichen Städten nicht zum Nachtheil für Ludwigsburg aus.

Die Hauptnahrungsquellen der Einwohner fließen hauptsächlich aus den Gewerben, deren Betrieb besonders auch durch die Bedürfnisse der bedeutenden Militärgarnison, des Beamtenpersonals und der verschiedenen Staatsanstalten vermehrt wird.

Der landwirthschaftliche Betrieb ist verhältnißmäßig unbedeutend, indem die Stadt eine sehr beschränkte Feldmarkung besitzt, welche nur gegen Osten und Westen einigermaßen über die Stadt hinausreicht, während sie gegen Süden und Norden beinahe an der Stadtmauer hinzieht. Dagegen gewährt die Obstzucht, welche in den zahlreichen Gärten sowohl innerhalb als außerhalb der Stadtmauer auf das Schwunghafteste betrieben wird, eine sehr beträchtliche Einnahme. Auch der Garten- und Gemüsebau ist bei dem Bedürfnisse der Einwohner gewinnbringend.

Was die Gewerbe-Industrie überhaupt betrifft, so verweisen wir auf den allgemeinen Theil (Abschnitt B. Kunst, Gewerbefleiß und Handel). Die Fabrikationsanstalten insbesondere sind von Erheblichkeit und gewinnen täglich größere Ausdehnung.

Mechanische Künstler und Handwerker sind nach der neuesten Aufnahme vom Jahre 1858 in der Stadt vorhanden:

Meister Geh. Meister Geh.
Bäcker 31 32 Hutmacher 2 2
Conditoren 8 3 Tuchscheerer 1
Metzger 32 20 Färber 3 1
Seifensieder 7 3 Zimmerleute 4 20
Gerber 4 2 Schreiner 14 11
Schuhmacher 47 27 Wagner 5 2
Seckler 7 4 Küfer und Kübler 12 4
Kürschner 1 Dreher 5 4
Sattler u. Tapezirer 11 6 Kammacher 3 2
Sailer 4 6 Bürstenbinder 3 3
Schneider 48 24 Korbmacher 1
Knopfmacher 6 1 Maurer und Steinhauer 8 38
Putzmacherinnen 10 4 Pflästerer 5 2
|
Meister Geh. Meister Geh.
Kaminfeger 1 3 Feldmesser
Leineweber 6 3 Fruchtmesser 1
Nähterinnen 10 Schäfer 1 1
Siebmacher 1 1 Stricker 1
Feilenhauer 3 Wagenspanner 1
Schirmmacher 1 Vorkäufler 4
Hafner 6 1 Kleemeister 1 1
Glaser 8 2 Wattmacher 2
Gypser und Zimmermaler 8 7 Porcellanmaler 1
Grobschmiede 7 11 Hauderer 7 5
Schlosser u. Nagelschmiede 14 9 Kartätschenmacher 1 1
Gürtler 5 4 Nonnenschneider 1
Kupferschmiede 5 10 Mehlhändler 1
Glockengießer 1 2 Messerschmiede 3 1
Zinngießer 2 1 Sporer 2 1
Flaschner 5 Tuchmacher 1 1
Nadler 5 Ziegler 2 2
Mechaniker 1 Zirkelschmide 2 1
Uhrmacher 6 2 Buchdrucker 2 3
Gold- und Silberarbeiter 13 5 Büchsenmacher 1
Steinschneider u. Graveure 2 Instrumentenmacher 1 6
Barbiere 6 5 Lithographen 2 1
Friseure 2 Orgelbauer 1 25
Gärtner 5 Vergolder 1
Buchbinder 9 3 Weißgerber 1

Das Handels-Gewerbe ist durch 45 Kaufleute mit 26 Gehilfen, 10 Kleinhändler, 3 Glashändler, eine Lederhandlung und eine landwirthschaftliche Productenhandlung vertreten; 16 Frachtfahrer und Lohnkutscher beschäftigen 22 Personen.

Für den literarischen Bedarf ist durch eine Buchdruckerei und Verlagshandlung, eine Sortiments- und eine Antiquariatshandlung gesorgt.

Apotheken sind 3 mit 5 Gehilfen vorhanden.

Sodann zählt die Stadt 33 Schildwirthschaften mit 14 Gehilfen, 26 Speisewirthschaften und 19 Gassenwirthschaften.

Die Gewerbethätigkeit suchte man gleich nach Gründung der Stadt auf jegliche Weise zu wecken. Schon den 24. September 1712 stellte die damalige Baudeputation den Antrag, man solle allerlei Künstler, Uhrmacher, Stahlarbeiter, Handelsleute etc. nach Ludwigsburg zu ziehen trachten, um die Stadt in einige Aufnahme zu bringen. Es wurden in der Folge auch wirklich mehrere Fabriken errichtet, die| jedoch theils schon früher, theils in neuerer Zeit wieder abgingen, nämlich:

1) Eine Tabaksfabrik, welche Herzog Karl Alexander im Jahre 1736 errichten ließ. Sie wurde den churpfälzischen Schutzjuden von Mannheim, Jakob Benzheim, Koppel Wolf Brühler, Mayer Wassertrittlinger u. Comp. auf 12 Jahre vom 1. Novemb. 1736 an verliehen, welche vertragsmäßig alle Unterthanen des Herzogthums mit Rauch- und Schnupftabak zu versehen hatten, wogegen Jedermann, vom Civil- oder Militärstande, bei Strafe verboten war, Tabak vom Auslande zu beziehen, er sei geschenkt, gekauft, getauscht oder gefunden.

2) Eine Seide- und Florfabrik von Johann Ludwig Rueß bestand schon im Jahre 1735 in dem damaligen Schul- und Breierischen Hause und beschäftigte gegen 40 Personen.

3) Eine Porcellan- und Fayencefabrik wurde im Jahre 1737 von Privaten errichtet. Im Jahre 1757 machte Ingenieur-Capitain B. C. Häckher bekannt, der Herzog habe ihm erlaubt, eine Porcellanfabrik in Ludwigsburg mit 20jähriger Befreiung anzulegen; er wolle nun Meißner Porcellan, Fayence, marmorirtes, goldglasirtes Porcellan, thönerne Pfeifen etc. verfertigen, und lud zur Theilnahme ein, indem er wenigstens 30 % Gewinn versprach. Die geringste Einlage war 10 fl. (s. Physik. Ökonomische Wochenschrift B. 2. 189). Allein die Fabrik gewann bei dem Betrieb auf Actien keinen Fortgang, daher der Herzog dieselbe im Jahre 1758 auf eigene Kosten übernahm. Der Herzog bot Allem auf, sie empor zu bringen, und ließ die tüchtigsten Künstler, Maler und Modelleurs aus dem Auslande, namentlich aus der französischen Fabrik von Sevres kommen, so daß bald vortreffliche Fabrikate, besonders kunstvolle Figuren, welche den gelungensten französischen Arbeiten an die Seite gestellt werden durften, aus der Anstalt hervorgingen. Das Unternehmen erfreute sich auch längere Zeit eines guten Fortgangs, kam aber allmälig zurück, hauptsächlich weil man die nöthige Erde aus dem Auslande, aus Frankreich und aus dem Passauischen beziehen mußte, und wurde unter der gegenwärtigen Regierung im Jahre 1824 ganz aufgehoben.

4) Die nach der Gründung des Zucht- und Waisenhauses mit demselben verbundene Tuchmanufactur war allmälig in Zerfall gerathen, bis sie unter der Regierung des Königs Friedrich neu eingerichtet und auf Staatsrechnung betrieben wurde. Sie beschäftigte sämmtliche Zwangs- und Arbeitshäuser des Landes mit Wollenspinnen und lieferte zunächst für das Militär und den Hof Tücher, Pferdeteppiche etc. Später wurden auch feinere Tücher auf Verkauf verfertigt.| Im Jahre 1825 wurden die Gebäude der ehemaligen Porcellanfabrik der Tuchmanufactur überlassen, mit welcher sie sofort durch Verkauf in Privathände überging. In diesen Gebäuden wird jetzt ein anderer Fabrikationszweig (s. oben) betrieben, und von den Bestandtheilen der ehemaligen Tuchfabrik ist nur noch eine Filiale, die Schönleber’sche Fabrik in Bietigheim übrig.

5) Eine Ledermanufactur, im Jahre 1731 im Obermüller’schen Hause errichtet und mit besonderen Privilegien versehen, ist längst eingegangen. Man konnte daselbst um billigen Preis nicht nur Sohlleder, sondern auch „geschmiert, weißtrocken und Kalbleder“ kaufen, und es war alle Einfuhr fremder Sohlen-, Kalbleder etc. bei Strafe der Confiscation verboten.

6) Eine Bijouterie- und Quincailleriefabrik vom Mergery u. Comp. übersiedelte im Jahre 1779/80 von Pforzheim nach Ludwigsburg, welche nicht nur die gewöhnlichen Bijouteriewaaren in Gold und Semilor, sondern auch Stahlarbeiten, Uhren, Uhrketten etc. lieferte und gegen 300 Personen beschäftigte. Da aber die Arbeiter meist Reformirte waren und in der Ausübung ihrer Religion mehrfach beschränkt wurden, so zerstreute sich diese Gesellschaft allmälig wieder und ließ nur wenige Überreste von ihrem Geschäft zurück.

Was die Marktberechtigung der Stadt betrifft, so war schon in dem Privilegium vom 18. Febr. 1715 die Errichtung zweier Jahrmärkte enthalten und ein Rescript vom 3. Sept. 1718 setzte die Zeit für Abhaltung derselben auf „jedesmalen acht Tage nach der Frankfurter Messe“ fest. Hiezu kam durch eine herzogliche Entschließung vom 4. Dez. 1767 die Abhaltung eines dritten Jahrmarktes, Dienstags an oder vor Vincentii, nebst einem Roß- und Viehmarkte; auch wurden nach einem Regierungsraths-Rescript vom 9. August 1715 „wegen täglich zunehmender Bürgerschaft und Leute“ ein Wochenmarkt angeordnet. Dermalen hält die Stadt alljährlich drei Krämer- und Viehmärkte und wochentlich drei Victualienmärkte.

Die Fruchtschranne, zu welcher die Stadt berechtigt ist, wird schon seit vielen Jahren nicht mehr geöffnet, da die Landwirthe der Umgegend ihre Früchte zum größten Theil im Hause an Bäcker und Händler absetzen.

Als Communicationsmittel dient außer der durch die Stadt führenden Stuttgart–Heilbronner Landstraße und der von Ludwigsburg nach Marbach führenden Poststraße hauptsächlich die Staatseisenbahn, die Stadt einerseits mit Stuttgart, anderseits mit Heilbronn und in westlicher Richtung mit Bruchsal verbindend. Vicinalstraßen sind| nach allen Richtungen angelegt, nämlich: nach Aldingen, Oßweil, Neckarweihingen, Pflugfelden, Hoheneck und Beihingen.

Von der Stadt geht täglich zweimal ein (Post-) Eilwagen nach Marbach (Beilstein, Großbottwar) und Backnang; im Übrigen wird der Postverkehr von Süden nach Norden, beziehungsweise nach Westen durch die Eisenbahn vermittelt.

Außer den von sämmtlichen Amtsorten wöchentlich dreimal in die Oberamtsstadt kommenden Boten findet noch eine tägliche Botenverbindung mit den Orten Asperg, Aldingen, Eglosheim, Kornwestheim und Oßweil statt.

Kirchliche und Lehranstalten. Der hier wohnende evang. General-Superintendent bekleidet zugleich die erste Predigerstelle an der Stadtkirche, an der überdieß ein Stadtpfarrer, welcher zugleich Decan ist, und ein Diakon angestellt sind. Überdieß befindet sich an der Garnisonskirche und an der Kirche des Arbeitshauses je ein evang. Pfarrer. Für die katholische Confession ist ein Stadt- und Garnisonspfarrer angestellt, welcher zugleich als Geistlicher an dem Arbeitshause fungirt.

Erstmaliger Special-Superintendent war Christ. Andr. Schmidlin von 1720–1729; der erste Ober-Diakonus war Georg Ludwig Gmelin von 1719–1723, und der erste Diakonus Steph. Rau von 1720–1723. Als erster Garnisonsprediger wird Immanuel Friedr. Jenisch von 1737–1738 genannt (s. Binders Kirchen- u. Lehrämter B. 2. S. 841 ff.)

Beiderlei Kirchenstellen, sowohl die der evang. als der kath. Confession gehören in das Patronat der Krone.

Die israelitische Synagoge gehört zu dem Rabbinat Stuttgart.

Als Lehranstalten zählt die Stadt außer den schon (im allgemeinen Theil S. 70 oben) aufgeführten, nämlich dem Lyceum, der Realschule, der Fortbildungsschule, zwei Privatanstalten für Töchter und dem s. g. Alumnat noch folgende öffentliche Schulen:

1) Eine Elementarschule mit einer Klasse und einem Lehrer, als Vorbereitungsklasse für das Lyceum und die Realschule eingerichtet.

2) Eine deutsche Knabenschule mit fünf Klassen und fünf Lehrern, von denen die ständigen Lehrer eine Hausmiethe-Entschädigung von 100 fl., die nicht ständigen von 36 fl. erhalten.

3) Eine deutsche Mädchenschule mit sieben Klassen, an denen zwei Schulmeister, drei Unterlehrer und zwei Lehrgehilfen unterrichten; die Wohnungsentschädigungen sind die gleichen wie bei den Lehrern an der Knabenschule.

| 4) Eine katholische Schule mit einem Lehrer, der freie Wohnung im Schulhause hat; dieselbe ist zur Zeit eine freiwillige Confessions-Schule, zu deren Unterhaltung der Staat und die Stadt in widerruflicher Weise Beiträge leisten.

5) Eine Schule für die Zöglinge des Mathildenstifts mit zwei Lehrern, welche in der Anstalt freie Wohnung haben; der eine ist zugleich Hausvater, der andere hat überdieß die Obliegenheit, die von der K. Centralleitung und der Frau Kronprinzessin im Neckarkreis in Privathäusern untergebrachten, verwahrlosten Kinder zu besuchen etc.

6) Eine Industrieschule mit fünf Klassen; an derselben unterrichten eine Oberlehrerin und drei Lehrerinnen.

7) Eine Kleinkinderschule.

Für die Lyceal-, Real- und Volksschüler bestehen drei Turn-Anstalten.

Wohlthätigkeits-Anstalten. Auch dieser ist schon im allgemeinen Theil (S. 71 oben) gedacht. Was insbesondere den Stadtspital betrifft, so beherbergt derselbe gegenwärtig 15 männliche und 11 weibliche Personen. Den Gemeinden des Oberamtsbezirks, welche keine eigenen Armenhäuser haben, ist es erlaubt, ihre Armen gegen Bezahlung des Aufwandes im Spital unterzubringen, auch finden zugereiste fremde Kranke gegen tägliche Vergütung von 24–30 kr. hier Aufnahme. Die Überwachung des Ganzen liegt dem Stiftungspfleger ob, während im Hause selbst der Spitalaufseher, welcher zugleich Kostreicher ist, über die Hausordnung und die Krankenwärter (einen Mann und eine weibliche Person) zu wachen hat.

Als außergewöhnliche Anstalten sind das Mathildenstift, das Privat-Krankenhaus und die Kinder-Heilanstalt des Med. Dr. Werner zu bezeichnen, welche schon oben näher beschrieben sind.

Auch kommen noch in Erwähnung: der ebenfalls schon beschriebene Bezirks-Wohlthätigkeitsverein, der Local-Armenverein, eine Oberamtssparkasse, eine Unterstützungskasse für wandernde Gewerbe-Gehilfen, ein Leichen- oder Begräbnißverein und ein Verein für entlassene Strafgefangene.

Frauenvereine bestehen theils in Verbindung mit dem Local-Armenverein, theils zur Bekleidung armer Landleute.

Als abgegangene Anstalten verdienen die zuerst hier eingerichteten, später verlegten größern Waisenhäuser erwähnt zu werden, das eine, mit dem Irren- und Zuchthaus verbunden, war von Herzog Karl Alexander im Jahre 1736 gestiftet worden (s. hierüber oben und Journal von u. für Deutschland 1788 Band I. S. 521 ff.) und das| Militär-Waisenhaus, welches Herzog Karl im Jahre 1779 für 150 Kinder evang. Religion und fünf kath. Religion errichten ließ; letztere erhielten Wohnung in Hofen (O.A. Canstatt), wurden aber im Jahre 1783 in die Anstalt zu Ludwigsburg versetzt (s. hierüber oben u. Wirt. Repertorium St. V. S. 463 ff., auch Nicolai, Beschreib. einer Reise durch Deutschland u. die Schweiz Bd. 10, S. 156).

Für litterarische und gesellige Unterhaltung dienen ein Museum, eine Bürgergesellschaft, ein Leseverein für Töchter und Frauen, dessen Ausschuß mehrere Frauen unter dem Vorsitz des Decans bilden; ferner Leseanstalten für Volks-, Sonntags- und Gewerbeschüler, für Lehrlinge und Gesellen. Auch besteht ein Männergesangverein.

Übrigens befinden sich unter dem nicht unbeträchtlichen Vermögen der jetzigen Stiftungspflege folgende einzelne Stiftungen, deren Zinse (mit Ausnahme der Schenkung des Generals v. Mylius zu einer neuen Orgel) zu Bestreitung der Bedürfnisse gemeinnütziger Anstalten, besonders aber der Armen und Kranken verwendet werden sollen. Es stiftete nämlich:

Jahrgang. fl. kr.
1732 Regierungsrath Schwarz 0100
zu Brod, Geld und Holz.
1733 Schullehrer Österlen 0050
zu Schulbüchern für arme Kinder.
1750 Joh. Wiedmann, gewesener Vorreiter 0015
zu Brod, Geld und Holz.
1753 Joh. Jakob Single, gew. Hofkammerrath 2000
zu Brod, Geld und Holz.
1757 Jak. Fried. Andler und dessen Frau, geb. Körner 0050
zu Schulgeldern für arme Kinder.
Joh. Jakob Herdlen, gew. Rathsverwandter 0150
zu Brod, Geld und Holz.
1761 Joh. Caspar Pfähler, Mezger 0100
zu Brod, Geld und Holz.
1763 Oberstlieutenant und Kriegs-Commissär Bühler 0100
für die Armuth im Allgemeinen.
1765 Stadt- und Amtsschreiber Heugelin 0400
zu Brod, Geld und Holz.
1769 Joh. Rudolf Herzog, Waldhornwirth 0100
für die Armuth im Allgemeinen.
1774 Burkhard Viehhäuser, Hofglasers Wittwe 0100
für die Armuth im Allgemeinen.
|
Jahrgang. fl. kr.
1778 Bernhard Zoller, Weberobermeisters Wittwe 0050
zu Schulbüchern für arme Kinder.
1780 Wilhelm Louise Gräfin v. Sponek, geb. Heß 0300
für kranke dürftige Hausarme.
1782 Christian Jäger, Porzellan-Fabrikant 0150
zu Brod, Geld und Holz.
1784 Joh. Ludw. Jäger, Goldschmieds-Geselle 0300
für die Armuth im Allgemeinen.
Derselbe 0300
zu Prämien, Modellen und Instrumenten für die Realschule.
1793 Frau Special Steck in Lauffen 0100
zu Brod, Geld und Holz.
1799 Wilhelm Strauß Ehefrau 0025
zu Brod, Geld und Holz.
Anna Barb. Loos, Försters Frau von Eglosheim 0020
für die Armuth im Allgemeinen.
Conditor Bächler 0050
für die Armuth im Allgemeinen.
Christiane Mollwitz 0020
für die Armuth im Allgemeinen.
Gräfin Martinengo 0500
zu Brod, Geld und Holz.
Ein Unbekannter 0031
für die Armuth im Allgemeinen.
1800 Joh. Fried. Strauß, Schlosser 0100
für die Armuth im Allgemeinen.
Seb. Holzhen, Hofmaler 1000
zu Lehrgeldern für arme Knaben.
Derselbe 0050
für die Armuth im Allgemeinen.
Derselbe 0400
zu Brod, Geld und Holz.
1804 Mezger Jak. Stark’sche Eheleute 0100
zu Erquickung der Hospitaliten.
Dieselben 0100
zu Brod, Geld und Holz.
Ein Unbekannter 0025
zu Brod, Geld und Holz.
|
Jahrgang. fl. kr.
1808 Landschafts-Assessor Batz 0500
zu Prämien, Modellen und Instrumenten für die Realschule.
1812 Oberst v. Stettner 0700
zu Austheilung an Dürftige
1813 Stadtrath und Tabaks-Fabrikant Mayer 0100
für die Armuth im Allgemeinen.
1814 Helfer Fuchs Wittwe 0961 43
für die Armuth im Allgemeinen.
1816 Ros. Marg. Post, Schusters Wittwe 0050
für die Armuth im Allgemeinen
1817 Freiherr v. Schütz-Pflumern 0150
für die Armuth im Allgemeinen.
1819 Fräulein v. Stettner 0200
zur Austheilung an Dürftige.
1820 Bürgermeister Groß Wittwe in Großingersheim 0050
zu Brod, Geld und Holz.
1822 Rothgerbermeister Hellmann 0040
für kranke dürftige Hausarme.
1823 Auguste Wilhelmine Weiß, geb. Epple 0100
für das Mathildenstift.
Caroline Reg. Schwend 0300
für kränkliche Jungfrauen.
1827 Ernestine Schwend 2300
für Blinde und Lahme.
1830 Johanne Razler 0050
zu Brod, Geld und Holz.
1832 Dieselbe 0100
für das Mathildenstift.
Freiherr v. Uxkull, Geheimer Rath 0400
für die Armuth im Allgemeinen.
1834 Kath. Stadtpfarrer Frey 0100
für die Armuth im Allgemeinen.
1835 Eberh. Ludw. Körner, gewes. Stadtrath 6000
für treue Dienste an Militärs u. Dienstboten,
f. d. bürgerl. Schützen-Corps u. wohlthät. Zwecke.
Cath. Elis. Mollwitz, geb. Voß 1000
für das Mathildenstift.
Dieselbe 0200
für die Armuth im Allgemeinen.
|
Jahrgang. fl. kr.
1835 Sophie Amalie Wilhelmine v. Unruh 0200
für das Mathildenstift.
1837 Chemiker Staudenmaier Wittwe 0400
für die Armuth im Allgemeinen.
1838 Johanna Röder 1500
für arme gebrechliche Pfarrerstöchter.
Eberh. Ludw. Körner, gewes. Stadtrath 1000
für das Privat-Krankenhaus.
1840 Carl Mayer, Kaufmann und seine Gattin 0150
für die Armuth im Allgemeinen.
Dr. Dav. Fried. Strauß 1000
für 4 arme Frauenspersonen.
1841 Eberh. Ludw. Körner, gewes. Stadtrath 0500
für das Mathildenstift.
Chr. Gottl. Friedr. Weiß 0050
zu Brod, Geld und Holz.
1842 Hofprediger Harpprecht 0400
zu Holz.
1843 Arsenal-Commissär Wunder 0225
zur Austheilung an die Hospitaliten.
Ludwig Schäffler 0015
für das Mathildenstift.
Gerichtsnotar Riekert 0100
für die Armuth im Allgemeinen.
1845 Oberamtswundarzt Mündler 0022
für die Armuth im Allgemeinen.
1848 Traiteur David Maier 0050
für die Armuth im Allgemeinen.
1849 S. M. der König 0183 21
zu Holz.
Stadtbote Maier 0025
für die Armuth im Allgemeinen.
Finanzrath Binder 0100
zu Brod, Geld und Holz.
Charlotte Sophie Hausmann, geb. Dietrich 0030
für die Armuth im Allgemeinen.
Henriette v. Weikersreuther, geb. v. Schröder 0150
für die Armuth im Allgemeinen.
1851 Stadtbote Maier Wittwe 0025
für die Armuth im Allgemeinen.
|
Jahrgang. fl. kr.
1853 Hofbank-Cassier Götz in Stuttgart 0100
für die Armuth im Allgemeinen.
1855 Albert Herrmann Freiherr v. Wirsing 5500
zu Prämien für unbescholtene Mädchen.
Commerzienrath Neidhard 8400
zu verschiedenen wohlthätigen Zwecken.
1857 Christiane, geb. Ruoff, Wittwe d. gew. Goldarb. Hiller 0500
zu Austheilung an Arme.
Friedrich v. Mylius, K. franz. General a. D. 8033
zu Erbauung einer Orgel.
Derselbe 2700
zu Prämien an wackere Soldaten.

Der städtische Gemeinde- und Stiftungshaushalt befindet sich in günstigen Umständen (s. Tab. III.) Der Stadt waren ursprünglich zur Bestreitung der Kosten des Gemeindewesens Allmanden und die privilegienmäßigen Zinse aus denselben und aus den Bauplätzen überlassen worden; auch ward sie später zur Erhebung eines Pflastergelds ermächtigt, dessen Ertrag sie im Jahre 1858/59 um 1010 fl. verpachtet hat.

Der unbedeutenden Ausstattung ungeachtet hat indessen die Stadtpflege so viel Vermögen erworben, daß sie Activ-Capitalien besitzt und dermalen nicht weiter als 14.000 fl. Gemeindeschaden umlegt.

Was die Stiftungsfonds betrifft, so wurden durch Decret der K. Kreisregierung vom 30. Januar 1827 die Hospitalpflege und der Armenkasten mit der Stiftungspflege vereinigt, welche nun außer der Armenpflege Beiträge zu den Cultkosten, zu den Lehranstalten, zur Medicinalpolizei, für die Unterhaltung der Stadtkirche, des Mädchen-Schulhauses, des Spitals und des Friedhofs zu leisten hat. Das jährliche Deficit der Stiftungspflege mit etwa 3000 fl. wird von der Stadtpflege gedeckt.

Die nun vereinigten Fonds hatten folgenden Ursprung:

a) Die Armenkastenpflege entstand 1715 und enthält die erste Rechnung bloß die Einnahmen an Opfer und Strafen, welche zur Unterhaltung der Armen dienen sollten; später wurden aber die Cultkosten und ein Theil des Schulaufwands etc. von dieser Pflege bestritten, nachdem der Fond durch Stiftungen vermehrt worden.

b) Die Almosenpflege wurde am 10. Jan. 1741 errichtet und derselben als Einnahme zunächst das wochentliche, von Haus zu| Haus gesammelte Almosen oder s.g. Glöcklensgeld zugewiesen, wovon die Kosten der hiesigen Hausarmen, sowie der fremden Armen zu bestreiten waren. In späterer Zeit wurden von dieser Pflege auch die Unterhaltungskosten der in das Armenhaus (Spital) aufgenommenen Personen bestritten, und hiezu von dem weltlichen und geistlichen Hospital angemessene Beiträge geleistet.

1

c) Der weltliche Hospital wurde von weil. Georg Thomas Schönleber, gewesenem Hofgerichtsadvocaten und nachherigem Landschaftsassessor und Bürgermeister dahier den 25. Febr. 1755 in der Art gegründet, daß derselbe aus Dankbarkeit wegen seiner Wahl zum Bürgermeister und Landschaftsassessor allhier und seiner hiedurch zum Vollzug gekommenen Verheirathung mit Christiane Regine Laitenberger, einer Haupterbin des weil. Hofkammerraths Johann Jakob Sieglen, zu Anlegung eines weltlichen Hospitals die Summe von 3000 fl. gestiftet und noch weitere 2000 fl. von dem Hofkammerrath Sieglen ererbtes Guthaben bei herzogl. Rentkammer zur Erhebung angewiesen hat. Nach der Stiftungsurkunde vom 25. Febr. 1755 sollte dieser weltliche Spital nur allein den in Ludwigsburg wirklich verbürgerten Inwohnern zur „Zuflucht, Hülf und Trost“ dienen. Bald darauf den 3. Juni 1761 wurde der s.g. Schafhof, nachdem vorher die von Privaten besessenen 3 Viertel hievon durch den herzoglichen Kirchenrath käuflich erworben worden, von S. D. dem Herzog Karl zu Errichtung eines bürgerlichen Spitals mit allen dazu gehörigen Gebäuden, Äckern, Wiesen und 50 Morgen Wald der hiesigen Stadt unentgeldlich, jedoch unter Vorbehalt eines Grundzinses von jährl. 333 fl. überlassen. Alle diese Güter wurden nach und nach verkauft, dagegen von 1767/68 von dem Freiherrn v. Kniestädt in Heutingsheim das Rittergut Harteneck für den Hospital erworben um 22.800 fl., solches aber wieder an den Landschaftsassessor Schönleber veräußert, jedoch unter Vorbehalt der mit diesem Schloßgut verbundenen Holzgerechtigkeit in Staatswaldungen bei Reichenbach mit jährl. 30 Klaftern, welche später dem Spital von der K. Ober-Finanzkammer abgelöst wurde. Im Jahre 1784/85 ward nach vorangegangenen vielfältigen Unterhandlungen, Vorstellungen und Untersuchungen auf Verlangen des herzoglichen Kirchenraths aus dem bisherigen Hospitalvermögen ein besonderer weltlicher Hospital und ein besonderer geistlicher Hospital in der Art gebildet, daß als fundus des Erstern die von dem Landschaftsassessor Schönleber gestifteten 5000 fl. nebst einem verhältnißmäßigen Antheil an dem bisherigen Zuwachs, als fundus des Letztern aber der Erlös aus den| Schafhof-Gebäuden und Gütern nebst verhältnißmäßigem Antheil am Zuwachs angenommen und hienach von dem bisherigen Fonds dem weltlichen Hospital nebst 6 Morgen Weinberg 18.000 fl. und dem geistlichen Hospital 53.623 fl. 12 kr. zugeschieden wurden.

Der weltliche Hospital wurde unter die Oberaufsicht des herzogl. Geheimenraths und der geistliche Hospital unter die Oberaufsicht des herzogl. Kirchenraths gestellt.

Im Jahre 1814/15 wurde der weltliche Hospital, einer Verfügung des damaligen Departements der Finanzen 3te Abtheil. gemäß, wieder mit dem geistlichen Hospital und der Almosenpflege vereinigt.

Von den drei Höfen, auf deren Markungen die Stadt theilweise erbaut ist, lag der Erlachhof auf der Stelle des gegenwärtigen Schlosses, der Fuchshof aber in der Mitte zwischen dem Erlachhof und Oßweil auf der Stelle des längst abgegangenen Orts Geisnang und der Schafhof in der Nähe (nördlich) von dem Bahnhof in dem Thälchen, das an der Westseite der gegenwärtigen Stadt hinzieht (s. hierüber unten). Südlich von dem Schafhof lag das Lerchenholz, das nun in fruchtbares Ackerland umgewandelt ist und gegenwärtig noch die Benennung „Lerchenholz“ führt.

Was die Entstehung der Stadt betrifft, so fällt dieselbe mit der Gründung der hiesigen fürstlichen Residenz zusammen.

Geisnang, im 13. Jahrhundert ein pfalzgräflich tübingisch-aspergischer Ort, kommt schon im 12. Jahrhundert vor, als das Kloster Hirschau ein hiesiges Gut erhielt, welches es wieder veräußerte (Cod. Hirsaug. 41b). Seine Benennung hat sich noch in den Geisnanger Zelgen auf der Oßweiler Markung erhalten.

Im Anfang des 13. Jahrhunderts hatte das Kloster Bebenhausen hiesige Besitzungen; Papst Gregor IX. bestätigte solche den 8. März 1229 (possessiones in Gisenanc.). Gegen 1243 erkaufte dasselbe Kloster ein dasiges Gut von Gebhard von Lichtenstein (in Gizinanc. Mone Zeitschr. 3, 123) und ertauschte um dieselbe Zeit die Besitzungen des Ritters Wernher von Ihlingen, welche zugleich gegenüber den Pfalzgrafen von Tübingen von allen Abgaben befreit wurden (Mone Zeitschr. 3, 120), wie denn auch der Graf Wilhelm von Tübingen am 24. März 1244 über die Befreiungen des Klosters von allen hiesigen Lasten und Abgaben noch besonders urkundete (Mone 3, 124). Noch erkaufte das mehrgenannte Kloster im Jahre 1275 Besitzungen des Klosters Hirschau (Mone 3, 221) und im Jahre 1289 des Ritters Schwigger von Oßweil und der Gebrüder Albert| und Hugo von Ow (ebend. 4, 124) und somit wohl am Ende den ganzen Ort.

Auch eine Kirche bestund hier, unter bebenhäusischem Patronat; solche incorporirte den 28. Jan. 1247 der päbstliche Legat Bischof Philipp von Ferrara dem Kloster Bebenhausen, als solches durch Kriegsbedrückungen sehr herabgekommen war, auf dessen Ansuchen und auf Fürbitte des Grafen Rudolf von Tübingen, alles erst auf Ableben des dortigen Pfarrers (Mone 3, 196). Die wirkliche Incorporation erfolgte aber erst den 23. Mai 1276 durch den Bischof Rudolf von Constanz (ebend. 3, 225); in den Jahren 1270 und 1273 kommt noch vor Volklohus (auch Wolclochus geschrieben) plebanus in Gisenanc (Pupikofer Regg. des Kl. Kreuzlingen Nr. 86, Sattler Grafen 1, 4).

Zu Anfang des 14. Jahrhunderts bestund das alte Geisnang nicht mehr und ein neuer Hof „auf dem Erlach“ (d. i. Erlengebüsch) wurde vom Kloster Bebenhausen erbaut; am 20. Juni 1431 erstreckte K. Sigmund die dem Kloster Bebenhausen verliehenen Privilegien auch „auf den neuen Hof zu Gißnang uff dem Erlach gelegen mit seiner Mühle, Weihern und allen Gütern, die zu dem alten Hof gehört haben“ (Besold Docum. 425). Nicht lange darauf verdrängte der Name Erlachhof den Namen Geisnang gänzlich. Auf diesem Hof erlaubte 1478 der Graf Ulrich von Württemberg dem Kloster Bebenhausen 500 Schafe zu halten; dieß gab Anlaß zu Gründung des Schafhofes auf der westlichen Seite Ludwigsburgs unterhalb des Rains, gegen welchen die jetzige Poststraße in gerader Richtung ausläuft. Zwischen dem Erlachhof, dessen Gebäude mit einer Ringmauer versehen waren, und Oßweil in der Mitte lag der Fuchshof mit Maierhaus und Ökonomiegebäude, der bewohnteste dieser Höfe, welcher im Jahre 1722 noch 92 Seelen zählte und im Jahre 1748 abgebrochen wurde.

Durch die Säcularisirung des Klosters Bebenhausen kam der Erlachhof nebst Zugehörungen zum Württembergischen Kirchengut. Ein württembergischer Hofmeister für die drei kirchenräthlichen Höfe Erlachhof, Fuchshof und Schafhof (der erste mit 655 Morgen Flächenraum, der zweite mit 454 M., der dritte mit 311 M., nach dem Lagerbuch v. 1568) wurde zur Verwaltung der Einkünfte aufgestellt und erhielt den Erlachhof zum Amtssitze. Die Beamtung führte den Namen Klostershofmeisterei Erlachhofen. Das Verwaltungsgebäude, Fruchtkasten etc. befanden sich auf dem Fuchshofe.

In kirchlicher Beziehung waren der Erlachhof und der Fuchshof| Filialien der Kirche zu Oßweil, der Schafhof hatte seine Mutterkirche in Eglosheim.

Der Erlachhof hatte das Unglück, am 19. (29.) Oct. 1634 von den Kaiserlichen während der Blokade von Hohenasperg abgebrannt zu werden, doch erhob er sich bald wieder aus der Asche. Dabei wurde eine fürstliche Falknerei, Jägerei und Seemeisterei errichtet und die Herzoge kamen häufig in das von Wild stark bevölkerte Buschwerk und die kleinen Wälder, um da zu jagen. Schon in den Jahren 1655–1656 war deßhalb ein besonderer Einbau in die Hofmeisterswohnung auf dem Erlachhof gemacht worden. Der Herzog Eberhard Ludwig (geb. 1676) schlief in seiner Jugend auf dem Erlachhof manchmal im Freien, um sich am Gesang der zahlreichen Nachtigallen zu ergötzen; als die Gebäude im Jahre 1693 durch die Franzosen eingeäschert worden waren, ließ er im Jahre 1697 das s.g. Jägerhaus erbauen, im Jahre 1698 aber den großen „Herrschaftbau“; überhaupt gab er seinen Anlagen allmählig eine solche Erweiterung, daß schon 1713 der Güterbestand des Hofes eine Verkürzung von 116 Morgen erlitten hatte.

Am 7. Mai 1704, mitten im Geräusche des spanischen Erbfolgekriegs, legte der Herzog auf der Stelle der Hofmeisterei- und Hofgebäude den Grundstein zu einem Jagd- und Lusthaus, anfänglich der Fürstenbau genannt (das jetzige alte Corps de Logis); er nannte es 1705 „Ludwigsburg“ (ehe durch die Stadt der Gedanke an die Burg verdrängt wurde, „die Ludwigsburg“). Der Kloster-bebenhausische Hofmeister (damals Bernhard Isenflamm) mußte dagegen den Erlachhof räumen und auf den Fuchshof ziehen. Die Baukosten solchen Schlosses mußte das Kirchengut trotz dem Widerspruche seiner Vorsteher bestreiten. Bei der großen Unebenheit des Bodens waren schon die Planierungskosten bedeutend. Zunächst bei dem Schlosse wurde ein Cavaliersbau angelegt, ursprünglich auf der Morgenseite des alten Corps de Logis, im Jahre 1706 aber wieder abgebrochen, auf die Abendseite des Schlosses gesetzt und in ein Wirthshaus (das noch bestehende Waldhorn) verwandelt; anfangs verpachtet, wurde die Wirthschaft an einen Privatmann, welcher hiemit das bis dahin erste hiesige bürgerliche Haus bekam, verkauft. – Das Amt Gröningen mußte 1706–1707 sechs Monate lang zum fürstlichen Bauwesen frohnen. Die Steine lieferte der bei Markgröningen gelegene Rothenacker Steinbruch (wie für Ludwigsburg überhaupt dieser und der Embröter Steinbruch in der Nähe des Pulverthurms und des Schießhauses, ferner der Schneller Steinbruch bei der nachherigen Emichsburg und der Steinbruch auf dem Lemberg bei Affalterbach).

Am 17. Aug. 1709 erschien ein Rescript, „da der Herzog zu| mehrerer Aufnahme und Erweiterung allhiesigen Lustschlosses sich gnädigst resolvirt habe, allen, die hier zu bauen und sich häuslich niederzulassen Willens seien, den Platz und die Baumaterialien gratis zu überlassen, auch 15 Jahre lang sie von allen Beschwerden, sie mögen Namen haben, welche sie wollen, zu befreien, so sollen die Beamten dies öffentlich verkündigen.“ Auf dieses folgte den 10. Jan. 1710 ein zweites Rescript, welches die Baulustigen an die Ludwigsburger Baudeputation, deren Vorstand Oberhofmarschall v. Forstner war, wies und erklärte, der Herzog gedenke sein Hoflager in Ludwigsburg zu halten, allerhand Commercien und Handthierungen neben andern Handwerken hier zu stabilieren, und wolle daher jedem Baulustigen, Fremden wie Unterthanen, den Platz zu einer Wohnung, auf Erfordern auch zu Scheune, Hof und Stallung, ferner Steine, Holz und Sand zum Bau unentgeldlich überlassen, wogegen aber jeder nach gemachten Rissen und Ordnung bauen solle und das geschenkte Baumaterial auf seine Kosten auf den Platz führen lassen müsse; man werde auch jedem zu Äckern um einen billigen Preis verhelfen und nach Beschaffenheit des Orts einen Waidgang anweisen; die 15jährige Freiheit von allen Lasten wurde erneuert. Ursprünglich sollen der damalige Oberbaumeister Hauptmann Nette und der Kirchenrathsbaumeister Heim den Herzog behufs der Unterbringung der Bauarbeiter auf die Idee gebracht haben, in der Nähe des Bauplatzes eine Colonie anzulegen, welche Idee sodann in der Anlage der noch jetzt den Namen führenden Bauhofgasse ihre Verwirklichung gefunden habe. Gewiß ist, daß dieser Theil der Stadt mit seinen niedrigen Gebäuden anfangs ausschließlich von Bauarbeitern bewohnt wurde und so möchte er der älteste sein[5].

1

Anfänglich freilich fanden sich trotz den versprochenen Vortheilen wenig Baulustige; erst seit 1711 ging es rascher, da der Herzog, Stuttgarts überdrüssig, zum Theil auf Antrieb der bekannten Landhofmeisterin seinen Sitz nach Ludwigsburg zu verlegen beschloß, was er in den am 18. Febr. 1715 ausgegebenen Privilegien zu erkennen gab, durch welche, obgleich von einer Stadt amtlich erst im Jahre 1718 die Rede ist, Ludwigsburg als eine solche eigentlich gegründet wurde. „Weil der Neckar navigabel gemacht werde,“ heißt es im genannten Privilegium, „werde der Ort zu denen Commercien, wie auch sonst zu allerlei Manufacturen, ehrlichen Gewerben| und Handthierungen bequem sein“. Das Amt Gröningen mußte Beamtenwohnungen bauen, von denen die des Obervogts allein 5000 fl. kostete, viele Frohndienste leisten, Aufwärter und Wächter im Schloß und unter den Thoren halten u. s. w. Städte und Ämter wurden gezwungen, auf ihre Kosten Häuser in Ludwigsburg zu errichten, s.g. Amtshäuser, welche der Herzog dann an seine Räthe und Hofleute verschenkte, wie dieser denn überhaupt Baumaterial aller Art und neben den Baustätten auch Gartenplätze aus den kirchenräthlichen Gütern an wohlgelittene Baulustige vergabte.

So erhob sich auf dem ursprünglich kirchenräthlichen Maiereigut im Anschluß an eine Bauunternehmung, welche dem Herzog zunächst bloß ein bequemes Absteigequartier, sofort ein „Lusthaus“ bereiten sollte, bei immer steigender Erweiterung in ein Paar Jahrzehnten, trotz den schweren Finanzzeiten, einer der prächtigsten Paläste Deutschlands und – freilich nicht mit gehöriger Feldmarkung und angemessenem Gemeindevermögen versehen – eine ganze Stadt, das württembergische Gegenbild des damaligen Versailles. Den Hauptentwurf zum Bauplan machte der Baumeister (nachherige Obristlieutenant) Frisoni. Aufrufe an Baulustige wurden auch durch fremde Zeitungen verbreitet und die früher 15jährige Freiheit wurde auf 20 Jahre ausgedehnt. Die Vermögenssumme, welche ein neu aufzunehmender Bürger mitzubringen hatte, war nach dem Privilegium von 1715 auf 1000 Reichsthaler (nach dem Rescript von 1749 auf 500 Reichsthaler) gesetzt. Eine weitere Hauptbedingung war die Erbauung eines planmäßigen Hauses.

Erneurungen und Vermehrungen der städtischen Privilegien erfolgten den 3. Dec. 1712, den 18. Febr. 1715[6], den 16. Aug. 1719, noch ausführlichere wurden den 19. Apr. 1724 in deutscher und französischer Sprache bekannt gemacht[7]. Ein herzogliches Decret vom| 26. Juni 1715 ertheilte den künftig Bauenden Freiheit von Accise und Umgeld, welche jedoch nach einigen Jahren wieder aufgehoben wurde. Im Jahre 1718 wurde der erste Obervogt bestellt in der Person des Regierungsraths-Vicepräsidenten und wirklichen Geheimenraths Gottlob Fridemann v. Pöllnitz (zugleich Obervogt von Cannstatt und Markgröningen)[8], der hauptsächlich mit der Einleitung zur Gründung der Stadt und Bildung eines Oberamtsbezirks beauftragt wurde.

In demselben Jahre 1718 machte der Herzog Ludwigsburg, welches jetzt etwa 600 Seelen zählte, zur zweiten Residenz- und dritten Hauptstadt, den 18. Apr. 1719 zur Oberamtsstadt mit einem durch Aufhebung benachbarter Ämter gebildeten Amtsbezirk, unter Verleihung eines Wappens (Reichssturmfahne, darüber der Namenszug des Gründers: E L und darunter die Jahreszahl 1718)

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Die Errichtung zweier Jahrmärkte war schon im Privilegium vom 18. Febr. 1715 enthalten. – Am 15. Mai 1717 hatte der Herzog erklärt, er wolle sämmtliche Collegien von Stuttgart nach Ludwigsburg verlegen, doch wurde dieß erst durch die Decrete vom Juli 1727 und Jan. 1730 in Vollführung gebracht und so zwischen 1727–1730 Geheimerrath, Regierungsrath, Rentkammercollegium, Consistorium, Kirchenrath, Kriegsrath hieher versetzt. Dadurch aber entstanden Verwirrungen und Verzögerungen der Geschäfte in Menge, weil das Archiv und die Registratur meist in Stuttgart zurückgelassen werden mußte. Ein Gebäude für die Canzlei war ursprünglich im Jahre 1713 auf der Nordseite des Schlosses „im Thal“ (daher der Thalbau genannt) errichtet, aber der ungünstigen Lage wegen wieder abgebrochen und in die Schorndorfer Straße versetzt, wo es unter Herzog Karl Alexander der Porcellanfabrik zur Aufnahme diente. Für die 1727 hieher verlegte Canzlei wurde ein Haus in der jetzigen Poststraße (früher auch Canzleistraße genannt) bestimmt; solches wurde dem Generalfeldmarschalllieutenant v. Phull (Tochtermann des Premierministers v. Grävenitz), für welchen es| zum Theil das Amt Göppingen als „Amtshaus“ (s. oben) erbaut hatte, abgekauft und durch Frisoni für die neuen Zwecke eingerichtet[9]. Der Herzog selbst wohnte seit 1715 gewöhnlich in Ludwigsburg, erklärte die Stadt im Jahre 1724 zur beständigen und alleinigen Residenz, als welche er sie wirklich auch bis zu seinem Tode beibehielt, und empfahl in seinem Testament vom 11. Febr. 1732 seinen Nachfolgern auf’s Ausdrücklichste den weiteren Ausbau des Schlosses und der Stadt, die Belassung der darin etablirten Collegien und Balleien und die Emporbringung der Bürgerschaft, zu welcher jedoch wie sonst im Lande keine weiteren Katholiken angenommen werden sollten. Beim Tode des Herzogs zählte Ludwigsburg schon mehr als 600 Häuser, „die jedoch meist von Holz und sehr leicht aufgebaut waren;“ etliche Canzleiverwandte bauten sich selbst Häuser, andere streckten Bürgern Geld dazu vor und viele Gewerbtreibende ließen sich hier nieder. Im Jahre 1732 begann man einen Wall zu ziehen, dessen Fortführung jedoch der am 31. Oct. 1733 allhier erfolgte Tod des Herzogs unterbrach.

Ludwigsburg zählte 1720 erst 686 Einwohner, 1725 deren 1687 und 1733 schon 5668. Da aber Herzog Karl Alexander, Eberhard Ludwigs Nachfolger, mit Hof und Canzlei wieder nach Stuttgart zog, doch so, daß er in Ludwigsburg auch zeitweise wohnte (wie er auch den 12. März 1737 in einem Zimmer des Schlosses, welches man noch heutzutage zeigt, verschied), so fiel die Einwohnerzahl bald auf 2343 und die Stadt fristete kümmerlich ihr Dasein; vergeblich waren die Bemühungen des württembergischen Hofes bei dem kaiserlichen, das Reichskammergericht von Wetzlar nach Ludwigsburg zu verlegen. Nur das Waisen-, Zucht- und Arbeitshaus wurde 1736 daselbst errichtet. Im Jahre 1737 waren es 191 Bürger evangelischer und 16 katholischer Confession. Der Landschaft einverleibt wurde Ludwigsburg nach Ablauf der Freijahre 1739.

Herzog Karl Eugen, welcher anfänglich, seinen Zusagen gemäß, in Stuttgart Residenz hielt und nur vorübergehend Ludwigsburg besuchte, gleichwohl aber den innern Ausbau des Schlosses vollendete und Alleen und Gartenanlagen schuf, bestätigte den 9. Dec. 1752 auch die Privilegien der Stadt und erklärte den 30. Apr. 1760, es läge ihm viel an der weitern Auf- und Emporbringung| Ludwigsburgs; er habe beschlossen, die Stadt um ein Merkliches zu erweitern, auch bereits durch Anweisung vieler Plätze zu Häusern den Anfang dazu gemacht, weßwegen den Baulustigen das Bürgerrecht unentgeldlich, 20jährige Freiheit von Umgeld, Accis und andern Lasten, ein Dongratuit von einigen 100 fl., der Platz zu Haus und geraumem Garten und das Bauholz gratis gegeben werden sollte.

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Am 20. Oct. 1764 verlegte der Herzog im Mißmuth über Stuttgart seine Residenz, den Hof, den Marstall, die Musik, das Theater, die Garden u. s. w. nach Ludwigsburg und so begann für die Stadt die Zeit ihrer größten Blüthe. Am 18. Apr. 1767 forderte der Herzog unter Wiederholung der früher versprochenen Vortheile von Neuem auf, sich hier niederzulassen. Im Jahre 1765 wurden Kniestädtische Grundstücke von Heutingsheim durch den Herzog für Ludwigsburg erworben. Auch ließ derselbe mit großen Kosten um die ganze Stadt eine Mauer führen, die Straßen pflastern, legte die „Karlsstadt“ an (nach den Planen des Oberhofgärtners Scheidlen), baute namentlich 1762 das Arsenal[10], 1764 das Opernhaus, das größte in Deutschland (innen völlig mit Spiegelgläsern ausgekleidet)[11], sonst noch ein sehr kunstreiches Orangeriegebäude, 830′ lang. So wurde die durch Regelmäßigkeit ausgezeichnete Stadt das Mannheim Württembergs und es entfaltete sich hier bei herrschendem Wohlstand ein üppiges, prachtvolles Leben unter vielen musikalischen und theatralischen Genüssen. Zur Hebung der Wissenschaften stiftete der Herzog im Jahre 1765 eine öffentliche Bibliothek (die 1775 nach Stuttgart gebracht wurde). Die Einwohnerzahl betrug mit der Garnison im Jahre 1774 11.607. Als jedoch der Herzog im Jahre 1775 seine Residenz wieder nach Stuttgart verlegte, sank die Einwohnerzahl rasch, hob sich auch später wenig, als man der Stadt durch Gründung von Fabriken aufzuhelfen suchte (1777 6227 Einw., 1784 6477 Einw., 1785 aber – da das Stein’sche Regiment nach Stuttgart gekommen – nur 5487 Einw.). Ein herzogliches Privilegium vom 23. Dec. 1779 gewährte „denjenigen von Adel oder anderen Leuten von Stande, die sich in der Stadt niederlassen wollten, nicht nur eine vorzügliche Behandlung, sondern auch Befreiung von allen Stadtabgaben, das| Privilegium Fori nach ihrem Stande, die Abzugsfreiheit, das Recht der Privattheilung und andere Wohlthaten.“ Der lange Streit mit dem Kirchenrath wegen der ihm entzogenen Erlach- und Fuchshofgüter endete damit, daß letzterer doch in den Jahren 1780–87 100.000 fl. zur Entschädigung erhielt.

Erst 1794 nahm Ludwigsburg wieder etwas zu; Herzog Ludwig Eugen verlegte damals seinen Sommeraufenthalt hieher, wie er denn auch, am 20. Mai 1795, auf einem Spazierritt in der Allee beim Gasthof zum Bären vom Schlage getroffen allda verschied[12].

Zu einem neuen gedeihlichen Wachsthum aber kam Ludwigsburg seit 1797 mit der Regierung Herzog Friedrichs II. (des nachherigen Königs), welcher schon 1790 als Prinz in dem „Palais“ (früher v. Dedell’schen Hause, seit 1833 Museum) gewohnt hatte; er erwählte die Stadt, zum großen Vortheil für dieselbe, zu seinem gewöhnlichen Sommeraufenthalt. Unter ihm wurden der Karlsplatz vollendet, das Heilbronner Thor gebaut, das Schloß und die Anlagen bedeutend verschönert, und letztere mit der Emichsburg (1798) geziert. Mit dem Militär steigerte sich die damalige Bevölkerung oft auf 10–12.000 Seelen. Nach seinem Tode (1816) wohnte seine Wittwe hier und starb allda den 6. Oct. 1828; ihre Hofhaltung brachte der Stadt großen Nutzen, Hilfsbedürftigen aber ihre Wohlthätigkeit vielen Beistand.

König Wilhelm machte Ludwigsburg zum Hauptwaffenplatz des Landes und verlegte dahin 1817 die Regierung des Neckarkreises und die (1849 aufgehobene) Finanzkammer dieses Kreises. Auch tagte hier die Ständeversammlung, mit welcher die Verfassungsurkunde vom 25. September 1819 zu Stande kam.

Das Patronat- und Nominationsrecht zu sämmtlichen Kirchenstellen hängt von königlicher Collatur ab.

Anfangs waren die Ludwigsburger todt und lebendig nach Oßweil eingepfarrt gewesen; indeß wurden durch Vicarien bereits 1711 Predigten und seit 1716 Taufen in Ludwigsburg gehalten, ein Kirchhof daselbst wurde aber erst 1719 angelegt. Die Stadtpfarrei wurde in demselben Jahre 1719 errichtet und im Jahre 1720 durch den Specialsuperintendenten Schmidlin (vorher Diaconus in Neustadt a. d. L.) bezogen. Zugleich mit dem Decanate wurden 1719 zwei Diaconate errichtet. Die Bewohner des Fuchs- und Schafhofes| wurden im Jahre 1720 als Filialisten nach Ludwigsburg gewiesen, und die Höfe selbst der neuen Residenz einverleibt. Die Gottesdienste waren zuerst gehalten worden im Eingange des der Favorite entgegenstehenden älteren Corps de Logis, nachher in dem großen Saale links am Eingang, auch im Speisesaale desselben Gebäudes, von 1714–1726 in dem Orangeriehause (daher der Name Pomeranzenkirche); seit dem 18. Sept. 1726 werden sie in der Stadtkirche gefeiert. Im Jahre 1823 ging eines der Diaconate ein und so hat die Stadt nur noch zwei evangelische Seelsorger.

Abgesehen vom Hofgottesdienst, welcher während der Anwesenheit der katholischen Regenten in der Schloßkapelle stattfand, wurde der sonstige katholische Gottesdienst, da dieser überhaupt nach altwürttembergischen Einrichtungen nur auf Privatgottesdienst beschränkt war, gehalten in dem „Frisoni’schen Gartenhaus“ (zwischen dem Arbeitshaus und der ehemaligen Tuchfabrik), dessen Grundstein nach katholischem Ritus gelegt und bei welchem nur der Name einer Kirche gemieden war. Anfangs wurde vorgegeben, dieses Gotteshaus sollte bloß für die aus Italien verschriebenen katholischen Arbeiter dienen, so daß es nach Vollendung des Schloßbaues abgebrochen würde; gleichwohl bestund hier der Gottesdienst von 1725–1772, in welch letzterem Jahre in Folge des Erbvergleichs von 1770 die Aufhebung dieser Art von Kirche erfolgte (das hienach baufällig werdende Gebäude wurde ein Paar Jahrzehnte darauf abgebrochen). Durch Rescript vom 19. Febr. 1798 erhielten die Katholiken einen Betsaal. Im Jahre 1804 wurde die evangelische Garnisonskirche zum katholischen Gottesdienst eingerichtet und dieselbe 1808 zur Pfarrkirche mit einem beständigen Vicariate erhoben. Seit 1828 ist die östliche Schloßkapelle der katholischen Gemeinde eingeräumt.

Von den Gemeindeparcellen der Oberamtsstadt ist

a) der Hof Harteneck, 1/2 Stunde nordöstlich von Ludwigsburg, oben an dem Steilabfall gegen den Neckar noch zur Stadtmarkung gehörig, gelegen. Seine sehr freundliche Lage erlaubt eine reizende Aussicht in das Neckarthal und über die Orte Poppenweiler, Neckarweihingen, Hoheneck etc. Von der ehemaligen, hier gestandenen Burg Harteneck ist der gegen Süden gekehrte, ausgemauerte, sehr namhafte Burggraben noch gut erhalten; über denselben führt eine steinerne Brücke (früher Zugbrücke) zu der neuerlich in freundliche Gartenanlagen umgewandelten Stelle, auf der die eigentliche feste Burg stand. Die gegenwärtig noch vorhandenen Gebäude stammen theils aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts, wie das Hauptgebäude (neues Schloß), über dessen Eingang die Jahrszahl 1706 steht, theils aus| neuerer Zeit. Über einem Hofthor ist das Kniestädt’sche Wappen und die Jahrszahl 1705 angebracht. Die ansehnlichen Schloß- und Ökonomiegebäude nebst den dazu gehörigen 90 Morgen Güter sind dermalen Eigenthum des Kaufmanns Otto Ruoff von Ludwigsburg, der zur rationellen Bewirthschaftung des Guts einen besonderen Gutsverwalter aufgestellt hat. Wegen der günstigen Lage und des meist fruchtbaren Bodens gedeihen hier alle gewöhnlichen Feldfrüchte, namentlich wird der Tabak- und Repsbau ausgedehnt betrieben.

Erstmals kommt Harteneck als Hertenegge vor den 30. März 1291, als Albert, genannt Hack von Hoheneck, dem Kloster Bebenhausen eine hiesige Mühle schenkte (Schmid Pfalzgr. v. Tüb. Urk. 97), welche das Kloster den 9. Sept. 1474 an Otto von Baldeck für 32 fl. Rh. veräußerte.

Später erscheint Harteneck als Sitz der Familie der Herter von Dußlingen, war aber nicht ihr Stammschloß, indem dieses bei Dußlingen stund.

Von der Wittwe Georg Herters, Bryda geb. v. Kaltenthal und ihrem Sohn Johann Herter erkaufte das Schloß im Jahre 1440 Otto von Baldeck und vererbte es auf seinen Sohn Rudolf und Enkel Hans. Von des letztern Töchtern Anna und Sibylla (Wolfs von Neuhausen Ehefrau) wurde im Jahre 1536 Harteneck mit der Mühle darunter, 1/2 Eglosheim und 1/3 Oßweil für 7500 fl. an Herzog Ulrich von Württemberg verkauft. Herzog Christoph belehnte mit dem Schloß Harteneck im Jahre 1553 seinen Hofmeister Hans Herter. Nach dessen Tod (1562) kam es an dessen Neffen, Friz Herter; dieser vererbte es an seinen Sohn, Hans Christoph, welcher den Mannsstamm seines Geschlechts beschließend am 7. Aug. 1614 starb. Darauf im Jahre 1616 erhielt es Hans Joachim von Grünthal zu Lehen, veräußerte es aber wieder im Jahre 1632. Es kam im Lauf der Zeit an verschiedene Edelleute, unter diesen zuletzt an den Freiherrn v. Kniestädt; dieser verkaufte es im Jahre 1767 an den Spital zu Ludwigsburg, worauf im Jahre 1768 das darauf haftende herzogliche Lehen aufgehoben und das Gut zur Stadtmarkung gezogen wurde. Auf hiesige Steuer verzichtete die Ritterschaft Kantons Kocher im Vergleich mit Württemberg vom Jahre 1769 (Cramer Wetzlar. Nebenst, 112, 600). Darauf kam Harteneck durch Kauf an den Bürgermeister von Ludwigsburg, Landschaftsassessor Schönleber, welcher das jetzige Hauptgebäude errichtete und das Gut im Jahre 1785 an den Bauersmann Melchior Schwaderer von Burgstall, dessen Erben Georg Jacob und Johann Melchior Schwaderer es im Jahre 1838 an den Regierungsrath v. Abel verkauften, von| welchem es im Jahre 1851 der gegenwärtige Besitzer, Kaufmann Otto Ruoff in Ludwigsburg, erworben hat.

Die zweite zur Stadtmarkung gehörige Parzelle ist

b) das Schloß Favorite auf einer südlich geneigten Anhöhe, dem Ludwigsburger Schlosse gegenüber, in einem mit schnurgeraden Alleen durchzogenen Park gelegen.

Dieses im italienischen Styl massiv erbaute kleine Schloß bildet ein Viereck, an welches sich an den Ecken je ein Pavillon anschließt; auf dem Mittelbau, von dem man eine sehr anziehende, ziemlich ausgedehnte Aussicht, insbesondere auch über die Stadt genießt, erheben sich vier, durch Altane verbundene, mit Kupfer gedeckte Thürmchen, die dem Ganzen ein fremdartiges Aussehen verleihen. Mittelst einer steinernen, mit Statuen und Vasen gezierten doppelten Freitreppe gelangt man in den, im zweiten Stockwerk befindlichen Hauptsaal, welcher, wie auch die an den vier Ecken desselben angebrachten Cabinette, freundlich, jedoch einfach ausgestattet ist.

Dasselbe hat beinahe zu gleicher Zeit mit dem alten Corps de Logis Herzog Eberhard Ludwig in einem kleinen, theilweise den Gemeinden Eglosheim und Hoheneck gehörigen Gehölze als Jagdschlößchen, welches er Favorite nannte, erbauen lassen, nachdem er daselbst schon im Jahre 1707 eine Fasanerie gegründet hatte. Die Leiter des Bauwesens waren vermuthlich Hauptmann Nette und Baumeister Heim; den Schluß desselben, im Jahre 1718, besorgte Baumeister Paul Retti. Das Innere ließ König Friedrich durch seinen Baumeister Thouret ganz neu herstellen.

Der damit verbundene, zum Staatseigenthum gehörige, der königlichen Kronausstattung einverleibte Favorite-Park umfaßt innerhalb seiner Umzäunung 2377/8 Morgen 3,4 Ruthen. Davon liegen auf der Markung von Ludwigsburg 342/8 Mrg. 25,4 Rth., Hoheneck 191 Mrg. 6,2 Rth., Eglosheim 124/8 Mrg. 19,8 Rth. In dem auf Ludwigsburger Markung liegenden Theil befindet sich das Schlößchen und einige hundert Schritte von diesem, gegen Nordwest, auf dem Hohenecker Markungstheil, ein Jägerhaus mit einigen Ökonomiegebäuden, welche ehemals für die Zwecke der in diesem Park eingerichtet gewesenen Fasanerie benützt wurden.

Gegenwärtig dient der Park, welcher aus einem lichten Eichenwald mit Obstbaumpflanzungen und Rasenplätzen besteht, zum Aufenthalte und zur Züchtung einer Anzahl Cachemir- und Angora-Ziegen, bengalischen Wildes, verschiedener Racen von Schafen und einiger Stücke tibetanischen Rindviehs (Yaks), unter der Administration der| naheliegenden Hofdomäne Seegut, welche mit dem Favorite-Park durch eine 1/2 Stunde lange Pappel-Allee zusammenhängt.
  1. Hülfsmittel: J. D. G. Memminger, Stuttgart und Ludwigsburg mit ihren Umgebungen. Stuttgart und Tübingen. 1817. 8. Kurzer Abriß der Geschichte und Topographie von Ludwigsburg (Anhang des Adreß-Handbuchs für Ludwigsburg. Ludwigsb. 1825. 8.).
  2. Ehemals der Ohnmeiß’sche Steinbruch, auch der Schnellersteinbruch genannt.
  3. Die erste Kaserne in Ludwigsburg baute Stadt und Amt Gröningen (Markgröningen) zur Unterkunft für 1000 Mann und 150 Pferde, für 20.000 fl., um der früher dahin verlegten Einquartierungen los zu werden.
  4. Über die Geschichte der Strafanstalt ist Folgendes anzuführen: Schon unter der Regierung des Herzogs Karl Alexander wurde durch ein Generalrescript v. 29. Mai 1736 die Errichtung eines allgemeinen Zucht- und Arbeitshauses zu Ludwigsburg kundgethan, und sofort zu diesem Zweck das in der Schorndorfer Straße gelegene, dem Geheimenrath v. Schütz und dem Rath Sprenger gemeinschaftlich gehörige große Haus, nebst Nebengebäuden und etwa acht Morgen Gärten um 10.000 fl. käuflich erworben, so daß noch in demselben Jahre (1736) der Bau des eigentlichen Zuchthauses begonnen und in 11/2 Jahren vollendet werden konnte. In diesem Zucht- und Arbeitshause, welchem durch den Fundationsbrief vom 9. März 1737 verschiedene Privilegien verliehen wurden, fanden nicht nur Züchtlinge und Sträflinge beiderlei Geschlechts, sondern auch freiwillige, mittellose Arbeiter und Waisenkinder pflegliche Aufnahme und zur Beschäftigung der aufgenommenen Personen ward eine Tuchmanufaktur errichtet. Im Jahre 1746 ließ Herzog Karl auch ein Irrenhaus mit der Anstalt verbinden und hiezu das Haus nebst Garten des Hofgärtners Wolf erkaufen; auch wurde im Jahre 1756 eine Anstalt für Wahnsinnige hinzugefügt. Mit dem Waisenhause ist im Jahre 1779 das Militär-Waisenhaus vereinigt und dasselbe zur Aufnahme von 200 Kindern erweitert worden; in den Jahren 1788 bis 1790 wurde ein neues Irrenhaus nebst dem Anbau an die Kirche aufgeführt. Durch Generalverordnung vom 11. November 1810 wurde das Zuchthaus in Ludwigsburg für weibliche Sträflinge bestimmt und die männlichen in das für diese neuerrichtete Zuchthaus nach Gotteszell versetzt. Auch ward im Jahre 1812 die Irrenanstalt von Ludwigsburg nach Zwiefalten verlegt und das hiedurch freigewordene Irrenhaus zum Schulgebäude für die Waisenhauskinder eingerichtet. In Folge der allgemeinen Reform der Strafanstalten durch das Edikt vom 17. Juli 1824 wurde das Waisenhaus nach Weingarten und die Tuchmanufaktur behufs der Erweiterung der neu organisirten Strafanstalt in die Gebäude der ehemaligen Porcellanfabrik verlegt. Das jetzige Arbeitshaus ward zur Aufnahme von 240 männlichen und 90 weiblichen Gefangenen ersten Grads und 50 männlichen und 70 weiblichen Gefangenen zweiten Grads eingerichtet; wegen Überfüllung des Hauses wurden jedoch im Jahre 1828 in das zum Filial-Arbeitshaus bestimmte, bisherige Polizeihaus zu Markgröningen alle Sträflinge mit nicht mehr als sechs Monaten Strafzeit versetzt. Der Stand der Gefangenen, der im Jahre 1855 über 900 gestiegen war, belief sich am 1. Juli 1856 nur noch auf 510. Als aber in Folge der Auflösung der Strafanstalt zu Heilbronn alle zur Arbeitshausstrafe verurtheilten Männer nach Ludwigsburg eingeliefert wurden, kam im März 1857 die Zahl der hiesigen Gefangenen wieder auf 633.

    Was die Arbeiten der Gefangenen betrifft, so werden diese nach Abtheilungen in gemeinsamen Zimmern verrichtet; die Arbeitszeit ist an Werktagen auf eilf, an Feiertagen auf fünf Stunden täglich bestimmt. Die unter der Leitung eines Fabrikinspectors betriebenen Gewerbe sind dermalen: Wollenspinnerei, Handspinnerei, Teppich- und Tuchweberei, Linnen- und Baumwollenweberei, Schusterei, Schneiderei, Holzarbeiter (Schreiner, Glaser, Kübler, Wagner, Drechsler), Feuerarbeiter (Schlosser, Schmiede, Flaschner, Drahtarbeiter etc.). Die Fabrikate werden größtentheils für die Anstalt selbst verwendet, einzelne jedoch, wie Bodenteppiche, Winterschuhe, Herrenkleider, wollene Socken und Unterleibchen, Kinderspielwaaren etc., auch an Grossisten etc. verkauft.

    An der Anstalt sind gegenwärtig angestellt: ein Arbeitshausverwalter (Vorstand der Anstalt und Justitiar), ein Ökonomieverwalter, ein Fabrik-Inspector und ein evangel. Geistlicher; als kath. Geistlicher fungirt der Stadtpfarrer und dessen Vicar, ein evangel. Lehrer, ein kath. Gesanglehrer, ein Arzt, ein Unterarzt, ein Hausmeister, zwei Ober-Aufseher, ein erster Aufseher und 36 Aufseher.

  5. Noch in neuerer Zeit wurde er gewöhnlich das Neuweiler, und früher, so lange das Bauwesen noch dauerte, 1720 ff. das Crawatten-Dörflein genannt.
  6. Die in diesem Privilegium enthaltene Glaubensfreiheit, wonach Ludwigsburg bereits Katholiken und Reformirte unter seinen Bürgern hatte, wurde später dahin beschränkt, daß künftig Katholiken nicht mehr als Bürger aufgenommen werden sollten.
  7. Nach letzterem Privilegium sollte Ludwigsburg gleiche Rechte haben mit den beiden Hauptstädten, seine Bewohner aber völlige Gewerbefreiheit genießen und von den Gütern auf der städtischen Markung außer einem mäßigen Grundzins keine weitern Abgaben entrichten. Dem Ludwigsburger Stadtgericht wurde das Vorrecht eines Oberstadtgerichts wie Stuttgart und Tübingen dergestalt gegeben, daß allen andern Städten des Herzogthums unter und ob der Steig dahin zu appelliren frei stehe.
  8. Das Stabsamt in Ludwigsburg hatten anfänglich die geistlichen Verwalter oder auch die Bauverwalter, welche daselbst angestellt waren, zugleich zu versehen. Sie wohnten zuerst noch auf dem Fuchshof. Die causae mixtae aber wurden zu Markgröningen vor dem dortigen gemeinschaftlichen Oberamt oder doch vor dem dortigen Spezial und dem Ludwigsburger Stabsbeamten verhandelt. Nach Errichtung des eigenen Oberamts war der erste Stadtvogt Joh. Rudolph Glaser.
  9. Dasselbe wurde später als Kaserne für die Garde zu Fuß (nach der frühern Bestimmung des Gebäudes Canzleikaserne genannt) verwendet, 1779 Militärwaisenhaus, in der Folge wieder Kaserne, da die früher (1718–1721) gebauten Kasernen nicht ausreichten.
  10. Ein am Ende der jetzigen Poststraße zu erbauendes Generalfeldhospital, eine Artilleriekaserne, Generalmagazin für Waffen und Kriegsgeräthschaften und eine in der Mitte dieser Straße zu errichtende Garnisonskirche blieben Entwurf.
  11. Es stund in den Anlagen hinter dem Schlosse, wo jetzt der Spielplatz ist, und wurde 1802 abgebrochen.
  12. Etwa 10 Schritte abwärts von der Treppe, welche von der Straße in die Allee führt, zeigt man noch einen mit einem Kreuz bezeichneten Pflasterstein als die Stelle, an welcher der Herzog verschied.
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