« Berkheim Beschreibung des Oberamts Leutkirch Haslach »
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7. Gemeinde Gebratzhofen,
auch Engeratzhofen genannt, bestehend aus 11 (24) Parzellen auf 10 Markungen mit 1503 katholischen Einwohnern. Dieser Bezirk, zwischen Leutkirch und Wangen gelegen und von der Landstraße durchschnitten, gehört zu der Rheinabdachung und dem Hügelgelände des Allgäu, hat ein rauhes, doch gesundes Klima und einen mittelmäßigen, mitunter kalten und lehmigen Boden. Die südöstliche Seite ist sumpfig. Auf der Südgrenze berührt die untere Argen den Bezirk, in welche der von Nonnenbach kommende Mühlbach mündet, nachdem er den Bezirk mitten durchschnitten hatte. Es finden sich mehrere stehende Wasser und Weiher, unter welchen der Mühlweiher bei Nonnenbach der bedeutendste ist. Viehzuch und Feldbau sind die Nahrungsquellen der, im Ganzen in sehr befriedigendem Wohlstande lebenden und arbeitsamen Einwohner. Für die Sittlichkeit scheint auch die geringe Zahl der unehelichen Kinder zu sprechen, welche sich zu den Gebornen wie 5:100 verhalten. Die Gewerbe sind unerheblich. Die häufigsten Handwerker sind Leineweber und Schuster. Es finden sich vier Mahl- und zwei Sägmühlen, eine Öl- und eine Gerstenmühle, acht Schildwirthschaften, zwei Bierbrauereien, zwei Ziegeleien, eine Hammerschmiede, eine Handlung mit kurzen Waaren etc. Auch wird Branntweinbrennerei, Verfertigung von Holzwaaren, und besonders des Winters, lebhaftes Fuhrwesen mit Holz, Getreide und Salz getrieben. Nicht minder beschäftigt das Spinnen, Stricken und Sticken manche Hände. Die Vereinödung erfolgte nach und nach in den Jahren 1770 bis 1781. In Liezenhofen kam sie erst 1788 zu Stande. Die politische Gemeinde zerfällt in die Pfarrsprengel von Gebratzhofen, wozu noch Grimmelshofen, Nonnenbach und die drei einzelnen Höfe von Wolfratzhofen; von Engeratzhofen, wozu noch Engelboldshofen, Tobratzhofen, Winteratzhofen und Wolfratzhofen;| und von Meratzhofen, wozu noch Liezenhofen und Uttenhofen gehören. Nach diesen Sprengeln richtet sich auch die Schulpflichtigkeit. Die Pfarstellen sind in ihren betreffenden Sprengeln zehentberechtigt, mit den Ausnahmen, daß ein Distrikt von 21 Morgen auf Gebratzhofer Markung der Pfarrei Engeratzhofen den großen und kleinen Zehenten, Liezenhofen aber dieser Pfarrei den großen Zehenten, den kleinen der Pfarrei Meratzhofen, Nonnenbach den großen und kleinen Zehenten der Winkler’schen Caplanei in Leutkirch reicht, Grimmelshofen aber zehentfrei ist. Endlich sind die Moosackerhöfe auf der Markung von Engelboldshofen der Pfarrstelle Meratzhofen groß- und kleinzehentpflichtig. Die Zehenten der Pfarrei Meratzofen sind seit 140 Jahren in Geld reluirt, zu 1 fl. 6 kr. per Winterfuhr (à 22/5 M.). Zehentfrei sind in dieser Gemeinde über 150 Morgen Äcker und fast sämmtliche Wiesen. Diese Gemeinde theilt die Geschichte der obern Landvogtei, von welcher sie ein Bestandtheil war. Lehenbar waren 20 Höfe, größtentheils dem Stift Kempten.

1) Gebratzhofen, katholisches Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit, mit 368 Einwohnern, nebst der Mahlmühle Enzlemühle (Enzlohmühle) mit 3 Einwohnern.

Gebratzhofen liegt ziemlich hoch und frei an der Wangener Landstraße, was dem Ort einige Lebhaftigkeit gibt, von Leutkirch 2 geogr. Stunden entfernt. Dieser Ort, der jährlich drei Krämermärkte und alle Monate einen Viehmarkt hält, war vordem der Hauptort der freien obern Landvogtei in Schwaben, welche daher auch den Namen „Amt Gebratzhofen“ führte, und Sitz eines österreichischen Obermauthamtes. Der Ertrag des hiesigen Zolles wurde auf 11 bis 12.000 fl. berechnet. In trocknen Sommern herrscht hier Wassermangel. – Die auf einer Anhöhe am östlichen Ende des Orts stehende Pfarrkirche zu Maria Himmelfahrt und St. Katharina ist alt, wurde aber 1800 durchgängig erneuert und verschönert; die Baulast liegt der Kirchenpflege ob, welche 3600 fl. Kapital, 6 Morgen Wald, jährliche 170 fl. aus dem Zehnten von Ellerazhofen, 80 fl. jährliche Grundgefälle und 34 Schfl. 6 Sri. Haber besitzt. Die Baulast des Pfarrhauses ruht auf der Pfarrei. Diese gehörte ehedem zu dem Landkapitel Isny; ihr Sprengel erweiterte sich sehr, indem 1819 Herroth und Gronholz (OA. Wangen), Grimmelshofen| und Nonnenbach, so wie 1822 ein Theil der Hundhöfe (Gemeinde Herlatzhofen) aus der Pfarrei Leutkirch, Argenseehaus von Waltershofen, und 1823 aus der Pfarrei Kißlegg die Parzellen Kehr und Höhmühle (OA. Wangen) hieher umgepfarrt wurden. Das Patronat ist königlich, früher stand es dem Stift Kempten zu. Die Pfarrschule besteht für den ganzen Sprengel. – In alten Zeiten war hier eine berühmte Wallfahrt zur schmerzenreichen Mutter Gottes, die noch jetzt nicht ganz abgegangen ist. Gebratzhofen gehört zu den Dörfern Oberschwabens, wo eine besondere Vorliebe für scenische Vorstellungen herrscht, und wo die Bauern auf einem selbstgeschaffenen Theater, früher religiöse, jetzt meistens weltliche Dramen aufführen. Der berühmte Bassist und k. württemb. Hofsänger Dobler (gest. den 6. Septbr. 1841) war hier den 7. Nov, 1796 geboren. – Im Jahre 1743 soll ein Haufe bewaffneter Vorarlbergischer Bauern unter den hier im Quartier liegenden Franzosen ein Blutbad angerichtet haben.

2) Engelboldshofen, Weiler mit 99 Einwohnern nebst a) Hinterberg, Hof mit 12 Einw. b) Moosacker, 3 Höfe mit 28 Einw. c) Mühlhof, Hof mit 9 Einw. d) Roßwinkel, Hof mit 11 Einw. Engelboldshofen liegt in einer Vertiefung an der Vicinalstraße von Meratzhofen nach Leutkirch. Die Markung ist zum Theil sehr sumpfig. Hier und in Uttenhofen befanden sich adelige Familien, da es in einem alten Urbar heißt: im Jahr 1469, da sich Streit über den Zehntbezug auf den sogenannten Moosäckern erhoben, hätten die Zeugen ausgesagt, daß nach den Erzählungen ihrer Voreltern eine Edle Waldbott von Uttenhofen diese Äcker an die Edlen von Engelboldshofen abgetreten habe, um die Ermordung eines, den letzteren angehörig gewesenen Leibeigenen zu sühnen.

3) Engeratzhofen, kath. Pfarrweiler mit 117 Einwohnern, nebst a) Fuchsberg, 3 Höfe mit 17 Einwohnern, b) Weihersmühle mit 8 Einwohnern.

Der Pfarrweiler liegt 2 geogr. Stunden südwestlich von Leutkirch an der Vicinalstraße nach Meratzhofen, zwischen sanften Anhöhen eingedeicht. Dieser Ort, in früheren Zeiten auch Engelhartshofen geschrieben, findet sich schon im 12. Jahrhundert, wo Adilbert von Trauchburg ums Jahr 1180 Presbyter der Kirche daselbst war (S. Oberamtsbeschr. von Wangen S. 178, 225). Die Pfarrkirche zum h. Baptist liegt etwas erhöht, vom Begräbnißplatze umgeben, und ist schon im Jahr 1324 erbaut, 1789 und 90 aber größtentheils durch die Freigebigkeit des damaligen Pfarrers von Sanens durchaus erneuert worden. Sie hat ein schönes Crucifixbild von Brugger und einen ansehnlichen Hochaltar. Die Baulast ruht auf| dem unvermögenden Kirchenfond, der 500 fl. Kapitalien, 17 fl. jährlichen Hellerzins und einige Scheffel Habergült besitzt. Die Pfarrstelle wurde 1524 dem Kloster Isny einverleibt, und nach dessen Aufhebung dem Grafen von Quadt-Isny zwar zugetheilt, aber sammt dem Vogtrecht zu 30 fl. (statt 14 Malter Haber) von Österreich sequestrirt. Dieses Vogtrecht hatten die Sirgenstein und dann die Humpiß-Waltrams auf Schauenburg als ein Österreichisches Lehen besessen. Die letzte Belehnung geschah im Jahre 1639. Im Jahre 1646 aber sprach das Kloster Isny dieses Vogtrecht an und wurde, ungeachtet der Reklamation von Seiten der Humpiß, in dem Besitz, den es sich zugeeignet, gelassen. Mit der Landvogtei gingen das Patronat und die von Österreich sequestrirten Pfarrgefälle zuerst an Bayern, dann 1810 an Württemberg über, welches letztere sich hierüber 1827 mit dem Grafen Quadt verglich. Das Patronat wechselt zwischen Letzterem und der Krone.[1] Mit der Pfarrei ist ein Widdum verbunden; auf ihr ruht die Baulast des Pfarrhauses. Der Schulsprengel fällt mit der Pfarrgemeinde zusammen und hat einen Lehrer. – Engeratzhofen gehört zu den Orten, welche die Drangsale des 30jährigen Kriegs am schwersten empfanden. Die Pest rieb den größten Theil der Gemeinde-Angehörigen auf, so daß Graubündtner und andere Ansiedler die verlassenen Stätten einnahmen. – Die Weihersmühle, am Ausfluß des Mühlweihers, ist eine Getraide,- Säg- und Ölmühle nebst Gerstenstampf, ehemaliges Wallgauisches Lehen.

4) Grimmelshofen, Weiler mit 45 Einwohnern. Hieher wird, wiewohl nicht ohne einiges Bedenken (Stälin S. 282), die Urk. v. J. 809 (Neug. 167) bezogen, wonach Othram sein Eigenthum in Crimolteshova, im Argengau, dem Kloster St. Gallen übergibt.

5) Liezenhofen, Weiler mit 49 Einwohnern nebst Grünenberg, Hof mit 5 Einwohnern.

6) Meratzhofen, katholischer Pfarrweiler mit 169 Einwohnern nebst a) Sackhof, Hof mit 6 Einwohnern, und b) Sackmühle, Mahlmühle mit 2 Einwohnern. Meratzhofen liegt etwas vertieft, 1/8 Stunde von der untern Argen entfernt, nicht ganz 3 g. Stunden südwestlich von Leutkirch. Die Luft ist etwas feucht, das Trinkwasser nicht zum besten. Die Pfarrkirche zum h. Gordian und Epimachus, ist sehr alt und der Ausbesserung vom Jahr 1822 ungeachtet unregelmäßig und mangelhaft; auch um vieles zu klein. Die Baulast trägt zunächst der Kirchenfond, der 2300 fl. Kapitalien, 17 fl. Hellerzins und 92¼ Sri. Habergült besitzt. Aber unabhängig von diesem wird ein 1831 angelegter Baufond verwaltet, der schon| 1836 auf 1915 fl. Kap. angewachsen war. Die, früher dem Landkapitel Isny zugetheilt gewesene Pfarrei besitzt ein an die Ortsangehörigen verpachtetes Widdumgut. Im Jahr 1820 verlor die Pfarrei die Parzelle Wengen, Gemeinde Waltershofen, s. d., erhielt aber 1834 Liezenhofen durch Umpfarrung von Engeratzhofen. Aus dem Oberamt Wangen sind hieher eingepfarrt: Baldenhofen, Au, Bremen, Meggen und Zäun. Die Baulast der Pfarrwohnung trägt zunächst die Pfarrei. Im Jahr 1438 kam das Vogtrecht, mit dem Patronate, dem Burgstall (von welchem sich übrigens nichts Näheres angeben läßt) und Gütern durch Kauf von mehreren Bürgern der Städte Leutkirch, Memmingen und Kempten an die Humpiß, und von diesen 1696 an den Trauchburgischen Amtsverwalter Mayer in Weiller, von dessen Erben aber 1765 an die Deutschordens-Commende Altshausen. Diese veräußerte das Vogtrecht an Privaten, von welchen es der Pfarrer Natterer um 700 fl. erwarb, um es 1805 gegen 12 Messen und eine Abgabe von 11 fl. 40 kr. an Schule und Meßner, der Pfarrstelle für immer zu erlassen. Diese Abgabe ist seit 1831 im 25fachen Betrag von Intercalargefällen an die Kirchenpflege theils überschoben, theils abgelöst. Das Patronat aber behielt die Commende bis zu ihrer Auflösung, wo es dann an den Landesherrn überging. Für den ganzen Pfarrsprengel besteht die Schule in Merazhofen.

7) Nonnenbach, Weiler mit 79 Einwohnern am nördlichen Ende des Mühlweihers.

8) Toberatzhofen, Weiler mit 139 Einwohnern an der Vicinalstraße von Leutkirch nach Meratzhofen.

9) Uttenhofen, Weiler mit 90 Einwohnern nebst Schönenbühl, Weiler mit 16 Einwohnern. Uttenhofen liegt zerstreut in und über einem nach der Argen hinabziehenden Thalzinken, und hat eine Mahl-, Säg- und Schleifmühle und eine Hammerschmiede. S. oben Engelboldshofen.

10) Winteratzhofen, Weiler mit 48 Einwohnern, mit Engelboldshofen auf gemeinschaftlicher Markung.

11) Wolfratzhofen, Weiler und drei abgesonderte Höfe mit 159 Einwohnern, nebst a) Garbe, Hof und einzelnes Haus mit 14 Einwohnern, b) Wolfratzhofer Bad mit 10 Einwohnern. Letzteres ist ein Bad für Landleute mit geringer Einrichtung.


8. Gemeinde Gospoldshofen,
siehe unten.

  1. Schon seit 1781 wechselte vertragsmäßig die Pfarrbesetzung zwischen Isny und dem Hochstift Constanz.