Beschreibung des Oberamts Leutkirch/Altmannshofen

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b. Gemeinde 3. Altmannshofen,
bestehend aus 11 (13) Parzellen auf 4 Markungen mit 312 katholischen Einwohnern. Der Bezirk liegt zum Theil im Thal der Ach, die hier den Namen Aitrach annimmt und durch Überschwemmung nicht selten die größten Verheerungen auf den Wiesengründen der Gemeinde anrichtet; zum größeren Theil aber auf den waldigen Höhen der Zeiler Berge (Langeberg, Blutsberg und Rappen), in welche die tiefen, schluchtenartigen Thäler des Dobel- oder Falchenbachs und des Rappenbachs eingerissen sind. Viehzucht und nächst ihr Feldbau sind auch hier fast die einzigen Nahrungsquellen. Die Felder in dem nördlichen, hochgelegenen Theil des Bezirks sind größtentheils von geringer Beschaffenheit; gut dagegen die niedriger gelegenen. Der Gewerbebetrieb ist unbedeutend. Erwähnung verdienen nur eine Mahl- und eine Sägmühle, eine Schildwirthschaft, eine Essigsiederei und eine gut eingerichtete Schmiede, in welcher auch artige und solide Chaisen und andere Wagenarbeiten gefertigt werden. Die Vereinödung datirt sich in| Eschach aus dem Jahr 1799, in Altmannshofen selbst aus 1804. Die übrigen Höfe waren von jeher vereinzelt. Die Hauptstraße von Memmingen nach Leutkirch führt durch den Bezirk. Der Wohlstand der Einwohner ist ein mittlerer. Das Verhältniß der Geburten zu der Einwohnerzahl steht hier am niedrigsten (25,2 : 1000).

Beinahe sämmtliche Hofgüter sind standesherrliche Falllehen, und zwar des Fürsten von Zeil, mit Ausnahme der Parzellen Langensteig und Nestbaum, deren Lehens- und Grundherr der Fürst von Wurzach ist. Die Pfarrkirche und Schule für die ganze Gemeinde befindet sich in Altmannshofen; nur die so eben genannten beiden Parzellen sind nach Threerz eingepfarrt. Die Pfarrstelle Altmannshofen hat den großen und kleinen Zehnten im ganzen Gemeindebezirk; nur Langensteig und Nestbaum geben den Zehenten ihrem Pfarrer in Threerz; und Waizenhof ist nur zum größern Theil der Pfarrei Altmannshofen, zu einem kleineren dem ehemaligen Stift Zeil zehentbar.

Diese Gemeinde bildete früher die eigene, zum Ritterkanton Hegau steuerbare allodiale Herrschaft Altmannshofen. Den ersten Herrn, der von dieser Herrschaft sich nannte, finden wir in einem Henricus Marescalcus de Altmanshoven, der als Zeuge in einer Urkunde des Klosters Weingarten 1201 sich unterschrieb (Hess. Mon. G. p. 74). Nochmals erscheint ein Hainricus Marescalcus de Altmanshoven mit seinem Bruder Hugo als Ministerialen im Jahr 1241 (Hess. p. 75). Seit alten Zeiten wurde oberhalb Altmannshofen bei Waizenhof ein Zoll erhoben, den 1368 ein Hainz von Altmannshofen von einem von Erolzheim erhielt, nachdem er früher denen von Rosenharts gehört hatte. Derselbe Hainz oder Heinrich mit seinem Bruder Ludwig kaufen in demselben Jahr von Hans von Neudegg einige Güter in Eschach. Nach dem Tode dieses Hainz verkaufte der Vogt seiner Söhne, ein Hans von Altmannshofen, der in Wuzenhofen (vielmehr Waizenhofen?) saß, 1376 den genannten Zoll an Hans Humpiß von Ravensburg| und Claus Tagbrecht von Memmingen. Nachdem längere Zeit zwei Linien die Herrschaft gemeinschaftlich besessen hatten, vertheilten 1452 zwei Vettern, Georg und Heinrich dieselbe unter sich. Im Jahr 1478 kam Heinrich von Landau, ein Schwager der Söhne des ersteren, Bertold und Moriz (welcher letztere 1525 Stift Kempten’scher Landvogt war), in den Besitz der Burg Waizenhofen mit einem Theil der Herrschaft. Das Übrige kam 1539 durch Kauf von Bertold an die von Landau, die Nachkommen der einst so berühmten Grafen von Landau-Grüningen. Bertold von Altmannshofen zog als Oberst-Mundschenk des Churfürsten Friedrich des Weisen nach Sachsen und pflanzte dort sein Geschlecht fort. Ob die Altmannshofen, in deren Besitz die Herrschaft Amtzell (Oberamt Wangen) eine Zeitlang war, von der diesseitigen Familie stammten, wissen wir nicht anzugeben.[1] – Jederzeit hatte die Herrschaft Zeil die hohe und forsteiliche Gerichtsbarkeit; die niedere stand nach dem Vergleich von 1548 denen von Landau zu. Nachdem 1601 mit Dietrich von Landau der Mannsstamm dieses Geschlechts ausgestorben war, nahm Heinrich von Muggenthal, Herr zu Sondersdorf etc. im Namen der vier Schwestern des verstorbenen Dietrich, Besitz von der Herrschaft. Durch seine Vermählung mit einer Nichte desselben kam ein Theil derselben, und im Jahr 1619 vollends die ganze Herrschaft, wie sie die Landau besessen hatten, an die Muggenthal. Bald aber gerieth dieser Zweig der Muggenthal’schen Familie in Folge der Bedrängnisse des 30jährigen Kriegs in ökonomischen Verfall, so daß Wolf Bernhard mit seinen zwei Brüdern sich 1642 entschloß, die Herrschaft an Truchseß Johann Jakob zu Zeil zu verkaufen. Nach langen Unterhandlungen kam den 24. Nov. 1662 der Kauf um die Summe von 42.000 fl. zu Stande. Die Herrschaft wurde nun zur Grafschaft Zeil| gezogen, doch so, daß sie als Ritterherrschaft zum Canton Hegau-Allgäu collectabel blieb. In der Erbtheilung von 1675 fiel sie in den Zeil’schen Antheil, durch den spätern, erläuternden Vertrag vom Jahr 1693 wurden jedoch Langensteig und Nestbaum mit allen Rechten an Wurzach überlassen. Im Jahr 1713 verkaufte Graf Johann Christoph die Herrschaft sammt den Gütern Vogelsang und Gotteswald (Gemeinde Aichstetten), doch ohne den Waizenhof und die Muggenthaler Waldungen, um 56.000 fl. an das Kloster Roth, mit dem Recht der Wiederauslosung nach 40 Jahren. Gleich im folgenden Jahre erkaufte Roth den Waizenhofer Brücken- und Wegzoll von der Stadt Memmingen (an welche derselbe von Tagbrecht und den Humpisschen Erben gekommen war) um den hohen Preis von 16.000 fl. Im Jahr 1753 erfolgte der Rückkauf der Herrschaft durch Graf Franz Anton zu Zeil. Der Zoll aber verblieb dem Kloster Roth, und kam in der Folge mit diesem an den Grafen Wartemberg, bis er 1806 aufgehoben wurde. Nach dem Reichsdeput.-Receß 1803 machte Bayern, und 1806, nach der Mediatisirung der Fürstlich Waldburg’schen Häuser die Krone Württemberg Anspruch an die Oberherrlichkeit über Altmannshofen, welche aber von Bayern in Besitz genommen und erst 1810 an Württemberg abgetreten wurde. Die Theile der Gemeinde sind: 1) Altmannshofen, kathol. Pfarrdorf mit 145 Einwohnern, nebst Stölzle, Hof mit 2 Einwohnern, in angenehmer Lage an der Aitrach, über welche eine schöne hölzerne, offene Brücke führt, und an der Hauptstraße von Memmingen nach Leutkirch, 2 g. Stunden von dieser Stadt und 13/8 St. von Schloß Zeil. Die Pfarrkirche zum heil. Vitus ist 1721 an den uralten Thurm neu angebaut worden. Ihr Fond beträgt 4050 fl. Kapitalien, 6 fl. 52 kr. an Gefällen und 5 Schffl. 3 Sri. Gültfrüchte. Patron der Pfarrei, die in früheren Zeiten zum Landkapitel Isny gehörte, ist der Fürst von Waldburg-Zeil-Trauchburg. Die Drangsale des 30jährigen Krieges empfand diese Pfarrei schwer; mehrere Höfe gingen ganz ein; der Zehenten, welcher auf 40 Malter jährlich berechnet wurde, ertrug 1648 nur noch deren 3; das Pfarrhaus und mehrere andere herrschaftliche und Privatgebäude waren niedergebrannt, so daß die| Pfarrstelle bis 1662 von Aichstetten aus versehen wurde. – Bemerkenswerth ist hier die Stiftung des ehemaligen Pfarrers Stampf vom Jahr 1787 im Betrag von 2000 fl., deren Zinsen zunächst für Studirende, und wenn solche nicht vorhanden, für bedürftige junge Leute aus der Pfarrgemeinde bestimmt sind. – Am südlichen Ende des Orts steht auf einer kleinen Anhöhe, von einem Graben umgeben, das herrschaftliche Schloß, ein zwar nicht geräumiges, doch ansehnliches und hohes Gebäude mit 4 Eckthürmen. Seine Wiederherstellung verdankte es dem Grafen Franz Anton ums Jahr 1760, nachdem es seinem Verfall nahe gewesen war. Hundert Jahre zuvor diente es dem Grafen Paris Jakob, nach seiner Vermählung mit der Gräfin Amalia Lucia von Berg, zum Aufenthalt.

2) Blutsberg, 1 Hof und 1 Sölde mit 8 Einwohnern. Auf der Waldkuppe, an deren Fuß dieser Hof liegt, findet man die Überreste einer Burg mit dem sie umgebendem Graben. Von der Geschichte derselben läßt sich nichts mehr angeben. Der Hof gehört zur Markung von Altmannshofen.

3) Buch, Hof mit 7 Einwohnern, auf der Markung von Eschach über dem Dobelbach gelegen. Im 30jährigen Krieg kam ein zweiter hier befindlich gewesener Hof in Abgang.

4) Eschach, Weiler mit 60 Einwohnern, nebst Bilger, Hof mit 14 Einwohnern. Dieser Weiler liegt zwischen dem Blutsberg und Rappen in der Ausmündung des Falchenbachthals in das der Aitrach, und hat eine mit einem Gottesacker umgebene Filialkirche, die 1817 erneuert wurde. Ihr Fond besitzt 3200 fl. Kapital, 6 Schff. jährliche Gültfrüchte und 1 fl. 8 kr. Grundzins. In alten Zeiten bestand hier eine eigene Pfarrstelle, welche mit 3 Höfen und der Parzelle Laubeck, laut Stiftungsbrief Herz. Welfs vom Jahr 1090, zu den ältesten Gütern des Klosters Weingarten gehörte, das auch bis 1801 im Besitz blieb, in welchem Jahre das Eigenthumsrecht durch Kauf an Zeil überging. Die übrigen Güter nebst der Vogtei über den Kirchensatz waren als Bayerisches Lehen im Besitze der Herren von Altmannshofen, kamen aber durch Heirath an die von Neudegg und von diesen 1368 durch Kauf (um 120 Pf. Hr.) wieder an die Altmannshofen (s. oben), so daß sie von jetzt an einen ungetrennten Bestandtheil der letzteren Herrschaft bildeten. Bayerische Lehenbriefe finden sich von 1509 bis auf unsere Zeiten vor. Es war ein Ritterlehen, und noch im Jahr 1806 wurden aus dieser Eigenschaft 4 Pferde gefordert. Diese ehemals Bayerischen, jetzt Württembergischen Kronlehen bestehen aus 4 Gütern. – Im Jahr 1422 wurde die Pfarrei Eschach durch den Bischof von Konstanz mit der von Ausnang oder von Hofs vereinigt, erst im Jahr 1824 aber von dieser sehr entlegenen Kirche wieder getrennt| und mit allen Zehenten und Gefällen der Pfarrei Altmannshofen zugetheilt.

5) Hänkels, Hof mit 5 Einwohnern, auf der Markung von Eschach.

6) Haizen, Hof mit 2 Einwohnern. Haizen, ohne Zweifel von einem der Hainze von Altmannshofen so genannt, bestand früher aus 3 Höfen, von welchen 2 im 30jährigen Krieg eingegangen sind, und ist jetzt ein fürstlicher Kameralhof von 1741/8 M. 3,1 R. Ackerfeld; 326/8 M. 40,7 R. Wiesen; 35 M. 18,0 R. Waiden und 2/8 M. 31,4 R. Ödungen.

7) Langensteig, Hof mit 15 Einwohnern, ist Fürstlich Wurzachisch (siehe oben). Der Hof liegt mit Nestbaum auf Einer Markung.

8) Laubeck, 1 Hof und 1 Sölde mit 22 Einwohnern, auf der Markung von Eschach. Laubeck, sonst auch Arnholz genannt, waren zwei zur Pfarrei Eschach gehörige und zehentpflichtige Höfe, die aber im 30jährigen Krieg so gänzlich in Abgang kamen, daß man die Markung bis 1662 nur als Viehwaide benutzte, in welchem Jahr denn Hans Schwidigen aus der Schweiz wieder einen Hof daselbst erbaute, der, wie die früheren, ein Falllehen des Klosters Weingarten war, im Jahr 1801 aber, wie oben gesagt, an den Fürsten von Zeil kam. Die Sölde wurde erst 1806 erbaut.

9) Nestbaum, Weiler mit 12 Einwohnern, mit denselben Verhältnissen wie Langensteig.

10) Stuck, l Hof und 1 Sölde mit 20 Einwohnern, zu der Markung von Eschach gehörig, auf rauher Höhe mit unergiebigem Boden.

11) Waizenhof, Hof ohne ortsang. Einw., auf derselben Markung mit Haizen, ein Fürstlicher Kameralhof von 1007/8 M. 20,2 R. Ackerfeld; 517/8 M. 18,4 R. Wiesen; 126/8 M. 3 R. Waiden; 2/8 M. 5,6 R. Gemüsegarten. Diesem Hof sind noch zugetheilt; die Schloßbaindt in Altmannshofen (62/8 M. 33,1 R.) und Lauberwiese (37/8 M. 2,4 R.). – Die jetzt ganz bewaldete Bergspitze, welche sich über dem Hofe erhebt, trug ehemals das Schloß Waizenhofen, von welchem oben die Rede war, und das im 30jährigen Krieg vollends ganz in Verfall gerieth.


  1. Nach Andern hießen die Besitzer von Amtzell Altmannshausen, wie auch in der OA. Beschr. von Wangen S. 237, aber wie es scheint, minder richtig angenommen wird.