Beschreibung des Oberamts Laupheim/Schnürpflingen

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Schnürpflingen.
Gemeinde III. Kl. mit 613 Einw.   a. Schnürpflingen, Pfarrdorf, 359 Einw.   b. Ammerstetten, Weiler, 113 Einw.   c. Beuren, Weiler, 141 Einw. – Kath. Pfarrei.
a. Der Hauptort Schnürpflingen ist auf einem zwischen zwei unbedeutenden Thälchen hinziehenden, östlich geneigten Flachrücken, in die Länge gedehnt hingebaut, so daß die östlichen Häuser desselben bis an die nahe vorbeifließende Weihung stoßen, welche hier eine Mühle mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang in Bewegung setzt. Der hinter Obst- und Hopfengärten versteckte, freundliche Ort, aus zwei, zu beiden Seiten der gut erhaltenen Ortsstraßen weitläufig gebauten Häuserreihen bestehend, hat eine angenehme, etwas abgeschiedene gesunde Lage, die übrigens wegen der, die Feldmarkung rings umgebenden Waldungen, keine Fernsicht zuläßt. Im Jahr 1852 den 24. April brannte ein großer Theil des Orts (22 Wohngebäude nebst fünf kleineren Öconomiegebäuden) ab; hiedurch hat sich der höher gelegene – nun wieder aufgebaute Theil| des Dorfs, sehr verschönert, so daß Schnürpflingen jetzt zu den besser aussehenden Orten des Bezirks gezählt werden darf.

Wegen der nahen, ausgedehnten Waldungen ist das Klima etwas rauh und Frühlingsfröste, wie auch kalte Nebel, schaden im Thale nicht selten den Obstbäumen, während die auf der Anhöhe gelegenen verschont bleiben; auch der Roggen erfriert zuweilen in der Blüthe. Die Ernte tritt Anfangs oder Mitte des Monats August ein. Hagelschlag kommt selten vor. Der mittelfruchtbare Boden ist etwas schwer und naßkalt, daher in trockenen Jahrgängen ergiebiger, als in nassen. Die zu große Feuchtigkeit des Bodens beseitigt der Gräflich Fugger’sche Revierförster Moosmaier, der ältere, ein tüchtiger Landwirth, schon seit vielen Jahren mittelst Anlage von Drainage, die er entweder durch Einlegung von Reisachbüscheln (Faschinen) oder mit Hohlziegeln bewerkstelligt.

Auf dem höchsten Punkte des Orts, am westlichen Ende desselben, steht, inmitten des ummauerten Begräbnißplatzes, die Pfarrkirche zur heil. Maria; wahrscheinlich im 15. Jahrhundert erbaut, wurde dieselbe im Jahr 1721 mit einem Aufwand von 900 fl. erneuert, und im Jahr 1784 mit weiter aufgewendeten 2600 fl. auf Kosten der Kirchenpflegen Schnürpflingen und Beuren erhöht und verlängert.

Das Langhaus der Kirche wurde in einem modernen Style hergestellt, ebenso der Thurm, welcher zwar in seinen unteren Theilen noch alt und viereckig ist, gegen oben aber in ein ungleichseitiges, mit einem blechernen Kuppeldach bedecktes Achteck übergeht; auf demselben hängen drei Glocken, die größte mit der Umschrift „Ave Maria gracia plena dominus tecum. Anno dom. 1485“; die mittlere wurde 1791 gegossen; die kleinste trägt die vier Evangelistennamen und die Inschrift: Wolfgang Miller gos mich in Ulm 1587. Das sehr ansprechende, gefällige Innere ist weiß getüncht und mit Deckenmalereien geziert, die Leo Merkel im Jahr 1784 ausführte. Von den Gemälden der beiden Seitenaltäre stellt eines den heil. Sebastian, das andere den heil. Johannes vor, während der Hochaltar den englischen Gruß, von Maler Huber aus Weissenhorn gut ausgeführt, enthält. Altäre und Kanzel sind im Rococcogeschmack würdig verziert. Überdieß bewahrt die Kirche noch ein sehr gut aus Holz geschnittenes Bild der Maria mit dem verschiedenen Christus im Schooß und einem schön gothisch gehaltenen Taufstein, mit einem alten kupfernen Taufbecken, das gegenwärtig als Weihkessel benützt wird. Der dreiseitig schließende Chor, unter dem sich die Gruft der Herren v. Besserer befindet, enthält vier | gute Glasmalereien, die Wappen der Grafen v. Fugger, der Herren v. Besserer, und der Herren von Junkher vorstellen.

Um die Kirche liegt der mit einer schönen Backsteinmauer umfriedigte und vor zwei Jahren namhaft erweiterte Begräbnißplatz.

In der Nähe der Kirche steht das im Jahr 1767 massiv erbaute Pfarrhaus, welches mit seinen Öconomiegebäuden, dem Hofraum und dem angrenzenden 43/8 Morgen 38,6 Ruthen großen Baumgarten, einen angenehmen Pfarrsitz bildet. Die Unterhaltung der Pfarrgebäude hat die Pfarrstelle.

Das im Jahr 1836 mit einem Gemeindeaufwand von 2600 fl. erbaute Schulhaus, mit der Wohnung des Schulmeisters, enthält zugleich die Gelasse des Gemeinderaths. An der Schule, welche auch die schulpflichtigen Filialisten zu besuchen haben, unterrichtet nur ein Lehrer.

Ein Gemeindebackhaus besteht seit 1845 und ein Armenhaus ist längst vorhanden.

Gesundes Trinkwasser liefern mehrere Brunnen.

Der Ort ist mittelst einer Vicinalstraße über Beuren und Dorndorf nach dem eine Stunde entfernt gelegenen Illerrieden mit der Ulm–Leutkircher Landstraße – und durch eine weitere über Bihlafingen, Ober-Holzheim nach Achstetten, mit der Ulm–Biberacher Landstraße in Verbindung gesetzt; die Entfernung nach Achstetten beträgt zwei Stunden, und die nach dem südwestlich gelegenen Oberamtssitz 21/2 Stunden. Überdieß sind noch Vicinalstraßen nach Ammerstetten und Weinstetten angelegt.

Die Einwohner, deren Vermögensverhältnisse im Allgemeinen zu den mittelmäßigen gehören, sind geordnete und fleißige Leute; ihre Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht, viele derselben suchen ihr Auskommen durch Holzmachen in den benachbarten Waldungen, einzelne weibliche Personen durch Flachsspinnen und Stricken zu sichern. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 80 – 90 Morgen.

Der große in die Länge gedehnte Gemeindebezirk, einschließlich der Markungen von Ammerstetten und Beuren, ist zu einem namhaften Theil mit Wald bestockt, und wird von dem nicht tief eingeschnittenen, schmalen Weihung-Thale und von mehreren Seitenthälchen desselben durchzogen, so daß seine Lage, mit geringer Ausnahme, als ziemlich uneben erscheint.

Die Landwirthschaft wird mit großem Fleiße umsichtig betrieben; der verbesserte deutsche Pflug ist allgemein und Heinzen werden zuweilen in Anwendung gebracht. Zur Besserung der Felder gebraucht man, außer dem in gut angelegten Düngerstätten fleißig | gesammelten Stalldünger und der Jauche, nicht selten auch den Gyps. Im System der Dreifelderwirthschaft baut man die gewöhnlichen Cerealien; bei einer Aussaat von 7 Simri Dinkel. 31/2 Simri Roggen, 3 Simri Gerste, 5 Simri Hafer und 3 Simri Weizen, ist der durchschnittliche Ertrag eines Morgens 6 – 7 Scheffel Dinkel, 3 – 4 Scheffel Roggen, 4 – 5 Scheffel Gerste, 5 – 6 Scheffel Hafer, und 4 – 5 Scheffel Weizen. In der zu 3/4 angeblümten Brache baut man Kartoffeln, Kohlraben, in namhafter Ausdehnung dreiblätterigen Klee, ziemlich viel Reps und Flachs. Der Hopfenbau, den ein gewisser Amandus Ott von Schnürpflingen in dem Oberamtsbezirk einführte, wird nicht stark betrieben; dagegen ist der Wickenbau nicht unbeträchtlich. Der höchste Preis eines Morgens Acker beträgt 250 fl., der mittlere und gewöhnlichste 200 fl. und der geringste 70 – 80 fl. Der Absatz an Getreide nach Außen ist nicht bedeutend.

Der Wiesenbau ist ausgedehnt, und wenn die Weihung durch Überschwemmungen nicht schadet, ergiebig; die durchgängig zweimähdigen Wiesen ohne Wässerung, dagegen an manchen Stellen einer Entwässerung bedürftig, ertragen durchschnittlich 18 – 20 Centner Heu und 9 – 10 Centner Öhmd per Morgen. Die Preise eines Morgens Wiese bewegen sich von 80 – 250 fl.

Die Obstzucht, welche sich mit den gewöhnlichen Kernobstsorten und etwas Zwetschgen beschäftigt, liefert nur auf den Anhöhen einen guten Ertrag, während in den tiefer gelegenen Gegenden das Obst in Folge der kalten Nebel häufig nicht gedeiht; die Jungstämme werden von auswärts bezogen.

Gemeindewaldungen sind nicht vorhanden, dagegen besitzt die Stiftungspflege einen mit Laub- und Nadelhölzern gemischten, 43 Morgen großen Wald, dessen Ertrag in die Stiftungskasse fließt.

Die Rindviehzucht ist in sehr gutem Zustande und bildet eine besondere Erwerbsquelle, indem ein lebhafter Handel mit Vieh getrieben wird; man sieht hauptsächlich auf einen tüchtigen Landschlag, und die Haltung der von der Gemeinde angeschafften zwei Farren (Schweizer- und Landrace) besorgt ein Bürger gegen eine Entschädigung von 70 fl. Die Gemeinde benützt das Triebrecht in den gräflich Fugger’schen und Reuttner’schen-, wie in einigen Staatswaldungen. Von geringem Belang ist die Zucht der Pferde und die der Schweine.

Die Brach- und Stoppelweide hat die Gemeinde an einen Schäfer für etwa 100 fl. verpachtet, woneben die Pferchnutzung noch 50 fl. jährlich einträgt.

Die nicht unbeträchtliche Geflügelzucht bildet eine kleine Erwerbsquelle, | namentlich werden viele Gänse jung aufgekauft, groß gezogen und wieder zum Verkauf gebracht.

Die gewöhnlichen Handwerker dienen, mit Ausnahme eines Drechsler, der auch nach Außen arbeitet, nur den nöthigsten örtlichen Bedürfnissen.

Die Stiftungspflege besitzt ein Vermögen von 12–13.000 fl.

Die in den Gemeindeverband gehörigen Orte Ammerstetten und Beuren haben von dem Hauptorte abgesonderte Gemeindepflegen, s. Tab. III.

An der Stelle des gegenwärtigen Gasthauses stand das Schloß der Herren v. Besserer, von dem im Garten des Wirthshauses in geringer Tiefe noch Grundmauern getroffen werden.

Im Steinbach-Thale, etwa 1/4 Stunde südlich von dem Dorf, liegt der Schlößlesberg, ein künstlich aufgeworfener Hügel, der übrigens gegenwärtig abgetragen wird; nach der Volkssage soll hier ein Schloß gestanden sein.

Schnürpflingen gehörte zur Grafschaft Kirchberg und war – Schloß und Dorf – im Besitz von Ulmer Patriciern, anfänglich der Strölin, später der Besserer (Weyermann Neue Nachrichten unter Strölin). Otto der Besserer, welcher 1312 starb, und die dritte Hauptlinie der v. Besserer stiftete, nannte sich von Schnürpflingen. Am Ende des 17. Jahrhunderts kam der Ort ganz an die Fugger von Kirchberg, welche früher schon 2/3 inne hatten, als freies Eigenthum, er wurde aber in der Folge für das verkaufte Dorf Deissenhausen (im bayerischen Landgericht Ursberg), welches zum Lehenscomplex von Kirchberg und Weissenhorn gehörte, zur Wiederergänzung des Lehens, mit der Grafschaft Kirchberg in mannlehnbarer Eigenschaft vereinigt.

Ums Jahr 1580 führten die v. Besserer zu Schnürpflingen einen lutherischen Prediger ein, und brachten den ganzen Pfarrort, nicht aber das Filial Beuren, zur evangelischen Religion. Doch trat im Jahr 1621 der damalige evangelische Pfarrer Thomas Veit, und im Jahr 1633 Gottfried Eberhard v. Besserer zu Schnürpflingen zum Katholicismus über, und das ganze Pfarrdorf wurde sofort wieder katholisch.

In ritterschaftlichen Zeiten steuerte der Ort zum Kanton Donau.

Im Jahr 1806 kam Schnürpflingen, wie das folgende Filial Beuren, an Bayern, durch Staatsvertrag von 1810 unter württembergische Landeshoheit.

b. Ammerstetten, etwa 1/4 Stunde nordwestlich von Schnürpflingen, in dem unbedeutenden Reichenbach-Thälchen, welches bei Steig in das Weihung-Thal führt, liegt der größere | Theil des weitläufig gebauten, nicht großen Orts, von dem noch einzelne Gebäude auf der Anhöhe der linken Thalseite stehen. Die Gebäude, welche sich zwischen Obst- und Hopfengärten in freundlichen Gruppen lagern, sind im Durchschnitt ansehnlich und theilweise noch mit Stroh bedeckt.

Mehrere Brunnen und Quellen liefern in hinreichender Menge gutes Trinkwasser; überdieß fließt noch der Reichenbach und ein kleiner Seitenbach desselben durch den Ort.

Seit dem Jahr 1839 sind neun Häuser des Orts, welche früher nach Steig eingepfarrt waren, der Pfarrei Schnürpflingen zugewiesen, während die übrigen acht Gebäude nach dem 1/2 Stunde westlich gelegenen Hüttisheim pfarren.

Die Einwohner sind meist wohlgewachsene, wackere Leute, deren frühere Wohlhäbigkeit durch die leidige Einwirkung der Hüttisheimer Leihkasse gelitten hat.

Der Boden der Markung ist günstiger als bei Schnürpflingen, weniger naßkalt, und besteht meist aus einem tiefgründigen, sandigen Diluviallehm, daher auch die Felder um 1 – 2 Scheffel per Morgen mehr ertragen als im Mutterort; dagegen stehen in Folge der verhältnißmäßig geringen Bevölkerung die Güterpreise etwas niedriger.

Die Rindviehzucht ist beträchtlich und die Gemeinde hält unter den gleichen Verhältnissen, wie in Schnürpflingen, ihren eigenen Farren. Pferde werden ziemlich viele gehalten.

Früher waren 24 Morgen Gerechtigkeitswaldungen vorhanden, deren Benützung sechs Ortsbürgern, unter der Bedingung, die Brücken und Stege zu unterhalten, zustand; in neuerer Zeit wurden hievon 12 Morgen den Berechtigten als Eigenthum abgetreten, während die übrigen 12 Morgen unter den gleichen Bedingungen Gerechtigkeitswaldungen verblieben.

Im Ort befindet sich eine Kapelle, welche ein Ortsbürger vor einigen Jahren auf eigene Kosten erbauen ließ.

Am 13. Mai 1193 erscheint Eberhardus de Amerstede als Zeuge K. Heinrichs IV. für das Kloster Salem.

c. Beuren liegt 1/4 Stunde südöstlich von dem Mutterort, theils an den westlich geneigten, sanft auslaufenden Gehängen des Weihungs-Thales, theils in einem Seitenthälchen desselben. Die Gebäude sind, einige ausgenommen, ziemlich klein und zum Theil noch mit Stroh gedeckt. Der Ort hat eine angenehme, gegen rauhe Winde geschützte Lage, und ist mit gutem Trinkwasser hinreichend versehen.

Innerhalb des Weilers steht die Kapelle zum heil. Johannes | Baptista, welche Joseph Regenbogen, Bauer in Beuren, in der Mitte des vorigen Jahrhunderts erbauen ließ und mit einem Fonds, bestehend in 1500 fl. Kapitalien und 21/2 Morgen Wiesen, dotirte, aus dem auch die Unterhaltung der Kapelle bestritten wird.

Die Einwohner sind etwas wohlhabender, und die Güter theilweise ergiebiger, als in Schnürpflingen. Die Rindviehzucht ist verhältnißmäßig beträchtlicher, indem der Ort einen bedeutenden Wiesenbau und ein ausgedehnteres Weidrecht hat, als der Mutterort; auch die Pferdezucht wird lebhaft betrieben, so daß von den drei vermöglichsten Güterbesitzern jeder acht Stücke hält.

Der Groß- und Klein-Zehente zu Beuren wurde im Jahr 1435 für die Pfarrstelle in Schnürpflingen den Herren v. Griesingen zu Hüttisheim abgekauft.

Beuren war Fugger-Kirchbergisch; die meisten Güter und Gefälle daselbst rührten von den Grafen von Fugger-Kirchberg zu Lehen. Vielleicht ist von diesem Beuren der dominus Eberhardus de Buren, welcher im Jahr 1228 den Grafen Konrad von Württemberg-Gröningen nach Palästina begleitete und am 15. September d. J. bei diesem, nebst den Herren Eberhard v. Illereichen und Heinrich v. Schwendi in Accon als Zeuge erscheint (Württ. Jahrb. 1826, 95).