« Altheim Beschreibung des Oberamts Laupheim Baustetten »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Baltringen.
Gemeinde III. Klasse mit 501 Einw. – Kath. Pfarrei.

In dem ganz unbedeutenden Dirnach-Thälchen, unfern der Stelle, wo dasselbe in die weitgedehnte Riedebene einläuft, liegt, 11/2) Stunden südlich von Laupheim an der Ulm-Biberacher Landstraße, das ansehnliche in die Länge gedehnte Pfarrdorf, dessen Name vom altdeutschen Mannsnamen Balther abzuleiten ist. Man genießt von ihm eine sehr freundliche Aussicht über die Riedebene hinweg in das Donau-Thal und an einen Theil der Alp. Der mit Obstgärten umgebene Ort, welchen das Flüßchen Dirnach der Länge nach durchfließt, hat eine sehr angenehme, gesunde Lage und besteht meist aus großen, Wohlhabenheit verrathenden Gebäuden. Außer der vielen Verkehr bringenden Hauptstraße führen Vicinalstraßen nach Mietingen und Sulmingen; auch ist die nächste Eisenbahnstation Langenschemmern nur eine Stunde entfernt.

Am nördlichen Ortsende steht innerhalb des dauerhaft ummauerten und 1840 namhaft erweiterten Begräbnißplatzes die Pfarrkirche zum heiligen Nicolaus, die im Jahr 1490 neu erbaut und im Jahr 1720 erhöht und erneuert wurde; sie ist sowohl äußerlich als in ihrem Innern modernisirt und zeigt von ihrem ursprünglichen Baustyl nur noch das mit einem halben Achteck schließende – mit einem Netzgewölbe gedeckte Chor, dessen Fenster übrigens ebenfalls in den Rococcostyl geändert wurden. Das freundliche und helle Innere hat nichts Bemerkenswerthes. Der massive viereckige Thurm stammt noch aus früherer Periode; in den unteren Theilen nur mit Schießscharten versehen, enthält sein oberstes Stockwerk (Glockenhaus), unter dem sich ein Rundbogenfries herum zieht, auf jeder Seite je zwei in einer Blendnische befindliche| Rundbogenfenster. Derselbe trägt ein Satteldach, an dessen zwei Giebelseiten je fünf schmucklose viereckige Säulchen emporstreben.

Das in der Nähe der Kirche frei und angenehm gelegene Pfarrhaus wurde 1710 von dem Kloster Heggbach, das den später an den Grafen v. Plettenberg gekommenen Großzehenten besaß, neu gebaut und erhielt im Jahr 1828 einige Verbesserungen.[1]

Das Schulhaus mit den für den Lehrer eingerichteten Wohngelassen wurde im Jahr 1822 auf Kosten der Gemeinde vergrößert und erneuert. Eine Industrieschule besteht seit einigen Jahren.

Rathhaus ist keines vorhanden, dagegen beabsichtigt die Gemeinde ein solches zu bauen.

Ein Haus, das gegenwärtig einem Bäcker gehört und früher ein Wirthshaus gewesen sein soll, hatte ein Asylrecht für Verbrecher.

Außer der durch den Ort fließenden Dirnach, welche nicht selten austritt und den Feldern, wie den tiefer gelegenen Häusern schadet, sind mehrere Pumpbrunnen vorhanden, die hinreichend gutes Trinkwasser liefern.

Einige 100 Schritte vom Ort bestand früher ein Badhaus, wie denn Franz Schleicher, Bürger zu Ulm und Besitzer mehrerer Güter in Baltringen, schon von Kaiser Friedrich die Freiheit erhielt, eine Badstube in Baltringen zu errichten.

Die Einwohner sind in guten Vermögensumständen und bei großer Arbeitsamkeit im Allgemeinen gutmüthig und religiös. Ein eigenthümlicher Gebrauch ist, daß jede Wöchnerin bei der Aussegnung dem Heiligen einen Schneller Garn bringt. Feldbau und Viehzucht bilden die Hauptnahrungsquellen. Der ausgedehnteste Güterbesitz in Einer Hand beträgt 100 Morgen. Außer einer im Ort befindlichen Mühle mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang, einer Sägmühle und einer Schildwirthschaft, dienen die vorhandenen Gewerbe nur den nöthigsten örtlichen Bedürfnissen. An Brennholz hat die Gemeinde gänzlichen Mangel, daher ihr der etwa 200 Morgen große Torfstich im sogenannten Osterried ein willkommenes Surrogat liefert; von demselben gehören der Gemeinde etwa 80 Morgen, die weiteren 120 Morgen sind an die Ortsbürger vertheilt, von denen jeder auf seinen Theil Torf stechen läßt, so daß im Allgemeinen gegen 300.000 Stücke Wasen jährlich abgebaut werden. Der an Güte ziemlich verschiedene Torf, dessen Mächtigkeit zwischen 3 — 6′ wechselt, wird nicht nur allgemein im Ort selbst | benützt, sondern kommt auch noch in großer Ausdehnung in die Umgegend, namentlich nach Laupheim, zu einem Preis von 1 fl. 45 kr. per 1000 zum Verkauf.

Etwa 1/8 Stunde östlich vom Ort liegen 4, Privaten gehörige Molassesandsteinbrüche, aus denen sehr gute Bausteine gewonnen werden.

Die ziemlich große, mit geringer Ausnahme für den Feldbau benützte Markung, ist größtentheils eben und hat einen sehr fruchtbaren, meist aus leichtem Diluviallehm, theilweise mit vorherrschendem Sand bestehenden Boden; nur in der Riedebene lagert Moorgrund, der nicht selten etwas saures Futter hervorbringt. Das Klima ist mild; die Luft rein und gesund.

Die Landwirthschaft wird im Dreifeldersystem sehr fleißig und umsichtig betrieben.

Man baut die gewöhnlichen Cerealien und in der zu 2/3 angeblümten Brache kommen Futterkräuter (besonders dreiblätteriger Klee), Kartoffeln, Kohlraben, Kraut etc. zum Anbau; von Handelsgewächsen zieht man ziemlich viel Reps und Flachs.

Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens wird zu 4 – 9 Scheffel Dinkel, 3 – 4 Scheffel Roggen, 4 – 5 Scheffel Hafer und 3 – 4 Scheffel Gerste angegeben.

Die höchsten Preise eines Morgens Acker belaufen sich auf 400 fl., die mittleren auf 250 fl., und die geringsten auf 150 fl. Der Getreideverkauf geschieht in beträchtlicher Ausdehnung auf den nächstgelegenen Fruchtschrannen und in die Schweiz.

Die durchgängig zweimähdigen Wiesen sind, besonders seit der im Jahr 1845/46 unter der Leitung eines Wiesenbaumeisters mit einem Staatsbeitrag von 500 fl. hergestellten Wässerung, sehr ergiebig und ertragen durchschnittlich per Morgen 20 Centner Heu und 10 Centner Öhmd. Die Preise eines Morgens bewegen sich von 50 – 350 fl.

Die Obstzucht ist unbedeutend und ihr Ertrag wird im Ort verbraucht.

Von großer Ausdehnung ist die Rindviehzucht; beinahe jeder Bauer hält 20 – 30 Stück Vieh und einzelne größere Güterbesitzer auch eigene Farren, während die Gemeinde die Haltung von drei Schweizerfarren an Ortsbürger gegen jährlich 30 fl. Entschädigung verdingt hat. Der Handel mit Vieh, welches meist der Allgäuerrace angehört, ist beträchtlich und bildet eine besondere Erwerbsquelle der Einwohner. Minder bedeutend ist die Pferdezucht, bei der man hauptsächlich auf einen kräftigen Landschlag steht; die | Stuten kommen zur Bedeckung auf die Beschälplatten nach Biberach und Laupheim.

Was die Schafzucht betrifft, so halten einige Bürger gemeinschaftlich etwa 500 Stück Bastarde, die übrigens meist auf fremder Weide laufen. Der Schafweidepacht trägt der Gemeinde etwa 200 fl, die Pferchnutzung 150 – 200 fl. jährlich ein.

Schweine werden meist nur für den eigenen Bedarf gemästet, dagegen ist die Zucht des Geflügels und der Handel mit demselben, namentlich mit Gänsen, ziemlich namhaft.

Das Fischrecht steht dem Kronenwirth zu, auf dessen Haus (früher Spital Biberach’sches Amtshaus) es ruht.

Eine steinerne Brücke und vier Stege führen innerhalb des Orts über die Dirnach, außerhalb desselben an der Straße nach Schemmerberg besteht eine theils aus Steinen, theils aus Holz erbaute Brücke.

Die Gemeindepflege bezieht außer den schon angeführten Einnahmen aus Gütern und Torfstich einen jährlichen Pacht von etwa 250 fl.

Von den zur Zeit des Übergangs an Württemberg (1806) vorhanden gewesenen nicht unbedeutenden Landschafts-Gemeindeschulden wurde der Ort theils durch Übernahme auf den Staat im Jahr 1821, theils durch Abbezahlung unter der Amtsführung der beiden wackern Ortsvorsteher Augustin Benz und Joseph Häußler befreit.

Eine Armenstiftung von 500 fl. ist vorhanden und der Schulfonds beträgt 350 fl.

Siehe übrigens über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt Tab. III.

Was die Grundherrlichkeiten betrifft, so hatten in frühesten Zeiten die Herren von Freiberg hier ansehnliches Eigenthum, wenigstens verkauften sie im Jahr 1396 den Großzehnten und einen Hof in Baltringen mit dem ganzen Laienzehnten an das Frauenkloster Heggbach (Lünig R. A. 18b, 119) und in demselben Jahr Güter an einen Biberacher Bürger, im Jahr 1405 die Mühle und Fischenz an Bürger derselben Stadt. Franz Schleicher von Ulm erhielt den 11. Januar 1470 von Kaiser Friedrich das Privilegium, in seinem Dorfe Baltringen ein Gericht mit 1 Amman und 12 Richtern, welches über alles, „ausgenommen über das Blut“, richten sollte, anzuordnen. Derselbe Schleicher trug vom Haus Österreich, welches hier ein Paar Activlehen besaß, ein Gut zu Lehen. Der Biberacher Spital machte namentlich im 15. Jahrhundert seit 1420 beträchtliche Einkäufe, erwarb im Jahr 1473 | die Schleicher’schen Rechte und Besitzungen für 2579 fl., brachte nach und nach fast den ganzen Ort an sich und blieb im Besitz bis 1803. Das Kloster Heggbach besaß mehrere einzelne Güter, auch zwei ansehnliche Bauernhöfe (Wechsler Nachr. von Biberach 195).

Laut Vertrag vom 18. September 1535 gehörte die hohe Gerichtsbarkeit in Baltringen innerhalb Etters dem Spital Biberach, außerhalb Etters der Landvogtei Ober- und Niederschwaben (Wegelin Landvogtei 2, 163), die Niedergerichtsbarkeit gehörte überall dem Spital Biberach; später verlieh die Landvogtei ihren Antheil an der hohen Gerichtsbarkeit in Baltringen, sowie in Baustetten, Mietingen und Sulmingen an das Kloster Salem, welches solche gegen ein jährliches Recognitionsgeld zu Lehen trug (letzter Lehenbrief vom 6. September 1791).

In dem Jahre 1491 erhielt der Ort, welcher früher hälftig zu Laupheim und hälftig zu Sulmingen pfarrte, durch Stiftung der Einwohner mit Genehmigung der Äbte von Salem und Ochsenhausen eine eigene Kirche (dem heiligen Nicolaus geweiht) und eine selbstständige Pfarrei, wobei die jährliche Leistung einer Recognitionsgebühr an die Pfarrei zu Laupheim und Sulmingen zur Bedingung gemacht wurde. Das Patronat derselben hatte das Kloster Ochsenhausen, dann der Fürst von Metternich, seit 1825 Württemberg.

In den Jahren 1542 und folgenden machte Biberach vergebliche Bemühungen, die Reformation einzuführen mit Hülfe Ulms, in dessen Schutz Ochsenhausen stund, wiewohl Ochsenhausen sich widersetzte. Der Rücktritt des Abts Georg von Weingarten und die Wahl seines Nachfolgers Gerwigk Blaurers, zugleich Abts von Ochsenhausen, eines gewandten, entschiedenen Gegners der Reformation, vereitelte die Sache (Näheres in der Geschichte des Reichsstifts Ochsenhausen 78 ff.).

Im Jahr 1636 war durch die Pest der Ort fast ganz ausgestorben.

In Folge des Lüneviller Friedens von 1802 kam durch den Reichsdeputationsreceß von 1803 mit der Reichsstadt Biberach der Haupttheil des Ortes an Baden, der früher dem Kloster Heggbach gehörige Großzehent nebst einem Walddistrict an den Grafen von Plettenberg (vergl. Mietingen), durch die Rheinbundsacte von 1806 kam alles unter württembergische Oberhoheit. Maximilian Friedrich Graf von Plettenberg starb 1813, und vererbte seine Güter auf sein einziges Kind Marie, welches sich im Jahre 1833 mit Nicolaus Franz Maria Alexander Grafen von Esterhazy vermählte.

  1. In dem Pfarrhause zu Baltringen hängen die Bildnisse der beiden geschichtlich merkwürdigen Männer „Gerwick Blaurer und Ambrosius Blaurer“; ersterer Abt zu Ochsenhausen und Weingarten, letzterer Apostat des Klosters Alpirsbach.