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Breitenholz,
Gemeinde III. Klasse mit 587 Einw., wor. 6 Kath. – Ev. Pfarrei. Die Kathol. sind nach Altingen eingepfarrt.
Der nicht große, ziemlich regelmäßig gebaute Ort, liegt in ländlicher Stille und Abgelegenheit hinter Obstbäumen versteckt, am Fuß der Schönbuchsterrasse, welche sich in der Nähe des Dorfs in einem beinahe rechten Winkel auf einmal gegen Westen wendet und demselben, wie auch der nächsten Umgegend, Schutz gegen Osten und Norden gewährt. Diese gegen rauhe Winde geschützte Lage äußert nicht nur einen wohlthätigen Einfluß auf den Gesundheitszustand der Einwohner, sondern auch auf die Vegetation der| Gegend und ist namentlich dem Wein- und Obstbau sehr zuträglich. Letzterer wird daher auch in großer Ausdehnung getrieben und bildet eine Haupterwerbsquelle der Einwohner.

Am südöstlichen Ende des mit gepflasterten Straßen durchzogenen, meist eben gelegenen Dorfes steht die einfache Pfarrkirche welche nach einer über dem spitzbogigen Eingang angebrachten Jahrszahl 1577 erbaut – in den Jahren 1602 und 1740 aber verändert und namhaft vergrößert wurde, so daß ihre ursprüngliche Bauweise durch Neuerungen beinahe gänzlich verdrängt ist. Von hohem Alter scheint der viereckige, aus drei Stockwerken bestehende, massive Thurm zu sein, der im zweiten Stock in seinen dicken Mauern Nischen mit Schußscharten hat, die ihn zu einem ehemaligen Vertheidigungsthurm stempeln. Von den drei auf demselben hängenden Glocken ist eine sehr alt und trägt die vier Evangelistennamen als Umschrift. Im Innern der Kirche sind an den Wänden des Chors und theilweise des Langhauses die zwölf Apostel, die Geburt Christi etc. kunstlos angemalt. Die Kirche mit dem zunächst derselben gelegenen Begräbnißplatz gehört der Stiftungspflege, wird aber, weil diese unbemittelt ist, von der Gemeindekasse im Bau erhalten.

Das angenehm gelegene und gut erhaltene Pfarrhaus, von dem man eine sehr anziehende Aussicht genießt, wurde im Jahr 1819 von dem damaligen Unterförster Dürr erbaut und 1824 für 3100 fl. durch die Gemeinde gekauft, der auch die Unterhaltung desselben obliegt.

Das in der Nähe der Kirche stehende Schulhaus wurde im Jahr 1820 mit einem Gemeindeaufwand von 2100 fl. erbaut und befindet sich in gutem Zustande; der Lehrer und der Lehrgehilfe wohnen in einem besonderen Hause, welches die Gemeinde im Jahr 1848 um 1125 fl. ankaufte. Eine Industrieschule besteht seit 1851.

Das ziemlich gut erhaltene Rathhaus wurde im Jahr 1563 erbaut; auch befindet sich ein Gemeindebackhaus im Ort.

Nach dem Landbuch von 1623 hatte der Ort früher drei Keltern, zwei herrschaftliche und eine dem Spital Herrenberg gehörige; von diesen besteht nur noch eine, die bisher Eigenthum des Staats, in Folge der Ablösung der Gemeinde zugefallen ist.

Der Ort hat außer einigen Pump- und Schöpfbrunnen auch zwei laufende Brunnen, die gutes Wasser liefern, jedoch in sehr trockenen Jahrgängen versiegen, so daß die Einwohner genöthigt sind, ihren Wasserbedarf außerhalb des Orts am Ursprung des Rohrbachs, Grundlos genannt, zu holen. Jenes Brunnenwasser| wird an der Schönbuchsterrasse ziemlich hoch über den Gipsschichten gefaßt und in den Ort geleitet.

Die Einwohner sind kräftig, gesund und tragen keine Spuren des in den Nachbarorten sich zeigenden Cretinismus, was der Zuleitung gipsfreien Trinkwassers zu verdanken sein dürfte.

Eine Wette besteht im Ort und mehrere periodisch fließende Quellen (Hungerbrunnen) sind auf der Markung vorhanden.

Erdfälle kommen viele vor und entstehen beinahe jedes Jahr in dem unteren Keupermergel aus denselben Ursachen, die auch bei Entringen obwalten (siehe die Ortbeschreibung von Entringen).

Die Einwohner, deren Haupterwerbsquellen in Ackerbau, Viehzucht, Obst- und Weinbau bestehen, sind sehr fleißig und in mittelmäßigen Vermögensumständen; viele der minder Bemittelten finden durch Holzmachen sowie Stein- und Gipsbrechen einen mäßigen Verdienst. Es befinden sich nämlich auf der Markung zwei Steinbrüche, der eine im grobkörnigen Stubensandstein unfern der Burg Müneck, der andere im feinkörnigen Keuperwerkstein unterhalb des sogenannten Kleebs, welche gute, in der Umgegend gesuchte Bau- und Werksteine liefern; der gegrabene Gips wird ungemalen nach Außen verkauft. Der begütertste Bürger besitzt 40 Morgen Felder.

Die ziemlich ausgedehnte Markung, von der übrigens wenigstens die Hälfte mit Wald bestockt ist, grenzt gegen Norden an die Markungen Kayh und Altdorf, O.A. Böblingen, gegen Osten an Hagelloch, O.A. Tübingen, gegen Süden an Entringen und gegen Westen an Altingen und Kayh. Die Lage der Feldgüter ist ziemlich uneben, namentlich liegt ein großer Theil derselben an der steilen Schönbuchsterrasse, welche übrigens meist für den Wein und Obstbau benutzt wird, wozu sich dieselbe vermöge ihres Keupermergelbodens und des Schutzes, den sie gegen rauhe Winde hat, sehr gut eignet. Der übrige Theil der Markung besteht theils aus einem strengen Thonboden, theils aus fruchtbarem Diluviallehm; auf dem zu Wald benützten Plateau des Schönbuchs herrscht Sand (Verwitterung des Stubensandsteins), mit lettigem Untergrund vor. Im Allgemeinen ist der Boden zu 1/3 der Feldmarkung gut, 1/3 mittelmäßig und 1/3 schlecht zu nennen. Wegen des häufig vorkommenden Keupermergels, der hitzige Böden liefert, und wegen des Thonbodens ist der Ertrag in etwas nassen Jahrgängen ein besserer, als in trockenen. Die ergiebigsten Felder sind die Kirchäcker, Sindeläcker, Brunnäcker, oben im Dorf, Schelmenäcker u. s. w. Frühlingsfröste schaden zuweilen dem Wein und dem Obst, dagegen ist Hagelschlag selten.

| Die mit vielem Fleiß betriebene Landwirthschaft beschäftigt sich hauptsächlich mit der Obstzucht, welche sich auf Kosten des Weinbaues täglich mehr ausdehnt und sich bereits über den größten Theil der Feldmarkung erstreckt; es werden meist Mostsorten, Zwetschgen und viele Kirschen (gewöhnlich schwarze Sorten) gepflanzt und in Handel gebracht, namentlich sind es die Kirschen, welche eimerweise zur Bereitung des Kirschengeistes verkauft werden und in günstigen Jahren nicht selten einen Erlös von 5–6000 fl. abwerfen. Der eigentliche Ackerbau, mit zu 1/10 angeblümter Brache, ist untergeordnet und liefert, wegen der vielen auf den Äckern stehenden Bäume, verhältnißmäßig weniger Ertrag, als in der nächsten Umgegend. Bei einer Aussaat von 8 Sri. Dinkel, 4 Sri. Gerste und ebensoviel Hafer und Einkorn erträgt der Morgen durchschnittlich 8–10 Scheffel Dinkel, 5 Scheffel Gerste und 5–6 Scheffel Hafer. In der Brache baut man Kartoffeln und dreiblätterigen Klee, während in den ehemaligen Weinbergen, wie überhaupt an den Abhängen der Schönbuchsterrasse, viel Luzerne zum Anbau kommt. Hanf wird in eigenen Ländern gezogen und der in neuerer Zeit eingeführte Hopfenbau liefert wegen der geschützten Lage reichlichen Ertrag. Getreide wird ziemlich viel nach Tübingen abgesetzt. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 100 bis 400 fl.

Die Markung ist reich an Wiesen, die übrigens keine Wässerung haben, jedoch mit Ausnahme der Waldwiesen in günstigen Jahren zwei Schnitte erlauben, während in trockenen Sommern der Öhmdertrag öfters beinahe ganz fehlt; sie liefern durchschnittlich 25 Centner Heu und 10–12 Centner Öhmd.

Der Weinbau, welcher immer mehr abnimmt, wird auf die gleiche Weise, nur verhältnißmäßig ausgedehnter, wie in dem nahe gelegenen Entringen betrieben, (siehe daselbst); es werden hauptsächlich Trollinger, Elblinge und ziemlich viel sogenannte Butscheeren gebaut. Der Ertrag, 3–6 Eimer per Morgen, wird in günstigen Jahren ziemlich gut und kommt um die gleichen Preise wie in Entringen meist in den Schwarzwald und in das Gäu zum Verkauf.

Der aus einer gelbrothen Landrace bestehende Rindviehstand wird durch zwei Farren (Simmenthaler und Kreuzung von Simmenthaler mit der Landrace) nachgezüchtet; die Farren hält ein Bürger Namens der Gemeinde um jährlich 88 fl. nebst der Nutznießung von zwei Morgen Wiesen. Der Handel mit Vieh ist nicht beträchtlich. Auf der Brach- und Stoppelweide hält ein Pachtschäfer etwa 200 Stück Bastardschafe, wofür der| Gemeindepflege jährlich 200 fl. Pachtgeld und 150 fl. Pferch-Erlös zufließen.

Schweine werden nicht gezüchtet, sondern die Ferkel von Außen gekauft und meist für die Haushaltung gemästet.

Die Bienenzucht ist unbedeutend; Geflügel wird nur für den eigenen Bedarf gehalten.

Eine Vicinalstraße, die auf die Herrenberg-Tübinger Landstraße führt, setzt den Ort mit der Umgegend in Verbindung.

Die Gemeindepflege besitzt 130 Morgen Waldungen, welche mit Eichen und Buchen bestockt sind und bei einem 40jährigen Umtrieb alle 2–3 Jahre 20–22 Klafter und 2000 St. Wellen abwerfen; der Ertrag wird als Gabholz an die Bürger verteilt, so daß jeder 1/4 Holz und 12 Stück Wellen erhält. Den größern Theil jenes Waldareals, 110 Morgen, hat die Gemeinde im Jahr 1820 für eine Schönbuchsgerechtigkeit von dem Staate erworben. Über das Gemeinde- und Stiftungsvermögen siehe Tabelle III.; unter letzterem befinden sich 1200 fl., deren Zinse alljährlich für die Ortsarmen verwendet werden.

Die jährliche Gemeindeschadens-Umlage von 600–800 fl. rührt mitunter von den namhaften Kosten her, welche die Gemeinde auf die Unterhaltung sämmtlicher öffentlicher Gebäude verwenden muß.

Bis zur Ablösung hatte der Staat nebst den Gülten den großen, die Pfarrei den kleinen Zehnten zu beziehen.

Der Ort war vor der Reformation nach Entringen eingepfarrt (siehe hierüber die Ortsbeschreibung von Entringen); die Besetzung der Pfarrei steht der Krone zu.

Östlich vom Ort auf einem hohen, steilen Vorsprung des Schönbuchs stand die längst abgegangene Burg Müneck, von der noch der kreisrunde Wall und Graben sichtbar ist.

Auf ihr saßen Dienstmannen der Pfalzgrafen von Tübingen, welche sich Muginekke (1270), Mugenecke (1286), Mönegge (1301, Schmid 274), Münecke (1304, Schmid 291), Muegenegge (1304, Schmid Urk. 81), Mueienecge (1307), Miunegge (1379), Muineck (1382) schrieben und vier liegende Spitzen im Wappenschilde führten (Schmid Urk. 206). In einer Urkunde Graf Rudolfs von Tübingen vom 2. August 1270 kommt, so viel bekannt, die Familie zum ersten Mal vor, und zwar Hugo de Muginekke miles, Arnoldus de Muginekke als Zeugen des genannten Grafen (Schmid Urk, 35). Am 3. Febr. 1286 ist Hainricus de Mugenecke servus nobilis Zeuge Konrads von Wurmlingen, Stiftsherrn in Sindelfingen (Schmid Urk. 60; vergl. auch Gerbert| Hist. nigr. silv. 3, 233. Besold Mon. 396. Schmid Urk. 205).

Am 14. Nov. 1337 verkaufte ein jüngerer Heinrich Güter im Schönbuch, in Breitenholz und Entringen mit Leuten, Äckern, Weingärten für 320 Pfund an Friedrich und Diemen die Herter und den 9. August 1338 that Graf Konrad der Scheerer von Tübingen kund: als er zu Gericht gesessen in seiner Grafschaft, zu Herrenberg an des Reiches Landstraße, da sieben Richter waren, seien vor ihm erschienen Heinrich von M. und seine Gattin Sophia, welche Burkhard von Ehingen zum Vogt hatte, und hätten obigen Verkauf angezeigt, die Gattin aber habe, weil ihr die Güter verschrieben waren, eidlich darauf verzichtet[1]. Am 10. Febr. 1382 siegelt „Albrecht von Muineck kirchherre ze Böblingen“ eine Urkunde Pfalzgraf Konrads von Tübingen des Scheerers (St.-A.). Bald darauf scheint dieses Geschlecht erloschen zu sein.

In Breitenholz selbst hatte das Kloster Ottobeuren im 12. Jahrhundert, wo nicht schon früher, Zinsgüter (Braitenholz solvit XIV. montae veteris. Feyerabend Ottobeurens Jahrb. 2, 240). Später, den 22. Nov. 1296, erkaufte das Kloster Bebenhausen von dem Grafen Friedrich von Zollern († 1298) alle dessen hiesige Besitzungen (Mon. Zoller. Nr. 237).

Noch vor dem Aussterben der Herren von Müneck hatten hier Leibeigene die Truchsessen von Höfingen (wenigstens Truchseß Erpf im Jahr 1377. Schmid 476) und erscheinen begütert die Herren von Ehingen, von Neuneck (1368. Schmid Urk. 174) und von Hailfingen. Heinz von Hailfingen verkaufte den 20. Dez. 1364 seinen Antheil an Breitenholz und Müneck an Johann Herter (Crus. Ann. 3, 274). In der Herter’schen Familie bekamen im Jahr 1393 die Brüder Hans und Jakob den hiesigen Hausbesitz in der Theilung mit ihrem Bruder Fritz (Sattler Topogr. 304); Jakobs gleichnamiger Sohn kaufte am 18. Sept. 1439 noch 16 Ohm jährlicher Weingülten von Heinrich von Neuhausen.

Die Herrschaft Württemberg brachte in der Mitte des 15. Jahrhunderts den Ort an sich. Am 30. Jan. 1430 erkauften die Grafen Ludwig und Ulrich Leibeigene von Wilhelm von Hailfingen Johannitercomthur zu Mergentheim; das meiste aber erwarben sie von den Hertern und zwar Graf Ulrich die eine Hälfte des Orts am 18. April 1446 für 1600 fl. von Bryda (geb. v. Kaltenthal) Wittwe Georgs, Schwiegertochter des obigen Hans, ferner

Graf Ludwig den 3. April 1447 von dem bereits genannten| Jakob dem Sohne dessen Antheil am Dorfe; später noch, am 2. Aug. 1473, gelangte an Graf Eberhard im Bart von Konrad und Kraft von Hailfingen deren hiesiger Besitz.



  1. Crus. Ann. Suev. 3, 236, wo doch wohl Münecke statt Nünecke zu lesen ist.


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