« Kapitel A 5 Beschreibung des Oberamts Herrenberg Kapitel A 7 »
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VI. Gesellschaftlicher Zustand.


1. Grundherrliche Verhältnisse.


A. Grundherren.

In Folge wechselsweiser Abtretung von Besitzungen der K. Hofdomänenkammer (vormalige Kammerschreiberei) und der K. Staatsfinanzkammer erwarb erstere von Martini 1814 an (ein höchster Erlaß ist hierüber nicht gedruckt) die Grundherrlichkeit über den größten Theil des Oberamtsbezirks und vereinigte in dem zu Herrenberg errichteten Hof-Kameralamt die Bezirksorte: Herrenberg, Affstätt, Altingen, Bondorf, Gärtringen, Gültstein, Haslach, Kayh, Kuppingen, Mönchberg, Nebringen, Nufringen, Ober-Jesingen, Öschelbronn, Rohrau und Thailfingen.

Als adelige Besitzungen, welche gleich den hofkammerlichen Orten von dem alle Patrimonialgerichtsbarkeit und Ortspolizei sowie deren Surrogate aufhebenden Gesetz vom 4. Juli 1849 betroffen wurden, befinden sich im Bezirk die Rittergüter: a) zu Gärtringen, dem Freiherrn Hiller v. Gärtringen – b) zu Poltringen, dem Freiherrn v. Ulm-Werenwaag und c) Hohen-Entringen, dem Freiherrn v. Taubenheim gehörig. Staatsdomänen (geschlossene Kameralgüter) sind keine im Bezirk, dagegen besitzt die K. Hofdomänenkammer die beiden Domänen Sindlingen und Nieder-Reuthin (s. u.).

Sowohl in Ansehung dieser Domänen, nebst Staats- und hofkammerlichen Waldungen, als der adeligen Besitzungen kommt den betreffenden Gemeinden das Gesetz vom 18. Juni 1849 wegen Ausdehnung des Amts- und Gemeinde-Verbands auf sämmtliche Theile des Staatsgebiets zu Statten.

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B. Leibeigenschafts- und Lehenswesen.

Nachdem die Gesetzgebung vom Jahr 1849 diesen Verband vollends gelöst hat, kommen hier nur noch einzelne frühere Verhältnisse zur Erwähnung. Die Leibeigenschaft war in dem ehemaligen Herrenberger Amte allgemein; denn es wurden sämmtliche Einwohner „für leibeigen geachtet, so keinen wissentlichen Leibsherrn haben.“ Sie mußten auch als Ausgesessene das in ihrem Wohnort übliche Hauptrecht, einen Gulden von hundert Pfund Hellern, entrichten. Übrigens waren die Weiber in einzelnen Orten ganz frei, in andern nur zur Bezahlung der Hälfte verpflichtet; in Entringen wurden nur sechs Heller gefordert, „so die Frau in ihrem Kindbeth abstirbt.“ Die Leibsteuer bestund bei den Männern theils in zwei Schilling, theils, wie bei den Weibern, in einer alten Henne, es scheint jedoch, daß die Mannsteuer nicht so allgemein war, als die Leibhenne. Dagegen wurde nach dem Lagerbuch der Pflege Roseck „von denen Jenigen Eheleuthen da beede namblich Mann vnd Weib Leibeigen der Leibhenne nur Einfach vnd nit von beeden eingezogen.“ Für Breitholz galt die Bestimmung, daß „welche Frau auch zur Zeit sammlung solcher Leibhennen in Kindbett ligt oder nahend auf dem Zihl ist, derselbigen wirdt auf dasselbig mahl Ihr Henn ußer gnaden Widerum geschenckht.“ In Bondorf wurde „von einer jeden dem Kloster Bebenhausen mit Leib zugethanen Mans oder Frawen Persohn, so sich alda verhewrathet zu Brautlauff oder Gürttelgewandt Einen Salz Scheiben eingezogen.“ In (Unter-) Jesingen dagegen gaben des Klosters Leibeigene Leuth bei ihrer Verheirathung die in andern Orten gebräuchliche Salzsteuer „in natura nit“, sondern sie verglichen sich wegen eines Geldsurrogats, welches 2–3 fl. betrug. Im Allgemeinen bestimmt das Pfleg Roseck’sche Lagerbuch von 1672 noch „daß die Kinder nit vonn den Vättern, sondern allein vonn ihren leiblichen Müettern leibaigen Seindt.“

C. Grundlasten und ähnliche nunmehr abgelöste Abgaben

hatten in dem Bezirk neben der Hofdomänenkammer und der Staats-Finanzverwaltung die Hospitalverwaltung Herrenberg und ausnahmsweise auch Gemeinde- und Stiftungspflegen zu beziehen.

In einzelnen Orten concurrirten mehrere Gefällherren, so zu Bondorf, wo Hofkammer, Pfarrei Leinstetten, Hospital Reutlingen, Almosenpflege und Stadtpfarrei Rottenburg und Stiftungspflege Wildberg Gefälle erhoben. Auch zu Öschelbronn erschienen neben| der Hofdomänenkammer die Freiherren von Raßler und Tessin, der Hospital Reutlingen und die Kaplanei St. Johann in Horb als gefällberechtigt. In Oberndorf hatte zugleich mit dem Staat der Freiherr von Ulm Gefälle zu erheben. In Mötzingen die Stiftungspflege und die Pfarreien Felldorf und Berneck.

Theilgebühren waren nicht häufig, übrigens kamen sogar zwei- und dreitheilige Äcker, auch vier- und sechstheilige Weinberge vor. In Reusten gab jedes Haus, mit Ausnahme einiger öffentlichen Gebäude, ein Vogthuhn und ein Viertel Vogthaber, neben diesen Abgaben bestand noch eine Vogtsteuer. Alle diese Leistungen nebst den Frohndiensten sind nach und nach vermöge der Gesetze von 1817–1821, von 1836 und von 1848 und 1849 im Wege der Aufhebung und Ablösung gegen Entschädigung der Berechtigten beseitigt worden.

D. Zehenten.

Am bedeutendsten wirkte die gesetzlich angeordnete Grundentlastung in Ansehung der Zehenten, welche durch das Gesetz vom 17. Juni 1849 den Privatberechtigten gegenüber für aufgehoben, dem Staatskammergut, der Hofdomänenkammer und den öffentlichen Corporationen gegenüber für ablösbar, in beiden Beziehungen gegen bestimmte Entschädigung von Seite der Pflichtigen, erklärt wurden.

Nachdem die Blut- und Heu-Zehenten schon durch die vorangegangenen Edicte in den Jahren 1817–1821 der Ablösung unterworfen worden, und in Ansehung der übrigen bedeutenden Zehenten von der Ablösungsbefugniß in dem Bezirke durchaus Gebrauch gemacht wurde; so sind es lediglich vormalige Zehent-Verhältnisse, deren hienach kurz erwähnt wird.

Die sehr einträglichen großen Fruchtzehenten stunden auf den Markungen Breitenholz, Entringen, Hildrizhausen, Mötzingen, Ober-Jettingen und Sindlingen, Oberndorf, Pfäffingen, Poltringen, Reusten, Unter-Jesingen und Unter-Jettingen dem Staat, auf den übrigen Markungen der K. Hofdomänenkammer zu, welche denselben in Thailfingen mit dem Hospital Tübingen jedoch zu ungleichen Theilen gemeinschaftlich besaß.

Die kleinen Zehenten bezog die Hofdomänenkammer in Herrenberg, Bondorf, Haslach; auf den übrigen Markungen gebührte derselbe den Ortspfarreien mit Ausnahme der Markung von Kayh, auf welcher ihn die Pfarrei Altingen und der Markung von Oberndorf, wo ihn früher die beiden Pfarreien Poltringen zu erheben hatten. In Ober-Jettingen stund der kleine Zehenten der Pfarrei nur von 100 Morgen allein zu, auf der übrigen| Markung war er zu 2/3 vom Kloster Reuthin her mit der K. Oberfinanzkammer gemeinschaftlich. In Thailfingen gebührte der kleine Zehenten der Pfarrei ebenfalls nur theilweise, indem sie denselben mit der Hospitalpflege Tübingen in demselben Verhältniß zu theilen hatte, wie die Hofdomänen-Kammer den großen mit eben diesem Spital.

Der Heuzehenten gebührte in den der Hofkammer grundherrlichen Orten meistens dieser, sie hatte denselben aber auf einigen Markungen mit den Pfarreien zu theilen; in Nebringen wurde statt des Heuzehenten ein Surrogat unter dem Namen Wieshaber gereicht. In Breitenholz und Entringen theilten sich Staats-Finanzkammer und Pfarrei zu gleichen Theilen in den Heuzehenten. In Oberndorf war der Freiherr v. Ulm im Besitz dieses Rechts; in Thailfingen die Pfarrei und der Hospital Tübingen. In Unter-Jettingen, wo der Heuzehenten der Pfarrei gebührte, wurde für denselben nur 1/20 gereicht.

Den Weinzehenten bezog in den meisten Markungen, welche Weinbau haben, die Staats-Finanzkammer; so in Breitholz, Entringen, Pfäffingen, Reusten und Unter-Jesingen. In Oberndorf und Poltringen war neben der Finanzkammer der Freiherr v. Ulm auf einigen Halden Weinzehentherr. (Vergl. die Ortsbeschreibung.)


2. Staats- und kirchliche Einrichtungen.


A. Eintheilung der Ämter.
a. Weltliche.

Der Oberamtsbezirk Herrenberg ist dem Schwarzwaldkreis zugetheilt, für welchen der Gerichtshof in Tübingen und die Kreisregierung in Reutlingen sich befinden. (Die Kreis-Finanzkammer, welche ebenfalls in Reutlingen ihren Sitz hatte, ist gleich den übrigen Finanzkammern seit 1. Mai 1850 in der Ober-Finanzkammer zu Stuttgart vereinigt.)

Von den Bezirksbehörden haben ihren Sitz in Herrenberg: a) das Oberamtsgericht, welchem untergeordnet sind: das Gerichtsnotariat in Herrenberg für die Gemeinden Herrenberg, Affstätt, Gärtringen, Haslach, Hildrizhausen, Kuppingen, Nufringen, Ober-Jesingen und Rohrau; das Amtsnotariat in Bondorf, für die Gemeinden Altingen, Bondorf, Gültstein, Mönchberg, Mötzingen, Nebringen, Ober-Jettingen, Öschelbronn, Thailfingen und Unter-Jettingen; das Amtsnotariat in Entringen, für die| Gemeinden Breitenholz, Entringen, Kayh, Oberndorf, Pfäffingen, Poltringen, Reusten und Unter-Jesingen.

b) Das Oberamt mit der Oberamtspflege, dem Oberamtsarzte, dem Oberamtswundarzte, dem Oberamtsthierarzte und dem Oberamtsgeometer.

c) Ein (Staats-) Kameralamt ist in dem Bezirk nicht angesessen. Dagegen hat das bei den grundherrlichen Verhältnissen bereits erwähnte Hof-Kameralamt in der Stadt Herrenberg seinen Sitz.

Bezüglich der Staats-Finanzverwaltung gehören:

1) In das Kameralamt Tübingen: die Gemeinden Breitenholz, Entringen, Oberndorf, Pfäffingen, Poltringen, Reusten und Unter-Jesingen; sodann für den Bezug der Staats-Gefälle die Hof-Kammerorte Altingen, Kayh und Mönchberg.

2) In das Kameralamt Reuthin (bei Wildberg): die Gemeinden Hildrizhausen, Mötzingen, Ober-Jettingen, Unter-Jettingen und für den Bezug der Staats-Gefälle die Hof-Kammerorte Herrenberg, Affstätt, Bondorf, Gärtringen, Gültstein, Haslach, Kuppingen, Nebringen, Nufringen, Ober-Jesingen, Öschelbronn, Rohrau und Thailfingen.

Die dem Kameralamte Tübingen zugetheilten Gemeinden sind dem Umgelds-Commissariate Reutlingen und die dem Kameralamt Reuthin zugewiesenen, dem Umgelds-Commissariate Nagold einverleibt.

In forstlicher Beziehung ist der Oberamtsbezirk dem Forstamt Wildberg zugetheilt, mit Ausnahme der dem Forstamt Tübingen zugewiesenen Bezirke von den Gemeinden: Altingen, Breitenholz, Entringen, Kayh, Oberndorf, Pfäffingen, Poltringen, Reusten, Thailfingen, Unter-Jesingen und die Parcelle Wurmfeld von der Gemeinde Bondorf. Folgende Reviere des Forstbezirks Wildberg liegen theils ganz in dem Oberamtsbezirk, oder greifen theilweise in denselben ein und zwar: 1) das Revier Hildrizhausen mit den Markungen Gültstein, Herrenberg, soweit die Markung auf der linken Seite der Ammer liegt, Hildrizhausen, Mönchberg, Nebringen und Rohrau; 2) das Revier Nagold mit den Markungen Affstätt, Bondorf mit Ausnahme der Parcelle Wurmfeld, Haslach, Herrenberg, soweit die Markung auf der rechten Seite der Ammer liegt, Kuppingen, Mötzingen, Nebringen, Ober-Jesingen, Ober-Jettingen, Öschelbronn und Unter-Jettingen; 3) das Revier Stammheim mit der Markung Gärtringen. Die dem Forstamt Tübingen zugetheilten Orte (Markungen) gehören in das Revier Entringen, mit Ausnahme von Oberndorf und von Wurmfeld (Parcelle von Bondorf), welche dem Revier Rottenburg zugewiesen sind.

| Die Straßenbau-Inspection, sowie die Inspection für die Hochbauten des Staats im Kameralbezirk Reuthin, haben ihren Sitz in Calw, und die für die Hochbauten des Staats im Kameralbezirk Tübingen, in Reutlingen.

Der Oberamtsbezirk begreift überhaupt 27 politische Gemeinden, wovon 9 der zweiten und 18 der dritten Classe angehören.

Zusammengesetzte Gemeinden sind:

Entringen mit der Parcelle Hohen-Entringen;
Unter-Jesingen mit der Parcelle Roseck, und
Unter-Jettingen mit der Parcelle Sindlingen;

welche Parcellen Theilgemeinden bilden, deren Verhältnisse durch besondere Ortsstatuten theils bereits geregelt sind, theils es noch werden.

In den Gemeinden Herrenberg, Bondorf, Breitenholz, Haslach, Hildrizhausen, Kayh, Nebringen, Ober-Jesingen, Pfäffingen und Unter-Jesingen werden die Geschäfte von den Ortsvorstehern ohne einen Verwaltungsactuar besorgt.

Die Pfandgeschäfte in Entringen und Öschelbronn werden durch Verwaltungs-Actuare besorgt, in Gärtringen und Nufringen durch die Rathsschreiber, an allen übrigen Orten aber durch die Notare.

Blos die Stiftungspfleger in Altingen, Herrenberg und Thailfingen stellen ihre Rechnungen selbst. Alle übrigen Stiftungs-Rechnungen werden, wie die der Gemeinden, von den Verwaltungsactuaren gestellt.

b. Kirchliche.

Sämmtliche evangelische Pfarreien (19 mit 19 Geistlichen) stehen unter dem Dekanat Herrenberg und dieses unter der General-Superintendenz Tübingen. Die katholischen Gemeinden Altingen, Oberndorf und Poltringen mit je einem eigenen Geistlichen, stehen unter dem katholischen Landdekanat Rottenburg.

B. Anstalten.
a. Schulanstalten.

In Herrenberg besteht seit alter Zeit eine lateinische Schule, an der ein Präceptor und ein Collaborator angestellt sind. Die Schule des Präceptors zählt nach 7jährigem Durchschnitt 20-21 Schüler, und die des Collaborators, nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre, 18-19. Aus der Präceptorats-Classe gingen in den letzten 8 Jahren 8 Schüler an höhere Lehranstalten über.

| Seit 1840 besteht eine Realschule, zu welcher die Schüler

theilweise in der Collaboraturschule vorbereitet werden; dieselbe nimmt jedoch auch Schüler aus den Volksschulen von Herrenberg und den umliegenden Orten auf. Die Schülerzahl betrug von 1840-1852 durchschnittlich 15-18, im Jahr 1852-1853 stieg sie auf 23, im Jahr 1853-1854 auf 12, und im Jahr 1854-1855 auf 44. Nur wenige Realschüler sind indessen zu einem höheren technischen Fache übergegangen. Mit der Realschule wurde gleichzeitig eine Sonntags-Gewerbeschule in Herrenberg errichtet. Bis zum Jahr 1852 betrug die Schülerzahl durchschnittlich 12, von 1852-1853 betrug sie 20, von 1853-1854 28 und von 1854-1855 wechselt sie zwischen 26-37.

Eine Fortbildungsschule für junge Handwerker ist zwar bereits in Anregung gebracht, zur Zeit aber noch nicht ins Leben gerufen.

Volksschulen bestehen im Bezirk 54 mit 30 Schulmeistern, 4 Unterlehrern, 19 Lehrgehilfen und 1 Privatlehrer.

An den – zu Herrenberg, Altingen und Gärtringen, sind je 2 Schulmeister (in Altingen 1 evangelischer und 1 katholischer) angestellt. Unterlehrer sind neben den Schulmeistern, je einer in Bondorf, Entringen, Kuppingen und Nufringen. Lehrgehilfen haben die Schulen in Herrenberg 2, dann Bondorf, Breitenholz, Entringen, Gärtringen, Gültstein, Hildrizhausen, Kayh, Ober-Jesingen, Mötzingen, Nufringen, Ober-Jettingen, Oberndorf, Öschelbronn, Reusten, Thailfingen, Unter-Jesingen und Unter-Jettingen je 1.

In Sindlingen ist ein Privatlehrer angestellt.

In den 49 und mit Einrechnung der Privatschule von Sindlingen 50 evangelischen Schulen des Bezirks belief sich die Schülerzahl in den Jahren

1847 auf 3808
1848 auf 3808
1849 auf 3860
1850 auf 3875
1851 auf 3859
1852 auf 3871
1853 auf 3790
1854 auf 3697
30.568

nach 8jährigem Durchschnitt sonach jährlich auf 3821 und es kommen auf eine Schule 76,4.

| In den 4 katholischen Volksschulen betrug die Schülerzahl
1847 299
1848 301
1849 285
1850 291
1851 292
1852 286
1853 287
1854 275
2316

und nach 8jährigem Durchschnitt auf 1 Jahr 229,4 und eine Schule 57,1.

Die Gesammtschülerzahl beider Confessionen inner 8 Jahren ist 32.884 und in 1 Jahr 4110, nach dem Stande von 1854 aber 3972, und auf 1 der 54 Lehrer kommen nach dem Durchschnitt 76 Schüler[1].

Sämmtliche Landschulen des Bezirks mit Ausnahme der von Affstätt, Mötzingen, Nufringen und Reusten sind theils mit mehr, theils mit weniger Grundbesitz ausgestattet, die meisten besitzen so viel Feldgüter, daß Rindvieh gehalten und für eine mittlere Familie der Bedarf an Brodfrüchten gewonnen werden kann.

Kleinkinderschulen bestehen in

Herrenberg mit 104 Kindern,
Entringen mit 40 Kindern,
Gültstein mit 50 Kindern,
Kayh mit 44 Kindern,
und
Pfäffingen mit 45 Kindern,
      zusammen 283 Kinder.
Industrieschulen haben alle Gemeinden des Bezirks, mit alleiniger Ausnahme von Nebringen, woselbst es bisher an der erforderlichen Aufsicht fehlte. Die Zahl der Schüler an den Industrieschulen belief sich im Jahr 1854 auf 892, worunter nur wenige Knaben. In 7 Orten – Breitenholz, Gültstein, Haslach, Ober-Jettingen, Oberndorf, Öschelbronn und Unter-Jesingen beschränkt sich die Zeit des Unterrichts auf die Wintermonate, in allen übrigen dauert er aber das ganze Jahr hindurch. Die meisten| Beschäftigungen sind Stricken und Nähen. In Herrenberg, Hildrizhausen und Pfäffingen wird aber auch die Weißstickerei, und in Altingen, Kayh, Mönchberg und Pfäffingen das Häckeln betrieben, an welch’ beiderlei Industriezweigen sich übrigens auch Mädchen betheiligen, welche der Schule bereits entwachsen sind.[2]

Ein Stadtmusikus, welcher an Sonn- und Feiertagen vom Thurme der Stiftskirche abzublasen hat und Kirchenmusik aufführt, gibt Unterricht in der Musik, der sich einer regen Theilnahme erfreut.

b. Wohlthätige Anstalten.

Armenhäuser befinden sich mit Ausnahme von Affstätt, Haslach, Mötzingen, Nebringen, Ober-Jesingen, Oberndorf und Unter-Jettingen, in allen übrigen Orten des Bezirks.

Selbst in der Oberamtsstadt Herrenberg ist an die Stelle des früher bestandenen Spitals ein Armenhaus, außerhalb der Stadt gelegen, getreten. Die meisten dieser Häuser sind dicht bevölkert und lassen darum Vieles zu wünschen übrig.

Eine Oberamts-Leih- und Sparkasse besteht unter Garantie und Verwaltung der Amts-Corporation seit 1. Juli 1847. Als Leihkasse gibt sie an Angehörige des Bezirks Anlehen gegen 5 Proc. Zinse im Betrag von 5 bis 100 fl. in der Regel auf die Dauer nicht unter einem Monat und längstens auf drei Jahre, in der Art, daß bei dreijähriger Dauer alljährlich 1/3 abgetragen werden muß. Anlehen bis zu 20 fl. erfolgen auf einfache Bürgschaft, solche von 21–50 fl. auf zweifache Bürgschaft, oder 11/2faches Unterpfand, und solche von 51–100 fl. auf 11/2faches Unterpfand und einen Bürgen, oder einfaches Unterpfand und zwei Bürgen. Als Sparkasse nimmt sie Einlagen von 1 fl., verzinst sie aber erst von 5 fl. an. Ihre Einlagen betragen auf den 6. Februar 1855 nach Abzug der von Jahr zu Jahr erfolgten Rückzahlung in 448 Posten und von 220 Personen 10.779 fl. Durch die Gründung von Orts-Spar-Vereinen, deren gegenwärtig mehrere im Entstehen begriffen, wird auch größere Theilnahme an der letztern gehofft.

Indessen besteht in Herrenberg auch eine Agentur der württembergischen Sparkasse, die alljährlich von Dienstboten Einlagen bei dieser vermittelt.

| Vom 1. Juli 1853/54 haben 44 Personen 1289 fl. eingelegt und in 13 Posten wurden in dem gleichen Zeitraum 966 fl. zurückgezogen.

Besonders reich ist Herrenberg an einzeln verwalteten Stiftungen, welche nachstehend angegeben sind:

Ein Capital von 1000 fl. gestiftet im Jahr 1458 von dem Domdechanten zu Passau und früherem Canonicus von Herrenberg, Burkhardt Krebs, woraus die Interessen hälftig zur Aussteuer armer Bürgerstöchter von Herrenberg, die nichts im Vermögen haben, als was sie mit ihren Diensten oder Arbeitslöhnen verdienen können, und hälftig für allgemeine Armenzwecke verwendet werden.

Von Max Hiller’s Wittwe von Herrenberg für arme vorbeireisende Pfarrer und Schulmeister 100 fl.

Von dem gewesenen Rath, Hofgerichts-Assessor und Stadt- und Amts-Vogt Gottlieb Friedrich Heß in Herrenberg, nach seinem Testament vom 23. Oktober 1755 für 6 Studirende in Tübingen ohne Unterschied der Fakultät, und zwar 5 Portionen für Descendenten der eingesetzten Familienhäupter und 1 Portion für hiesige Honoratioren-Söhne. Wenn diese Portionen nicht vergeben werden können, folgen Bürgers-Söhne von hier, und wenn auch keine solche vorhanden, so fallen die betreffenden Portionen den allgemeinen Stiftungen zu. Das Vermögen beträgt nach der Rechnung von 1853/54 13.603 fl. 41 kr. und eine Portion 89 fl. 43 kr. 3 hlr.

Von Justine Dorothee, geb. Dörtenbach, Wittwe des oben genannten Vogts Heß, nach Testament vom 15. Februar 1762. Für 3 Studirende in Tübingen, den Nachkommen von fünf Familienhäuptern, je auf 4 Jahre, den Theologen aber nur 2 Jahre. Sind keine Verwandte vorhanden, so treten Honoratioren-Söhne ein. Überschüsse kommen zum Fonds. Nach der Rechnung von 1853/54 beträgt das Vermögen 31.796 fl. 54 kr. 4 hlr. und eine Jahresportion 421 fl. 43 kr. 5 hlr.

Von dem gewesenen Landschafts-Assessor und Bürgermeister Christof Adam Erhard hier, und dessen erster Ehefrau, Marie Magdalene, geb. Schenk aus Haßmersheim in der Pfalz, unter dem 31. Mai 1766 und 18. Dezember 1769 1333 fl. 20 kr. gestiftet zu Bekehrung der Heiden nach Tranquebar, so lang die dänische Mission dort fortdaure; nachdem diese aufgehört, werden die Zinse alljährlich zu Gunsten der allgemeinen evangelischen Mission verwendet.

Derselbe Landschafts-Assessor Erhard stiftete weiter die| Interessen aus 1500 fl. Capital für Hausarme, Einem nicht unter 2 fl. und keinem über 8 fl.; der fünfte Theil darf auf die Amtsstadt verwendet werden, das Übrige in den Amtsorten des alten Amts-Verbands.

Sodann aus einem Capital, das bis zum 1. Juli 1854 auf 16.104 fl. 28 kr. angewachsen ist, 1/5 der Zinse (pr. 1854 123 fl. 51 kr.), einem Studierenden in den niedern Klöstern und 4/5 in zwei Portionen jede zu 2/5 (1854 247 fl. 42 kr.) an zwei auf der Universität Tübingen Studierende, zunächst Theologen in der Erhard’schen Verwandtschaft. Vakante Portionen fallen an arme Verwandte, und wenn solche nicht vorhanden, zum Fonds.

Auch ist von demselben Erhard eine Charitäts-Stiftung für fromme Anstalten vorhanden, die durch besonders bestellte Administration, ohne obrigkeitliches Zuthun, verwaltet wird.

Unter dem Namen Stadt-Stipendium besteht eine Stiftung, die bis 1854 auf 3550 fl. Capital angewachsen ist, deren Zinse ein in Tübingen studierender Theologe hälftig und die andere Hälfte ein Studierender einer andern Fakultät zu genießen hat.

Aus Anlaß der Geburt des Kronprinzen Karl wurde im Jahr 1823 unter der Benennung „Karlspflege“ hier eine Kinderrettungsanstalt gegründet, in welcher verwahrloste Kinder des Bezirks eine gute Erziehung erhalten sollen. Die Anstalt wurde fundirt durch einen jährlichen Beitrag der Amts-Corporation von 500 fl., des Spitals Herrenberg von 200 fl., der Stiftung Nebringen von 100 fl. und der Stiftung Thailfingen von 25 fl. Zur Unterbringung der Kinder wurde in Herrenberg ein Local gemiethet, dieses mittelst eines – seit dem Theurungsjahr 1817 in der Verwaltung der Oberamtsleitung des Wohlthätigkeits-Vereins auf 997 fl. angewachsenen Capitals für verkaufte Früchte mit dem erforderlichen Mobiliar ausgestattet und die Anstalt am 1. Juni 1824 mit 19 Kindern eröffnet. Im Jahr 1827 stieg die Zahl der verpflegten Kinder auf 21 in Folge eines Zuschusses, dessen sich die Anstalt von der Centralleitung des Wohlthätigkeits-Vereins zu erfreuen hatte. Von hier an zogen aber die Stiftungen wegen anderwärtiger Bedürfnisse ihre Beiträge zurück, die Anstalt sah sich auf den Beitrag der Amts-Corporation beschränkt, und wurde dadurch in die Nothwendigkeit versetzt, neue Aufnahmen zu unterlassen, so, daß die Zahl der in der Anstalt verbliebenen Pfleglinge 1833 auf 4, sogar auf 2 herabgesunken ist. Da für diese geringe Zahl von Kindern der Miethzins und die Verwaltungskosten außer Verhältniß waren, so faßte die Amts-Versammlung unter dem 15. Juli 1833 den Beschluß, die Anstalt aufzulösen, den Beitrag| von 500 fl. aber auch ferner zur Unterstützung verwahrloster Waisen in der Art fortbestehen zu lassen, daß der Amts-Versammlungs-Ausschuß unter Mitwirkung des gemeinschaftlichen Oberamts auf Vorschläge der gemeinschaftlichen Ämter und Stiftungsräthe an die Bedürftigsten Unterstützungen reiche. Bis 1837 blieb die Stiftung unbenützt, in diesem Jahr aber wurde beschlossen: die 500 fl. in ganze und Bruch-Portionen zu vertheilen. Eine ganze Portion sollte in 25 fl. bestehen und eine Bruch-Portion nicht unter 10 fl. betragen, auch jedes aufgenommene Kind bis zur Confirmation im Genuß bleiben.

Hiebei blieb es bis zum 3. Juli 1843, wo die Amts-Versammlung keinen Beitrag mehr verwilligte. Nachdem jedoch der Diöcesan-Verein Vorstellung dagegen erhoben, wurde unter dem 21. Juni 1844 ein neuer Beitrag von 500 fl. verwilligt, die neuen Vergebungen aber der vollen Amts-Versammlung vorbehalten. In dieser Weise bestehen die Vergebungen unter dem Namen „Karls-Portionen“ indessen fort. Von 1843/54 wurden 8400 fl. verwendet. Von 1853/54 befanden sich 21 Kinder im Genuß.

Zur Abschaffung des Bettels der Handwerksbursche ist in Herrenberg eine aus der Amtspflege dotirte Kasse errichtet, aus der jeder Durchreisende 7 kr., der Übernachtende 6 kr. (neben dem Zunftgeschenk an 3 und 4 kr.), Dienstknechte und Taglöhner aber je 4 kr. erhalten. Vom 1. Juli 1853/54 wurden an 3879 Handwerksgesellen und 1144 unzünftige Durchreisende, zusammen an 5023 Personen 523 fl. 23 kr. verabreicht.

Ein Bezirks-Armen-Verein, aus etwa 70 Mitgliedern bestehend, verwendet die Beiträge derselben, die durchschnittlich 1 fl. vom Mitglied betragen, meistens zu Lehrgeldern für arme Knaben.

Auch besteht in der Stadt Herrenberg ein Local-Armen-Verein, der monatliche Geldbeiträge sammelt und zum Besten städtischer Armen verwendet, woneben von einem Koch-Verein arme Kranke gespeist werden.

c. Landwirthschaftliche Anstalten.

Der im Jahr 1840 errichtete landwirthschaftliche Bezirks-Verein zählt neuerlich 180 Mitglieder; seiner Bemühungen für Hebung der landwirthschaftlichen Cultur ist schon oben S. 44 gedacht worden.

Mittelst der vom Staat unterhaltenen Beschälplatte in Herrenberg wird die nicht unbeträchtliche Pferdezucht im Bezirk wesentlich gefördert.

| Die Musterung der Zuchtstiere besorgt eine von der Amts-Corporation gewählte Farrenschau, bestehend aus dem O.Amtsthierarzt und einem Ortsvorsteher.
d. Anstalten für Handel und Verkehr.
1. Posten und Boten.

In dem Bezirk befindet sich ein Postamt mit Poststall zu Herrenberg, welcher täglich einen Eilwagen von Stuttgart nach Freudenstadt und zurück (bei Nacht), und einen von Stuttgart nach Nagold und zurück (bei Tag), sodann jede Nacht einen Eilwagen zur Influenz auf den Freudenstädter Wagen nach Tübingen und Reutlingen und wöchentlich dreimal einen solchen von daher nach Calw und zurück befördert.

Daneben passirt Herrenberg wöchentlich dreimal ein Privat-Omnibus, der von Nordstetten und Horb nach Stuttgart und zurück geht. Von Herrenberg selbst geht auf Vorausbestellung wöchentlich mehrmals ein Omnibus nach Tübingen und Böblingen.

Amtsboten kommen wöchentlich dreimal – Dienstag, Donnerstag und Samstag, von allen Oberamtsorten in die Oberamtsstadt und gehen an den gleichen Tagen zurück.

Drei Frachtfuhrleute fahren wöchentlich regelmäßig von Herrenberg nach Stuttgart und zurück. Ebenso fährt wöchentlich einmal ein Wagen nach Calw und einer nach Tübingen und zurück. Auch passiren regelmäßig durch Herrenberg wöchentlich einmal nach Stuttgart und zurück: ein Frachtfuhrmann von Schrammberg, einer von Oberndorf, einer von Horb, einer von Freudenstadt, vier von Pfalzgrafenweiler, einer von Altensteig, einer von Haiterbach, 2 von Nagold.

2. Straßen.

Straßen durchschneiden den Bezirk nicht weniger als 11; keine hat aber eine eigentlich kunstgerechte Anlage, und alle sind mehr oder weniger schmal. Es sind diese:

1) die – von Stuttgart über Böblingen und Herrenberg nach Nagold und Freudenstadt ziehende Straße. Sie berührt die Markungen Gärtringen, Nufringen, Affstätt, Herrenberg, Unter-Jettingen und Ober-Jettingen und die Orte Nufringen, Herrenberg und Ober-Jettingen.

Sie hat eine Länge von 4871,8 Ruthen und eine durchschnittliche Breite von 26–30 Fuß. Zwischen Nufringen und Herrenberg hat sie noch einen steilen Stich, den Röthelberg; der Unterhaltungsaufwand beträgt jährlich 2415 fl.

| 2) Die – von Herrenberg nach Calw. Sie durchschneidet in einer Länge von 1845,3 Ruthen die Markungen und Orte: Herrenberg, Affstätt, Kuppingen und Ober-Jesingen, und verursacht bei einer Breite von 16–20–24 Fuß einen jährlichen Unterhaltungsaufwand von 547 fl.

3) Die Straße von Herrenberg nach Tübingen, die sogenannte Metzinger Route, berührt in einer Länge von 4730,6 Ruthen und einer Breite bis zu 24-30 Fuß die Orte Kayh, Entringen und Unter-Jesingen, mit den Markungen Gültstein, Mönchberg, Breitenholz und Pfäffingen, und kostet jährlich zu unterhalten 1707 fl. Sie hat bei Kayh einen beschwerlichen Stich, auch sonst einige, zu steile Punkte. Früher führte die Straße von Herrenberg nach Tübingen in gerader Richtung, ohne einen Ort zu berühren, über die Markungen Gültstein, Altingen, Reusten, Poltringen und Pfäffingen bis Unter-Jesingen, kam aber gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts ganz in Zerfall, so daß sich die herzogliche Rentkammer unter dem 15. Mai 1787 veranlaßt gesehen, die landesordnungsmäßige Herstellung derselben „vor eintretender Sauerbronnenkur in Teinach“ zu befehlen. In Folge dessen wurden auch, zum Theil nicht unbeträchtliche, Reparationen vorgenommen. Es genügten dieselben jedoch nicht, und schon im Jahr 1788 wurden die Klagen über den schlechten Zustand der Straße von Tübingen aus erneuert. Hiebei kam aber zur Sprache, daß die Straße an das Gebirg verlegt, von Unter-Jesingen aus über Entringen und Kayh geführt und die alte Straße verlassen werden möchte. Für die Verlegung wurde geltend gemacht, daß die alte Straße allzunahe an der Landesgrenze hinziehe, die Markung des Condominat-Orts Altingen und des ritterschaftlichen Orts Poltringen berühre, was leicht zu Collisionen und zur Anlage einer Straße von einem oder dem andern dieser Orte aus, nach der nahe gelegenen vorder-österreichischen Stadt Rottenburg führen könnte, wodurch Tübingen und Ofterdingen in der Richtung nach Hechingen umgangen würden. Bis zum Jahr 1793 wurde hierüber verhandelt, die Verlegung kam indessen nicht zur Ausführung. Erst 1805 wurde die Sache wieder aufgenommen, und trotz der – von Herrenberg aus erhobenen Vorstellungen, für die Verlegung entschieden.

Im Jahr 1806 wurde sofort die neue Straße über Kayh und Entringen wirklich in Angriff genommen, und von der Amts-Corporation Herrenberg auf den Markungen Herrenberg, Gültstein, Mönchberg und Kayh, welche Orte damals allein zum Oberamt Herrenberg gehörten, während Breitenholz, Entringen und| Unter-Jesingen nach Lustnau und Pfäffingen nach Tübingen eingetheilt waren, in einer Länge von 1370 Ruthen, mit einem Aufwand von 18.627 fl. hergestellt.

Übrigens wird die alte Straße als Fußpfad, der Nähe wegen, immer noch benützt. Beide Straßen gewähren eine schöne Aussicht auf die Alp, von der Wanne bei Reutlingen bis zum Plettenberg und weiter hinauf; der neuen Straße verleihen die üppigen Baumfelder, die sie durchschneidet, namentlich zur Blüthezeit, besondern Reiz.

Die hier bezeichneten drei Straßen stehen allein in Staats-Unterhaltung. Ihre Gesammtlänge ist 11.447,7 Ruthen und ihr jährlicher Unterhaltungsaufwand beträgt 4669 fl.

4) Die Straße von Herrenberg über Bondorf und Ergenzingen, woselbst sie in die Rottenburg–Horber Staatsstraße einmündet, nach Horb. Diese Vicinalstraße unterhalten die Gemeinden Herrenberg, Gültstein, Nebringen, Öschelbronn und Bondorf, wozu sie aber mit einem Beitrag des Staats von jährlichen 910 fl. unterstützt werden. Sie hat eine Gesammtlänge von 4470 Ruthen, ist an einzelnen Stellen blos 14 Fuß breit, einige sehr steile Stiche erschweren den Verkehr auf ihr. Dennoch erfreut sie sich fortwährend einer nicht unbeträchtlichen Frequenz, da sie von Schramberg und Oberndorf her nach Stuttgart den großen Umweg über Rottenburg und Tübingen abschneidet.

5) Die Straße von Herrenberg nach Rottenburg über Gültstein, Altingen, Reusten und Oberndorf. Sie hat mit der

6) vom Verlaß der Stuttgarter Straße bei Nufringen über Gärtringen und Aidlingen nach Weil der Stadt und Pforzheim ziehenden Vicinalstraße ihre frühere Frequenz verloren, seit die Straße von Tübingen durch den Schönbuch nach Böblingen gebaut ist.

7) Die von Nagold über Mötzingen und Bondorf nach Rottenburg, die bei Seebronn in die Horb–Rottenburger Staatsstraße einmündet und

8) die – von Bondorf über Hailfingen, Reusten und Poltringen nach Tübingen, die zwischen Poltringen und Unter-Jesingen in die Herrenberg-Tübinger Staatsstraße ausläuft.

9) Das – von Nagold über Mötzingen, Öschelbronn, Thailfingen, Altingen, Reusten und Poltringen nach Tübingen führende Sträßchen.

10) Die Straße von Herrenberg durch den Schönbuch nach Hildrizhausen, Holzgerlingen u. s. w.

11) Das Sträßchen von Herrenberg über Haslach, Sindlingen und Unter-Jettingen, einer Seits von letzterem Ort aus nach| Mötzingen und anderer Seits nach Nagold. Es ist solches nach Nagold gleich weit wie die Staatsstraße, hat aber eine freiere Lage und schönere Aussicht voraus.

Brücken hat der Bezirk über die Ammer auf der Markung von Herrenberg, über welche die Horber Straße führt, und in den Orten: Gültstein, Altingen, Reusten, Poltringen, Pfäffingen und Unter-Jesingen, es ist aber keine von besonderem Belang.

e. Sonstige polizeiliche Anstalten.
1. Gesundheitspolizeiliche Anstalten.

Neben dem Oberamtsarzte befinden sich in Herrenberg noch zwei praktische Ärzte, deren einer zugleich Oberamts-Wundarzt ist, und in Bondorf ein ausübender Wundarzt erster Abtheilung. Wundärzte zweiter und dritter Abtheilung sind in Altingen, Gärtringen, Hildrizhausen, Kuppingen, Nufringen, Unter-Jesingen, Entringen, Herrenberg und Öschelbronn. Das Impfgeschäft wird durch zwei Ärzte und die Wundärzte besorgt.

Die Wundärzte haben eine gemeinschaftliche Unterstützungskasse und eine kleine Bibliothek. Erstere hat 550 fl. Capital und eine jährliche Einnahme von 37 fl. 30 kr.

Eines Krankenhauses entbehrt der Bezirk; dagegen sind im oberamtlichen Gefängnißgebäude je ein Zimmer für Krätzige, Syphilitische und Tobsüchtige mit besonderer Wasch- und Bett-Einrichtung vorhanden, welche von Angehörigen der Amtsorte zur Heilung benützt werden. Sodann befindet sich im städtischen Armenhause ein Krankenzimmer. Es verdient hier bemerkt zu werden, daß ärmere Kranke aus den in der Nähe von Tübingen gelegenen Orten, namentlich Unter-Jesingen, Pfäffingen, Entringen, Breitenholz, Poltringen, Reusten und Oberndorf in der Regel sich in der Kranken-Anstalt in Tübingen heilen lassen, wo sie ärztliche Hilfe, Medikamente, und wenn sie dort untergebracht werden, auch Verpflegung unentgeldlich genießen.

Außer dem Oberamts-Thierarzt ist kein wissenschaftlich gebildeter Thierarzt im Bezirk, obwohl es nicht an Personen fehlt, die sich mit diesem Zweige der Heilkunde abgeben. Eine Kleemeisterei ist blos in Herrenberg.

Hebammen, auf öffentliche Kosten unterrichtet, befinden sich in jeder Gemeinde. Auch Leichenschauer sind in allen Orten aufgestellt. Die Begräbnißplätze befinden sich mit Ausnahme der – zu Bondorf, Hildrizhausen, Kuppingen und Nebringen, alle| außerhalb der Ortschaften und auch für Bondorf ist ein solcher außerhalb Orts in der Anlage begriffen.

Apotheken bestehen zwei in der Stadt Herrenberg.

2. Sicherheitspolizeiliche Anstalten.

Oberamts-Gericht und Oberamt haben besondere – neu erbaute Gefängnisse, in welchen zugleich die Wohnung der betreffenden Amtsdiener sich befindet.

Das städtische Arrest-Lokal befindet sich im Rathhause. Stations-Gefängnisse gibt es nicht im Bezirk, weil blos in der Amtsstadt eine Transport-Station sich befindet. Diese dagegen ist um so frequenter, denn vom 1. März

1852/53 betrug die Zahl der Transporte 800
von 1853/54 984
und von 1854/55 1431
3215

also jährlich durchschnittlich 1071,2.

In allen Gemeinden sind Polizeidiener angestellt; die meisten sind zugleich Amtsdiener des Orts-Vorstehers. Sie tragen alle Uniform, theils von blauer, theils von grüner Farbe.

Landjäger sind 5 im Bezirk, der Stations-Commandant mit 3 Mann im Amtssitz und 1 Mann in Entringen.

3. Bau- und Feuerpolizei.

Ein Ortsbauplan besteht blos für die Stadt Herrenberg. Die Oberfeuerschau besorgt ein Werkmeister von Herrenberg für den Bezirk, und ein solcher von Nagold für die Stadt. Kaminfeger sind 2 in Herrenberg angesessen, zwischen denen der ganze Bezirk getheilt ist.

An Feuerlösch-Anstalten besitzt Herrenberg 3 große Fahrfeuerspritzen und 4 tragbare; weiter besitzen große Feuerspritzen: Altingen, Bondorf, Breitenholz, Entringen, Gärtringen, Gültstein, Haslach, Hildrizhausen, Kuppingen, Mötzingen, Nebringen, Nufringen, Ober-Jesingen, Ober-Jettingen, Oberndorf, Öschelbronn, Pfäffingen, Reusten, Rohrau, Thailfingen, Unter-Jesingen und Unter-Jettingen. Nebenbei haben die größern Orte alle noch tragbare Spritzen, welche auch in den Orten Affstätt, Kayh, Mönchberg und Poltringen nicht fehlen.

In dem zehnjährigen Zeitraum vom 1. Januar 1845 bis 1. Januar 1855 belief sich die Zahl der – zur Anzeige| gekommenen Brandfälle auf 22, worunter in 5 Fällen kein Schaden entstanden ist, in 4 Fällen der Blitz entzündet hat, in 2 Fällen Feuerverwahrlosung erhoben wurde, in 16 Fällen aber die Entstehung unerhoben blieb. Die Zahl der ganz zu Grunde gegangenen Gebäude beträgt 23; die der mehr oder weniger theils durch das Feuer, theils die Löschanstalten beschädigten 54, die Entschädigungen, welche die Gebäude-Brandversicherungs-Anstalt zu ersetzen hatte, berechnen sich aus 16.269 fl. 57 kr.

Der bedeutendste Brand war 1851 in Öschelbronn, woselbst 10 Gebäude ganz zu Grunde gingen, 5 beschädigt wurden und die Brand-Entschädigung 5459 fl. 40 kr. betrug.

In Mobiliar-Feuer-Versicherung-Gesellschaften war am 30. März 1855 ein Werth von 1.186.434 fl. 34 kr. aus dem Bezirk versichert, und zwar bei der vaterländischen 884.006 fl. und bei der deutschen Phönix-Gesellschaft 302.428 fl.


3. Oberamts- und Gemeindehaushalt.


A. Oberamtspflege.

Nach der Rechnung von 1852/53 besteht:

1) das Vermögen der Oberamtspflege:
      in Activ-Capitalien 16.573 fl. 18 kr.
      in Ausständen 662 fl. 12 kr.
      in Vorschüssen auf Wieder-Ersatz 145 fl. – kr.
      in Rechnungs-Remanet 2688 fl. 18 kr.
20.068 fl. 48 kr.
2) die Schulden derselben waren 1800 fl. – kr.
3) die Jahres-Einnahmen (nebst Steuern) 60.600 fl. 48 kr.
4) die Jahres-Ausgaben (nebst Steuern) 57.912 fl. 30 kr.
5) die Amtsschadens-Umlage 3754 fl. 6 kr.

Am 1. Juli 1854 betrug das Vermögen der Oberamts-Pflege

      an Activ-Capitalien 16.868 fl. 42 kr.
      an Ausständen bei den Gemeinde-Kassen 573 fl. 11 kr.
      an sonstigen Ausständen 268 fl. 15 kr.
      an Vorschüssen auf Wieder-Ersatz 186 fl. 35 kr.
      an Rechnungs-Remanet 1421 fl. 19 kr.
Die Amtsschadens-Umlage belief sich am 1. Juli 1854 auf 3180 fl. 17 kr.
| Der Passiv-Stand der Oberamtspflege dagegen betrug
an verzinslichen Capitalien – fl.
an Rückständen zur Staats-Haupt-Kasse – fl.
an sonstigen Passiv-Rückständen 3 fl. 20 kr.

Als Grund-Eigenthum besitzt die Oberamts-Körperschaft:

das Polizei-Gefängniß mit Gefangenwärters-Wohnung,
Brand-Versicherungs-Anschlag
3000 fl. – kr.

Das Vermögen der Oberamts-Spar- und Hülfsleih-Kasse am 1. Juli 1854:

1) Activ-Stand:
      a) abgegebene Unterstützungs-Anlehen 15.483 fl. 6 kr.
      b) erkaufte Güter etc. Zieler 35.360 fl. 55 kr.
      c) Zins-Ausstände 1164 fl. 6 kr.
      d) Erlös aus verkauften Häusern und Gütern 270 fl. 40 kr.
      e) Rechnungs-Remanet 515 fl. 51 kr.
zusammen       52.794 fl. 38 kr.
2) Passiv-Stand:
      a) aufgenommene Capitalien 42.012 fl. – kr.
      b) Spar-Kassen-Einlagen 9980 fl. – kr.
      c) Zinse von Spar-Kassen-Einlagen 14 fl. 9 kr.
zusammen       52.006 fl. 9 kr.
Mithin Vermögens-Überschuß       788 fl. 29 kr.
B. Gemeindepflegen.

Nach den Rechnungen von 1852/53 besaßen sämmtliche Gemeinden des Oberamtsbezirks:

1) neben 12.3683/8 Morgen Grundeigenthum,
      an verzinslichen Capitalien 102.655 fl.
      an sonstigen Forderungen 32.413 fl.
zusammen       135.068 fl.
2) die Schulden derselben betrugen:
      an verzinslichen Capitalien 38.759 fl.
      an sonstigen Passiven 8867 fl.
zusammen       47.626 fl. |
3) die Einkünfte 200.605 fl.
4) die Ausgaben 169.587 fl.
5) die Amtsumlagen 3990 fl.
6) die Gemeindeumlagen 23.668 fl.

Über die Verhältnisse der einzelnen Gemeinden siehe Tabelle Nr. III.

C. Stiftungspflegen.

Nach den Rechnungen von 1852/53 und theilweise von 1850/53 besteht das Vermögen sämmtlicher Stiftungspflegen des Bezirks in 3976/8 Morgen Grundeigenthum und 315.199 fl. Activ-Capitalen. Schulden hat nur eine Stiftungspflege, die zu Nebringen im Betrage von 2000 fl. Die laufenden Einkünfte sämmtlicher Stiftungspflegen berechnen sich auf 82.654 fl., die Ausgaben auf 74.451 fl. (s. Tabelle Nr. III.)[3]


4. Kataster und Steuern.


Gegenstände des Oberamts-Katasters sind nach den Berechnungen für das Etatsjahr 1854/55:

Grundeigenthum, eingeschätzt zu einem Reinertrag von 305.212 fl. 31 kr.
Gebäude in dem zu diesem Behufe eingeschätzten Werth von 2.747.915 fl. – kr.
Gewerbe, eingeschätzt zu einer Steuersumme von 2886 fl. 51 kr.
Die umgelegten Steuern betragen für eben dieses Jahr:
      vom Grundeigenthum 31.041 fl. 25 kr.
      von den Gebäuden 6125 fl. 38 kr.
      von den Gewerben 2438 fl. 39 kr.
zusammen       39.605 fl. 42 kr.
Es fallen somit in dem Bezirk durchschnittlich
      auf eine geogr. Quadrat-Meile 9161 fl. 12 kr.
      auf einen ortsanwesenden Einwohner 1 fl. 44 kr.
      auf eine ortsanwesende Familie 7 fl. 33 kr.
Staatssteuer.
| An indirecten Abgaben wurden im Jahr 1853/54 erhoben:
1) an Wirthschafts-Abgaben :
      von Wein und Obstmost 4741 fl.   5 kr.
      vom Branntwein:
            Fabrikationssteuer 727 fl. 21 kr.
            Ausschanks-Abgabe 947 fl. 29 kr.
      vom Bier (Malzsteuer) 1766 fl. 40 kr.
2) an Accise:
      von Güter-Veräußerungen 3712 fl.   – kr.
      von Lotterien 3 fl. 23 kr.
3) Hunde-Auflage:
      einschließlich des gesetzlichen Antheils der Orts-Armenkassen 980 fl. 18 kr.



  1. Die Abnahme der Schülerzahl in den letzten Jahren findet ihren Grund in der Auswanderung, in deren Folgen schon in 2 Gemeinden (Kuppingen und Unter-Jesingen) Schulen eingegangen sind.
  2. Als erfreuliche Erscheinung ist hier anzuführen, daß der Cretinismus, welcher in Herrenberg, Mönchberg, Entringen, Unter-Jesingen und Rohrau endemisch vorkommt, in Herrenberg und Entringen sichtbar abnimmt, wozu die Klein-Kinder-Bewahranstalten besonders beitragen mögen.
  3. Da einige minder bedeutende Stiftungspflegen nicht jährliche, sondern zwei- und dreijährige Rechnungen stellen, so besteht bei diesen die wirkliche Jahres-Einnahme und Ausgabe jedesmal nur in der Hälfte, beziehungsweise in dem dritten Theil des in der Tabelle angegebenen Betrags.


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