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VII. Geschichtlicher Überblick und Alterthümer.
1. Politischer Zustand.

Der Bezirk gehörte gleich den benachbarten zur römischen Germania superior. Die weltbeherrschenden Römer wurden im 3. Jahrhundert in diesen Gegenden durch die Alemannen vertrieben; letztere kamen am Ende des 5. Jahrhunderts unter die Herrschaft der Franken und sonach wurde dieser Landstrich zur Landschaft Francia teutonica (Deutschfranken) gerechnet.

| Im Großen gesprochen gehörte das jetzige Oberamt zum weitgedehnten Neckargau; Heilbronn (823) und Eisesheim (777) werden ausdrücklich diesem zugetheilt. Engere Grenzen hatte der in ersterem aufgehende Gardachgau (auf der linken Neckarseite). Derselbe führte seinen Namen von der Gartach, der früheren Bezeichnung des Leinbaches (Stälin, Württ. Gesch. 1, 315). Von den Ortschaften unseres Bezirks werden diesem letzteren Gau ausdrücklich beigezählt Biberach, Böckingen, Böllinger Hof, Eisesheim, Frankenbach, (Groß-? Neckar-?) Gartach. Die Grafschaft, welcher der westliche Theil des Bezirks, wenigstens eines der Gartache (freilich vielleicht Klein-Gartach, OA. Brackenheim) zugetheilt erscheint, war die Grafschaft Bretten (Cod. Hirsaug. 36a).

Nach ihrem ersten geschichtlichen Auftauchen geordnet reihen sich die Orte wie folgt: Heilbronn zwischen 741–747, Eisesheim 764, Böllingerhof 765, Biberach, Böckingen, Frankenbach, Gartach 766, Horkheim 976, Gruppenbach 1109, Neckargartach 1161, Flein, Sontheim 1188, Bonfeld 1208, Thalheim 1230, Abstatt 1247, Fürfeld 1365.

Einen Hauptantheil am Besitze dieses Gebiets hatte das Reich. Der königlichen Pfalz Heilbronn gehörten, wie es bei solchen Pfalzen überhaupt der Fall ist, viele Grundstücke und Leibeigene, sonst Rechte verschiedenster Art, und es waren ihr viele Personen mit Lehendiensten sowohl als auch mit bäuerlichen Leistungen verpflichtet – alles in näherer oder weiterer Umgegend (vergl. Flein, Sontheim). Wie anderswo wurde auch im hiesigen Bezirk der Reichsbesitz frühzeitig durch Vergabungen, Belehnungen etc. abgeschwächt.[1]

Von benachbarten Grafenhäusern erscheint mit bedeutendem Besitz das Calwische, von dem sich auch Glieder Grafen von Ingersheim nannten. Bemerklich macht sich dieser Besitz hauptsächlich auch als Bestandtheil der Grafschaft Löwenstein, welche im 13. Jahrhundert für einen Zweig der Calwer Grafen besonders ausgeschieden wurde, im Laufe der Zeit sodann auf andere Familien überging. Den Grafen von Laufen gehörte einst Großgartach. Die Herren von | Weinsberg griffen bei Biberach, Ober-Eisesheim, Gruppenbach, Donnbronn in diesen Bezirk als zeitweilige Besitzer herein. Unter den geistlichen Herren dehnte sich am bedeutendsten aus der Deutschordensmeister.


Das Oberamt Heilbronn im Allgemeinen.

Im Oberamte Heilbronn schied der Neckar von einander den Gartachgau, in welchem Biberach, Böllingen, Bökingen, Frankenbach, Groß- und Neckargartach, Ober- und Unter-Eisesheim in alten Urkunden namentlich angeführt werden, und den fränkischen Neckargau, in welchem allein Heilbronn namentlich vorkommt.

Der größte Theil des Oberamts aber gehörte zum Palatialgut und nur Schloß Wildeck mit Vohenlohe, Böckingen und Abstatt zu den Besitzungen der Neckargau-Grafen aus dem Ingersheimer Geschlecht.

Nach der Auflösung des Palatialgebiets im 12. und 13. Jahrhundert finden wir den Grundbesitz im Oberamte folgendermaßen vertheilt:

1) Ingersheimer Erbe: die Pfalz Heilbronn mit Zugehör kam von den Grafen von Calw an Herzog Welf VI., von ihm an die Hohenstaufen, die Lehensherrlichkeit über Böckingen zu 3/4 an die Grafen von Calw, zu 1/4 an die Grafen von Eberstein; Groß-Gartach zum größten Theil an die Grafen von Laufen, die es 1122 dem Stift Odenheim schenkten; in Horkheim und Kirchhausen erlangten die Grafen von Vaihingen die Lehensherrschaft und das Schloß Wildeck mit Vohenlohe kam als Lehen an die Herren von Hohenrieth.

2) Bisthum Worms. Es belehnte mit Neckargartach und Böllingen die Herren von Weinsberg; mit Unter-Eisesheim die Grafen von Laufen (1142) und nach deren Aussterben (ca. 1212) ebenfalls die Herren von Weinsberg.

3) Bisthum Würzburg: Die Villa Heilbronn kam von ihm als Lehen an die Hohenstaufen und erlangte nach deren Untergang die Reichsfreiheit. Happenbach wurde den Herrn von Hohenrieth zu Lehen gegeben.

4) Herren von Weinsberg: Sie erhielten Biberach, Ober-Eisesheim, auch Ober- und Unter-Gruppenbach und Donnbronn, das sie 1277 den Pfalzgrafen zu Lehen auftrugen.

5) Sontheim erhielten die Hohenstaufen (Urk. v. 1188), von | ihnen die Herren von Ebersberg und von diesen 1293 der deutsche Orden.

Hipfelbeuren kam in den Besitz des heiligen Geist-Ordens.

Bonfeld, Flein, Fürfeld, Thalheim trugen die davon genannten Geschlechter, Frankenbach die Herrn von Gemmingen und von Remchingen vom Reich zu Lehen.

In diesem Besitzstand gingen mancherlei Veränderungen vor, und im 18. Jahrhundert waren hier folgende Gebiete:

1) Reichsstadt Heilbronn, mit Neckargartach von den Herren von Weinsberg erkauft, 1341; Böckingen von den Herren v. Böckingen, 1342 und 1431; Flein von denen v. Sturmfeder (die es als Pfand vom Reich 1360 besitzen), 1385; Böllinger Hof von den Ayrern 1430; Frankenbach von den Herrn v. Remchingen (an die es im 15. Jahrhundert ganz gekommen war) 1438.

2) Deutscher Orden: Sontheim 1293 von Albrecht v. Ebersberg geschenkt; Kirchhausen, das von den Herrn von Kirchhausen an die Otter und die Herrn von Thalheim kam, erkauft von den Herrn von Helmstadt 1429 und von Stein 1435; Thalheim, das von den Herrn von Thalheim in verschiedene Besitze kam, theilweise erkauft von den Lemlin von Thalheim ca. 1560, und zu Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts; Biberach, das von den Herrn von Weinsberg 1467 an Wimpfen kam, von dieser Reichsstadt 1650 verkauft und 1679 vom deutschen Orden erworben.

Die Oberherrlichkeit in Ober-Eisesheim mit der Herrschaft Scheuerberg erworben, 1484.

3) Stift Speier: Mit dem Stift Odenheim erhielt es 3/4 von Groß-Gartach, das mit ihm 1803 an Baden kam.

4) Heilig-Geist-Spital-Orden in Memmingen: Hipfelhof, bayerisch 1803, an den Grafen von Montgelas verschenkt 1806.

5) von Gemmingen: Bonfeld und Fürfeld von den Herrn von Bonfeld und Fürfeld erworben, Antheil an Thalheim von den von Vohenstein’schen Erben 1772, von den von Gültlingen 1791 erkauft. Bonfeld und Fürfeld gehörten zum Ritterkanton Kraichgau, Thalheim zum Ritterkanton Odenwald (Kocherdorf).

6) Württemberg: Die Lehensherrlichkeit über 3/4 von Böckingen wurde 1308 mit der Grafschaft Calw, Horkheim (außer dem zum Ritterkanton Odenwald in Kocherdorf gehörigen Rittergut, das noch 1790 churpfälzisches Lehen war) und die Lehensherrschaft über Kirchhausen mit der Grafschaft Vaihingen 1356 und 1364 erworben.

| Groß-Gartach wird zu 1/4 erworben 1376–1379, und 1504 die Oberherrlichkeit.

Happenbach kam von den Herrn v. Hohenrieth an die Grafen v. Löwenstein 1330 und 1364 und von ihnen an Churpfalz 1441, von dieser an Württemberg 1504.

Ober-Eisesheim kam mit dem Kloster Lichtenstern, das den Ort 1395–1461 erwarb, durch die Reformation an Württemberg, die Oberherrlichkeit aber erst 1805 vom deutschen Orden.

Unter-Eisesheim kam von den Herrn v. Weinsberg an Churpfalz 1412 und 1450, von dem es die Herrn von Lommersheim zu Lehen empfiengen, die Lehensherrschaft 1504 an Württemberg, das den Ort 1655 kaufte.

Herrschaft Stettenfels, churpfälzisches, dann seit 1504 württembergisches Lehen, seit 1551 im Besitz der Grafen Fugger, von ihnen erkauft 1747.

Die fürstlich Löwenstein’schen Besitzungen Wildeck mit Vohenloh (im 15. Jahrhundert von den Herrn von Hohenrieth erkauft), Abstatt 1488 von dem Churfürsten Philipp von der Pfalz, dem Sohne des Churfürsten Friedrich Ludwig von Bayern überlassen, ward 1504 erobert, aber durch den Vertrag vom 29. Okt. 1510 dem Grafen Ludwig, jedoch als württembergisches Lehen, zurückgegeben.

Württemberg erwarb hiezu noch weiter: durch den Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Febr. 1803 Heilbronn mit seinem Gebiet; durch Napoleon I. Tagsbefehl vom 19. Decbr. 1805 die Besitzungen des deutschen Ordens;

durch die Verträge mit Baden vom 17. Okt. und 13. Nov. 1806 die Landeshoheit über die v. Gemmingen’sche Besitzungen und 3/4 von Groß-Gartach;

durch den Vertrag mit Bayern vom 18. Mai 1810 die Landeshoheit über den Hipfelhof (seit 1823 Eigenthum des Freiherrn von Cotta).

Nachdem 1803 die Stadt mit ihren Dörfern Flein, Böckingen, Frankenbach und Neckar-Gartach dem Churfürstenthum Württemberg einverleibt worden war, bildeten diese Orte das Oberamt Heilbronn.

Unterm 11. Nov. 1806 wurde demselben Unter-Eisesheim zugetheilt, welches seit 1780 unter dem württembergischen Pfleghof zu Heilbronn gestanden hatte.

25. April 1807 nach Aufhebung des Kloster-Oberamts Lichtenstern kam Ober-Eisesheim zum Oberamt Heilbronn.

| 28. April 1807 ward Horkheim vom Oberamt Weinsberg gegen Wimmenthal vertauscht.

26. April 1808 wurde das am 18. Jan. 1807 gebildete Oberamt Kirchhausen aufgehoben und dieser Ort mit Biberach, Sontheim, Thalheim, Bonfeld und Fürfeld (Schwaigern etc.) dem Oberamt Heilbronn einverleibt.

1810 durch Staatsvertrag vom 18. Mai kam der Hipfelhof von Bayern an Württemberg, welches denselben dem Oberamt Heilbronn zutheilte.

1811 übergab das Oberamt Brackenheim den Marktflecken Groß-Gartach an das Oberamt Heilbronn. Schwaigern u. s. w. kamen dagegen nach Brackenheim. Durch Gesetz vom 6. Julius 1842 trat das Oberamt Besigheim an das in Heilbronn ab, die Orte Abstatt mit Happenbach, Wildeck und Vohenlohe, sowie Gruppenbach mit Ober-Gruppenbach und Donnbronn.


2. Kirchliche Verhältnisse.


Literatur: Kirchengeschichtliche Beiträge über das Oberamt Heilbronn von Titot. Heilbronn 1862.

Die Einführung des Christenthums im Oberamte ging von dem Bisthum Worms aus, welches das Petersstift zu Wimpfen gründete. Die Kirchen zu Biberach, Böckingen, Bonfeld, Groß- und Neckar-Gartach waren lange Tochterkirchen dieses Stiftes.

In Heilbronn stand eine Basilika, die dem Erzengel Michael geweiht war und schon zwischen 741–747 dem neugestifteten Bisthum Würzburg geschenkt worden ist. Von dieser Zeit an gehörten die Oberamtsorte am rechten Neckarufer zum Bisthum Würzburg, die jenseitigen zum Wormser, und beide Bisthümer gehörten zum Erzbisthum Mainz.

Würzburg errichtete in Buchheim und Weinsberg Archidiaconate und unter diesem zu Weinsberg ein Landkapitel, zu dem die Orte am rechten Ufer gehörten.

Worms errichtete unter dem Archidiaconat der Probstei Wimpfen ein Landkapitel zu Schwaigern, zu dem die Orte am linken Ufer gehörten.

Große Ärgernisse, welche die Mönche und Nonnen zu Heilbronn im 15. Jahrhundert, die Pfarrherrn zu St. Kilian noch im 16. Jahrhundert erregten, waren der Einführung der lutherischen Lehre in Heilbronn sehr förderlich. Schon im Jahr 1528 ward das hl. Abendmahl in beiderlei Gestalten zu Heilbronn gereicht, und | noch früher gleich nach dem Reichstage zu Worms, wo sie 1521 Zeugen der Glaubensfestigkeit Dr. M. Luthers gewesen waren, führten die Freiherrn v. Gemmingen in Bonfeld und Fürfeld die Reformation ein. Dasselbe geschah um das Jahr 1530 in den vier heilbronnischen, im Jahr 1535 in den württembergischen Dörfern. Der ganze jetzige Oberamtsbezirk nahm die neue Lehre an, mit einziger Ausnahme der Angehörigen des deutschen Ordens in seiner Commende zu Heilbronn, in Sontheim und Kirchhausen. Später führte der deutsche Orden auch zu Biberach und in seinem Antheile von Thalheim den katholischen Gottesdienst wieder ein.

Nach der Reformation waren die altwürttembergischen Orte den Decanaten Brackenheim und Weinsberg, Generalats Lorch zugetheilt. In den letzten herzoglichen Zeiten Württembergs stunden alle unter dem Generalat Adelberg. Abstatt, Gruppenbach als Pfarreien des Decanats Laufen; Groß-Gartach als Pfarrei des Decanats Brackenheim, Ober- und Unter-Eisesheim des Decanats Neuenstadt, Horkheim des Decanats Weinsberg.

Im Jahr 1803 wurde das Decanat Heilbronn gebildet; nur Thalheim blieb bei Laufen.

1810 standen unter der Generalsuperintendenz Heilbronn die zwei Eisesheim, Decanats Neuenstadt; Groß-Gartach, Decanats Brackenheim; Abstatt, Gruppenbach, Thalheim, Decanats Laufen; und die übrigen evangelischen Orte Decanats Heilbronn.

Für die Katholiken wurde 1806 in Heilbronn ein Stadtpfarramt, in Thalheim 1823 ein Pfarramt errichtet. Jetzt stehen alle Katholiken des Oberamts unter dem Decanat Neckarsulm.


3. Besondere Schicksale.

Die Kriegsereignisse und andere Schicksale des Oberamtsbezirks sind in der Geschichte des Oberamts und der einzelnen Orte enthalten.


4. Alterthümer.
A. Aufenthalt der Römer.
Seit Hadrian (reg. 118–138) lag die VIII. Legion am Oberrhein. Zuerst war Strasburg (Argentoratum), später Mainz (Moguntia) das Hauptquartier dieser Legion. Sie legte von Strasburg an über Pforzheim, Maulbronn, Meimsheim zum Neckar hin eine Straße an, welche bei Laufen mit zwei anderen Römerstraßen | in Verbindung stand, mit der über Besigheim nach Canstatt, und mit der über Löwenstein, Hohenstraßen nach Mainhardt und Öhringen (Pfahlgraben).

Die letztere von Laufen nach Schozach, gegen den Landthurm und Wüstenhausen ziehend, durchschnitt nur zwischen Happenbach und Abstatt den jetzigen Oberamtsbezirk Heilbronn. Ein Überrest dieser Römerstraße zwischen Wüstenhausen und Happenbach wird noch jetzt die „Heerstraße“ genannt.

Auf bedeutenderer Länge durchzog die Neckarstraße auf den Hügeln, welche das linkseitige Neckarthal begrenzen, den Bezirk. Das quellenreiche Neckarthal bei Heilbronn und seine nächsten Seitenthäler waren zu jener Zeit zuverläßig noch so sumpfig, daß von einem Anbau desselben zur Zeit der Römer keine Rede sein kann. Von Laufen abwärts führte eine Römerstraße an den Westseiten der jetzigen Dörfer Böckingen und Neckar-Gartach hin, von da nach dem Böllingerhof und Ober-Eisesheim, von wo aus der Weg steil aufwärts nach Wimpfen am Berg hinaufzog.

Bei Klingenberg ist an der Stelle dieser Straße noch ein Güterweg, zwischen Bökingen und der Groß-Gartacher Chaussee, der alte Fahrweg von da nach Bökingen. Unweit der Groß-Gartacher Straße gegen Neckar-Gartach ist jetzt ein Güterweg, an dem eine Ruhestatt stehet, welcher sich in einen Schleifweg fortsetzt, dann in einen jetzt tief eingeschnittenen Hohlweg, der ins Leinthal ober Neckar-Gartach hinabführt u. s. w. Auch an dem Bergabhange vor Wimpfen ist an der Stelle der Römerstraße jetzt ein tiefer Hohlweg.

Die Benennungen „Wartberg“ hinter Bökingen, Kapelle südlich von Neckar-Gartach, und „Wart“ zwischen dem Böllinger Hof und Ober-Eisesheim sind wahrscheinlich Bezeichnungen römischer Wachthäuser, die an der Römerstraße standen.

Noch zu Anfang des 18. Jahrhunderts zog die Landstraße von Heilbronn über Wimpfen nach Heidelberg, nicht über Frankenbach wie jetzt, sondern von der oben erwähnten Ruhestätte über dem Heilbronner Landthurme an bis Wimpfen auf der ehemaligen Römerstraße. Nicht ferne von der Ruhestätte wurden 1856 gebrannte römische Ziegel von dem Grund eines kleinen Gebäudes (Wachthaus) ausgegraben.

Auf dem Bökingerfelde, 4 Ruthen von der Chaussee nach Groß-Gartach, welche die Römerstraße durchschneidet, entfernt, fand man im Jahr 1755 ein römisches Gebäude mit Heizeinrichtungen, um die Stubenböden und die Wände der Stuben wärmen zu können. Sattler in | seiner Geschichte des Herzogth. Württemberg. S. 245 u. Tafel 26 gibt Beschreibung und Abbildung davon.

Noch umfangreichere Gebäude standen auf dem Hügel zwischen Klingenberg und Bökingen, wo der Weinberg der Pfarrei Böckingen liegt. Der Ort wird vom Landvolk Gukele-Morr (cuculi Murus d. h. Gebäude der Hochwache) genannt. Man überschaut von da das Neckarthal.

Es waren mehrere Gebäude, von denen eines im Mittelalter als Kapelle zu unserer lieben Frauen Bekümmerniß eingeweihet worden war. Schon 1510 wurde ein Theil der Gebäude niedergerissen, 1680 ein anderer zum Bau eines Bauernhauses in Böckingen verwendet, und als im Jahr 1811 die Zabergaustraße, die am Fuße dieses Hügels hinführt, chaussirt wurde, so wurde der Rest abgetragen, weil die Steine zum Straßenbau verwendet worden sind.

Dieses letzte Gebäude, 22′ lang, hatte starke Mauern aus Quadersteinen, welche ein länglichtes Viereck umschloßen. Gegen die Hochebene hatte es in der Mitte ein großes Thor mit gedrücktem Bogen, daneben je einen Fensterbogen. Gegen Norden (Bökingen) hatte es ein zweites Thor mit Rundbogen. Nicht einmal die Stockmauern kamen ganz auf unsere Tage.

Jenseits des Neckars auf Horkheimer Markung deutet schon die Benennung „Brandäcker“ auf abgebrannte Gebäude hin. Allein auf den Äckern „im Gutedel“ genannt, zwischen Horkheim und Sontheim, bemerkte man in trockenen Sommern, daß das Getreide in gewissen Linien vertrocknete und kümmerlich wuchs, bis Grundmauern römischer Gebäude im Jahr 1825 von den Ackerbesitzern ausgebrochen worden sind.

Es fanden sich darunter viele gebrannte Steine mit Randleisten, eingepreßten Linien u. s. w., wie sie von den Römern zu den Heizungskanälen unter den Fußböden und neben den Seitenwandungen ihrer Wohnzimmer im kalten Germanien angewendet worden sind. Auf einer von vier römischen Münzen, die damals zugleich ausgegraben worden sind, konnte man nur den Namen des Kaisers Antoninus lesen.

Auch beim Reuten der Horkheimer Weinberge fand man früher hie und da altes Gemäuer mit gegossenen Gypsböden, die unverkennbar römischen Ursprungs sind, und im vorigen Jahrhundert wurden aus einem Weinberg etwa 200 römische Münzen aus Erz und 100 aus Silber ausgegraben, die nebst Gefäßen aus feinem, fast zinnoberrothem Thone dem Herzog Carl nach Stuttgart zugeschickt worden sind.

| Andere bei Horkheim gefundene Münzen sind von Augustus, Nero, Vespasianus, Nerva, Trajanus und Hadrianus, also von Christi Geburt bis 138.

An dem linken Neckar werden in der Nähe der schon bezeichneten Römerstraße nicht selten Münzen gefunden, die meisten von Kaiser Hadrian (118–138) und von M. Aurel, Severus Alexander (reg. 223–235), seltener von Kaiser Gordianus III. (238 bis 244), Valerianus (253–259), Valerius Aurelianus (270 bis 274), die neuesten von Constantius (351–361).

Eine römische Grablampe aus Thon, der Deckel einer Urne, Scherben von Gefäßen aus Glas und samischer Erde auf einem Estrichboden wurden 1841 in Neckar-Gartach beim Ausgraben des Grundes zu dem Neubau des Schreiners Münz gefunden.

Auf keiner Markung Württembergs aber, Rottenburg allein ausgenommen, hat man so viele Altäre und Votivsteine aufgefunden, als nördlich auf der Markung von Bökingen, zum Theil bei der Cucullimur, einer 1810 abgebrochenen Kapelle. Es sind deren folgende neun, welche mit Ausnahme der drei letzten, ganz verschollenen, jetzt im kgl. Museum der bildenden Künste aufgestellt sind:

APOLLINI
PYTHIO SACR.
NASELLIVS
PROCLIANVS
> LEG VIII AVG
TORQVATO
ET IVLIANO COS
V S L L M.

Apollini Pythio sacrum. Nasellius Proclianus centurio legionis VIII. Augustae Torquato et Juliano consulibus (148 p. Ch.) votum solvit laetus lubens merito.

FORTVNAE
RESPICIENTI SACR
NASELLIVS PRO
CLIANVS > LEG
VIII AVG PRAE
POSITVS CHOR
.I. HELVETIORVM
TORQVATO ET
IVLIANO COS
V S L L M
| Fortunae Respicienti sacrum. Nasellius Proclianus centurio legionis VIII. Augustae, praepositus cohortis I. Helvetiorum, Torquato et Juliano consulibus (148 p. Ch.) votum solvit laetus lubens merito.
I. O. M.
ET MARTI CA
TVRIGI GEN
IO LOCI C
IVL QVIETVS
BF COS
V S L L M

Jovi Optimo Maximo et Marti Caturigi, Genio Loci Julius Quietus beneficiarius consulis votum solvit laetus lubens merito.

DEO
TARANVCNO
VERATIVS
PRIMVS
EX IVSSV

Deo Taranucno Veratius Primus ex jussu.

DEO MER
CVRIO CV
LTORI RIM
ANVS E
X IVSS E
L L M R

Deo Mercurio Cultori Primanus ex jussu et laetus lubens merito.

PRO SALVTE COMMILI
FORTVN
SACRVM
CASSIVs
TROIANVs
> BRITONVM
V S L L M
Pro salute commilitonum. Fortunae sacrum. Cassius Trojanus centurio Britonum (hier aufgestellten Britten) votum solvit laetus lubens merito. |
SOLI INVIC
MithrAE
SAcrum
P. Naselli
VS Procli
ANVs > leg.
VIII. AVG.
SENO
MATRO
COH I
HELVET
.....
.....
.....
.....
.....

Senonibus matronis cohors I Helvetiorum ....

IOM
IVL VICTI
> LEG VIII
AVG

Die dem Jahr 148 n. Chr. entsprechende Zeitbezeichnung ist die früheste, welche man im Unterland des Königreichs Württemberg fand. Als Standort einer Abtheilung der 8. Legion (mit dem Beinamen Augusta) tritt hiermit die Umgegend von Böckingen gehörig ans Licht.

Unter den Culten der angesiedelten Römer machen sich in Zeiten, in welchen viel Volk aus Gallien herübergewandert war, gallische Götternamen, beziehungsweise Beinamen, wie Taranucnus, Mars Caturix (nach den Caturigern, einem Volke in der Gegend des jetzigen Chorges genannt), die Schutzgöttinnen der Senonen (beim jetzigen Sens), bemerklich.

Weitere zwei römische Inschriften wurden 1852 zwischen Bonfeld und Kirchhausen bei Ausrodung des Waldes Breitenloch gefunden an der Stelle einer ansehnlichen Niederlassung.

IN D. D.
GENIVM. C.
ALISIN. L. AVE
NTINIVS. M
ATERNVS
D. C. S. T.
DON.
| In honorem divinae domus (des Kaiserhauses) genium (Standbild des Genius) civitatis Alisinae (Neckarelz) L. Aventinius Maternus donavit. Die vorletzte Zeile ist von unsicherer Deutung, der letzte Buchstabe derselben: T von unsicherer Lesung, decurio civitatis ...?
DEANE
ANTONIVS
.. NECIANVS
.......

Deane d. i. Dianae. Der letzte Name ist wohl Senecianus zu ergänzen.

Eine dritte Römerstraße in unserem Oberamtsbezirke führte von Südwesten her von Gemmingen nach Wimpfen über die Markungen von Fürfeld und Bonfeld.

Als die Gutsherrschaft in Bonfeld einen Wald ausreuten ließ, entdeckte man im Mai 1852 ein römisches Standlager oder Castell, etwa 7 Morgen groß, in Gestalt eines länglichten Vierecks.

Es war von einer Mauer umfangen, welche größtentheils aus Bruchsteinen des Muschelkalks ohne Mörtel bestand.

Einige Bauten, wahrscheinlich Thürme und Wohngebäude, hatten Grundmauern aus Neckargeschieben und einem weißen Kalkmörtel gegossen. Platten und Gestelle aus Sandstein, Backsteine, Platten und Hohlziegel aus roth gebranntem Thone lagen umher, sowie Bruchstücke von großen Weinkrügen (amphora), Schüsseln und andern Gefäßen, 2 kleine eiserne Sicheln, Bruchstücke aus Bronze und Eisen, und eine Münze von Kaiser Septimius Severus (Jahr 193 bis 211).

Das Wichtigste waren die oben erwähnten zwei römischen Inschriften.


B. Deutsche Alterthümer.

In den Jahren 1846 und 1855 wurden aus der Thongrube eines Ackers bei der Köber’schen Ziegelei mehrere Streitäxte und ein Steinkeil aus Grünstein mit Scherben eines schlechtgebrannten thönernen Gefäßes ausgegraben.

Von Bronze wurde eine Pfeilspitze aus der Leimengrube beim Hundsberg (Straße nach Weinsberg), und 1862 bei Erweiterung des Winterhafens der obere Theil einer Statuette, wie ähnliche in Böhmen gefunden worden sind (einen Priester oder Götzen darstellend) ausgegraben.

| Im Stadtwalde, nahe am Wartthurm, und auf dem Schweinsberg, im Walde der „Höll“ genannt wird, befinden sich noch mehrere germanische Grabhügel über dem gewachsenen Boden. Als man hier einige öffnete, fand man darinnen Steinkreise und Kohlen und beim Urbronnen im Mai 1850 Knochen, Holzkohlen, Armringe und spiralförmig gewundenen Kopfschmuck aus Bronze.

Alles dieses auf der Stadtmarkung.

Auf dem Hezenberg (Hügel über den die Straße von Neckar-Gartach nach Ober-Eisesheim führt) wurden 1809 Töpfe und Schalen aus schwarzem Thon gebrannt (denen aus den Pfahlbauten zu Castione gleich) mit Resten eines Hirschgeweihes und eines Ziegenhornes ausgegraben.

Burgen und Burgruinen befinden sich auf Stettenfels, Wildeck, Thalheim, Sontheim, Horkheim, Fürfeld.

Auf Heilbronner Markung weisen die Benennungen „Bürg“ (wo früher der Heilbronner Galgen stand) und „Burgmal“ auf Burgen hin.

Abgegangene Orte sind: Beckingen am Trappensee, Altfürfeld und Bellingen.

Landgerichte waren beim Cäcilienbronnen, wo eine Weinberghalde „Stahlbühl“ noch daran erinnert, und bei Groß-Gartach, und in der Stadt hat noch eine Gasse den Namen „Siebeneichgasse“ von sieben Eichen, unter denen Gericht gehalten wurde.





  1. Am 1. Jan. 988 z. B. verlieh K. Otto III. dem Bischof von Worms den Königsbann über einen Waldbezirk in der Umgegend von Wimpfen, dessen Südostgrenze der Leinbach und von dessen Einfluß in den Neckar an dieser letztere Fluß bildeten. Wirt. Urk.-Buch 1, 228. Unterschoben ist die Urkunde K. Ludwigs vom 20. Aug. 856 über einen auch in unsere Gegenden heraufreichenden Immunitätsbezirk, welchen dieser König dem Wormser Hochstift verliehen haben sollte. Eb. 1, 148.
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