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21. Gemeinde Oggenhausen,
evangel. Pfarrdorf nebst der Parzelle Erzhäusle mit 593 Einw. (darunter 3 kathol. Filialisten von Burgberg), auf einer Markung von 3220 M. Diese Gemeinde hat mit Gerstetten und Zang die höchste Lage im Oberamts-Bezirk, aber in Vergleichung mit diesen Orten merklich mildere, sehr gesunde Luft, und nie versiegendes Quellwasser. Der Boden ist von mittelmäßiger Ertragsfähigkeit. An der Markung ist der Staat mit 20087/8 M., und zwar größtentheils (18854/8 M.) Waldungen, betheiligt; bis zum J. 1829 aber war auch der größere Theil der Felder und Wiesen, nämlich die zwei großen geschlossenen Schloßgüter (s. unten) in seinem Besitz, die in dem genannten Jahre sammt den Baulichkeiten um 40.000 fl. der Gemeinde käuflich überlassen, und von dieser an einzelne Gemeindeglieder zu kleineren Theilen verkauft worden sind. Diese Güter werden jetzt mit großem Fleiße bewirthschaftet, so daß sich der Zustand der Landökonomie bedeutend hebt, wiewohl nur sehr Wenige von Feldbau und Viehzucht ausschließlich leben. Die flürlich gebauten Äcker (7011/8 M.) ertragen hauptsächlich Dinkel, Roggen, Gerste, weniger Haber, und zwar Dinkel im Durchschnitt 6 -8 Sch. p. M. Die Preise eines Morgens sind 80-120-150 fl. Von 260 M. zweimähdiger Wiesen gehören dem Staat 466/8 M. als ehemalige Fischweiher, die er verpachtet. Der Mittelertrag ist p. M. 10 Ctr. Heu, 5 Ctr. Öhmd; die Preise eines M. 100-125-150 fl. Die Obstzucht betreffend liefert Oggenhausen ein Beispiel, was Fleiß und Sorgfalt bei aller Ungunst | des Klima zu leisten vermag. Man erzeugt selbst feine Sorten, namentlich von Birnen, und versieht damit die Märkte von Heidenheim, wo dem Tafelobst von Oggenhausen und dem nahen Heuhof der Vorzug vor anderem gegeben wird. – Die Rindviehzucht ist im Zunehmen; der Handel mit Vieh activ; der Verkauf geht, vermittelt durch Göppinger Händler, ins Unterland. Stallfütterung besteht noch nicht, wird aber nothwendig werden, da das Waiderecht in den Staatswaldungen immer mehr eingeschränkt wird. Auch die Schafzucht (feine Bastarde) hebt sich; die Waide wird mit einheimischen Schafen beschlagen und erträgt 430 fl. jährl. Pacht. [1] Die Bienenzucht ist nicht ganz unbedeutend; Honig und Wachs wird nach außen verkauft. – Außer 17 Webern mit 19 Stühlen, von welchen einer sein Geschäft etwas ins Größere und auf den Verkauf betreibt, ist es das Maurer- und Steinhauerhandwerk, womit sich Manche im Sommer beschäftigen. Im Winter arbeiten sowohl diese als auch viele andere Männer und ledige Bursche als Holzmacher in den benachbarten Staatswaldungen. Wichtig ist für den Ort die 1/4 St. südöstlich entlegene Erzgrube, bei welcher 16 Ortsangehörige und 10 Nattheimer als Bergleute angestellt und unter einem hier ansässigen Steiger Sommer und Winter beschäftigt sind, s. Nattheim. – Schildwirthschaft ist eine, Bierbrauerei ebenfalls eine vorhanden.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind im Ganzen minder günstig; auf der andern Seite lassen Frugalität und strenge Arbeitsamkeit, wodurch sich Oggenhausen in der That auszeichnet, nirgends Mangel fühlbar werden. Das Vermögen der Commun, die erst in Folge des erwähnten Domänenankaufs die Eigenschaft einer selbstständigen Gemeinde erhielt, und in den Corporationsverband eintrat, ist gering, und bürgerliche Nutzung (außer einer kleinen Holzgabe alle 20 Jahre) keine vorhanden. Die Zehenten bezieht der Staat. Diesem waren bedeutende persönliche Frohndienste zu leisten, welche jetzt mit einer Summe von 1849 fl. 52 kr., an welcher der Staat 693 fl. 42 kr. übernahm, abgelöst sind. Gegen den Staat wurden ferner theils von der Gemeinde, theils von Privaten, einige kleinere Abgaben abgelöst, als Hundsthaler etc. jährlich 4 fl. 34 kr. an die Orts-Stiftungspflege jährlich 6 fl. 24 kr. Aufgehoben vom Hirtenstab etc. 45 kr.

1) Oggenhausen (13/4 geom. St. östlich von Heidenheim) liegt ganz frei auf einer hohen Kuppe, von welcher man eine sehr | ausgebreitete Aussicht über die Donauebene und weit in das Bayrische bis an die Tyroler Alpen genießt. Der Ort ist von schönen Gras- und Baumgärten umgeben, und hat daher keineswegs das kahle Aussehen hochgelegener Alporte; auch macht er sich dadurch bemerklich, daß er nur sehr wenige Strohdächer hat. In 162 Wohngebäuden leben 588 Menschen. Die kleine aber gefällige Kirche wurde 1732 von der Herzoglichen Rentkammer an der Stelle einer alten Kapelle erbaut, und 1840 vom Staat, der die Baulast hat, verschönert. Die Orgel, die früher dem Kl. Lichtenstern gehörte, ist ein Geschenk des K. Friedrich vom J. 1817. Früher Filial von Nattheim erhielt Oggenhausen im J. 1834 eine selbstständige Pfarrei. Ein eigenes Pfarrhaus aber besteht nicht; für den ständigen Pfarrverweser ist ein halbes Bauernhaus von der Gemeinde angekauft worden. Auch das Schulhaus ist unzulänglich und ein eigenes Rathhaus fehlt ganz. Das Stiftungsvermögen beläuft sich auf 600 fl. Der Begräbnißplatz umgiebt die Kirche und liegt mitten im Ort. Es finden sich hier zwei sogenannte Schlösser, das obere und untere, die ehemals von adeligen Familien bewohnt waren, s. unten. Das erste hieß das Württembergische, das andere das Weiltinger Schloß. Jenes zeichnet sich wenig von einem großen Bauernhaus aus, und ist zu einer Schildwirthschaft und Bierbrauerei eingerichtet. Das untere, gleich daneben, ist jetzt ein Bauernhof und stellt noch weit weniger vor als jenes. Eine Vicinalstraße führt von Giengen nach Nattheim durch den Ort. Die Römerstraße von Faimingen nach Heidenheim zog an der südlichen Markungsgränze vorüber.

Von einer alten Wallfahrtskirche zu St. Margareth hat noch ein Wald 1/2 St. nordwestl. vom Dorf diesen Namen. Auf der Stelle derselben ist jetzt eine Erzgrube. Verlassene Gruben von hohem Alter, theils mit Wald überwachsen, theils mit Wasser ausgefüllt, finden sich mehrere namentlich in diesem Walde. Auch sind auf dieser Markung Sandgruben im Bau, aus welchen man den feinen Sand zu den Gußformen für die Eisenwerke gewinnt. Von den interessanten Versteinerungen in den Erzgruben war oben die Rede.

2) Erzhäusle, Haus mit 5 Einw, bei der Erzgrube im Staatswald Röthenberg 3/8 St. südsüdöstl. von Oggenhausen, 1826 vom Staat erbaut.

In den ältesten bekannten Zeiten gehörte Oggenhausen der adeligen Familie der Vetzer. Im J. 1356 schenkte Ulrich Vetzer, gesessen zu Oggenhausen, dem Kl. Herbrechtingen hier Güter zu einem Jahrstag. Hans Vetzer von Oggenhausen war im J. 1456 Reichsvogt zu Nördlingen (Beischlag, Beitr. zur Nördl. Geschlechtshist. 2, 508-9). Ursula Vezerin von Okenhausen ehlichte den | württembergischen Kammermeister (Kammerpräsidenten) Joh. Jac. Guth von Sulz auf Durchhausen, der – geb. 1544 – in erster Ehe eine Maja Güß von Güssenberg zur Gattin hatte und 1615 starb (Clemm Amoenit. liter. 1, 27). Nach einer Aufzeichnung vom J. 1554 (im K. Staats-Arch,) gehörte damals das Schloß und der Weiler einem Jacob Vetzer zu eigen, aber außerhalb Etters hatte Württemberg alle Frevel, hohe und niedere Gerichtsbarkeit. Am 3. Febr. 1612 verkaufte Wilhelm Vetzer zu Heidenheim an Herzog Johann Friedrich von Württemberg halb Oggenhausen, nämlich Obrigkeit und andere Gerechtsame, Güter, Gefäll und Einkommen, Haus-, Feld- und Holzmarkungen für 26.500 fl., wodurch auch der Kammergerichtsproceß zwischen Württemberg und der Familie Vetzer über die hohe Obrigkeit in Oggenhausen aufhörte (Sattler 6, 62). Im J. 1650 veräußerte Wilhelm Vetzer die andere Hälfte an Christoph Wilhelm von Erolzheim, dieser aber gleich wieder an Hugo Friedrich von Vesten, nach dessen Tode es seine Wittwe Maria im J. 1658 ihrem neuen Gatten, dem kaiserlichen Hauptmann Paul, zubrachte. Als dieser im J. 1661 starb, wurde sein Antheil an Oggenhausen dem bayrischen Rittmeister Liborius Ebert von Trochtelfingen für 7300 fl., von diesem aber sogleich wieder für 7500 fl. an die Stadt Giengen verkauft; jedoch nahm Württemberg, das die hohe Jurisdiction und das Jus circa sacra behauptete, das Einstandsrecht in Anspruch, ersetzte der Stadt den Kaufschilling und erhielt auf diese Art ganz Oggenhausen (1667).

Im J. 1680 in der brüderlichen Convention der herzogl. württemb. weiltingischen Linie fiel Schloß Oggenhausen sammt dem Heuhofe dem Prinzen August, zweiten Sohne des Herzogs Manfred, zu. Württemberg verweigerte dem Rittercanton Kocher, wohin Oggenhausen collectabel war, die Steuer, weshalb ein Proceß beim Reichshofrathe anhängig gemacht wurde, der von 1701-1733 dauerte.

Durch Aussterben der genannten Linie im J. 1705, mit dem Tode Friedrich Ferdinands, wurde Oggenhausen gleich wie Brenz, consolidirt und zum Kammerschreibereigut gezogen. Im J. 1727 den 23. April überließ Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg der bekannten Landhofmeisterin, Gräfin Würben, dieses Schloßgut „das auf das alte Schloß vor etliche Jahren neu erbaute Maierhaus, das Viehhaus etc.;“ nach dem Sturze der Gräfin im J. 1732 wurde es aber wieder alsbald zur Herrschaft eingezogen (Vergl. auch Brenz).


  1. Ein Mitwaiderecht auf den Gemeinde-Markungen Giengen, Herbrechtingen und Hohenmemmingen ist 1843 um 3675 fl. abgelöst worden; die Ablösung eines solchen auf Nattheimer Markung steht bevor.
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