Beschreibung des Oberamts Hall/Kapitel B 20
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Das Dorf ist weitläufig gebaut und sehr ansehnlich. Die Kirche zu unserer lieben Frau hat einen schönen gothischen Chor aus dem 15. Jahrhundert und wurde 1683 renovirt. Von der ältesten Kirche scheint noch der untere Theil des Thurmes und ein auf der Nordseite angebrachtes, längst zugemauertes, im byzantinischen Styl ausgeführtes Portal herzurühren. Zu bedauern ist, daß zu Anfang dieses Jahrhunderts der majestätische, mit Gold reich verzierte Hochaltar abgebrochen und durch die nun erstmals errichtete Orgel Chor und Kirche des Lichtes beraubt worden sind. Merkwürdig sind das Bild der hienach zu erwähnenden heil. Jungfrau mit dem Hasen, einige Glasmalereien und ein Basrelief von Sandstein, welches 4 schlafende Krieger, wahrscheinlich Wächter am Grabe des Erlösers, in Tracht und Bewaffnung des 15. Jahrhunderts vorstellt. Das freundlich gelegene Pfarrhaus ist ganz von Stein und soll zu diesem Zweck schon 1286 von Conz von Hopfach, der es bis dahin bewohnt, Comburg übergeben worden seyn. Die Baulast an Kirche und Pfarrhaus hat der Staat, an jener wegen Halls, an diesem wegen Comburgs. – Thüngenthal hat eine Schildwirthschaft, welche 1841 und 1842 in größerem Styl neu aufgebaut wurde, mit einer Bierbrauerei. – Die Gewerbe sind im Übrigen unbedeutend, und die Hauptnahrungsquelle fließt hier und in den Parcellen aus der Landwirthschaft, aus der Ochsenmastung, Schweinszucht, der Bienenzucht und dem Ochsenhandel. Die Einwohner sind im Allgemeinen wohlhabend. Der Boden ist im Durchschnitt ergiebig; die hohe Lage bewirkt aber, daß die Gartengewächse später sind, als im Kocher- und Bühler-Grund. Die Wiesen Thüngenthals stehen nach Größe und Beschaffenheit einer weiteren Ausdehnung der Viehzucht entgegen. – Thüngenthal ist, wie bereits erwähnt, paritätisch und besteht zu 2/3 aus Evangelischen und 1/3 Katholiken, die nach Steinbach eingepfarrt sind. Zur Kirchengemeinde gehören auch noch Altenhausen, Otterbach, | Ramsbach, Veinau, Wolpertsdorf und, als selbstständige Filialgemeinde, der evangelische Theil von Hessenthal. Das Patronatrecht steht, von Comburg her, der Krone zu. Der für die Gemeinde gemeinschaftlichen Schule wird schon 1680 gedacht. Der Begräbnißplatz umgibt die Kirche. Stiftungen sind nicht vorhanden.
Thüngenthal wird bei der Stiftung Comburgs erstmals genannt, indem, wie oben S. 249 gezeigt, der Klostervogt „in villa Dungental“ über die Hintersassen Comburgs Gericht zu halten hatte. Bei der Stiftung übergab dessen Gutthäter Wignand 8 hiesige Huben dahin und bald darauf schenkte Graf Heinrich, der Bruder des Stifters, seine Besitzungen hier und in Otterbach dem neuen Kloster. Die Vogtei über alle oder einen Theil der comburgischen Güter gehörte übrigens den Dynasten von Lobenhausen (bei Gaggstadt); denn 1296 verkauften Walther, Seifried und Ernfried von Vellberg die Vogtei über 2 Höfe an Comburg, welche Lehen gewesen war „a castro Lobenhausen,“ und 1300 eignete Kraft von Hohenlohe dem Kloster diese Vogtei, welche die v. Vellberg „a nobis ratione dominii in Lobenhausen in feudum tenuerunt.“ Als bald darauf Comburg die Vogtei über einige andere Güter von Conrad Unmuß, Bürger zu Hall, erkauft hatte, eignete sie 1307 derselbe Kraft dem Kloster mit denselben Worten. Weitere Güter erwarb Comburg 1333 von Adelheid von Wollmershausen; ebenso 1338 von Hug an dem Bach, Bürger zu Hall, einen hiesigen Hof und ein Lehen zu Hörlebach; sodann 1403 von der Stadt Hall 9 Güter, die sie von Ulrich von Heimberg, Bürger zu Hall, ausgelöst hatte; sowie 1497 und 1532 von dem Hospital zu Hall. Was die Stadt Hall weiter hier besaß, hatte sie 1402 von Hans Sieder und 1481 von Götz von Bachenstein erworben. Hall und Comburg hatten die Vogtei je auf den eignen Gütern; die Malefiz und hohe Obrigkeit stand aber hier und in den übrigen Parcellen Hall, und zwar bis 1803 dessen Amte Schlicht, zu.
In einer Fehde der Stadt Hall mit dem Markgrafen von Ansbach 1449 brannte Thüngenthal ab und nährten sich die Einwohner einige Tage lang mit einem Fasse voll Birnen, die der Pfarrer im Keller gehabt hatte und durch das Feuer gebraten worden waren.
Die Pfarrei ist von hohem Alter und soll mit jener in Reinsberg um’s Jahr 990 von Graf Einhard von Comburg oder Rothenburg gestiftet und von einem Bruder desselben, Bischof Bernward von Würzburg, mit Gaben bedacht worden seyn (Wibel a. a. O. I. 183). Bei der Stiftung Comburgs kam der Pfarrsatz von dem Stifter an das Kloster. Schon 1214 wird Waltherus plebanus | in Thungenthal genannt. Nachmals saß hier längere Zeit der Dekan des Ruralkapitels. Der Papst gestattete 1256, daß Comburg die Pfarrei sich incorporire; was aber erst 1320 geschah (S. Reinsberg). Sie wurde bis 1477 durch Weltgeistliche, dann bis 1488 durch Mönche aus Comburg, von da an aber wieder durch Weltgeistliche versehen. Die Kastvogtei oder Advocatie über die Kirche stand Hohenlohe zu, das im 13. Jahrhundert die v. Vellberg damit belehnte; im Jahr 1304 traten jedoch Graf Kraft und seine Gemahlin Agnes, Gräfin von Württemberg, dieselbe an Comburg ab (Wibel a. a. O.). Im Jahr 1434 entstand hierher eine Wallfahrt. Die Hunde eines im Felde jagenden Schenken von Limpurg hatten nämlich einen Hasen durch die offenstehende Kirchthüre verfolgt, der sich zu den Füßen der Jungfrau Maria flüchtete. Der Schenk habe den Hasen hierauf wieder in Freiheit gesetzt, und weil die Hunde ihn nicht mehr verfolgt, hat das gläubige Volk Wallfahrten zur wunderthätigen Maria vom Hasen zu Thüngenthal angestellt, von deren Opfern der Chor erweitert und verschönert worden seyn soll. – Wie in Erlach konnte auch hier erst zu derselben Zeit die Reformation mit Gewalt, aber wie es scheint, nur bei den hallischen Vogtleuten, durchgesetzt werden. Das Patronat und Präsentationsrecht behielt zwar Comburg; Hall aber übte von nun an das Examinations- und Confirmations-Recht aus.Bischof Andreas von Würzburg schenkte 1307 dem Kloster Comburg „decimas novalium de silvis in territoriis villarum Hessenthal, Thüngenthal, Eselbrunnen et Bumannswiler sitis, extirpatorum seu extirpandorum,“ soweit sie ihm zustanden.
b) Matheshörlebach, auch Mathes-Hürlebach, früher Mathes-Hürdelbach, zum Unterschied von Hörlebach am Landthurm, Weiler mit 95 evang. Einwohnern und 8 hall’schen Gemeinderechten, 1913/4 Mrg. vertheilten und 251/2 Mrg. unvertheilten Allmanden und Waldungen, liegt 1/2 Stunde südöstlich von Thüngenthal, und hat bei ergiebigem Boden einen guten Nahrungsstand. – Der Ort ist Filial von Sulzdorf-Anhausen. – Den großen Zehenten bezieht der Staat, und zwar 2/3 von der Propstei Ellwangen und 1/3 von der geistlichen Verwaltung; den kleinen theilweise der Staat, theilweise die Stadtpflege Hall, welche auch den Blutzehenten hat. – Die Zehentrechte des Staats tauschte Hall 1561 als würzburgisches Lehen von Conrad v. Vellberg gegen 1/3 Zehenten zu Eschenau ein. Ihre übrigen Erwerbungen aber machte die Stadt: 1523 von Veit v. Rinderbach, 1525 von Comburg, 1564 von Graf Casimir zu Hohenlohe, namentlich die Gülten aus dem Holz zu Wüstenzimmern und Riedtwiesen, 1580 von | Conrad v. Vellberg und 1604 von Hans Sigmund Mendel v. Steinfels.Auch Matheshörlebach hatte seine Edle, welche in einem Verwandtschaftsverhältniß mit den v. Enslingen standen. Wir finden wenigstens, daß die Letzteren sich einige Zeit v. Hürlbach schrieben. Im Jahr 1350 verkaufte Eberhardus de Hurlbach einen Hof an St. Martin zu Stöckenburg; 1375 erscheinen Hans, Peter und Heinrich v. Hurdelbach als Besitzer der Burg Ramsbach; 1401 Conrad v. Hurdelbach; 1415 sendet Hall einen Nicolaus von Hurdelbach auf die Kirchenversammlung zu Constanz; er liegt zu Thüngenthal begraben; 1431 Claus v. Enslingen, genannt Hurlbach; 1448 war Eberhardus de Hurlbach Mönch in Comburg (Menken a. a. O. S. 434); 1479 Claus v. Enslingen, genannt Hurdelbach. Spuren einer Burg finden sich jedoch keine.
Eine Capelle scheint der Ort gehabt zu haben, denn in den Jahren 1483 und 1529 findet man Käufe und Veräußerungen des dortigen Heiligen.
c. Otterbach, Weiler mit 127 Einwohnern, worunter 57 Kath., und 15 Gemeinderechten, wovon 10 hallische und 5 comburgische, mit 1913/4 Mrg. vertheilten und 861/2 Mrg. unvertheilten Allmanden und Waldungen. Dieser freundliche Ort mit ansehnlichen Häusern liegt 1/2 Stunde nordöstlich von Hall, auf einem Hügel, an dessen Fuß der Otterbach fließt, welcher dem Orte und dem höchst romantischen ottenbacher Thälchen den Namen gegeben.
Otterbach hat 1836 und 1837 die durch dasselbe führende Vicinalstraßen gegen Ober-Scheffach und Thüngenthal neu gebaut und 1841 die schmutzigen Orts-Etter durchgreifend corrigirt, wodurch der Ort ein ganz anständiges Äußeres gewonnen hat. – Die Katholiken pfarren schon längst nach Steinbach. – Wie Thüngenthal so war auch Otterbach, wenigstens zum Theil, ein Besitzthum der Herren von Comburg, indem durch die Stifter des Klosters Comburg die Grafen Heinrich, Rüdiger und Burkhard (Menken a. a. O. S. 390) mehrere Besitzungen dahier an dasselbe gelangten. Dieses Kloster kaufte 8 Güter 1379 von Conrad Egen, Bürger zu Hall, 1412 von Hans Übelin und 1464 von Endris v. Münkheim je einen Hof. Einige kleinere Gülten kamen 1501 von Melchior Senft und 1593 der See im großen Hirschbach an Hall. Der Besitzer eines freieigenen Hofes machte sich 1557 verbindlich, davon 30 kr. jährliche ewige Gülte der Stadt Hall zu entrichten, weil er sich für die Beede zu gering eingeschätzt hatte. Im Jahr 1298 erscheint Waltherus dictus Weisse de Otterbach als Zeuge (Wibel a. a. O. II. S. 127). Über sein Geschlecht wissen wir nichts Näheres.
| Der vorgedachte See hatte noch 1690 anderthalb Morgen im Umfang.- ↑ Siehe Beschreibung des Bezirkes Thüngenthal, von Pfarrer Cleß. Hall 1842.
- ↑ Aus der frühern Schreibart könnte man folgern, daß der Name von dem Ding oder placitum herrühre, dessen hernach gedacht wird, wenn nicht das Kloster Comburg und dessen Geding jünger wäre, als der Ort. Es müßte denn hier ein älteres Grafending bestanden haben.
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