« Kapitel A 6 Beschreibung des Oberamts Freudenstadt Kapitel B 1 »
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VII. Geschichtlicher Überblick und Alterthümer.


1. Politischer Zustand.

Von den Zeiten der Römer hat sich aus den ehemals wildesten Waldgegenden, welche der jetzige Oberamtsbezirk vereinigt, keine geschichtliche Begebenheit, kein Ortsname, ja kein durch Inschrift oder Bildhauerarbeit ausgezeichneter Stein für unsere Kenntniß erhalten; erst in neuerer Zeit wurden Reste und Spuren von Straßen und Niederlassungen aufgefunden (siehe unten 4. A.), welche auf die frühere Anwesenheit der Römer in dem Bezirk schließen lassen. Im Allgemeinen wissen wir, daß gegen den Schluß des 3. Jahrhunderts die Römer von den Alemannen vertrieben wurden und letztere um 536 in dieser Ecke Deutschlands unter die Botmäßigkeit der Franken kamen, doch so, daß sie noch Volksherzoge behielten, deren Zwischengewalt dann im Anfang des 8. Jahrhunderts durch die Hausmaier der Merovinger gebrochen wurde und aufgehoben blieb, bis mit dem Anfang des 10. Jahrhunderts ein neues Herzogthum Alemannien wieder auflebte.

Nach der Zeit des frühesten geschichtlichen Auftauchens geordnet reihen sich die Orte des Bezirks an der Hand der Kl. Lorscher, Hirschauer, Reichenbacher, Bebenhauser u. a. Aufzeichnungen folgendermaßen:

Dornstetten 763, Glatten 766, Schopfloch 772, Thumlingen 782, Waldach 782 (wo nicht erst 1135), Iflingen 1005, Cresbach, Grömbach und Hallwangen 1075, Hörschweiler um 1080, Göttelfingen 1082, Schömberg und Thonbach 1085, Besenfeld um 1090, Vesperweiler 11tes Jahrh., Grünthal, Wittendorf um 1100, Hochdorf um 1130, Wittlensweiler 1143, Pfalzgrafenweiler 1165, Lombach um 1191, Aach, Durrweiler, Röth 12tes Jahrh., Neuneck 13tes Jahrh., Igelsberg, Schernbach, Urnagold 1228, Reinerzau um 1255, Kniebis 1267. Alle anderen | Orte gelangen erst in der nachhohenstaufischen Zeit zu unserer Kenntniß.

Der vornehmste Besitzer in dieser Gegend war das Reich, und der Schwarzwald selbst mochte in sehr frühen Zeiten Reichswald gewesen seyn. Namen, wie der des alten Burgstalls Königswart deuten auf einen Bau im Reichswald. Iflingen und Dornstetten thun sich unzweifelhaft als alter Reichsbesitz kund. Verschwenderisch wie Kaiser Heinrich II. mit dem Reichsgut zu Gunsten des von ihm 1007 gestifteten Hochstifts Bamberg umging, bedachte er letzteres auch in diesen Gegenden mit Besitzungen (s. Aach, Schernbach).

In den Zeiten der Gaueintheilung, welche bis in’s 12. Jahrhundert herab bestund, gehörte der Bezirk zu der weitgedehnten Bertholsbaar, welche ohne Zweifel von einem Ahnherrn desjenigen Herzogsgeschlechts, welches sich seit Ende des 11. Jahrhunderts von Zähringen nannte und im Jahr 1218 im Mannsstamm ausstarb, ihren Namen trug. Spärlich, wie in dieser Schwarzwaldgegend sich nähere Bestimmungen der Orte nach den Gauen, welchen sie zugetheilt waren, überhaupt erhalten haben, kommen nur wenige solcher Bestimmungen zu unserer Kenntniß. Schopfloch wird im Jahr 772 und Dornstetten im Jahr 775 dem Gaue Bertholdsbaar zugetheilt. Sonst werden das ebengenannte Dornstetten im J. 770, Thumlingen im J. 782 und, wofern die Deutung richtig, auch Waldach in demselben Jahre, als Orte des Nagoldgaues bezeichnet, welch letzterer eine bloße Unterabtheilung des großen Bertholdsbaar gebildet haben könnte.

Die Gaugrafschaft, zumal die Oberlehensherrlichkeit hierüber, war in dieser Gegend nach aller Wahrscheinlichkeit ursprünglich in den Händen zähringischer Ahnherrn; neben ihnen erscheinen die Pfalzgrafen von Tübingen als Nagoldgaugrafen. In letzterer Beziehung ist anzuführen, daß der Nagoldgau im Jahr 966 und dann wieder 1027 und 1048 als unter der Grafschaft je eines Grafen Anselm (ohne Zweifel Vorfahren der Tübinger Pfalzgrafen) stehend erwähnt wird und daß die Tübinger Pfalzgrafen im Bezirk die Veste Königswart erbauten, und in Orten, wie Dornstetten, Göttelfingen, Heselbach, Hochdorf, Igelsberg, Lombach, Oberwaldach, Pfalzgrafenweiler, Reichenbach, Röth, Schernbach, Schopfloch, Schwarzenberg, Urnagold, Vesperweiler theils als Besitzende, theils als Dienstherren vorkommen[1].

| Bei den mehreren Abzweigungen der Tübinger Pfalzgrafenfamilie erscheinen auf unsere Gegenden abgetheilt namentlich Pfalzgraf Konrad († vor 1253), dessen Besitz, wenigstens theilweise, durch seine einzige Tochter Elisabeth sich auf seinen Tochtermann Graf Otto von Eberstein vererbte (vgl. Besenfeld und Urnagold in der Ortsbeschr.), ferner die besondere Horber Linie der genannten Pfalzgrafen, welche in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. blühte und deren Besitzungen an die Grafen von Hohenberg gelangten (Stälin, Wirt. Gesch. 3, 701).

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Von Beziehungen der Herzoge von Zäringen zu bestimmten Partieen gerade dieses Bezirks hat sich nur die Kunde erhalten, daß Aach in Händen Herzog Bertholds IV. von Zäringen († 1186) war als Schirmvogtei, welche vom Bisthum Bamberg zu Lehen rührte, wie denn solche Vogtei über zahlreiche Güter im südwestlichen Schwaben schon 1050 an Berthold den Bärtigen, ersten Herzog von Zäringen, gekommen war (Fickler, Berthold der Bärtige. 1856. S. 53). Da übrigens altzäringischer Besitz mit der Hand einer der Zäringischen Erbin Agnes, Gemahlin des im J. 1230 gestorbenen Grafen Egeno von Urach, an das gräfliche Haus Urach gelangte, in welchem ein Nachgeborener, der Graf Heinrich, Enkel des ebengenannten Grafen Egeno, die Veste Fürstenberg und reiche schwarzwäldische Besitzungen in der Theilung erhielt, den Namen eines Grafen von Fürstenberg annahm und solchen auf seine Nachkommenschaft vererbte, so ist aus später gräflich-fürstenbergischem Besitz ziemlich sicher auf ursprünglich herzoglich-zäringischen zurückzuschließen. Als fürstenbergisches (theilweise freilich frühe veräußertes) Besitzthum kommt namentlich vor: der Kniebis und Dornstetten. Einsmals erst erworben für dieses urachisch-fürstenbergische Haus wurde die (gleichwohl ursprünglich zäringische) Grafschaft Baar, welche König Rudolf den 4. Dec. 1282 dem Grafen Heinrich von Fürstenberg verlieh, nachdem solches Reichslehen der bisherige Träger Graf Hermann von Sulz dem Reich aufgelassen hatte; es fehlt übrigens an Anhaltspunkten, näher zu bestimmen, über welche Schwarzwaldtheile sich diese Grafschaft Baar damals erstreckte. Sonst hat sich von dem Gräflich Sulzischen Besitz in dieser Gegend nur noch die Nachricht erhalten, daß Thumlingen bis 1267 dorthin gehörte. Beim Hause Geroldseck, welches in den lichteren geschichtlichen Zeiten in Loßburg, Lombach, Dornstetten begütert erscheint, dürfte indeß sein hiesiger Besitz theils aus früher gräflich Sulzischem sich erklären lassen, da um 1250 die Stammburg Sulz selbst an die Geroldsecker gekommen war; möglich, daß auch einiges durch die Eheverbindung Walthers | von Geroldseck († 1298) mit Uta, Pfalzgräfin von Tübingen (Stälin, Wirt. Gesch. 3, 702) an das Geroldseckische Haus gelangte. Bei Vörbach, Durrweiler, Grömbach tritt der gräflich-hohenbergische Besitz in diesen Gegenden, welcher vielleicht früher ein pfalzgräflich-tübingischer war (Stälin a. a. O. 701), an’s Licht. Mit dem rheinpfälzischen Erwerb der benachbarten Hohenberg’schen Herrschaft Wildberg (1363 u. 1377) kam die Herrschaft Vörbach an die Rheinpfalz, bei welcher sie etliche und siebzig Jahre verblieb.

Neben diesen bedeutenden Herren blühte auch ansehnlicher Ministerialenadel in diesem Bezirk. Von den ursprünglich hier angesessenen Edeln sind besonders hervorzuheben die von Neuneck, welche es zeitweise zu einer ansehnlichen Herrschaft brachten. Neben den weltlichen Besitzern dehnten sich aber auch geistliche Herrschaften, etwa über 1/3 des Bezirks, aus, das Kloster Reichenbach, welches – in demselben selbst gelegen – hier seinen Kernbesitz hatte, und das benachbarte Kloster Alpirsbach. Das Kloster Bebenhausen konnte sich blos des Besitzes von Vesperweiler nebst der Mühle und einem Gute in Oberwaldach rühmen.

An Württemberg kam der Bezirk nach und nach in folgenden Zeiträumen: die Herrschaft Dornstetten 1320 (von Hallwangen damals nur die Lehensherrlichkeit, der Ort selbst theils 1372, theils 1473), Besenfeld, Grünthal und Pfalzgrafenweiler 1421, Hallwangen, Wittlensweiler 1473, Dietersweiler, Hörschweiler und Niederhofen 1511, Schopfloch 1589, Rodt 1601, Durrweiler, Göttelfingen und Grömbach 1603, Böffingen, Neuneck, Unter-Iflingen und 1/2 Wörnersberg 1614, die Herrschaft Vörbach, Ober- und Unter-Waldach, Thumlingen und 1/2 Wörnersberg 1625. Das Kloster Reichenbach nebst seinen Ortschaften und die früher zu den Klöstern Alpirsbach und Bebenhausen gehörigen Orte des Bezirkes (I, 5) wurden durch die Reformation enger mit Württemberg verbunden. Erst unter der Herrschaft Württemberg gegründet wurde Freudenstadt im J. 1599, Schönmünzach und Erzgrube im 17. Jahrh., Neu-Nuifra 1721, Edelweiler und Herzogsweiler 1723.

Aus den Rechtsalterthümern ist anzuführen die freie Pürsch und das Waldgeding.

Erstere erstreckte sich bis in den Oberamtsbezirk; Neuneck und Unter-Iflingen lagen darin. Dornstetten, Aach, der Benzinger Hof, Böffingen, Dietersweiler, Glatten, Grünthal, Hallwangen, Stockerhof, Unter-Musbach und Wittlensweiler genoßen einer besondern Gerechtigkeit, indem der Staat ihnen aus einem besonders versteinten Bezirk, das Waldgeding genannt, Bau- und Brennholz | zur häuslichen Nothdurft ohne Bezahlung, nur gegen Entrichtung eines Rauch- und Waldhabers abgeben mußte und indem sie in diesem Bezirk bis zu den Igelsberger Kirchmauern Haiden mähen durften, volles Fischereirecht besaßen, desgleichen ausgedehntes Jagdrecht auf Federwild und reißende Thiere unbedingt, auf Hasen zum Hausgebrauch und mit Erlaubniß des Amtmanns auch auf Rothwild[2]. Weil während der Regierung der Herzoge Eberhard Ludwig und Karl Alexander die freie Pürsch und Waldgerechtigkeit vielfache Beschränkungen erlitt, so wurde im Landtags-Abschied vom 18. April 1739 verordnet, daß „mit den Oberämtern am Schwarzwald, Dornstetten, Freudenstadt und Reichenbach wegen ihres für die Wiedereinräumung der freien Pürsch bezahlten Stückes Geld eine billige Auskunft getroffen, oder aber die freie Pürsch ihnen restituirt werden solle“. König Friederich jedoch hob durch die Verordnungen vom 5/9. Juli 1806 und 14. Juni 1807 die freie Pürsch im ganzen Lande auf.

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Die Rechte der Waldgedings-Genossen wurden 1456 durch das Weisthum über das Waldgeding zu Dornstetten (Grimm a. a. O. I, 380–388) und 1547 durch den Vergleich Herzog Ulrichs mit Bürgermeister, Gericht und Rath zu Dornstetten und Waldgedings-Genossen festgesetzt und diese Genossenschaft, welche sich gegen Raubzüge und feindliche Anfälle, überhaupt bewaffneten Beistand schuldig war (Grimm a. a. O. I, 382), führte schon frühe zwischen den Waldgedingsorten zur Errichtung eines für sie alle gemeinsamen Waldgerichts oder Waldgedings. Dieses wurde ordentlicher Weise jährlich zweimal, am 1. Mai und am St. Gallustag, gehalten und dazu wurden 12 Richter gewählt aus den Orten Dietersweiler, Bentzingen, Aach, Wittlensweiler, Grünthal, Unter-Musbach und Hallwangen, wozu noch Dornstetten hinzugekommen war. Den Vorsitz dabei führte der Oberamtmann von Dornstetten und die Gerichtsstätte war in einem Hof zu Aach („inn der Ahe ob Beigenstein Hus“. 1456) unter freiem Himmel; wenn Regenwetter einfiel, konnte der Oberamtmann das Gericht auch unter Dach halten. Hier wurde über Erb und Eigen und über die im Waldgeding gelegenen Güter | gerichtet und die Sitzung dauerte jedesmal so lange, bis alle vorliegenden Sachen gerichtet und geschlichtet waren. Wenn aus „ehehaften Ursachen“ das Gericht nicht zur festgesetzten Zeit gehalten werden konnte, durfte der Oberamtmann ein sogenanntes Afterding nach Dornstetten, an einen gewissen Ort, der Kreben genannt, ausschreiben. Verschiedene Einrichtungen dieses Waldgedings wurden 1652, „weil sie der inneren Gerichtsverfassung nicht mehr angemessen waren, vielmehr Unordnungen verursachten“, abgeändert.

Die Holzgerechtigkeiten dieser Waldgedingsorte, zu deren obigen achten noch Böffingen und Glatten gekommen war, hatten das Beholzungsrecht und wurden im Jahr 1834 von Seiten des Staats abgelöst.

Die Bildung des jetzigen Oberamts geschah in folgender Weise:

Das alte Amt Dornstetten wurde zuerst aus der gleichnamigen Herrschaft gebildet; zu ihm kamen dann die späteren Erwerbungen bis 1589. Im Anfang des 17. Jahrh. bestand es aus: Dornstetten, Baiersbronn Dorf und Thal, Besenfeld, Dietersweiler, Glatten mit Niederhofen, Grünthal, Hallwangen, Hörschweiler, Ober- und Unter-Aach, Pfalzgrafenweiler, Schopfloch, Unter-Mußbach und Wittlensweiler, Sulzbach und Urnagold, dem Benzinger Hof und Frutenhof. Hinzugefügt wurden später noch Thumlingen (1625), Neunuifra, Erzgrube und Herzogsweiler.

Das alte Amt Freudenstadt wurde 1599 bei der Gründung der Stadt Freudenstadt gebildet, erhielt 1602 als ersten Amtsort Rodt, 1612 den Kniebis (vom Amt Dornstetten), 1614 als Unteramt Neuneck mit Böffingen, Neuneck, Unter-Iflingen und 1/2 Wörnersberg, und 1625 noch die zweite Hälfte von Wörnersberg.

Das Klosteramt Reichenbach hatte bei Abfassung des Landbuches von 1623 folgenden, zum Theil über den jetzigen Oberamtsbezirk hinausgreifenden Bestand: Kloster Reichenbach, Heselbach, 1/2 Hochdorf (die andere Hälfte gehörte zum Stift Herrenberg), Igelsberg, Ober-Mußbach, Röth, Schernbach, Schwarzenberg, 3 Höfe in Huzenbach, 4 Höfe in Thonbach, der Pfleghof in Horb, der Freihof in Achern, ein Rebhof im Altschweierer Thal, 5 Höfe in Baisingen, Dettlingen, Gündringen, Sulzau und Walddorf, 18 Höfe im Alpirsbacher Amt und in der Herrschaft Geroldseck und 4 Höfe zu Sulzbach im badischen Amt Ettlingen.

Das umfassendere Klosteramt Alpirsbach und das Oberamt Altensteig hatten im Bezirk des jetzigen Oberamts Freudenstadt die oben (I, 5. Seite 3) angegebenen Ortschaften.

Die sämmtlichen hier genannten Ämter kamen 1806 zum Kreis | Calw. Am 25. April 1807 wurden die Ämter Dornstetten und Reichenbach mit dem Oberamt Freudenstadt vereint, Hochdorf aber kam zum Oberamt Altensteig, dafür Vesperweiler vom aufgelösten Oberamt Bebenhausen ebenfalls zum Oberamt Freudenstadt, welchem durch Befehl der Ober-Regierung vom 26. Sept. 1808 auch die Orte Cresbach mit Unter-Waldach und Durrweiler, welche früher zu Altensteig gehörten –, und Ober-Iflingen vom Oberamt Alpirsbach einverleibt wurden. Dieses Oberamt F. wurde im Okt. 1810 nach Umwandlung der Kreisämter in Landvogteien unter die Landvogtei Schwarzwald gestellt, trat Neuneck (aber nur bis 1812) an das Oberamt Sulz ab, erhielt dafür von dem aufgelösten Oberamte Altensteig: Edelweiler, Grömbach, Göttelfingen, Hochdorf, Schernbach, Wörnersberg, – vom aufgehobenen Oberamt Alpirsbach die Gerichte Loßburg und Wittendorf, den 23. März 1811 auch noch vom Oberamt Oberndorf die diesem erst 1810 zugetheilten Orte Reinerzau und Schömberg. Mit seinem nunmehrigen Bestand kam es den 18. Nov. 1817 zum Schwarzwaldkreis.


2. Kirchliche Verhältnisse.
a. Vor der Reformation.

Das ganze Oberamt lag im Sprengel des Bisthums Constanz und gehörte zum Archidiaconat vor dem Wald. Dem Landcapitel Dornstetten (später Horb) zugetheilt waren die Kirchen Baiersbronn, Cresbach, Dietersweiler, Dornstetten, Durrweiler, Glatten, Loßburg, Neuneck, OberIflingen, Ober- und Unter-Waldach, Pfalzgrafenweiler, Reichenbach und Schopfloch. Urnagold allein gehörte zum Landcapitel Herrenberg (Neugart CIV. CV).

b. Seit der Reformation.

Die Reformation wurde in den Jahren 1534–35 in dem größten Theil des damaligen Württembergs eingeführt und somit in den meisten damals schon unmittelbar württembergischen Orten des Bezirkes. Das Kloster Reichenbach wurde erst im J. 1603 reformirt. In Neuneck trat gegen 1600, in Cresbach, Thumlingen, Ober- und Unterwaldach im J. 1626 die Kirchenreform in’s Leben.

Nach dem Synodalrescript vom 1. August 1547 bildeten die Ämter Sulz, Alpirsbach, Dornhan und Dornstetten ein Dekanat. Die Stadtpfarrei Freudenstadt war ursprünglich der Specialsuperintendenz Herrenberg untergeordnet, 1672 aber wurde das Dekanat | Freudenstadt gebildet, welches außer der Stadt Freudenstadt noch die Pfarreien Baiersbronn, Dornstetten, Glatten, Göttelfingen, Grünthal, Neuneck, Pfalzgrafenweiler, Reichenbach, Schwarzenberg und Thumlingen umfaßte. Das Generalat war 1577 Tübingen, 1586 Denkendorf, 1598 Bebenhausen (Binder 109); das letztere blieb es auch bei der neueren kirchlichen Eintheilung den 14. Juni 1807, den 3. Nov. 1810 aber wurde wieder das Dekanat Freudenstadt dem Generalat Tübingen zugetheilt. Grömbach (Dekanats Wildberg), Lombach, Ober-Iflingen, Reinerzau, Schömberg und Wittendorf (Dekanats Sulz) kamen erst 1812 zum Dekanat Freudenstadt, das jetzt das ganze Oberamt umfaßt.


3. Besondere Schicksale.

Unter den besonderen Schicksalen des Bezirkes sind folgende zu erwähnen.

Der Aufruhr des armen Konrads im J. 1514 fand im Amt Dornstetten wenig Anhänger; als Rudolph von Ehingen nach dem Abschluß des Tübinger Vertrags zu Dornstetten erschien, um die Huldigung einzunehmen, so schwuren Stadt und Amt ohne Widerstreben. In der, dem Kloster Alpirsbach gehörigen Herrschaft Loßburg dagegen empörten sich die Unterthanen, verweigerten die fernere Leistung von Frohnen, Entrichtung von Umgeld und zogen mit verordneten Hauptleuten und Waibeln gegen das Kloster. Als sie hiefür gestraft werden sollten, thaten „Edel und Unedel“, besonders Wilhelm von Weitingen, der Schultheiß in Rottweil und der Vogt in Dornstetten, Fürbitte für sie, worauf Abt und Konvent sich damit begnügten, Thurmstrafe über die Anführer zu verhängen und von sämmtlichen Theilnehmern am Aufruhr 500 fl. Strafe einzuziehen; dagegen versprachen die Insaßen der Herrschaft, mit Renten, Zinsen, Gülten, Steuern, Diensten, Geboten und Verboten gehorsam zu seyn, wie sie das früher gethan hätten, „ein eigener Mann als ein eigener Mann, ein Vogtmann als ein Vogtmann, ein Hintersaß als ein Hintersaß“, und für die Frohnen künftig alle Jahre 40 fl. zu zahlen (Besold 293). Das Schicksal, in den Jahren 1519–1534 dem Herzoge Ulrich von Württemberg entzogen zu seyn, an den schwäbischen Bund und von diesem über Kaiser Karl V. an das Haus Österreich zu kommen und (seit 1521) unter letzterem zu stehen, theilte dieser Bezirk, so weit er vor 1519 württembergisch geworden war, mit dem damaligen Württemberger Lande überhaupt.

In diese österreichische Zeit fiel der Bauernkrieg; in solchem, im | J. 1525 rotteten sich die Alpirsbacher Klosterunterthanen wiederum zusammen, verweigerten die Steuerzahlung und machten verschiedene Forderungen; am 19. April 1525 beschloßen sie sogar, die Klöster Alpirsbach, Kniebis und Reichenbach zu zerstören. Als der Prior von Reichenbach dieß erfuhr, ließ er die Bauern kommen und redete ihnen eindringlich an’s Herz; sie dagegen erklärten, obwohl sie viel zu klagen hätten, wollten sie doch keine Empörung anheben. Kurz nachher aber rückten 200 Baiersbronner vor das Kloster, denen man Wein und Brod gab; ihnen folgten die Dornstetter, zogen aber, als man sich entschuldigte, es seyen schon Gäste da, friedlich wieder ab. Die Baiersbronner, von Wein erhitzt, begannen Drohungen auszustoßen; als aber die Leute des Klosters, unter welche der Prior Getreide hatte austheilen lassen, sich zum Widerstand bereit zeigten, entfernten auch sie sich. Indeß war der sogenannte Bulacher Haufen, nachdem er sich auf der Kirchweihe in Neuweiler (d. 23. April) bedeutend verstärkt hatte, am 24. April vor Dornstetten erschienen, hatte die Bürger zur Theilnahme aufgefordert und war, da diese zu lange mit der Antwort zögerten, nach Erbrechung des Thors in die Stadt eingedrungen. Von hier aus zogen nun Blasius Blaus und Hans Blocher von Alpirsbach mit 34 Mann vor das Kloster Reichenbach und begehrten vom Prior einen Eid auf’s Evangelium, daß er „der Wahrheit einen Beistand thun wolle“. Dieser weigerte sich zwar, legte aber doch zuletzt ein Gelübde ab, wofür die Bauern ihn „beim Kloster zu handhaben“ versprachen. Dennoch inventirten sie nicht nur alles Eigenthum und Geräthe des Klosters, damit nichts weggebracht werden könnte, sondern verlangten auch Auslieferung des geflüchteten Viehs. Da der Prior diese verweigerte, drohten sie, „es solle ihm bald in seiner Kutte zu eng werden“ und holten dann das Vieh selbst. Als jedoch der Schultheiß von Baiersbronn ihnen vorstellte, es sey darunter auch Vieh seiner Gemeinde, so gaben sie Einiges davon zurück. Die Kloster-Unterthanen mußten schwören, „der Wahrheit einen Beistand zu thun, doch der Herrschaft unabgebrochen“, und Mannschaft zur Hauptschaar nach Sulz schicken. Der Bulacher Haufen aber war indeß über Neuneck in’s Nagoldthal gezogen. Da machte die Niederlage der Bauern bei Böblingen (den 12. Mai) auch in dieser Gegend dem Aufstand ein schnelles Ende.

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Das Ungemach des dreißigjährigen Krieges, besonders nach der Schlacht von Nördlingen (Sept. 1634), traf vornehmlich Freudenstadt und Dornstetten selbst, aber auch die Umgegend dieser Städte (Schleicher, Beiträge zur Geschichte der St. Villingen S. 61); im | J. 1652 war die Einwohnerschaft der Gegend auf ein Drittheil der früheren herabgeschmolzen.

Nachdem im Frühjahr und Sommer 1678 während des zweiten niederländischen Feldzugs der Bezirk durch herumstreifende Abtheilungen der mit Württemberg verbündeten Truppen viele Beraubung und Verwüstung hatte leiden müssen, so erschienen die Franzosen selbst, bei ihrem Rückzug vom Landeseinfall im J. 1688, am 7. Dec. d. J. 300 Mann stark, zu Freudenstadt, wo sich mit ihnen eine andere Schaar vereinte, welche das zu Tübingen weggenommene Geschütz und einen Theil der Württembergischen Beute mit sich führte. Die Stadt erlitt Plünderung und 3 Bürger wurden als Geißeln mit den abziehenden Franzosen fortgeschleppt. Doch wurden letztere bei ihrem Rückzug auf dem Kniebis überfallen von bewaffneten Bauern, welche mehrere von ihnen tödteten, die Geißeln wieder befreiten, 5 Kanonen eroberten und reiche Beute machten.

Während des spanischen Erbfolgekrieges im Juli 1704 besetzten die verbündeten Truppen den Kniebis und Freudenstadt, im Winter von 1705 auf 1706 lagen hier und in Dornstetten Württembergische Truppen. In der Nacht vom 17. auf den 18. Nov. 1706 wagte eine französische Heeresabtheilung sich von Straßburg aus bis auf den Kniebis, plünderte die Wohnungen des Wirths und des Hauptzollers und schleppte beide mit fort, unter dem Vorwand, daß Freudenstadt noch eine Brandschatzung schuldig sey.

Im J. 1733, während des polnischen Erbfolgekriegs, stand zu Freudenstadt und in der Umgegend der Oberst Hildenbrand mit dem württembergischen Leibregiment zu Fuß und einem Bataillon des Garde-Füsilier-Regiments.

Im Februar 1791 schickte Herzog Karl Eugen zur Bewachung der Grenze, weil damals im benachbarten Bisthum Straßburg die französischen Ausgewanderten Rüstungen vornahmen, Fußvolk, Reiter und Artillerie nach Freudenstadt und in die Umgegend und besichtigte persönlich die Grenze.

Im Juli 1796 kam es hier selbst zum Kampf. Nachdem der französische General Moreau am vorhergehenden 24. Juni bei Kehl den Rhein überschritten und nach einem hitzigen Gefecht die schwäbischen Kreistruppen zurückgetrieben hatte, zogen diese in den Schwarzwald sich zurück; das Fußvolk und die Reiterei marschirten durch das Schappachthal auf den Roßbühl, das schwere Geschütz aber mußte einen weiten Umweg über Alpirsbach und Loßburg nach Freudenstadt machen, wo es erst am 2. Juli Nachts ankam. Auf dem Roßbühl hatte der württembergische Ingenieur Hauptmann Rösch | eine Sternschanze, nach ihm Röschenschanze genannt, angelegt, welche 1400 Mann und 12 Kanonen faßte und die steile Oppenauer Steige bestrich. Aber sie war noch nicht ganz vollendet, daher auch „ihren Vertheidigern an mehreren Orten eher hinderlich als dienlich, auf der linken Seite namentlich ohne Schwierigkeit zu übersteigen.“ Hier und in Kniebis kamen in der Nacht vom 1. auf den 2. Juli 7 Kompagnieen und eine Artillerie-Abtheilung der schwäbischen Kreistruppen unter dem Generalmajor von Mylius ganz erschöpft und vom Regen durchnäßt an, während württembergische Haustruppen unter dem Generalmajor von Hügel in Freudenstadt und Dornstetten eintrafen. Die Franzosen unter General Laroche rückten rasch nach, am 2. Juli Abends kamen sie von Oppenau her. Ein 15 Mann starkes Piket auf der Steige, welches eben abgelöst werden sollte, hinderte sie, mit der Ablösungsmannschaft vereint, wenigstens am schnellen Vordringen und schon war die Dämmerung angebrochen und ein dichter Nebel benahm alle Aussicht, als die Franzosen an der Sternschanze ankamen, welche nur mit 300 Mann und einem Sechspfünder besetzt war, indeß 5 Compagnieen dem Feind bis an den steilen Rand des Gebirges entgegen rückten. Während so hier und um die Schanze gekämpft wurde, erschien im Rücken der letzteren eine dritte feindliche Schaar, worauf sie erobert und ihre Besatzung theils getödtet, theils gefangen wurde. Die fünf schon gedachten Compagnieen, welche der Schanze zu Hilfe eilten, wurden um 10 Uhr Nachts in einem mörderischen Gefecht durch die Übermacht überwältigt und zogen sich zerstreut, durch die Wälder und die Nacht geschützt, nach der Alexandersschanze am Kniebis zurück, wo sie die Nacht zubrachten. Ihr Verlust belief sich auf 7 Offiziere und 340 Mann (Stadlinger, Gesch. des württ. Kriegswesens 141. 565).

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Am 3. Juli zogen sie in’s Kinzig-Thal; auch General Hügel verließ am Abend dieses Tages, nach empfangener Kunde von der Überwältigung des Passes, Freudenstadt, wo einige Geschütze stehen blieben. Vormittags um 11 Uhr am nämlichen Tage traf auch das österreichische Jägerbataillon Leloup hier ein und bildete sogleich eine Vorpostenkette vom Zollhaus auf dem Kniebis bis Baiersbronn. Die Franzosen aber drängten diese Vorposten zurück und griffen am 4. Juli Freudenstadt an, wo die Leloup-Jäger Anfangs heftigen Widerstand leisteten, endlich aber weichen mußten, worauf sie bis Dornstetten verfolgt wurden. General Hügel, der mit 7 Compagnieen und 2 Stücken Geschütz von Pfalzgrafenweiler ihnen zu Hilfe geeilt war, kam zu spät und marschirte daher nach Nagold. In Freudenstadt wurden die Häuser der vermöglichen Einwohner | geplündert, die Wohnung des geflüchteten Oberforstmeisters von Weitershausen völlig ausgeleert; auch mehrere Amtsorte, am meisten Kniebis und Christophsthal, wo auch die Eisenwerke beschädigt wurden, litten durch Plünderung, das Lauterbad leerten die Franzosen ebenfalls ganz, zu Aach stahlen sie Kühe und Schweine und schlachteten die ganze Schafheerde.

Beim Rückzug der Franzosen im Oktober 1796 wurde allein Schömberg von ihnen heimgesucht, wo sie den Pfarrer mißhandelten und größtentheils seiner Habe beraubten (Pahl, Beiträge zur Geschichte Schwabens seit dem Rheinübergang der Franzosen I, 48. III, 549 ff., Martens, Gesch. 636 ff.)

Als im April 1797 Moreau von Neuem über den Rhein vordrang, zog sich der österreichische Oberst Serbelloni über den Kniebis nach Freudenstadt zurück; am 22. April erschien General Vandamme auf dem Kniebis, hier aber traf ihn, ehe er noch das württembergische Gebiet betreten hatte, die Nachricht von dem in Leoben (den 18. April) geschlossenen Waffenstillstand und er stellte nun die Feindseligkeiten ein. In den letzten Tagen des Märzes 1799 kam von Rottweil her über Dornhan der französische General Saint Cyr mit seiner Division nach Freudenstadt, zog aber schon am 4. April weiter und am 6. April besetzten die Österreicher unter General Sztarray die Stadt. Im August 1800 bezogen die Franzosen Standquartiere in Freudenstadt, Dornstetten und in der Umgegend. Zum letztenmal erschienen sie zu Freudenstadt 800 Mann stark am 27. September 1805 und zogen zu einem Thore herein, während die Österreicher zum andern hinausmarschirten.


4. Alterthümer.
A. Römische[3].

An solchen ist der Bezirk weniger reich, indem einerseits der größere Theil desselben wegen seines rauhen Klima’s und seiner Terrainverhältnisse sich weniger zu Niederlassungen eignet, andererseits wegen der ausgedehnten wildverwachsenen Waldungen die etwa noch vorhandenen Spuren aus der römischen Periode nicht wohl aufgefunden werden können. Von römischen Straßen erwähnen wir folgende:

| 1) Die Consularstraße, welche vor der römischen Niederlassung bei Regensburg (Reginum) nach der bei Windisch in der Schweiz (Vindonissa) führte, zieht zunächst von Rottenburg (Sumlocenne) herkommend, unter den Benennungen alte Straße, Hochstraße, Heerweg, östlich von Schopfloch in den Bezirk bis Schopfloch, wo sie sich durch Terrainverhältnisse bedingt, schnell gegen Süden wendet, nach Ober-Iflingen führt und südlich vom Ort den Bezirk verlassend, ihren Zug über Leinstetten, Dornhan nach Rottweil etc. fortsetzt.

2) Von dieser letztbeschriebenen Consularstraße ging bei Schopfloch eine römische Straße ab, die unter der Benennung Heerstraße nördlich an Dornstetten vorüber nach Aach und von da über Wittlensweiler nach Freudenstadt führt. Von Freudenstadt lief sie auf der alten Kniebisstraße auf den Kniebis und weiter über Oppenau nach Straßburg. Sie war die Straße, welche das römische Sumlocenne (Rottenburg) mit der römischen Niederlassung Argentoratum (Straßburg) verband.

3) Von der ad 1) beschriebenen Straße ging ferner in der Nähe von Schopfloch eine Straße, jetzt Heergasse genannt, ab, die ihren Zug über Hörschweiler, Cresbach, Pfalzgrafenweiler nach Altensteig hatte.

4) Eine andere Straße führt unter den Benennungen Hochsträß, Heergäßle, Zigeunersträßle, von Ober-Iflingen über Neuneck, nördlich an Wittendorf vorüber nach Loßburg.

5) Von Dornhan herkommend zieht ein Heerweg an dem sog. Bärenstein (s. unten) vorüber nach Loßburg, westlich an Rödt vorüber nach Freudenstadt, von da unter dem Namen alte Weinstraße westlich an Igelsberg vorüber nach Besenfeld, von wo sie ohne Zweifel über Urnagold nach Pforzheim gieng.

7) Von der Anhöhe östlich von Peterzell herkommend finden sich Spuren einer ehemaligen Römerstraße unter den Benennungen Hochsträß, alte Straße, über die 24 Höfe nach Loßburg ziehend. Unter dem Namen Heuweg, d. i. Höhweg, führt eine solche Straße von Wittichen her auf einem schmalen Gebirgsrücken nach Roßberg und weiter nach Kniebis; im Walde nördlich von Roßberg findet man an mehreren Stellen noch Reste des Straßenpflasters.

Als Überreste römischer Niederlassungen lassen sich annehmen:

1) Die 1/4 Stunde südwestlich von Unter-Iflingen gelegene Altstadt, wo nach der Volkssage eine Stadt (Rockesberg) gestanden haben soll. Man findet daselbst noch auf einem Bergvorsprung gegen das Glattthal ein mit Mauern und Wall umgebenes Eirund, dessen große Achse 1000′, die kleine 500′ lang ist. Die Höhe der | zerstörten, mit Gehölz überwachsenen, ungefähr 3′ dicken Mauer, beträgt an der Innenseite öfters 4–5′, an der Außenseite aber zuweilen gegen 10′. Der außerhalb der Mauer führende Wall hat gegen Innen eine Höhe von 2–3′, gegen Außen gegen 10′. Der Wall beginnt an dem Eingang in die Altstadt (sog. Thor), welcher sich am östlichen kleinen Bogen des Eirundes befindet. Zunächst an dem Eingang zieht der Wall ganz nahe an der Mauer hin, entfernt sich aber allmälig gegen 60′ weit von ihr, bis er endlich an dem größern, gegen Westen gekehrten Bogen der Altstadt verschwindet. Durch das sog. Thor führt eine gepflasterte Straße, der Stadtweg, in die Altstadt zu einer holzlosen, 265′ langen und 50′ breiten Platte, welche der Markt genannt wird; außer ihr findet man innerhalb der ummauerten Altstadt noch viele dicht verwachsene Erhöhungen und Vertiefungen, die ehemalige Gebäude verrathen, von denen man schon öfters Grundmauern, Backsteine, Ziegel etc. ausgrub, die eine abgegangene namhafte Niederlassung bekunden. Wie der Verfasser annimmt (s. Württ. Jahrb. Jahrg. 1846, I. Heft, S. 155 ff.) lag hier das auf der Peutinger Tafel angegebene Arae flaviae, das früher in Rottweil gesucht wurde. Nördlich von der Altstadt befindet sich am Anfang eines Seitenthälchens des Glatt-Thals ein 10–12′ hoher, künstlich aufgeworfener, mit Graben umgebener Hügel, der sog. Burggraben, dessen kreisrunde Kuppe etwa 45′ Durchmesser hat. Derselbe stand ohne Zweifel mit der befestigten Altstadt in engster Verbindung und scheint ein Wachhügel gewesen zu sein.

2) Zu Loßburg, wo zwei Römerstraßen zusammenlaufen, stand eine befestigte Niederlassung, von der aus nicht nur die Straßen überwacht, sondern auch der schmale Gebirgsrücken zwischen dem Gebiet der Glatt und der Kinzig vertheidigt werden konnte (siehe die Ortsbeschreibung von Loßburg). Mit diesem befestigten Ort scheint der sog. Burgstall bei dem nahe gelegenen Rodt in enger Verbindung gestanden zu seyn; derselbe liegt östlich von Rodt in einem sanften Wiesenthälchen und bildet eine viereckige, mit Graben umgebene Schanze, in deren Mitte ein erst in neuerer Zeit abgetragener Hügel stand.

3) Bei Aach, wo die Römer eine Straße über das Glatt-Thal führten, scheint zur Deckung des Thalübergangs eine Niederlassung bestanden zu haben, wie denn auch im Jahr 1816 etwa 30 römische Münzen von Bronce im Ort gefunden wurden.

4) Als zu Ende des 16. Jahrhunderts Freudenstadt gegründet wurde, stieß man auf Reste von Gebäuden, deren Gründung den Cimbern zugeschrieben wurde; nach dem neuerlich aufgefundenen | Straßenzuge ist aber wahrscheinlicher, daß hier eine römische Niederlassung bestand, die gleichsam an dem Eingang in den eigentlichen Schwarzwald angelegt war.

5) Auf der Anhöhe zwischen dem Stockerbach und dem Ettebach, (Markung Grünthal) stieß man bei dem sog. Heimenloch zunächst einer ehemaligen Heerstraße auf Grundmauern, die nach der Beschreibung römischen Ursprungs zu seyn scheinen.

6) Auf der sog. Lauppe nördlich von Schopfloch stand ein wahrscheinlich römischer Wohnplatz.

7) In der südlich von Thumlingen gelegenen Riedhalde werden unfern einer Römerstraße zuweilen Grundreste von Gebäuden gefunden, die ohne Zweifel von den Römern herrühren.

8) Auf dem Riesenmannsberg und Burgberg zunächst einer von Neuneck nach Wittendorf ziehenden Römerstraße finden sich Spuren von Befestigungen.

B. Deutsche.

Als altgermanisch erkannte Grabhügel befinden sich mehrere an der östlichen Markungsgrenze von Neu-Neufra; es wurden einzelne derselben geöffnet und darin Perlen von Gagat und Glas, wie auch Bronceringe, die theils um den Leib, theils um den Hals und die Arme getragen wurden, gefunden.

Westlich von Unter-Iflingen bestanden zwei Grabhügel, von denen einer in neuerer Zeit abgetragen wurde; er enthielt neben den Resten eines menschlichen Gerippes mehrere schön gearbeitete Bronceringe der ebengedachten Art, sowie Ohrenringe, ferner Fibeln und eine thönerne, von zwei Seiten zusammengedrückte, hohle Kugel, in der sich Gegenstände, vermuthlich kleine Steinchen, befinden, die beim Rütteln der Kugel klappern; ebenso wurde ein hohler Broncering gefunden, Steinchen zum Klappern enthaltend (s. hier. Württ. Jahrb. Jahrgang 1846, I. Heft, S. 159).

Gräber, nicht in aufgeworfenen Hügeln, sondern in den gewachsenen Boden eingesetzt und wohl einer späteren Periode als die Todtenhügel angehörig, wurden in und bei Ober-Iflingen aufgefunden.

Von abgegangenen Burgen, Schanzen und Schlössern, wovon sich noch mehr oder weniger Spuren finden, sind folgende zu nennen:

Auf der Markung Freudenstadt, das Jagdschloß des Herzog Christoph im Christophsthal, welches nun in eine Bauernwohnung umgewandelt ist.
Baiersbronn, auf dem Rinkenkopf (Häslerkopf), die sog. Rinkenmauer, welche übrigens einer | sehr frühen Periode angehört und wohl als vormittelalterlich angesehen werden darf. Die Burg Tannenfels im Baiersbronner Mittelthal. Die Roßbühlschanze und die Alexandersschanze auf dem Kniebis.
Besenfeld, die Schanze auf der Lüge.
Böffingen, die Burgen Bellenstein und Thierstein.
Cresbach, die Burg Riedenberg.
Dietersweiler, ein ehemaliges Schloß im Ort. Die Burg auf dem Burgberg bei Lauterbad.
Hallwangen, der Burgstall am Ort.
Hutzenbach, die Burg Rauhenfels.
Lombach, die Burg auf dem Steinhausbuckel.
Loßburg, die Burg im Ort.
Neuneck, die obere und untere Burg im Ort.
Pfalzgrafenweiler, die Burg am Ort und die Burg Vörbach.
Reinerzau, der Burgstall.
Rodt, die Burg Roth am Ort und der Burgstall östlich vom Ort.
Röth, die Burg Königswart.
Schömberg, die Burg (Schlößle genannt) westlich vom Ort.
Schopfloch, eine Burg (Schloßberg), stand südlich am Ort und eine weitere an der Straße nach Dornstetten.
Schwarzenberg, die Burg Schwarzenberg.
Unter-Iflingen, der Burgstall in der Nähe des Orts (s. hierüber ob. die röm. Alterthümer).

Abgegangene Orte, Klöster, Waldbrüderhäuser, Kapellen etc., von denen sich (s. die betreffenden Ortsbeschreibungen) noch einzelne Spuren finden, kommen vor:

Auf der Markung Freudenstadt, der Hof Schöllkopf; die Kirche und das Kloster auf dem Kniebis.
Baiersbronn, ein Kloster im Ort, das Waldbruderhaus und eine Kapelle am wilden See.
Besenfeld, das Seehaus im Walde „Wied“.
Dornstetten, das Beguinen-Kloster im Ort, der Ort St. Wendel.
Edelweiler, die Wallfahrtskapelle in dem Zinsbach.
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Glatten, das Kloster im Ort.
Grünthal, das Wolfhaus.
Hallwangen, ein Kloster im Ort und auf dem sog. Bußbuckel zunächst des Orts eine Kapelle.
Hörschweiler, eine Kapelle östlich vom Ort.
Igelsberg, im Ort soll ein Kloster gestanden seyn.
Lombach, im Ort ein Kloster, ein Hof im Fischbach-Thal.
Neuneck, der Ort Geisnang lag auf der Stelle des gegenwärtigen Orts Schellenberg.
Reinerzau, ein Waldbruderhaus bei dem alten Weiher.
Schömberg, ein abgegangenes Gebäude in Ehrstall, eine Burg bei Hinter-Röthenberg.
Schopfloch, der Stadthof am Martinsbühl.
Thumlingen, die Martinskirche und die Martinskapelle.
Unter-Musbach, die Gallushütte.
Wittendorf, eine Kapelle im Ort, ein Wohnplatz auf den sog. Kehräckern.

Außer diesen im Mittelalter bestandenen und nunmehr abgegangenen Orten, Gebäuden etc. finden sich im Bezirk noch Stellen, von denen die Sage geht, daß hier Orte bestanden haben und an denen sich theilweise noch wenige Spuren zeigen, die irgend einen abgegangenen Wohnplatz oder eine Verschanzung andeuten, übrigens nach allen vorhandenen Merkmalen wohl einer früheren Periode als dem Mittelalter angehören.


  1. Pfalzgraf Rudolf von Tübingen († um 1219) sagt: cum … in Richenbach claustrum eiusdemque loci predia undique plurima nostre subjacerent tuenda potentie. Cod. Reichenb. 33a.
  2. Grimm, Weisthümer I, 383 ff. Merkwürdig war auch die unmittelbare Jagdfolge, welche den Jagdgesellen auf 3–5 Tage unter gewissen Bedingungen eingeräumt wurde. Von dem erlegten Wilde hatten sie dem Herrn, in dessen Gebiet das verfolgte Wild fiel, zu geben von den Bären das Haupt und die Hand, von dem hauenden Schwein die Schulter mit zwei Rippen u. s. w. Grimm 384.
  3. Die römischen Alterthümer sind von dem Verfasser (Finanz-Assessor Paulus) entdeckt und untersucht worden.
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