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2. Benzenzimmern,
Gem. III. Kl., Pfarrdorf, mit 228 Einw., wor. 1 Kath., Fil. von Dirgenheim, OA. Neresheim.

Der Ort liegt im südöstlichsten Zipfel des Bezirks, mit demselben nur durch einen schmalen Hals zusammenhängend, am Südhang des Brühlgrabenthals mit freiem Blick ins weite gesegnete Riesbecken; besonders vom Ohrenberg und Kreuzberg aus.

Die Kirche mit Ostthurm bestand schon im 15. Jahrhundert; an der Decke zwei große Gemälde, der Sonnenstillstand vor Josua, mit der Jahreszahl 1727, das zweite stellt die Erhöhung Christi zur Rechten Gottes dar.

Glocken. Die Inschrift an der großen Glocke lautet oben am Kranz: Gegossen von Richard Geißendörfer in Nördlingen 1882; auf der Vorderseite: Ans Beten mahnt euch mein Geläut; die Stunden fliehn, macht euch bereit zur Ewigkeit; auf der Rückseite: Gott allein die Ehre! – Benzenzimmern 1882.

An der kleinen Glocke steht: Aus dem Feuer flos ich, Johann Ernst Lösch von Crailsheim gos mich 1774.

Die Unterhaltung von Kirche und dem schon älteren Pfarrhaus ruht auf dem Baufonds, bestehend aus dem | Ablösungskapital der Oettingen-Wallersteinischen Standesherrschaft. Der

Friedhof liegt um die Kirche. Das Schulhaus, mit dem Rathhaus unter einem Dach, stammt aus dem Jahr 1838.

Der Ort ist mit Trinkwasser gut versehen durch 30 Pump- und 8 Schöpfbrunnen. Der Brühl- oder Baiergraben fließt über die Markung; ein Weiher lag früher gegen Wössingen.

Der Vermögensstand ist ein guter; der Grundbesitz des Vermöglichsten beträgt 92, des Mittelmannes 20–25, der Ärmeren 5–10 Morgen Feld.

Hauptnahrungsquellen sind Ackerbau, Viehzucht und Geflügelzucht, Gänse und auch Hühner. Von Getreide wird ziemlich nach außen verkauft, ebenso vom Viehstande. An Wald besitzt die Gemeinde nur 2 Morgen. Weide und Pferch trägt jährlich je 500 M., die Allmanden sind an die Bürger vertheilt; aus eigenen Güterstücken bezieht die Gemeinde jährlich 100 M. Pacht. Im Sommer laufen 325, im Winter 60–70 Stück Bastardschafe auf der Markung.

Zwei mit Wirthschaft verbundene Bierbrauereien bestehen. Vorhanden ist eine kirchliche Stiftung, die Heiligenpflege, gestiftet von Johann Pasif, im Betrag von 359 M., die Almosenpflege besitzt 1000 M., der Baufonds (s. ob.) 17.200 M.

Der Name des Orts ist von dem Personennamen Benz (s. u.) und Zimmern, althochdeutsch zimbar, in der Bedeutung von aedificium (Förstemann, Ortsnamen Sp. 1475) abzuleiten.

Er selbst, im J. 1254 (?) erstmals erwähnt (s. unten), scheint ursprünglich reichsunmittelbar gewesen zu sein, denn am 24. April 1388 nahmen die Grafen Ludwig (XI.) und Friedrich (III.) von Oettingen das Dorf und die Leute daselbst auf 20 Jahre in ihren Schirm, als andere Leute und Güter, die in ihren Landen und in ihrem Friedsetzen und Schirm gesessen und gelegen sind, wofür ihnen jährlich auf St. Michelstag 15 Pfd. Hllr. zu geben waren. Am 11. Jan. 1481 kaufte Graf Ludwig (XIII.) noch weiter Güter und Renten dahier um 112 fl. Rh. von Karl Mertin von Mergentheim, welcher dieselben von seiner Hausfrau Affra Reglin sel. (wohl von der Familie der Regel von Altisheim, bayr. AG. Donauwörth) ererbt.

Im Übrigen wird hier in früherer Zeit vorzugsweise vereinzelter Besitz erwähnt. So erscheint Ott von Thannhausen 1340–1356 zu Benzenzimmern gesessen und wird ein Konrad der Bentze der ze Bentzenzimmern gesessen ist, Schwiegersohn | Heintzen von Husen, im J. 1341 genannt. Namentlich jedoch tritt Besitz verschiedener Klöster hervor: So des Klosters Ellwangen: den 10. April 1254 (?) verkaufte es seine Güter zu Cimbern (ohne Zweifel Benzenzimmern) an das Spital zu Nördlingen (künftig im Wirt. Urkb. 5, 56); des Klosters Kirchheim (OA. Neresheim): hiesige Güter überließ es den 5. Aug. 1295 der Mutter einer früheren Äbtissin Sophie auf Lebenszeit, und es selbst sowohl, als die in seiner St. Annakapelle von dem Kirchherrn Konrad von Ebermergen gestiftete Messe (1364) erwarben in der Folge noch manche hiesigen Güter, Wiesen, Äcker, zuletzt noch ganz bedeutenden Besitz (s. unten); des Klosters Zimmern (bayr. AG. Nördlingen): schon vor dem Jahr 1312 befand es sich im Besitz hiesigen Neubruchzehntens genannt Vehmat und hiesiger Äcker (Materialien zur Oetting. Gesch. 2, 301); des Klosters Christgarten (bayr. AG. Nördlingen): eine hiesige Wiese erhielt es den 31. Okt. 1396 von Anna Grulichin verschrieben; des Klosters Kaisersheim (bayr. AG. Donauwörth): ein strittiger hiesiger Hof wurde demselben im J. 1356 zugesprochen (Schaidler, Chronik des ... Reichsstifts Kaisersheim 1866 S. 77; 1438 vgl. unten). Vor allem aber, ohne daß die ersten Beziehungen desselben zu dieser Gegend genügend bekannt wären, des entfernten Klosters Frauenalb (bad. BA. Ettlingen): einen hiesigen Zinslehenhof besaß es nachweisbar schon im J. 1376; einen weiteren Hof und Sölden dahier erkaufte es den 19. April 1406 von den Nördlinger Bürgern Wilhelm und Heinrich von Halle um 400 fl. Rh.; 1/2 Hube, 1/2 Lehen und 1/2 an 10 Sölden den 29. Jan. 1436 von Hans Schetzer Bürger zu Geislingen; eine Hofraithe an dem Kirchhof und den Hof genannt der Stolzenberg ganz bei Benzenzimmern von Beringer von Leimberg, (? Leinburg, bayr. AG. Altdorf), wie diesen Besitz dessen Vater Peter innegehabt, um 700 fl Rh. Ja dieses Kloster scheint allmählig die eigentliche Ortsherrschaft geworden zu sein, denn am 3. Juli 1438 erkannte Graf Wilhelm von Oettingen zu Recht, daß alle Güter des Klosters Kaisersheim dahier, einen Hof ausgenommen, dem Kloster Frauenalb gerichtsbar seien und vor sein Gericht zu Benzenzimmern gehen sollen, es könne sein Gericht, wenn nöthig, mit den auf diesen Gütern gesessenen Leuten besetzen und entsetzen, auch von diesen oder anderen Gütern jährlich die vier Männer hier setzen u. s. w., und nachdem die Äbtissin Margarethe und der Konvent schon den 11. Juni 1476 ihre Behausung und Garten, die vormals Friedrichs von Leimberg | gewesen, für die hiesige Frühmesse um 170 fl. an die Heiligenpflege und die ganze Gemeinde dahier veräußert hatten, verkauften sie den 24. Januar 1481 ihr frei ledig und eigenes Dorf wie dies vor langen Jahren an das Kloster gekommen, mit Vogteien Diensten, Gülten, Zinsen, Renten, Gefällen und allen Zugehörungen, sammt der Lehenschaft und dem Patronatrecht der Pfarrkirche zu Munzingen (bayr. AG. Nördlingen) und der hiesigen Frühmesse oder Kaplanei unter Einwilligung des Markgrafen Christoph von Baden (als Frauenalber Vogts) und des Grafen Ludwig von Oettingen, in dessen Grafschaft der Ort gelegen, um 6000 fl. an das bereits genannte Kloster Kirchheim (Mater. z. Oetting. Gesch. 4, 149; vergl. auch Oberrhein. Zeitschrift 24, 105). Im Jahr 1444 werden auch nördlingische arme Leute, 1599 ein spital-nördlingisches Söldlehen dahier genannt.

Nach Molls Beschreibung des Rieses vom J. 1773 waren hier 38 Unterthanen, so: kirchheimisch 23 Sölden und 1 Hof, wie auch das Pfarrhaus, [spital] nördlingisch 3 Sölden, worunter das Heiligenhaus, und 2 Feldlehen, kloster zimmerisch [in Folge der Reformation öttingen-öttingisch und seit 1731 öttingen-wallersteinisch] 3 Sölden, kaisersheimisch 2 Höfe, 4 Sölden, 2 Söldlehen (in Betreff dieses Klosterbesitzes sind die Angaben nicht ganz sicher). Das Patronatrecht, der große Zehnte und die Dorfsherrschaft, meist auch der Heuzehnte, stund dem Kloster Kirchheim zu, der kleine Zehnte der Pfarrei Munzingen, während der kaisersheimische Hof von allen Zehnten frei, der kaisersheimische Widumshof dagegen auch an die genannte Pfarrei zehntpflichtig war. Es bestand ein gräfliches [d. h. öttingen-wallersteinisches] Gericht dahier, vor dem auch die nördlingischen Unterthanen, nicht aber die kaisersheimischen Recht zu nehmen hatten. Eine Tafern oder Schenkgerechtigkeit befand sich hier nicht, sondern jeder Einwohner schenkte ohne einiges Ungeld. Vierer und Heiligenpfleger wurden von der Gemeinde genommen und zu Kirchheim bestätigt, wie auch der Frevel auf der Gassen allda abgestraft, auf den Gütern aber von jeglicher Herrschaft. Dorfrecht von Benzenzimmern von 1484 s. Grimm, Weisthümer, 6. S. 275–276.[ER 1]

Wie das Kloster Kirchheim selbst unter öttingischer und zwar früher öttingen-öttingischer, seit 1731 öttingen-wallersteinischer Stifts- und Schutzherrschaft, auch hoher Gerichtsbarkeit stund und insoferne zum öttingen-wallersteinischen Pflegamt Kirchheim gehörte, so war dies auch mit dem kirchheimischen Ortsantheil dahier der Fall (Materialien a. a. O. 1, 256). Auch gingen alle Appellationen vom Klosteramt an das öttingische höhere Gericht, | wenngleich das Dorfgericht sich früher bisweilen in Nördlingen seine Rechte geholt hatte (ebenda 2 S. 189. Ein Dorfrecht vom 21. Dezember 1484 s. Grimm, Weisthümer 6, 275 ff.).

Ein Streit zwischen Gerung von Emershofen, Konrad von Zipplingen zu Dirgenheim (OA. Neresheim) einer- und Heinz Ott von Thannhausen zu Benzenzimmern andererseits wegen einer Viehweide wurde den 30. Juni 1343 durch das öttingische Landgericht entschieden (Oetting. Mater. 5, 61).

Eine Kirche „zu St. Johannes dem Täufer“ bestand dahier schon in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Sie war eine Tochterkirche der dem Kloster Frauenalb inkorporirten Pfarrkirche zu Munzingen, und einen Vergleich in Betreff der Haltung eines eigenen Priesters dahier durch den ständigen Pfarrverweser in Munzingen bestätigte Bischof Marquard von Augsburg den 20. Sptbr. 1452. Allein erst nachdem Agnes Fridlin, „Hansen Fridels sel. Wittwe etwan zu Penntzenzymmern gesessen“, am 24. Febr. 1467 eine hierauf bezügliche Stiftung gemacht hatte, stattete die Gemeinde selbst die hiesige Frühmesse unter Genehmigung der Äbtissin von Frauenalb, welcher für die Zukunft das Präsentationsrecht zustehen sollte, vollends reichlicher aus und ließ am 21. März 1476 auf Bitte der Äbtissin durch den Grafen Ulrich von Oettingen die Rechtsverhältnisse dieser Kaplanei genauer festsetzen, worauf Bischof Johann von Augsburg am 11. Juli d. J. die ganze Stiftung bestätigte, und im J. 1477 Johannes Käßer als Frühmesser und Kaplan zu St. Johannes dahier genannt wird. Im J. 1481 gingen die frauenalbischen Rechte an Kloster Kirchheim über (s. o.). Als im Juni 1552 die Pfarrer oder Kapläne der Grafschaft Oettingen die Zusage leisten mußten, nach der Augsburgischen Konfession oder wenigstens ihr nicht entgegen zu predigen, das Meßhalten und andere päpstliche Kirchendienste einzustellen, war darunter Veit Jordan, Pfarrer zu Munzingen und Kaplan zu Benzenzimmern, doch zog sich die völlige Einführung der Reformation in diesem Theile der öttingischen Lande noch einige Zeit hinaus und erscheint erst im J. 1565 nach Lösung des kirchlichen Verbandes mit Munzingen Georg Hummel als selbständiger evangelischer hiesiger Pfarrer. Die Pfarrei gehörte zur öttingischen Superintendenz Kirchheim, welche unter dem Konsistorium zu Oettingen stund und seit 1566 bis zum Jahr 1811 bildete Ehringen (bayr. AG. Nördlingen) ein Filial derselben. Auch noch heutzutage ist das Patronat öttingen-wallersteinisch und beruht der Gebrauch des Anzündens zweier Lichter auf dem Altar | auf älterem öttingischem Herkommen. Im Jahr 1865 und 1866 wurden die Eigenthums- und Baulastverhältnisse in Betreff der Kirche und des Pfarrhauses im Vergleichswege neu geordnet.

Errata

  1. S. 539 Z. 8 v. u. setze bei: Dorfrecht von Benzenzimmern von 1484 s. Grimm, Weisthümer, 6. S. 275–276. Siehe Nachträge und Berichtigungen. Seite XVI.
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