« Kapitel B 26 Beschreibung des Oberamts Ehingen Kapitel B 28 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
27. Kirchheim mit Deppenhausen, Mochenthal, Mühlheim und Schlechtenfeld.
a. Kirchheim,

neuerlich auch willkürlich Kirchen geschrieben, ein kathol., vormals Zwiefaltisches Pfarrdorf und Marktflecken in einem Thale am Fuße der Alp, insbesondere des Landgerichts, 13/4 St. westlich von Ehingen mit 362 Einw., C. A. und F. A. Zwiefalten. Die Zehnten, der große gehört dem Staat, der kleine so wie der Heu-, Öhmd- und Blutzehnte der Pfarrey.

Gefälle beziehen: der Staat für 1199 fl. 30 kr., darunter 152 Sch. 7 Sr. 3 V. Dinkel, 147 Sch. 6 Sr. 3 V. Haber, die Stiftspflege 20 fl. 51 kr. und 3 Sch. 1 Sr. 4 V. Dinkel und eben so viel Haber, die Gemeindepflege 9 fl. 52 kr. und die Univ. Freyburg 41/2 Sch. Früchte.

Den Holzberechtigten in den Staatswaldungen zu Kirchheim ist durch Vertrag vom 31. Dec. 1821 und 26. Nov. 1824 für die Holzabgabe eine Waldfläche abgetreten worden. Der Pfarrhof und aushülflich auch die Kirche werden von der K. Finanzkammer gebaut, letztere wurde 1754 von dem Kl. Zwiefalten neu gebaut. Der Staat hat auch ein Jägerhaus im Ort.

Der Ort, der seinen Namen ohne Zweifel von der alten Pfarrkirche hat, liegt in einer Seitenbucht des Thals und steigt zum Theil noch an dem Fuße des Gebirgs hinan. Mitten im Thale liegt auf einem felsigen Hügel, sehr malerisch, eine niedliche Capelle zu St. Joseph, welche der Pfarrer Dreher i. J. 1702 erbaut und mit einem Fond versehen hat. In dem Orte, in dem sogenannten Schloßgarten, finden sich| noch Überreste von der alten Burg der Herrn von Kirchheim, welche noch 1621 stand. Ein merkwürdiges Wasser (s. S. 21) treibt eine Mahlmühle im Orte. Auch hat dieser eine Ziegelhütte. In die Pfarrey gehören auch Deppenhausen, Mochenthal, Mühlheim, Schlechtenfeld und Stetten, und in ältern Zeiten soll selbst Munderkingen dahin eingepfarrt gewesen seyn; s. u. Die Familie der Herrn von Kirchheim, welche man von 1250 an in Urkunden findet, starb, wie es scheint, mit Eberhard v. Kirchheim 1406 aus. Nach ihnen waren, wie die in dem K. Archiv noch vorhandenen Original-Kaufbriefe ausweisen, eine Menge Herren nach einander und neben einander im Besitze von K., die Homburg oder Heimburg, die Stein, die Spät, die Bichishausen, die Staufenberg, die Laubenberg, die Schilling und wieder die Spät, bis endlich zwischen 1560 und 1570 Hans v. Remchingen, theils durch Kauf, theils durch Erbschaft mit seiner Frau Anna von Spät, den Ort erwarb. Sein Sohn Ulrich erhielt 1594 von K. Rudolph II. Stock und Galgen oder die Belehnung mit dem Blutbann für den Ort. Aber schon die Enkel verkauften 12. Juli 1621 ihre Herrschaft „zu Kirchheim dem Dorf mit aller Oberkeit, geist- und weltlichen Lehenschaften, item 2 Höfen zu Mundingen und der Mühle zu Rottenacker“ für 145.000 fl. an das Kloster Zwiefalten, und dieses besaß die Herrschaft als ein ritterschaftliches Gut bis zu seiner Auflösung. Den Kirchensatz nebst dem Pfarrzehnten und Widdumhof, wozu auch der Kirchensatz von Munderkingen gehörte, besaßen die Boßen von Zwiefalten als östr. Lehen. Von diesen wurde der Besitz 1387 unter Verzichtleistung des Herzogs Albrecht von Östreich auf die Lehenschaft für 1050 lb. an das Kloster Marchtal verkauft. S. auch Emerkingen. Da die von Remchingen, welche sich zur protest. Religion bekannten, die Reformation in Kirchheim einführten, so verkaufte das Kloster aus Verdruß darüber sein Patronatsrecht 1566 an Bernh. v. Stein für 5000 fl., und dieser suchte nun die neue Lehre wieder zu verdrängen.| Aber von Remchingischer Seite wurde jetzt den Unterthanen bey Strafe von 5 fl. der Besuch des kathol. Gottesdienstes verboten, und am Ende, am Charfreytag 1571, wurde die versammelte Gemeinde sammt dem Meßpriester mit bewaffneter Hand aus der Kirche gejagt. 1596 kaufte endlich Hans Ulrich von Remchingen, damals W. Obervogt in Blaubeuren, auch das Patronat nebst Zugehör von Heinr. v. Stein für 10.000 fl. und jetzt behielt die luther. Lehre die Oberhand, bis der Ort Zwiefaltisch und die Gemeinde neuerdings wieder zur kathol. Religion zurückgeführt wurde.
b. Deppenhausen,

ein kathol. Weiler, Fil. von Kirchheim, 1/2 St. davon und 5/4 St. von Ehingen, an der Riedlinger Landstraße, auf der Hochebene zwischen dem Kirchheimer und dem Donauthale, mit 59 Einwohnern, F. A. Zwiefalten. Grundherr: Stadt Munderkingen; Zehnten werden keine gereicht, dagegen die 3te Garbe als Lehengült an den Spital und die Kirchenpflege in Munderkingen.

Gefälle beziehen eben dieselben für 716 fl. 34 kr., darunter 140 Sch. Dinkel, 94 Sch. Haber und 5 Sch. Gerste; die Stiftspflege des Orts 1 fl. 56 kr, die von Kirchheim 6 fl. 34 kr.

Die Schule ist in Kirchheim. Der Weiler besteht eigentlich aus 4 Höfen, wovon 1 der Kirchenpflege, 1 dem Spital und 2 der Stadt Munderkingen gehören. Die 2 städtischen Höfe waren 1692 an das Frauenkloster Munderkingen verkauft worden, kamen aber bey Auflösung des Klosters 1782 durch Kauf wieder an die Stadt zurück. Die Stadt übte unter östr. Landeshoheit die hohe und niedere Gerichtsbarkeit bis 1806 aus.

c. Mochenthal,
sonst auch Moggenthal und in ältern Zeiten gewöhnlich Oppenthal geschrieben, ist eine ehemalige Kl. Zwiefaltische Propstey, jetzt K. Kammergut mit 8 Einw. Es liegt 1/4 St. von Kirchheim, aufwärts, auf einer Anhöhe am Thalhange. Seine schönen, weithin sichtbaren Gebäude bestehen| in einem Schlosse, (ehemaligen Propsteygebäude) worin jetzt der Revierförster von Kirchheim wohnt, in großen Wirthschaftsgebäuden, und einer Ziegelhütte; auch befindet sich eine Capelle zum h. Nikolaus dabey, welche schon 1052 vom Papst Leo IX. auf seiner Reise nach Calw eingeweiht worden ist. Sämmtliche Gebäude sind mit einer Mauer umgeben. Die dazu gehörigen Güter bilden eine eigene Markung, und sind dermalen mit der Schafweide für jährliche 1923 fl. verpachtet. S. Tab. II. An der Stelle des jetzigen Schlosses stand eine uralte Burg, einst Sitz eigener Grafen, der Grafen von Mochenthal, oder Oppenthal, welche ohne Zweifel von der Bertholdischen Gaugrafenfamilie abstammten. Gr. Heinrich von Berg heirathete 1070 die Gräfin Adelheid von Oppinthal und kam dadurch in den Besitz des Guts; wenigstens trägt er mit seiner Frau zur Stiftung des Kl. Zwiefalten mit Gütern zu Moggenthal bey, und Ulrich von Berg schenkt 1192 das Ganze dem Kloster. Das Kloster setzte gleich 1192 einen Geistlichen nach Mochenthal, der anfänglich den Namen eines Pflegers, bald aber eines Propstes führte. Im J. 1568 ließ das Kloster das alte Schloß abbrechen, und ein neues bauen. Als Mochenthal 1803 mit Zwiefalten an Würtemberg kam, wurde es dem Abt von Zwiefalten zum Sitz eingeräumt, der daselbst 1816 starb. Seit 1803 ist es der Pfarrey Kirchheim zugeteilt, nachdem der Pfarrer dieses Orts schon 1192 vergebliche Ansprüche auf diese Verbindung gemacht hatte.
d. Mühlheim,

ein kathol. Weiler in einem Seitenthälchen von dem Kirchheimer Thale, am Stoffelberge, 1/2 St. nördlich von Kirchheim, wovon es Filial ist, mit 42 Einw., F. A. Zwiefalten. Grundherr: Stiftspflege Ehingen. Zehnten, der große gehört dem Staat, den kleinen bezieht die Pfarrey.

Gefälle beziehen: die Stiftspflege Ehingen 284 fl. 23 kr., darunter 51 Sch. 11/4 Sr. Dinkel, 43 Sch. 5 Sr. 2 V. Haber, die Stadtpflege 15 fl. Frohngelder.

Der Ort hat eine kleine Capelle, die Schule ist zu Schlechtenfeld,| das Örtchen kommt unter dem Namen Müliheim schon in einer Urkunde vom Jahr 817 vor, wo es von dem Grafen Chadaloch an das Kl. St. Gallen verschenkt wird[1]. Später besaßen es die Herrn von Hochdorf (s. Dächingen) als Steußlingisches und von 1270 an als W. Lehen. Als solches kam es nachher in verschiedene Hände, bis es 1469 Gr. Eberhard v. W. dem Haus Ströber zu Bößingen eignete, von dem es 1475 Eberhard von Thürheim kaufte, der es 1479 an den Spital, oder vielmehr an die L. Frauenpflege zu Ehingen verkaufte, welche es mit dem großen Zehnten bis 1806 unter östr. Landeshoheit und seitdem unter Würtemberg besaß.
e. Schlechtenfeld,

ein kathol. Weiler im Kirchheimer Thale, das von dem Ort auch das Schlechtenfelder Thal genannt wird, an der Vicinalstraße nach Mochenthal, 1 St. von Ehingen und 1/2 St. von Kirchheim, wovon es Filial ist, mit 113 Einw., F. A. Zwiefalten. Grundherr: Spital Ehingen; Zehnten, der große gehört dem Staat, ein kleiner Theil der Cath. Pflege in Ehingen, der kleine der Pfarrey.

Gefälle beziehen: der Spital Ehingen 108 fl. 58 kr. Geld, 41 Sch. 4 Sr. Dinkel, 59 Sch. 4 Sr. Haber, ungefähr 39 Sch. Roggen und Einkorn, eine Kleinigkeit auch die Stiftspflege Kirchen, dem Spital gehören auch größtentheils die schönen Buchwaldungen.

Der Ort hat eine kleine Kirche, und eine Schule. Der Spital Ehingen erkaufte den Ort 1579 von Pupelin und Heinrich von Stein für 14.400 fl. Vor den Stein hatten verschiedene Herren Theil an Schlechtenfeld, hauptsächlich die Boßen von Zwiefalten; 2/3 des Zehnten hatten die von Stein schon 1382 an das Kl. Zwiefalten verkauft.


  1. Neugart Cod. Dipl. Nr. 193. p. 166, von Arx Geschichte v. St. Gallen I. s. 155.