« Kapitel B 7 Beschreibung des Oberamts Canstatt Kapitel B 9 »
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8. Oeffingen mit dem Thennhof.


a. Oeffingen, ein katholisches Pfarrdorf auf der Hochfläche zwischen dem Neckar und dem Remsthal in freyer offener Lage 11/2 St. von Canstatt mit 887 Einwohnern, C. A. Waiblingen, F. A. Reichenberg. Die Zehenten bezieht der Staat; der Kleinzehente und der Heu- und Blutzehente waren ehemals zwischen den Pfarreyen Oeffingen und| Schmiden getheilt, 1784 wurden dieselben aber gegen eine ständige Entschädigung von dem vormaligen Kirchenrath übernommen, mit Ausnahme des Blutzehenten, der der Pfarrey Oeffingen allein zugetheilt wurde. Der Obstzehente, welchen die Pfarrey Oeffingen in dem untern Hardt mit den Pächtern des Thennhofes gemeinschaftlich hatte, wurde dagegen in demselben Jahre den Pächtern allein vorbehalten. Die Grundgefälle betragen 8 fl. 16 kr. in Geld, 147 Sch. 33/4 S. Dinkel, 94 Sch. 71/4 S. Haber, 73 Sch. 7 S. glatte Früchte und 13 E. 13 I. 83/4 M. Wein. Sie werden größtentheils von dem Staat bezogen, an dem Reste haben die Kirchen- und Schulfonds zu Eßlingen und die Heiligen- und Gemeindepflege Oeffingen, so wie die Heiligenpflege Schmiden kleine Antheile. 11 Mg. Weinberge entrichten Theilgebühren. Jedes Haus und die Gemeinde im Ganzen hat jährlich 34 Sch. 2 S. (Vogtey-) Steuer-Roggen zu liefern, Rauch-, Zoll- und Vogthaber – 18 Sch. 11/2 S. sind abgelöst worden. Die Schafweide ist vor 2 Jahren erst von der Finanzkammer an die Gemeinde käuflich überlassen worden.

Oeffingen hat eine gesunde Lage, aber keine laufende, sondern nur Schöpfbrunnen. Unter den Gebäuden befindet sich ein sogenanntes Schlößchen, ein vormaliges Amthaus und ein Kloster. Das Schlößchen wurde 1809 von der Gemeinde gekauft, 1827 vergrößert und zum Schul- und Rathhaus eingerichtet. Die Pfarrkirche zum heil. Basilides, Nazarius etc., die sehr klein ist, wurde 1829 renovirt. Die Baulast hat die Gemeinde und die nicht unvermögliche Stiftungspflege, die K. Finanzkammer wurde nach einem achtjährigen Prozesse 1828 davon frey gesprochen. Die Kammer hat dagegen die Baulast des Pfarrhauses. Der Begräbnißplatz wurde 1829 nach großen Kämpfen von der Kirche hinweg nach außen verlegt. Eine sogenannte Kreuz-Kapelle steht außerhalb des Orts, dient aber blos zum Schutze für die Feldarbeiter.

Die Einwohner sind in ziemlich guten| Vermögens-Umständen. Ihre Nahrung beruht auf Ackerbau und Weinbau, die Obstzucht ist nicht sehr bedeutend. Der Ort hat vier Wirthschaften und mehrere Gewerbsleute, darunter 12 Maurermeister, ferner befindet sich hier eine Cichorien- und Tabaks-Fabrik und eine Kartenfabrik, auch werden Federkiele und Werkwatt bereitet.

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Oeffingen gehörte schon in alten Zeiten zu Würtemberg, 1369 wurde es mit Hofen an die Herren von Neuhausen vertauscht, s. Hofen, nachher saß eine abgetheilte Neuhausische Linie zu Oeffingen; 1618 verkauften die Neuhausen das Dorf an das Domkapitel Augsburg, von dem es mit dem Stift 1803 an Bayern und endlich 1810 wieder an Würtemberg kam. Das Patronatrecht war im Besitze des Klosters Adelberg, mit dem es nach der Reformation an Würtemberg kam. Das Kloster hatte dasselbe – Hof und Kirchensatz – 1313 von Sweneger von Lichtenstein für 250 Pf. gekauft. Adelberg hatte auch schon vorher Güter in Oeffingen erworben; 1277 freyt Graf Ulrich von Würtemberg dem Kloster seine Güter daselbst. S. Thennhof. Kirche und Kirchengut wurden 1314 demselben von Graf Eberhard von Würtemberg gefreyt. Übrigens soll Oeffingen vor Zeiten im Filialverband mit Schmiden gestanden haben und es könnte daher der Antheil der Pfarrey Schmiden an den Zehenten rühren. Die Neuhausische Herrschaft war Ursache, daß Oeffingen, wie Hofen, katholisch blieb. In der Zeit des 30jährigen Kriegs wurde von Würtemberg während eines vorübergehenden Besitzstandes der Versuch gemacht, der evangelischen Lehre Eingang zu verschaffen; die evangelischen Pfarrer zu Hegnach und Neckarrems mußten zu dem Ende abwechselnd alle Sonntage eine Predigt daselbst halten, und der Meßpriester selbst hatte bey der Verkündigung des Abendmahls bekannt zu machen, daß es jedem frey stehe, dasselbe bey ihm oder den lutherischen Geistlichen zu empfangen. Allein die Einwohner ließen sich auf diese Einladungen nicht ein, „weil man nicht wußte, wie es noch gehen möchte.“ Um die Einwohner desto mehr in ihrem Glauben zu| erhalten, sorgte das Domkapitel Augsburg 1772 für die Errichtung eines Franciskaner-Klosters oder Hospitzes, das mit einer freundlichen Kirche versehen wurde und bis 1805 bestand, wo es von Bayern verkauft und anfänglich zu einer Baumwollen-Spinnerey, nachher zu einer Cichorien- und Tabaks-Fabrik verwendet wurde. Daß in dem Lorscher Codex ein Ort Uffingen im Neckargau schon i. J. 779 vorkommt, der für unser Offingen gehalten wird, ist schon S. 7. bemerkt. In einem Lagerbuche kommen 18 Mg. Feld „am Burggraben zwischen dem Oeffinger breiten Weg und dem Aldinger Weg“ vor. Vergleiche auch Mühlhausen.

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b. Thennhof, ein Hof 11/4 St. nördlich von Oeffingen, Filial von Oeffingen. Der Hof ist Staatsgut (Kirchengut) und an 2 Pächter verliehen. Er besteht in einem Mayerhaus und in zwey Wohnungen und den nöthigen Wirthschaftsgebäuden und hat seine eigene Markung. Sämmtliche Gebäude sind mit einer Mauer eingefaßt. Zu dem Hof gehören 2231/2 Mg. Äcker und Wiesen, wovon 713/4 M. einzeln an Einwohner von Oeffingen verliehen sind. Aus dem Hauptgute entrichten die Pächter dermalen ein jährliches Pachtgeld von 920 fl. Geld, 50 Sch. Dinkel und 50 Sch. Haber. Der Hof gehörte vormals dem Kloster Adelberg. 1277 befreyt Graf Ulrich von Würtemberg die drey Höfe des Klosters Adelberg zu Oeffingen und Tynne von der Steuer. – Stiura sive precaria denariorum. – 1304 überlassen Graf Eberhard und sein Sohn Ulrich dem Kloster auch die Vogtey über den Hof gegen 300 Pf. H. Merkwürdig ist auch ein Vertrag von 1391 zwischen dem Kloster und den von Neuhausen als Herren von Oeffingen und Hofen, wornach Neuhausen auf alle Ansprüche an des Klosters Güter „in dem Kirchspel zu Tün und besonderlich an alle Wingarten in der untern Hardt, die gehören in das Kirchspel gen Tün“ verzichtet, dagegen die Wingarten und andere Güter in der oberen Hardt „die gehörent in das Kirchspel gen Oeffingen, die sollen| stiurbar und dienstbar seyn den v. Neuhausen." Es waren dies die Güter, „die außer des Dennmayers Hand gekommen.“ Ehe Oeffingen wieder zu Würtemberg gehörte, war der Thennhof dem Oberamte Waiblingen zugetheilt, erst 1811 wurde er mit dem Oberamts-Bezirke Canstatt verbunden.


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