« Kapitel B 1 Beschreibung des Oberamts Canstatt Kapitel B 3 »
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2. Felbach,


ein evang. Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit und Sitz eines Amtsnotars, 5/4 St. östlich von Canstatt, und 1 St. von Waiblingen, mit 2673 Einwohnern, Cameral-Amt Canstatt, Hof-Cam.-Amt und Forst-Verw. Stetten, Forstämter Reichenberg und Schorndorf, deren Bezirke die Waiblinger Straße scheidet. Grundherrschaft: die Hofdomänenkammer, das Patronat ist landesfürstlich. Die Zehnten, den großen, den kleinen und den Obst-, den Heu- und den Wein-Zehnten hat die K. Hofkammer, mit Ausnahme eines kleinen Antheils, den der Fürst von Oetingen-Wallerstein von dem Kloster Maria Maihingen her und die Orts-Pfarrey an denselben haben. Die Grundlasten betragen 138 fl. 11 kr. in Geld, 87 Schfl. 71/2 S. Dinkel, 73 Schfl. 2 S. Haber, 37 Schfl. 43/4 S. glatte Frucht und 22 E. 33/4 M. Wein; den größten Theil davon hat die K. Hofkammer zu beziehen, der Rest vertheilt sich unter 13 weitere Berechtigte, wovon die Gemeindepflege Stetten und die Kirchen-, Schul- und Spitalpflege Eßlingen die bedeutendsten sind. Außerdem hat der Ort noch 42 E. Betwein gen. Schirmwein und an sonstigen vogteylichen Abgaben – Roggensteuer, Speisung etc. 180 fl. 42 kr. zu entrichten.

Felbach, auch Fehlbach und Fellbach, und ehemals gemeiniglich Velbach geschrieben, liegt am Saum der Hochebene zwischen dem Neckar- und Remsthal, 1/8 St. seitwärts von der Straße nach Waiblingen, am Fuße des Kapelbergs. Es ist eines der schönsten und ansehnlichsten Dörfer des Königreichs, hat regelmäßige Gassen und viele gute Häuser. Die Kirche, welche am Ende des Dorfs steht, ist mit einem Wassergraben umgeben, eine mit Schießscharten versehene Ringmauer um dieselbe wurde bey der Erbauung des neuen Schulhauses bey der Kirche 1801 abgebrochen. Von der Kirche selbst wurde das Schiff 1779 neu gebaut, Chor und Thurm sind noch von älterer Zeit; ersteres trägt die| Jahrzahl: 1519. Die Baulast des Pfarrhauses, das i. J. 1799 erneuert und erweitert wurde, hat die K. Hofkammer. Der Begräbnißplatz liegt entfernt von der Kirche, am südwestlichen Ende des Dorfs, wo er 1805 angelegt und mit einem Glockenthurm versehen wurde. Außer der Kirche hatte Felbach vor Zeiten auch noch 2 Capellen, die eine davon stand auf dem Felde zwischen den Weinbergen und soll kurze Zeit vor der Reformation zum Bau des Chors der Pfarrkirche verwendet worden seyn; die andere befand sich oben am Kapelberg, der davon den Namen hat; sie wurde erst i. J. 1819 abgebrochen, nachdem sie zuletzt einem Waldschützen zur Wohnung gedient hatte. Sie war einst eine berühmte Wallfahrts-Capelle. An ihrer Stelle hatte ein Kirschbaum gestanden, auf welchem die Jungfrau Maria einem Knaben erschienen seyn soll. Diese Erscheinung und der Ruf der Wunderthätigkeit, in welchen der Baum gebracht worden war, veranlaßte den Bau einer Capelle auf dem Platze.

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Die Hauptnahrung der Einwohner besteht in Ackerbau, Weinbau und Viehzucht, die in einem sehr günstigen Verhältnisse vereinigt sind. Das Felbacher Feld ist eines der bestkultivirten in dem ganzen Königreiche, und der Felbacher Wein gehört zu den vorzüglichsten Neckarweinen, s. S. 63. Der Ort hat auch viele Handwerker, 4 Schildwirthschaften und eine Gypsmühle, auch wird eine Käserey und von Einzelnen ein nicht unbedeutender Weinhandel getrieben. Den Gesundheitszustand der Einwohner betreffend s. S. 54. Der Vermögenszustand der Einwohner ist im Allgemeinen gut, es gibt viele sehr vermögliche Bürger. Weniger gut steht die Gemeindekörperschaft, die übrigens ein nicht unbeträchtliches Waldeigenthum besitzt. Seit 1811 hat Felbach auch Marktgerechtigkeit, und hält jährlich zwey Vieh- und Krämermärkte. Übrigens soll es schon in frühern Zeiten Marktflecken gewesen seyn. Die Schule theilt sich in 4 Abtheilungen mit 1 Schulmeister und 3 Provisoren. Zu Preisen und zu Schulbüchern für Ärmere sind Schulstiftungen im| Betrage von 1283 fl. vorhanden. Eine eigentliche Industrie-Schule ist nicht vorhanden, dagegen werden seit 1826 an 100 Kinder, zum Theil auch Erwachsene, mit Falzen und Heften von Druckschriften für Stuttgarter Buchhändler und Buchbinder beschäftigt.

Die Pfarrey hat keine Filialien; Felbach war ehemals selbst Filial von der Ufkirche zu Canstatt, s. Canstatt. Wann es davon getrennt und eine eigene Pfarrey wurde, ist nicht bekannt, doch muß es vor der Reformation geschehen seyn, denn im Jahr 1504 wurde ein Vertrag geschlossen zwischen Joh. Koler, „derzeit Pfarrer in Felbach,“ und dem Domcapitel Constanz, wornach letzteres den Neubruchzehnten ungeschmälert haben, dagegen dem Pfarrer jährlich 9 E. Wein aus der Kelter im Imrod „nit des besten noch des schlechtesten,“ oder im Falle des Mißwachses 22 fl. reichen solle. In dem Verzeichnisse, das der Herzog Ulrich nach der Reformation von den Kirchenstellen aufnehmen ließ, kommt sogar neben der Pfarrstelle auch eine Frühmeß oder Caplaney vor. Das Besetzungsrecht von ersterer hatte Würtemberg, das der Frühmeß das Domcapitel Constanz; die Besoldungen reichte eben dieses Capitel, das deßwegen auch viele Zehnten und Gefälle in dem Orte hatte. Einen Theil derselben hatte es nach und nach auch durch Kauf erworben. So verkauften 1321 Wolf und in demselben Jahre Heinrich von Stein, und 1491 die von Rechberg ihre Zehnten an das Capitel[1]. Außer Constanz hatten auch das Stift Stuttgart und andere Theil an den Zehnten. Von dem Weinzehnten des Domcapitels rührte auch das Rohrtrunkrecht her, das die Felbacher hatten (s. S. 79), sich aber im Jahr 1604 von dem Kapitel mit 1700 fl. abkaufen ließen.

| Felbach ist eine alte Besitzung des Würt. Hauses; aber die Grundherrschaft war mannigfaltig getheilt. In dem Orte selber, ohne Zweifel bey der Kirche, saß auch eine adelige Familie, die sich davon schrieb, und daselbst begütert war. 1258 erlaubt Gr. Ulrich von Würtemberg, nach Marchthaler Documenten, dem Heinrich v. Velbach, seinem Ministerialen, den Brülhof bey Marchthal an das Kloster daselbst zu verkaufen; 1270 sind die Brüder Reinhard und Gerold von Velbach mit Johannes von Rumeltheshusen, Wolf von Stetten u. a. Zeugen, als Eglof von Steußlingen dem Grafen Ulrich v. W. seine Güter zu Lehen aufträgt, s. die Urkunde, Datum et Actum Wirtemberc, bey Sattler, Gr. I. Beylage 3. 1289 belehnte das Domcapitel zu Constanz die Brüder Berthold und Heinrich von Velbach mit dem (Widdum-) Hof in Canstatt, worauf sie ein Pfandrecht hatten, s. Canstatt. Der letzte des Geschlechts soll Heinrich v. V. gewesen seyn, er verkauft 1351 alle seine Güter zu Velbach an die Grafen Ulrich und Eberhard v. W. In der Urkunde nennt er sich: Herr Heinrich, Ritter von Velbach, Grawer Munch (zu Bebenhausen). Die Ritter von Velbach waren, wie die oben zuerst angeführte Urkunde beweist, Ministerialen der Grafen von Würtemberg; nach Sattler (Topog. 105) sollen sie ein Zweig der Familie von Stein gewesen seyn. Außerdem sind nachfolgende Nachrichten von Felbach bemerkenswerth: 1121 schenkt die Pfalzgräfin von Calw dem Kloster Zwiefalten einen Wald und 20 Jauchert bey Tirckeim und Velbach (Sulger Ann. Zwif. I. 67) und 1185 bestätigt nach Crusius der Herzog Welf mit seiner Gemahlin Uta dem Kloster Adelberg eine demselben gemachte Schenkung eines Guts zu Felbach. Vergl. Canstatt.

Das Kloster Zwiefalten verkaufte seine sämmtlichen Güter und Gefälle zu Felbach, Rotenberg, Uhlbach, Ober- und Unter-Türkheim am 7. März 1616 für 13.500 fl. an Würtemberg. Sattler Hz. VI. 99. Seit 1807 ist die K. Hofkammer im Besitze der Grundherrschaft, s. Stetten.

| Felbach wurde in verschiedenen Zeiten durch Kriege hart mitgenommen, am härtesten, nachdem es sich kaum von dem 30jährigen Kriege erholt hatte, von den Franzosen 1693; 178 Gebäude wurden in die Asche gelegt. Im Jahr 1796 hatte der Erzherzog Karl von Östreich auf seinem Rückzuge durch Würtemberg und während des Treffens bey Canstatt, in dem Pfarrhause zu Felbach sein Hauptquartier.

Unfern Felbach stand der abgegangene Weiler Immerode, (im Rod) genannt. Der Ort kommt öfters in den Zwiefalter Documenten vor: nach Sulzers Annalen (I. 67) überläßt Albert von Canstatt 1121 einen Wald „bey dem Weiler Immerott;“ 1265 verkaufte Graf Hartmann von Grüningen d. ä. an das Kloster Salem einen Weinberg in „Imbenrode“ und andere Weinberge und Äcker zu Felbach, Sattler Gr. I. Beyl. 18. 1318 verweist Wolf von Stein, den man spricht von Canstatt, seine Frau, Adela von Ächterdingen um ihre Morgengab, auf seinen Weingarten zu Imerode und alle seine Güter zu Felbach. Der Ort lag zwischen Felbach und Unter-Türkheim. Sein Name hat sich noch in der Immeroder oder Simmeroder Kelter, die an dem Wege nach Rotenberg steht, erhalten.

Des Kapelbergs bey Felbach ist schon S. 23, so wie des zu Felbach aufgefundenen römischen Denkmals S. 18 gedacht.


  1. Die Verkaufs-Urkunde liefert zugleich einen Beweis davon, wie zahlreich die Rechbergische Familie damals war. Die Verkäufer waren: „Albrecht, Hug und Hans von Rechberg, alle drey Gebrüder zu Ramsperg; Georg, Veit, Anbrecht und Hans v. R., alle 4 Gebrüder zu Aichach; Georg und Veit v. R., auch Gebrüder zu Staufeneck; Ber und Friedrich v. R., auch Gebrüder zu Baubenhausen, alle von Hohenrechberg,“ also nicht weniger als 11 Glieder des Hauses.
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