Beschreibung des Oberamts Calw/Kapitel B 5
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Das in neuerer Zeit gründlich verbesserte Pfarrhaus liegt frei und mit schöner Aussicht unfern der Kirche; die Unterhaltung desselben hat der Staat. Im Jahr 1835 erkaufte die Gemeinde das Gasthaus zum Ochsen um 3150 fl. und richtete in demselben die Schule mit 2 geräumigen Lehrzimmern, die Wohnungen für den Lehrer und den Unterlehrer, wie auch die Gelasse für den Gemeinderath ein. Eine Industrieschule besteht seit 1836. Armenhäuser sind zwei vorhanden.
Die gut erhaltenen Ortsstraßen sind theils gepflastert, theils steinbeschlagen. Die gerade nicht besonders ansehnlichen, aus Holz erbauten Wohnungen haben zum Theil noch Schindelbedachung.
Im Ort befinden sich 2 laufende und 2 Schöpfbrunnen; das Wasser ist ziemlich gut, fließt übrigens in ganz trockenen Sommern so spärlich, daß man in dem 1/4 Stunde entfernten, wasserreichen Weltenschwann den Wasserbedarf holen muß. Ein kleiner Feuersee ist im Ort angelegt.
Die im Allgemeinen sehr fleißigen und sparsamen Einwohner sind mit Ausnahme einzelner Vermöglichen in der Mehrzahl minder bemittelt, viele sogar arm zu nennen; ihre Hauptnahrungsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht, Viele suchen sich durch Holzmachen | in den Staatswaldungen und durch Arbeiten in den Fabriken zu Calw den Lebensunterhalt zu sichern. Der begütertste Bürger besitzt 25–30 Mrg., der sogen. Mittelmann 10–12 Mrg. und viele haben nur einige Morgen Grundbesitz. Übrigens ist kein Einwohner ganz ohne Felder, indem etwa 80 Morgen Allmanden vorhanden sind, die den Bürgern unentgeltlich zur Benützung stückweise überlassen werden.Die ziemlich ebene, hochgelegene, den Winden sehr ausgesetzte Markung hat im Allgemeinen einen leichten Sandboden (Verwitterung des bunten Sandsteins), der bei kräftiger Düngung einen ziemlich guten Ertrag liefert.
Die Landwirthschaft wird den Verhältnissen angemessen betrieben und landwirthschaftliche Neuerungen, wie der Brabanter Pflug, die Anwendung der Walze etc. haben guten Eingang gefunden. Unter Einhaltung der Wechselwirthschaft baut man vorzugsweise Roggen, Hafer und in neuerer Zeit etwas Dinkel; überdieß werden viel Kartoffeln, Rüben, Kraut, dreibl. Klee, Flachs, Hanf und etwas Reps gezogen; der Flachs gedeiht gut und erlaubt einigen Verkauf nach Außen. Bei einer Aussaat von 4–41/2 Sri. Roggen, 7–8 Sri. Hafer und 8 Sri. Dinkel beträgt die durchschnittl. Ernte 3–4 Schff. Roggen, 3–4 Schff. Hafer und 6 Schff. Dinkel per Morgen.
Das alljährlich erzeugte Getreide befriedigt das örtliche Bedürfniß nicht und nur etwa die Hälfte der Einwohner reicht mit der selbst erzeugten Frucht, während die Übrigen von Außen kaufen müssen; die geringsten Preise eines Morgens Acker sind 60 fl., die mittleren 80 fl. und die höchsten 120–125 fl.
Der Wiesenbau, dem nur bei nasser Witterung einige Wässerung zukommt, ist verhältnißmäßig ziemlich ausgedehnt und liefert per Morgen etwa 30 Ctr. gutes Futter. Die Preise eines Morgens Wiese bewegen sich von 150–500 fl.
Obst, welches wegen der hohen Lage nicht sehr gedeiht, wird zunächst am Ort in Grasgärten gezogen; der Ertrag (größtentheils späte Mostsorten und etwas Zwetschgen), wird im Ort selbst verbraucht. Die Jungstämme werden meist von Ober-Kollbach bezogen.
Der aus einer gewöhnlichen Landrace bestehende, nicht sehr ausgedehnte Rindviehstand, wird durch 2 Landfarren nachgezüchtet; die Verpflegung der Farren, welche die Gemeinde anschafft, hat ein Bürger gegen Nutznießung von 11/2 Morgen Wiesen und 50 fl. Viehaustrieb findet nur zuweilen im Herbste auf die Stoppelwaide statt.
Ziegen werden von Unbemittelten ziemlich viel gehalten.
| Die Schweinezucht ist unbedeutend, indem die meisten Ferkel von Außen bezogen und theils für den eigenen Bedarf, theils zum Verkauf gemästet werden.Im Ort bestehen 2 Schildwirthschaften und 2 Krämer.
Die Gemeinde hat außer 300 Morgen Waldungen nicht nur kein Vermögen, sondern noch Schulden; der jährliche Ertrag des Gemeindewaldes, etwa in 4–500 fl. bestehend, wird zu Gemeindezwecken verwendet; etwa 25 Personen genießen Unterstützung von Seiten der Gemeinde. Über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt s. Tabelle III.
Am östlichen Ende des Orts stand das ortsherrliche Schloß, welches auf eine frühere alte Burg gegründet wurde; von demselben hat sich noch der im Viereck angelegte, tiefe Burggraben, über den eine auf 2 steinernen Bögen ruhende Brücke zu dem nicht unbeträchtlichen Schloßraum führt, erhalten. Der Burggraben ist theilweise noch ausgemauert und konnte früher mit Wasser gefüllt werden.
Ein Beguinenhaus stand in der Nähe des Pfarrhauses, wo man noch die Stelle im „Klösterle“ nennt.
Eine alte Straße, von der man noch bei Alzenberg eingefahrene Fahrleise sieht, zog von Calw nach Altburg.
Die früheste Nennung des Orts, welche sich in gleichzeitiger Aufzeichnung erhalten hat, ist in der Urkunde K. Heinrichs IV. vom 9. Oct. 1075 für das Kloster Hirschau, wo villula Altpuren unter den Orten genannt wird, womit dieses Kloster schon längst – um 830 (Cod. Hirs. 25a) – bewidmet gewesen war, welche aber, demselben lange entrissen, nicht lange vor Ertheilung der Urkunde wieder zugestellt worden waren. Der althochdeutsche Name Altpûr, Altbûr (Dativ Plur. Altpuron), welcher von Bûr, d. i. etwas Gebautes, Haus abzuleiten ist, wurde späterhin in die jetzige Schreibung Altburg entstellt.
Vom hiesigen Ortsadel machte sich ein Hermann von Altburg um 1150 durch Stiftungen um das Kl. Hirschau verdient (Cod. Hirs. 55a).
Die ursprünglich gräflich Calwische Oberherrlichkeit kam im 13. Jahrhundert an den Nebenzweig dieser Grafen, die Grafen von Vaihingen, unter welchen wohl bereits die Truchseßen von Waldeck Träger des Lehens waren, und ist vermuthlich mit der Stadt Vaihingen über die Grafen von Öttingen im Jahr 1339 an Württemberg gekommen. Im Jahr 1344 oder nicht lange nachher hat von letzterem „Cunrat Truchsez von Waldegge ze Lehen enpfangen Altpur das Dorf ganz und ze Weltiswank, was hie disseit der Bach lit, rüren von Vaihingen“ (Sattler Grafen 4 Beil. | Nr. 61. S. 269), wie sich denn überhaupt ein Waldeckischer Zweig „Truchseße von Alpur“ nannte (Mone Zeitschr. 8, 449). Nach den Herrn von Waldeck, welche bis zu ihrem Aussterben in der Mitte des 16. Jahrh. allhier ein adeliches Gut besaßen, zum Theil noch neben ihnen erscheinen als hiesige Lehensträger im 15. Jahrhundert die Sickingen und Itzlinger, im 16. und Anfang des 17. die Wittershausen.Im Jahr 1619 – wo nicht kurz vorher – brachte der württ. Hofrath und Kriegscommissär Benjamin von Bouwinghausen-Walmerode, ein Rheinländer, welcher sich in die schwäbische Ritterschaft begab († 1633), das Lehen Altburg in seinen Besitz und vererbte es auf seine Familie, welche auch den Wittershauser Antheil überkam. Seinen Enkel Eberhard Friedrich († 1729), welcher am 13. Nov. 1710 mit A. belehnt wurde, klagte im J. 1713 der Vogt zu Calw an, daß er in dem ihm eigenthümlich zugehörenden Burgstall und in den dazu gehörigen Gütern sich bassam jurisdictionem, jus cognoscendi et puniendi matrimonialibus, delictis scortationis et praematuri concubitus anmaße (was den Bestimmungen des Calwer Kellereilagerbuchs entgegen sey), daß er ferner in seinem Schloß durch einen auswärtigen Geistlichen eine Trauung verrichten und während der letzten Landestrauer im Dorf habe tanzen lassen. Eberhard Friedrich wurde hierauf vor das Lehengericht gefordert, und bequemte sich am 29. August 1713 zu einem Vergleich, durch den er an Württemberg auch im Burgstall und seiner Zugehör alle hohe, landesfürstliche, geleitliche und forstliche Obrigkeit, die hohe Gerichtsbarkeit, die Regalien, das Episcopalrecht und alle zum jus circa sacra gehörigen Rechte einräumte und für sich nur die niedere Gerichtsbarkeit behielt. Endlich im J. 1759 verkaufte der Oberstlieutenant Alexander von Bouwinghausen († 1796) sein hiesiges Allod und Lehen für 19.000 fl. an Württemberg, doch so, daß die Collectation in Altburg und Weltenschwann dem Rittercanton Kocher vorbehalten blieb, welch letzterer sich auch noch im Vertrag mit Württemberg von 1769 seine hiesigen Rechte sicherte und bis zu seiner Auflösung im J. 1805 behielt.
Wenn gleich auf dem Schwarzwald gelegen, so steuerte doch das hiesige Rittergut nicht zum Kanton Neckarschwarzwald, sondern ganz isolirt zum Kanton Kocher (Knipschildt de juribus nobilitatis equestris 1, 19).
Der Staat veräußerte die zum Schloß gehörigen Güter an einzelne Bürger; das Schloß selbst mit einigen Gerechtigkeiten erkaufte der Freiherr Christian Heinrich von Palm (der in Kirchheim wohnende und durch seine Wohlthätigkeit bekannte, † 1819), welcher es der | örtlichen Stiftung legirte. Diese verkaufte es im J. 1820 an einen hiesigen Bürger, welcher es im J. 1823 abbrechen ließ.Die hiesige Kirche veräußerte der Graf Ulrich von Württemberg mit der zu Althengstett und Calw im J. 1342 an das Kl. Hirschau, von welchem sie durch die Reformation an Württemberg gelangte (vgl. Althengstett), wie noch heutzutag der Pfarrsatz landesherrlich ist. Lange Zeit durch einen Diacon in Calw versehen, erhielt sie im J. 1573 einen eigenen Pfarrer.
Im 14. Jahrh. bestund hier ein Beguinenkloster, welches Abt Bernhard von Hirschau (1460–1482) in apostolischem Auftrag wegen ärgerlichen Lebenswandels der Nonnen aufhob. Er setzte an die Stelle der Beguinen Schwestern der dritten Regel vom Orden des heil. Dominicus, welche sich gut aufführten (Trithemius Annal. Hirsaug. 2, 441). Nachdem die Reformation das Kloster aufgehoben hatte, ist am 22. Mai 1566 das Gebäude selbst zusammengebrannt (Löher Sindelfinger Chronik).
Von den Gemeindeparzellen ist
Der Spindlershof, 1/8 Stunde nördlich vom Ort, innerhalb der Gemeindemarkung gelegen. Sein Trinkwasser bezieht der Hof aus einem Schöpfbrunnen, der jedoch nicht selten versiegt, so daß die Einwohner genöthigt sind, ihr Wasser in Weltenschwann zu holen. Die Kinder besuchen die Schule im Mutterort.
Weltenschwann, mit eigener Markung, ist ein weitläufig gebauter, sehr ansehnlicher Weiler, dessen meist stattliche Bauernwohnungen an den beiden leicht geneigten, wiesenreichen Thalabhängen hingebaut sind. Von den Einwohnern, meist wohlhabenden Bauern, von denen der vermöglichste etwa 50 Morgen Felder und 40 Morgen Wald besitzt, gehören die auf der linken Seite des Thälchens in die Schule und Kirche nach Altburg, während die auf der rechten Seite Filialisten von Zavelstein sind.
Der Ort, welchen der Röthelbach der Länge nach durchfließt, ist auch mit gutem Trinkwasser im Überfluß versehen. Die übrigen Verhältnisse sind denen in Altburg gleich.
Eine Vicinalstraße führt nach Calw.
Der Ort erscheint als Waltingswant unter den Gütern, womit der Graf Erlefried im Anfang des 9. Jahrhunderts nach einer freilich erst aus dem 15. Jahrhundert erhaltenen Aufzeichnung des Kl. Hirschau beschenkt hatte (Cod. Hirsaug. 25a).
Der durchfließende Bach theilte schon in frühester Zeit den Ort in die Altburger und Zavelsteiner Hälfte, deren erstere mit Altburg (s. d.), letztere mit Zavelstein (s. d.) gleiche Schicksale in Beziehung auf ihre Herren hatte.
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