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Zwerenberg,
Gemeinde III. Kl. mit 332 Einw. – Evang. Pfarrei.


Das mittelgroße, weitläufig gebaute Dorf liegt auf der Hochebene in einer wohl ausgerundeten, wiesenreichen, gegen Süden geneigten Mulde, die sich gegen das nahe Zwerchbachthälchen hinzieht und gegen Norden etwas geschützt ist. Die Entfernung von der nordöstlich gelegenen Oberamtsstadt beträgt 4 Stunden. Die großentheils ansehnlichen Bauernwohnungen, welche theilweise noch verschindelt und mit Schindeldächern versehen sind; stehen freundlich in dem sie umgebenden Wiesengrund und verrathen durch ihr gefälliges Äußere die Wohlhäbigkeit der Einwohner.

Beinahe in der Mitte des Dorfs steht die in den Jahren 1838/39 mit einem Aufwand von 30.000 fl. neu erbaute und 1841 eingeweihte Pfarrkirche[1], deren Unterhaltung dem Staat zusteht; sie ist massiv in einem einfachen aber nicht kirchlichen Styl erbaut und enthält an dem Langhaus 2 über einander hinlaufende Reihen geradliniger Fenster. An der Westseite befindet sich der viereckige in seinen drei unteren Stockwerken noch alte Thurm, mit einem flachen gedrückten Zeltdach. Auf demselben hängen 3 Glocken, von denen die größte folgende Inschrift trägt: Jhesus nazarenus rex Judaeorum Bernhart Lachaman gos mich 1494. Auf der mittleren stehen die vier Evangelistennamen und die Jahrzahl 1402; die kleinste und zugleich älteste hat weder Schrift noch Zeichen. Das weiß getünchte | Innere der Kirche ist geräumig und hell. An der früheren Kirche standen die Jahreszahlen 1597 und 1666.

Der Begräbnißplatz, welcher früher um die Kirche lag, ist im Jahr 1835 aufgegeben und dagegen ein ziemlich ausgedehnter an der Straße nach Martinsmoos (auf der Markung Gaugenwald) angelegt worden. Bemerkenswerth ist, daß der für den neuen Gottesacker gewählte Platz schon 1483 wegen der Pest als Begräbnißstätte angelegt wurde; es stund darauf eine St. Leonhardskapelle. Bis dahin hatten alle Todte der Kirchspielsorte in Ebhausen begraben werden müssen.

Das im Jahr 1817 erbaute Pfarrhaus befindet sich in gutem Zustande und bildet mit seinem anstoßenden Garten und einem Ökonomiegebäude einen freundlichen Pfarrsitz. Das Pfarrhaus ist Eigenthum des Staats, der es auch zu unterhalten hat.

Das ansehnliche, im Jahr 1835 erbaute Schulhaus, zunächst der Kirche stehend, enthält ein geräumiges Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters und die Gelasse für den Gemeinderath.

Nachdem in neuerer Zeit etwa 8 Pumpbrunnen und ein laufender Brunnen errichtet wurden, ist dem früher zuweilen eingetretenen Wassermangel abgeholfen worden; im Ganzen sind 18 Pumpbrunnen, 2 Schöpfbrunnen und 2 laufende Brunnen, die im Allgemeinen ein mittelgutes Wasser liefern, vorhanden. Eine Wette ist im Ort angelegt; überdieß bestehen noch 2 laufende Brunnen außerhalb des Orts, von denen einer, der sog. Kaltenbrunnen, sehr reichliches und gutes Wasser liefert. Etwa 1/8 Stunde nördlich vom Ort befindet sich in dem Walde Dickene ein Rasenplatz, auf dem sich im Frühjahr beim Schneeabgang etwa 1–11/2′ hohe Erhöhungen bilden, aus denen alsdann durch runde Öffnungen 1″ dicke und 2′ hohe Springbrunnen gewaltsam hervorsprudeln.

Die im Allgemeinen wohlgeordneten, religiösen Einwohner verbinden Fleiß mit Sparsamkeit und sichern sich durch Feldbau, Viehzucht und Holzverkauf aus den eigenen Waldungen ihr Auskommen; ihre Vermögensumstände gehören zu den besseren, man findet ziemlich viele eigentliche Bauern, die sich in ganze und halbe Bauern abtheilen, überdieß sind etwa 15 Taglöhner und Handwerker vorhanden. Der vermöglichste Bauer besitzt 36 Morgen Felder und 147 Morgen Waldungen; der häufigste Besitz ist 30 Morgen Felder und etwa 25 Morgen Wald. Auch die Taglöhner und Gewerbetreibenden besitzen noch 5–10 Morgen Felder und 3–10 Morgen Waldungen. Außer den gewöhnlichen Handwerkern sind 2 Schildwirthschaften und 2 Krämer zu nennen.

| Die für den Feldbau benützte Fläche hat im Allgemeinen einen sandigen Boden, den nur an einer Stelle die Verwitterungen des Wellenmergels decken.

Bei der hohen Lage ist die Luft ziemlich rauh und beinahe immer bewegt, was auf die Obstzucht nachtheilig einwirkt, daher auch das Obst weit weniger gedeiht, als in dem nur 3/4 Stunden entfernten Martinsmoos; dennoch wird in neuerer Zeit auf die Obstzucht manches verwendet, die in ganz günstigen Jahren einen ziemlich guten Ertrag liefert, der übrigens nicht für das Bedürfniß der Einwohner hinreicht.

Auch die Landwirthschaft hat sich gehoben und verbesserte Pflüge, mit Anwendung der Walze haben Eingang gefunden. Außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln wird namentlich viel Compost angewendet, dagegen ist die Gewinnung der Gülle weniger üblich und das Brennen der Felder noch allgemein. Die landwirthschaftlichen Verhältnisse sind denen in Martinsmoos ziemlich gleich, mit Ausnahme, daß hier beinahe kein Dinkel gebaut wird und der Ertrag der Felder im Allgemeinen etwa um 1/8 geringer ist. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 60–200 fl. und die der Wiesen von 200–1000 fl. Dinkel wird viel von Außen bezogen.

Von den Wiesen, welche im Verhältniß zu dem nöthigen Viehstand nicht hinreichend vorhanden sind, ertragen die besseren 30 Ctr. Heu und 15 Ctr. Öhmd, die geringsten 8 Ctr. Heu und häufig kein Öhmd; etwa 1/3 der Wiesen kann bewässert werden.

Der Viehstand, aus einer Landrace bestehend, die durch zwei Simmenthaler Bastarde verbessert wird, ist ziemlich gut und bildet eine besondere Erwerbsquelle, indem ziemlich Vieh auf benachbarten Märkten verkauft und auch mit Mastochsen Handel getrieben wird. Die Zuchtstiere hält ein Bürger Namens der Gemeinde gegen jährlich 80 fl.

Die Schweinezucht ist unbedeutend und die meisten Ferkel werden von Außen bezogen und für den eigenen Bedarf gemästet.

Die Bienenzucht ist nicht von Belang.

Durch Vicinalstraßen nach Martinsmoos und Aichhalden ist der Ort mit der Umgegend in Verkehr gesetzt.

Die Gemeinde besitzt gegen 500 Morgen Waldungen, deren jährlicher in 180 Klaftern bestehender Ertrag zur Deckung der Gemeindeausgaben verkauft wird; zuweilen erhält noch je ein Bürger 1/2–1 Klafter Scheiter, das Wellenholz aber wird jedes Jahr unter die Bürgerschaft ausgetheilt. Überdieß haben die Einwohner das Recht, alles erforderliche Bauholz aus dem Staatswald Kornhalde gegen Fäll- und Macherlohn zu beziehen.

| Über das Vermögen der Gemeinde- und Stiftungspflege s. Tabelle III.

An dem Wege von Zwerenberg nach Hornberg trifft man einige Höhlungen, in denen nach der Volkssage Erdmännlein gehaust haben sollen.

Zwerenberg gehörte zur Herrschaft Hornberg und kam mit dieser zur Hälfte 1376 an Württemberg, die andere Hälfte war badisch und gehörte zum Amt Altensteig (Reyscher 74), mit dem sie 1603 an Württemberg gelangte. Die 8 Meier dieser Hälfte mußten an Baden jährlich 8 Herbsthühner, 2 Malter Hafer und 2 Malter Roggen geben (ebendas. 610). Während der Zeit des getheilten Besitzes waren in Zwerenberg ein badischer und ein württembergischer Schultheiß, jeder mit seinen eigenen Richtern, die in Haltung des Stabs alljährlich abwechselten (Vertrag von 1516 ebendas. 610). Die Einwohner eines jeden Theils sollten, nach dem Vertrag vom 3. Februar 1523 ihrem Herrn zu den ihm gebührenden Fällen und Freveln, Schatzungen, Hilfsgeld, Amt- und Landschaden, auch anderen Beschwerungen verpflichtet sein und hierin kein Herr dem andern Eintrag thun, auch die Heiligenrechnungen im Beisein beider Schultheißen abgehört werden (ibid. 609). Seit 1603 war eine Zeit lang zwar nur ein Schultheiß da, später aber wurden zwei, ein Calwer und ein Altensteiger, eingesetzt. Zwerenberg bildete mit 1/2 Hornberg und Oberweiler das zur Vogtei Calw gehörige sogen. obere Amt. In neueren Zeiten erst wurde Hornberg und Oberweiler von Zwerenberg getrennt und zu einer selbstständigen Gemeinde erhoben.

Zum Kirchspiel gehören nebst Zwerenberg Martinsmoos, Gaugenwald, Hornberg mit der Baiermühle, Oberweiler und Neuweiler. Die Johanniter Kommende zu Rohrdorf bezog im ganzen Kirchspiel den großen Zehnten und mit ihr kam er 1805 an Württemberg.

Schon Herzog Christoph hatte den 3. September 1568 mit der Kommende einen Vertrag wegen Erhaltung und Reparatur der Kirche geschlossen, diese aber hielt ihn nicht und deswegen von Herzog Friedrich I. mit ihr in den Jahren 1600 und 1601 gepflogene Unterhandlungen waren fruchtlos. Die Kirche wurde allmählig nicht nur baufällig, sondern auch zu klein für die wachsende Zahl der Kirchspielgenossen, unter welchen man daher schon 1818 zu einem Neubau derselben zu sammeln begann. Durch Vertrag vom 6. Dez. 1836 übernahm der Staat die Hauptbaulast.

Der Pfarrsatz ist landesherrlich.


  1. Steinheil Einweihungsfeier der neuen Kirche in Zwerenberg. Stuttgart, 1841. 8.
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