« Kapitel B 36 Beschreibung des Oberamts Biberach Kapitel B 16 »
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e. Gemeinde Unter-Sulmetingen
mit Niederkirch, 609 Einwohner.

1) Unter-Sulmetingen, kathol. vormals Ochsenhausisches Pfarrdorf mit einem Schloß und 592 Einwohnern, 47/8 Stunden nördlich von Biberach und 3/8 Stunden von Ober-Sulmetingen.

Unter-Sulmetingen bildete früher eine besondere, dem Kloster Ochsenhausen gehörige Herrschaft, welche zum Rittercanton Donau steuerte. Sie war mit Ausnahme der Fischenz, welche Reichslehen war, östreichisches Hauslehen, auch den Blutbann trug die Herrschaft von Östreich zu Lehen. Übrigens hatte sich Östreich nach Inhalt der Lehensbriefe „die landesherrliche Botmäßigkeit und Herrlichkeit oder hohe Territorial-Jurisdiction“ vorbehalten. Über die Forst- und Jagdgerechtigkeit s. Ober-Sulmetingen. Jetzt ist Unter-Sulmetingen mit geringer Ausnahme K. Thronlehen. Zu dem Schlosse gehört ein herrschaftliches Schloßgut, sogenannter Bauhof, bestehend aus 86 Morg. Äckern, 78 Morg. Wiesen und 4 Morg. Garten, welche von den Lehensbauern in der Frohn gebaut werden müssen, seit 1769 aber in Zeitpacht gegeben sind.

Unter-Sulmetingen hat eine etwas unebene, aber freundliche, freie Lage an der Riß mit einer schönen Aussicht. Der| Ort hat ein gefälliges Aussehen, die Straßen sind breit, die Häuser größtentheils gut gebaut, und nur noch wenige mit Stroh gedeckt. Mitten durch das Dorf fließt ein kleiner Bach, der in den nahe gelegenen Weiherwiesen entspringt und daher auch den Namen Weiherbach führt. Das Clima ist mild, der Boden im Allgemeinen gut; der Nahrungsstand ist ziemlich gut, auch zeichnet sich der Ort durch geringe Sterblichkeit aus, s. oben. Die früher bedeutenden Gemeindeschulden betragen jetzt noch 8658 fl. Zwei Waldungen und das Ried bilden die Gemeindegerechtigkeit. Der Fürst genießt wegen seiner eigenen Güter eine doppelte Gemeindegerechtigkeit. Der Ort hat eine Schildwirthschaft, eine Brauerei, eine Mahl-, eine Säge- und eine Ölmühle und mehrere ländliche Gewerbe, darunter auch zwölf Leineweber.

Das Schloß ist dem Pfarrer zum Wohnsitz eingeräumt und dient zugleich zum gutsherrschaftlichen Fruchtkasten. Der Ort hat ein Schulhaus und mit der Schule ist auch eine Industrie-Schule verbunden. Die Pfarrkirche und der Gottesacker befinden sich 1/4 Stunde von dem Orte zu Niederkirch. Unter-Sulmetingen hat aber selbst auch eine Capelle zum heil. Othmar, die ehemalige Schloßcapelle. In dieser werden die Wochengottesdienste gehalten, auch die Taufen vorgenommen. Die Baulast der Pfarrkirche ruht auf der Stiftungspflege und aushilflich auf der Patronatherrschaft, die der Capelle mit allen Cultkosten auf letzterer allein. Pfarrsitz ist Unter-Sulmetingen erst seit 1813, dagegen hatte es früher einen eigenen Caplan, dessen Stelle jetzt aufgehoben wurde. S. Ober-Sulmetingen und Niederhofen. Filial der Pfarrei ist der Weiler Westerflach, der in älteren Zeiten auch zur Herrschaft gehörte.

Daß Unter-Sulmetingen einst im Besitze der Herren v. Sulmetingen war, und daß sich diese bis ins 16te Jahrhundert darin erhalten haben, ist schon bei Ober-Sulmetingen gesagt. Im Jahre 1502 wurde Alwig oder Albiger v. Simentingen mit Schloß und Dorf Simentingen von Maximilian von Östreich belehnt. Nach einer aus guter Quelle geflossenen| Angabe hätte jedoch Alwig selbst zuvor das Gut dem Haus Östreich zu Lehen aufgetragen, und wäre es also sein Eigenthum gewesen. Im Jahr 1528 starb das Geschlecht der v. Simentingen aus und das Lehen wurde nun zur Hälfte dem Dr. Beat Wiedemann, Tyrolischem Kanzler, zur Hälfte dem Dietrich Spät d. ä. zu Zwiefalten verliehen. Spät brachte auch den Wiedemännischen Antheil, so wie dasjenige, was die Wittwe Georgs v. Sulmetingen, Dorothea Roth v. Schreckenstein, noch inne hatte, an sich und verkaufte das Ganze 1536 an Wolf Dietrich v. Knöringen; dieser veräußerte die Herrschaft sammt dem Patronatrecht 1538 an den Lic. Hieronymus Roth, von dem sie 1551 an Jakob Fugger, Grafen zu Kirchberg, wieder für 32.600 fl. verkauft wurde. Von dieser Zeit an blieb sie in Fuggerischem Besitze bis 1729, wo die Grafen Joseph und Eustach v. Fugger dieselbe zuerst auf 40 Jahre pfandweise für 135.000 fl. und 8000 fl. für die Rißhöfe und 2000 fl. für die Fischenz, zusammen also für 145.000 fl., im Jahr 1835[ws 1] aber schon gegen weitere 25.000 fl. in einem festen Kauf an das Kloster Ochsenhausen überließen.[1] Wie die Herrschaft 1803 mit Ochsenhausen an den Fürsten Metternich und von diesem durch Kauf 1805 an Thurn und Taxis gekommen, ist schon bei Ober-Sulmetingen gezeigt. 2) Niederkirch, ein kathol. Weiler mit 17 Einwohnern, 1/8 Stunde von Unter-Sulmetingen, wozu er gehört, und mit dem er alle Verhältnisse theilt. In dem Weiler steht die ansehenliche Pfarrkirche von Unter-Sulmetingen und Westerflach, in die früher auch Ober-Sulmetingen und wie man wissen will, in alten Zeiten auch mehrere andere umliegende Orte eingepfarrt waren. Bei der Kirche, welche dem heil. Georg geweiht ist, soll ehemals auch das Pfarrhaus gestanden haben. Die reich dotirte Pfarrei war einst Reichslehen, nachdem die Kirche mit Ober-Sulmetingen, wozu das| Patronat gehörte, an das Kloster Ochsenhausen gekommen war, wurde sie, jedoch erst nach vielem Bemühen, und mit einem Kostenaufwand von mehr als 30.000 fl., wovon 29.000 fl. allein nach Constanz bezahlt wurden, am 10. Mai 1719 dem Kloster einverleibt, das nun die Kirche durch einen Klostergeistlichen, der zu Ober-Sulmetingen seinen Sitz hatte, versehen ließ. Nach Aufhebung des Klosters im Jahr 1803 wurde wieder eine Pfarrstelle errichtet, welche ihren Sitz in Ober-Sulmetingen hatte, 1813 aber in Unter-Sulmetingen erhielt, s. oben.
  1. Die s. g. Rißhöfe hatte Christoph Fugger 1573 von der Almosenpflege zu Biberach für 3500 fl. als privatives Eigenthum besonders erworben. Die Fischenz war Reichslehen und eine Zeit lang auch in abgesondertem Besitze; Trajan Fugger erhielt 1610 von der Landvogtei Schwaben den Blutbann, den die Herrschaft bis dahin nur innerhalb Etters und nur für gewisse Fälle auszuüben hatte, auch außerhalb Etters und unbeschränkt gegen eine jährliche Recognitionsgebühr.
Anmerkungen (Wikisource)
  1. Muss wohl 1735 heißen. Das Kloster wurde 1803 säkularisiert und der Konvent 1807 endgültig aufgelöst, sodass es 1835 keine Rechtsgeschäfte mehr tätigen konnte. Siehe auch Kloster Ochsenhausen.