« Amt Ober-Sulmetingen Beschreibung des Oberamts Biberach Kapitel B 2 »
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a. Gemeinde Ober-Sulmetingen,
685 Einwohner.

Ober-Sulmetingen, ein kathol. vormals Ochsenhausisches Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit, 43/8 Stunden nordöstlich von Biberach mit 685 Einwohnern, Sitz des Bezirks- und Rentamts. Einige Gefälle hat die Stiftungspflege Sct. Ulrich zu Ober-Sulmetingen und Sct. Georg zu Niederkirch oder Unter-Sulmetingen, und von 50 Morg., den sogenannten östreichischen Gütern (s. unten), hat der Staat den Großzehenten zu beziehen. Ober-Sulmetingen gehört, als auf dem linken Rißufer gelegen, zur freien Pürs; jenseits der Riß hat Welden-Laupheim die Jagdgerechtigkeit. Die drei freien Pürsgemeinden Ober- und Unter-Sulmetingen und Schemmerberg behaupten, daß die Riß einst ihren Lauf in dem sogenannten Rohrgraben gehabt und diesen in Folge eines Wolkenbruchs verändert habe, sie sprechen darum die Freipürs-Gerechtsame bis an den Rohrgraben an.

Der Name des Orts liefert einen Beweis, wie wenig man bei der Rechtschreibung von Ortsnamen auf die Urkunden sich stützen kann; denn es wird in diesen auf die verschiedenste Weise geschrieben gefunden, als: Sunnemuatingen, Suomatingen, Summetingen, Sümetingen, Simmertingen, Sulmatingen, Sulmentingen etc. Der Ort hat eine freundliche Lage an der Riß, ist gut gebaut, und hat ein hübsches Schloß, das früher ein Lustschloß des Prälaten von Ochsenhausen war und jetzt der Amtssitz ist. Das Schloß steht erhöht und genießt eine herrliche Aussicht in weitem Umkreise. Es ist mit einer Ringmauer umgeben, innerhalb der auch das Pfarrhaus steht. Das Schloß wurde 1652 vom Blitz getroffen und brannte mit einem großen Theil der Documente, mit Pfarrhaus und allen herrschaftlichen Gebäuden ab. Im Jahr 1680 wurde von Gall v. Ulm wieder der Bau eines neuen unternommen, aber nicht vollendet. Im Jahr 1725 ließ der Prälat von Ochsenhausen dieses unausgebaute und in Zerfall gerathene| Schloß wieder abbrechen und das jetzige an seine Stelle setzen. Eine Pfarrkirche ist nicht vorhanden, ihre Stelle vertritt, wiewohl sehr unvollkommen, eine vormalige Hauscapelle des Schlosses. In früherer Zeit hatte der Ort wenigstens noch neben einer Schloßcapelle eine größere Capelle zu Sct. Ulrich, die in der Nähe des Schlosses stand, im Jahr 1728 aber abgebrochen wurde. Die Baulast von Kirche und Pfarrhaus liegt auf dem Gutsherrn. Das jetzige Pfarrhaus wurde 1813 erbaut, ein älteres, das nach dem Brand von 1652 erbaut worden und außerhalb der Schloßmauer stand, wurde 1739 an einen Bürger als Falllehen verliehen, und von dieser Zeit an hatte der Pfarrer bis 1812 seinen Sitz im Schlosse. Ein Schulhaus wurde vor wenigen Jahren von der Gemeinde neu gebaut. Ehemals hatte Ober-Sulmetingen außer dem eigentlichen Schlosse noch zwei kleine Burgen oder Thürme, der eine „der Thurm zu Ober-Sulmetingen,“ der andere „der Thurm zu Kreppach“ genannt, wahrscheinlich Sitze von Vasallen, wovon unten noch die Rede seyn wird.

Boden und Clima sind gut, der Nahrungsstand übrigens nur mittelmäßig. Die Güter sind größtentheils falllehenbar, Leibeigenschaft aber hat nie bestanden. Neben der Landwirthschaft werden auch mehrere ländliche Gewerbe betrieben, namentlich befinden sich 12 Leineweber in dem Ort. Der Ort hat auch 2 Schildwirthschaften mit 2 Bierbrauereien, 2 Schenk- und Speisewirthschaften, 1 Mahl-, Öl- und Sägemühle und 3 Krämer; die Mühlen stehen etwas entfernt von dem Ort an der Riß. Die Gemeindegerechtigkeits-Güter sind unter die Gemeinder vertheilt, die Grundherrschaft ist doppelter Gemeinder; den sogenannten Un- oder Nebengemeindern sind jedoch kleinere Theile der Gemeindenutzungen überlassen. Schon vor Alters hatte Ober-Sulmetingen auch Marktgerechtigkeit, und es wird in den ältern Urkunden immer „Markt“ oder „Markt und Flecken“ genannt. Dieses Recht wurde aber lange Zeit nicht mehr ausgeübt, erst seit 1835 wurde es wieder benutzt, und der Ort hat jetzt drei Vieh- und Krämer-Jahrmärkte. Mit der Schule ist eine Kinderbeschäftigungs-Anstalt verbunden.

| Der Pfarrsprengel beschränkt sich auf den Ort, die Pfarrei ist neu; bis 1819 war Ober-Sulmetingen Filial von der Pfarrkirche Niederkirch, wovon jedoch der Pfarrer seinen Sitz in Ober-Sulmetingen hatte. Im Jahr 1813 wurde der Pfarrsitz nach Unter-Sulmetingen verlegt, in Ober-Sulmetingen dagegen von dem Fürsten eine Pfarrcaplanei errichtet, welche 1819 zu einer selbstständigen Pfarrei erhoben wurde. Bis zu dieser Veränderung wurde nur der Wochengottesdienst in der Capelle zu Ober-Sulmetingen verrichtet. Unter dem Stiftungsvermögen befindet sich eine Stiftung der unten genannten Euphrosine v. Schad, welche die Absicht hatte, eine Caplanei in Ober-Sulmetingen zu gründen, ferner ein Vermächtniß von dem zu Ober-Sulmetingen verstorbenen letzten Abte von Ochsenhausen, Romuald; das ganze Stiftungsvermögen zusammen beträgt übrigens nicht mehr als 3580 fl. und die Forderungen von Kirche und Schule finden daher um so schwerer ihre Befriedigung, da der Grund- und Zehentherr allein in’s Mittel zu treten hat.

Ober-Sulmetingen bildete eine eigene Herrschaft und ein eigenes Amt des Klosters Ochsenhausen, das aber außer dem Schloß und Dorf nichts enthielt. Die Herrschaft mit hoher und niederer Gerichtsbarkeit war Reichslehen und steuerte zum Canton Donau. Forst und Jagd auf dem rechten Ufer der Riß – auf dem linken war freie Pürs – waren Kirchbergische Lehenszugehörung, wurden aber 1775 an die Freiherren v. Welden zu Laubheim verkauft. Nicht zur Klosterherrschaft gehörten einige Höfe, welche unter östreichischer Landeshoheit und Gerichtsbarkeit standen, zu der Landvogtei Altdorf gehörten und ihren eigenen Hoheits-Ammann hatten.[1]

| Sowohl Ober- als Unter-Sulmetingen – in den ältern Documenten wird nicht unterschieden – sind sehr alte Orte. Schon der Bischof Erchenbert von Freysing – 835 bis 855 – tauschte in einer zu Laubheim vorgenommenen Verhandlung gegen 6 Huben, welche der Presbyter Milo und der Freysingische Schirmvogt in der Heimertinger Mark im Illergau abgetreten hatten, 2 Huben in Scammera (Schemmern), 1 Halbhub in Altheim, 1 Hub in Griesingen und 1 Hub in Sulmetingen aus. Meichelbecks Hist. Frising. T. I. P. 2. Urk. 700 F. 349. Im Jahr 876 übergab Egino (ein Egino von Sulmetingen kommt später vor, s. unten) dem Kloster Sct. Gallen einen halben Hof in Tetinga, 1 Hube in Hochdorf und 1 Hube in villa Sunnemuatinga mit den Leibeigenen, worunter auch ein Milo erscheint. Beide Sulmetingen waren ohne Zweifel ehemals in Einer Hand, in der Hand der alten Herren v. Sulmetingen vereinigt, sey es als Eigenthum oder als Amtsgut. Die Herren v. Sulmetingen werden in älteren Zeiten immer Grafen genannt, vermuthlich weil sie zu einem gaugräflichen Hause gehörten. Sie kommen schon sehr frühe vor; im Jahr 973 lud Mangold seinen Onkel, den Bischof Ulrich (nachherigen Heil.) von Augsburg zur Berathung von Familienangelegenheiten auf seine Burg Suomatingen an der Riß ein, und der Bischof begab sich auch wirklich dahin. Der Neffe Mangold war ein Sohn des Gaugrafen von Thurgau, Peringars, Peringers, abgekürzt auch Peyern geschrieben, und der Luitgardis, einer Schwester des Bischofs Ulrich, der aus dem Hause der Grafen v. Dillingen stammte, er selber aber vermuthlich Gaugraf des Ramachgaues, worin Sulmetingen lag. S. v. Raisers II. Jahresbericht des histor. Vereins im Ober-Donaukreise. Augsb. 1837. S. 6; Neugart | C. D. Nr. 723. 727. 730. 734–736. und dessen Ep. Const. p. 222. Ein Graf Mangold v. Sümmetingen fiel nach den Zwiefalter Annalen 1066 in einem Treffen bei Würzburg; seine Söhne Egino und Ulrich, beide Mönche in Zwiefalten, ließen 38 Jahre nachher, im Jahr 1104, die irdischen Überreste des Vaters aus der Stephanskirche zu Würzburg nach Zwiefalten bringen und dort neben denen ihrer Mutter Mathilde, einer Tochter des Grafen Egino v. Urach, beisetzen. Sulger I. 29. 42. Die Zwiefalter Annalen rühmen zugleich die Wohlthätigkeit der Grafen v. Sulmetingen gegen das Kloster und führen Schenkungen derselben zu Altheim an der Riß, zu Scamare (hodie Langenschemmern) und Linsenhofen bei Neuffen an, mit dem Beisatze, sie haben sich Grafen v. Sümmetingen geschrieben, weil Sümmetingen ihr Sitz gewesen, während sie von der Burg Neuffen abstammen. Was Letzteres betrifft, so finden wir es wahrscheinlicher, daß sie ein Zweig der Grafen v. Berg waren, von welchen man weiß, daß sie die Gaugrafen-Würde in dem Ramechgau bekleideten. Noch im Jahr 1225 verkauften auch Dieterich v. Sumotingen Zehenten zu Berg und Alt-Bierlingen an das Kloster Marchthal. Das Geschlecht, oder vielmehr der Name der Herren v. Sulmetingen erhielt sich, wie bei Unter-Sulmetingen noch näher gezeigt ist, bis in’s 16te Jahrhundert. Es ist jedoch zweifelhaft, ob diese und die späteren Herren v. Sulmetingen zu dem Stamme der Grafen v. Sulmetingen gehört haben, oder ob sie nicht vielmehr bloß Ministerialen und Dienstleute der Grafen waren, die sich nach dem Sitz ihrer Herren nannten und in dem Besitze von Gütern festsetzten. Im 14ten Jahrhundert erscheint Ober-Sulmetingen in zwei Theile getheilt, wovon der eine zum Reich, der andere zum Haus Östreich gehörte und von diesem theilweise wieder als Lehen vergeben war. Zu letzteren gehörten der Thurm zu Ober-Sulmetingen mit den Häusern hinter dem Thurm, dem Vorhof vor dem Thurm, 2 Gärten, 76 Jauchert Ackers, 45 Mannsmad Wiesen, Fischenz und Holzmarken etc., sodann| der Hof zu Ober-Sulmetingen, genannt Kreppach, mit 90 Jauchert Ackers und 60 Mannsmad Wiesen und der Thurm zu Kreppach mit Zugehör. Der Reichsantheil, nämlich der Markt Sulmetingen mit Kirchensatz (zu Niederkirch) und Vogteirecht wurde 1354 von K. Karl IV. dem Grafen Ulrich v. Helfenstein gegen 200 M. S. mit allen Rechten pfandweise überlassen, wie ihn vormals die v. Freyberg inne gehabt. Im Jahr 1484 verkaufte Georg v. Helfenstein die Pfandschaft an den Spital Biberach um 1900 fl. unter Vorbehalt der Wiedereinlösung. Den 12. April 1508 wurde dem Dr. Johann Schad von Mittelbiberach und Warthausen von Kaiser Maximilian I. bewilligt, den Flecken Ober-Sulmetingen für 1900 fl. vom Spital Biberach einzulösen, der nun dem Schad und seinen männlichen und weiblichen Erben als Reichslehen verliehen wurde. Die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, welche bisher innerhalb Etters mit dem Besitze verbunden war, erhielt Schad 1511 auch außerhalb Etters, und 1538 wurde der Besitzer vom König Ferdinand noch besonders mit dem Blutbann belehnt. Der östreichische Theil war, so weit die Nachrichten gehen, als Lehen im Besitze der Herren v. Sulmetingen, zuletzt namentlich des Hans von Sulmetingen. Nach ihm findet man 1444 den Albrecht Rauch, Bürger zu Biberach, im Besitze; die Erben des Wolfgang Rauch verkauften ihn 1512 an Sigmund v. Stotzingen zu Heudorf, der damit 1513 belehnt wurde. Im Jahr 1555 verkaufte ihn Hans v. Stotzingen wieder um 17.000 fl. an den Inhaber des Reichslehens, Hans Philipp v. Schad, und es wurden dadurch beiderlei Lehen in einer Hand vereinigt. Nach dem Tode Bernhards v. Schad theilten sich dessen Tochtermänner, Heinrich v. Neuhausen und Hans Ludwig v. Ulm in den Besitz, s. S. 139. Aber bald verschwinden die v. Neuhausen wieder und die v. Ulm waren allein Besitzer. Von Schulden gedrückt, verkaufte Constantin v. Ulm die Herrschaft 1699 für 92.000 fl. an das Kloster Ochsenhausen unter der Bedingung, daß er über das Reichslehen den lehensherrlichen Consens einholen, das| östreichische Lehen aber eigen machen werde. Das letztere geschah auch bald, indem der Verkäufer seinen eigenthümlichen Weiler Minderreuti, Oberamts Riedlingen, und das Dorf Donaurieden, Oberamts Ehingen, Östreich zu Lehen auftrug; das Erstere fand aber deßwegen bedeutende Anstände, weil es sich gezeigt hatte, daß die v. Ulm die Muthung des Lehens zweimal versäumt hatten. Das Lehen wurde für heimgefallen erklärt und nur aus besonderer kaiserlicher Gnade wurde endlich 1732 mit einem Opfer von 17.000 fl. die Bestätigung des Kaufs erlangt. Wie es kam, daß noch ein Theil der Güter zu Kreppach auch nachher in östreichischem Besitze blieb, darüber vermögen wir keine Auskunft zu geben. Im Jahr 1803 kamen die Herrschaften Ober- und Unter-Sulmetingen mit Ochsenhausen an den Fürsten v. Metternich; am 12. Februar 1805 verkaufte sie nebst dem Weiler Mittenweiler der Fürst Franz Georg Carl v. Metternich an den Fürsten Carl Anselm v. Thurn und Taxis, und zwar Ober-Sulmetingen mit Mittenweiler für 260.000 fl. und 10.000 fl. Schlüsselgeld, Unter-Sulmetingen aber für 150.000 fl.
  1. Es waren dieß urprünglich drei östreichische Cameralhöfe, welche allmälig in mehrere sich vertheilten und jetzt aus acht Wohnhäusern mit eilf Familien bestehen. Noch jetzt werden die Einwohner dieses Theils von Sulmetingen „Östreicher“ und die Schildwirthschaft, die dazu gehört, „das östreichische Wirthshaus“ genannt. Der Bezirk aber, in dem sie wohnen, heißt Kreppach, von dem oben genannten Thurm her, zu dem die Höfe gehörten. Die Östreicher bezahlten eine jährliche Kammersteuer von 6 fl. 45 kr. nach Altdorf. Im Übrigen trugen sie zu den ritterschaftlichen Steuern und zu den Gemeinde-Auflagen in einem bestimmten Antheil bei. Grundlasten hattens sie keine zu tragen, mit Ausnahme des Zehenten, den sie an das Kloster zu entrichten hatten. Da die Östreicher ihren Antheil an Steuern und Abgaben immer gleich selbst berichtigten, während die Andern zu Anlehen schritten, so haben sie jetzt noch das voraus, daß sie an den Gemeinde-Schulden keinen Antheil nehmen. Die vormals östreichische Kammersteuer bezieht jetzt die K. Finanzkammer, ebenso auch den Zehenten, nachdem derselbe 1803 von Östreich sequestrirt worden ist.