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3. Burgfelden,


Dorf, Gemeinde III. Klasse, mit 221 evang. Einw., die nach Pfeffingen eingepfarrt sind.
Burgfelden, der zweithöchst gelegene Ort der Alb, liegt auf dem ziemlich ebenen Plateau des seitlich in viele Thäler zerrissenen, felsigen Gebirgsstocks, der durch das Margrethauser und Lautlinger Thal von der Hauptmasse der Alb abgetrennt, nach vorne terrassenförmig gegen das Eyachthal abfällt, dessen Südseite der Heersberg, dessen Nordseite Böllat heißt, indeß nach Westen durch einen merkwürdigen schmalen Felskamm getrennt der Felsblock der Schalksburg vorspringt. Unvergleichlich großartige und mannigfaltige Aussichten öffnen sich nach allen Seiten. Nahe dem westlichen Rande liegt frei und eben das bescheidene, doch saubere und von gut gehaltenen Straßen durchzogene Örtlein, in dessen Mitte sich die uralte, schon von außen (Nordseite), durch eine Reihe von 3 hoch liegenden, tief eingeschrägten Rundbogenfenstern ihren romanischen Ursprung verrathende St. Michaelskirche, bis 1575 Mutterkirche, jetzt Filiale von Pfeffingen (von der Ortsstiftung zu unterhalten) erhebt. Sie stand wohl in enger Beziehung zu den Schalksburgern und mag ums Jahr 1100 gebaut worden sein. Der gleichfalls alte, nur theilweise noch ummauerte, anscheinend künstlich aufgefüllte Kirchhof umgibt sie. Ihr Grundriß ist oblong, mit östlich anstoßendem, quadratischem, zeltdachbedecktem Thurm. Vierstockig, zeigt dieser in den 2 obersten Geschossen bei genauerer Untersuchung vermauerte Doppelfenster, von romanischen Säulen mit Aufsätzen (ob Würfelkapitellen ist nicht sichtbar) getheilt. Das 7′ dicke, enggefügte Mauerwerk ist, wie an der Kirche, von einer Festigkeit und Feinheit der Ausführung, die den Bau zu den ausgezeichneten Werken des Mittelalters stellt. An den Ecken hat der Thurm Strebepfeiler, mit der Kirche steht er durch einen tonnengewölbten Eingang in Verbindung. Die Kirche selbst hat auf der Südseite drei gothische Thüren, die mittlere mit schönem frühgothischem Maßwerk, das Innere ist freundlich, schlicht. Die hölzerne getäfelte Decke wird von 2 Säulen getragen; die Brüstung der Westempore zeigt eine merkwürdig geschnitzte, gothische (aber an Altromanisches erinnernde) Oberschwelle. Auch einige Reste gothischen Gestühles sind vorhanden, ebenso ein achteckiger gothischer Taufstein. Am | Altar liegt ein ganz verwischter, alter Grabstein, und an der Kanzel sieht man einen jetzt vermauerten, romanischen Eingang mit Bogenfeld. Der Thurm enthält zwei alte Glocken; die größere mit der Minuskel-Inschrift: o rex. glorie. Criste. veni. cum. pace. dis glogg. maht. hans. Klain. und. oswalt. ze. Rotwil. 1416; die kleinere mit: lucas. marcus. mattheus. johannes. michahelus a. d. 1426.

Das am Ende des Orts freundlich gelegene Schulhaus wurde 1832 erbaut und 1875 renovirt. Es enthält ein Lehrzimmer und die Lehrerwohnung. Das Rathhaus wurde 1858 erbaut, 1875 als solches eingerichtet. Außerdem besitzt die Gemeinde ein Waschhaus und einen ans Rathhaus angebauten Schafstall.

3 Vizinalstraßen führen ins Thal, nach Zillhausen, Pfeffingen und Margrethausen.

Der Ort hat nur einen laufenden Brunnen, dessen gut beschaffenes Wasser in einer gegen 10.000′ langen eisernen Leitung von den dem Heersberg aufgelagerten, obersten Schichten hergeleitet wird. Auch 2 Schöpfbrunnen sind vorhanden, sowie eine Wette.

Die großen kräftigen Einwohner, von denen zur Zeit einer über achtzig, sind Krankheiten nur selten ausgesetzt. Ihr Charakter ist ein guter. Die Volkstracht ist im Schwinden.

Ihre Vermögensverhältnisse sind mittlere; der Vermöglichste besitzt etwa 44 Morgen, der Mittelmann 20–26, der Ärmere 4–8 Morgen. Gegen 50 Morgen besitzen hiesige Bürger auf angrenzenden Markungen.

Einiges Gewerbe ist vorhanden, namentlich arbeiten Schuhmacher und Haubenweber nach außen. Auch Stickerei wird getrieben. 2 Schildwirthschaften und 3 Krämer sind vorhanden. Im Winter besteht eine Arbeitsschule.

Die Hauptnahrungszweige sind Ackerbau und Viehzucht.

Die ziemlich kleine Markung liegt mit Ausnahme der Waldschlucht des Eschenbachs und der tiefer liegenden Schalksburg ganz auf dem vom weißen Jura β (dem nur am Heersberg etwas γ und östlich vom Ort etwas diluvialer Lehm aufliegt) gebildeten Plateau. Ihr Boden ist schwer, hitzig, humusreich und steinig, nicht tiefgründig, im ganzen mittelfruchtbar. Lehm und Kies werden gewonnen. Die gewöhnlichen Gewächse, außer der Gerste, gedeihen.

| Das Klima ist rauh, mit kühlen Nächten auch im Sommer, starken Winden, selten Hagelschlag.

Die Landwirthschaft wird mit allem Eifer betrieben. Ein Hindernis bildet der Mangel an Dünger, dem man mit Gips, Hallerde, Asche und der sorgfältig gesammelten Jauche nachzuhelfen sucht. Die Pflüge sind sämtlich Wendepflüge. Eiserne Eggen, Walzen und Futterschneidmaschinen haben Eingang gefunden. Neben der üblichen Dreifelder- findet auch Wechselwirthschaft statt. Die Brache wird zu 2/3 eingebaut mit Klee, Wicken, hie und da Kartoffeln. Auch etwas Flachs und Hanf wird zum eigenen Bedarf gezogen. Besonders gut gedeiht der Dinkel, sowie Klee und Wicken, weniger die Gerste. Der Futterbau ist von Bedeutung: neben dem dreiblätterigen auch ewiger Klee und Esper. Von 12 Sri. Dinkel, welche auf den Morgen gesät werden, erntet man 8 Schfl., von 8 Sri. Gerste 4–5 Schfl., von 8 Sr. Haber 6 Schfl. Vom Dinkel können etwa 40 Schfl., vom Haber 80–90 Schfl. verkauft werden, meist in die Mühle nach Margrethausen. Einige ärmere Leute beziehen etwas Frucht von Außen her.

Der Wiesenbau ist ausgedehnt und das Erzeugnis gut, die Wiesen theils ein-, theils zweimähdig. Der Morgen erträgt 30 Ztr. Heu, 10–12 Ztr. Öhmd. Es muß noch Futter zugekauft werden.

Gemüsebau nur für den eigenen Bedarf.

Die Obstzucht nimmt etwas zu; es kommen vor: Backäpfel, Süßäpfel, Fäßlesbirnen, Grunbirnen, Zwetschgen. Einiges Obst wird gemostet und gedörrt. Die Jungstämme bezieht man von Zillhausen, Laufen und Wannenthal.

Die Gemeinde besitzt 12 Hektar, meist gemischte Waldung, welcher 5 Klafter und 250 Wellen jährlich einträgt, die meist zu Schul- und Pfarrholz verwendet werden, außerdem noch etwa 30 Mark der Gemeinde abwerfen.

Die Weiden, nebst Brachweide, werden von Fremden befahren, sind gut und tragen der Gemeinde jährlich 700 Mark und eben so viel an Pferchnutzung. Allmanden sind an Bürger verliehen und ertragen 150 Mark.

Die Pferdehaltung ist von einiger Bedeutung; auch werden Fohlen gezogen, indem die Stuten auf die Platte Ebingen kommen.

Die Rindviehzucht ist in gutem Stand. Ein Schweizer Farre ist aufgestellt, den ein Bürger gegen das nothwendige Futter und 35 Mark Geld von der Gemeinde hält.

| Stallfütterung ist allgemein. Ziemlich viel Vieh kommt auf die benachbarten Märkte.

Fremde Schäfer lassen im Sommer 400 St. Schafe laufen.

Schweineaufzucht, englischer und deutscher Race, findet viel statt; die Ferkel kommen meist von außen, doch werden auch solche gezüchtet und abgesetzt. Der Verkauf größerer Thiere nach außen ist von Bedeutung.

Ziegen- und Geflügelzucht ist gering.

Die Bienenzucht war früher stärker. Wachs und Honig wird abgesetzt.

Eine kleine Armenstiftung, von Krimmel in Ebingen, im Betrag von 60 fl. ist vorhanden. Die Zinsen werden vertheilt.

Der Ort, früher Burguelt, Burkuelt, Burgueld, Burgfeld, Burckfeld, geschrieben, verdankt seinen Namen der benachbarten Schalksburg. Im J. 1275 erstmals erwähnt (s. unten), gehörte er von alten Zeiten her zu genannter Burg, theilte daher im Allgemeinen das Schicksal der gleichnamigen zollerischen Herrschaft und kam mit ihr den 3. Nov. 1403 an Württemberg (vergl. S. 279).

Von fremdem hiesigem Besitz ist besonders hervorzuheben solcher des auch sonst in der Nähe berechtigten Benediktiner-Nonnenklosters Ottmarsheim im Basler Bisthum (heutzutage elsäßischen Kantons Habsheim), über dessen Ursprung jedoch nichts bekannt ist. Im J. 1404 hatte das Kloster dahier einen von einem Maier verwalteten Hof, zu welchem ohne Zweifel der erst in der Folge genannte, Ottmarsheim aber gleichfalls zustehende Kirchensatz gehörte (s. u.), und schloß den 26. Juni d. J. mit dem Kloster Margrethausen einen Tauschvertrag über hiesige Wiesen ab.

Nach Röders Lexikon von Schwaben, 2. Aufl., Ulm 1800 S. 404 zählte der kleine Ort 134 Einwohner.

In der Nähe von Burgfelden lag wahrscheinlich der jetzt abgegangene Ort Aufhofen, welcher im J. 1451 genannt wird.

Was die kirchlichen Verhältnisse betrifft, so wird schon im J. 1275 allhier ein Pfarrvikar erwähnt (vergl. S. 228). Im Anfang des 14. Jahrhunderts erscheint Johannes von Woluah als hiesiger Leutpriester, welcher den 5. April 1320 mit Genehmigung Graf Friedrichs von Zollern zu Schalksburg von Heinrich dem Waibel von Frommern 1 Pfd. Heller Gült aus der Mühle zu Dietstaig (vergl. S. 278) um 10 Pfd. Heller | kaufte, diese Gült aber bereits den 15. Januar 1325 wiederum für 10 Pfd. Heller zum Zweck einer Jahrtagsstiftung für des genannten Grafen gleichnamigen Vater dem Kloster Beuron überließ (Monum. Zolleran. 1, 136. 139). In der 2. Hälfte des Jahrhunderts waren Mitglieder des gräflich zollern-schalksburgischen Hauses selbst Kirchherren dahier, so Friedrich, der Augsburger Chorherr, welcher den 16. August 1356 zugleich mit seinem Bruder, dem Grafen Friedrich dem Alten als Herrn und Vogt dahier, und dem hiesigen Leutpriester Abrecht, den er sonach mit der Pfarrei belehnt hatte, seine Einwilligung gab, daß Lichtmeister und Kirchenpfleger allhier eine Wiese unter Käsenthal, welche einerseits an den Käsenthaler Bach, andererseits an der (Margret-) Hausener Gemeinmark stieß, rechtes Eigenthum der Burgfelder Kirche, an die Klause zu Margrethausen gegen eine andere auf Egwinkel in Burgfelder Markung vertauschten; ferner Friedrich der Weißgraf, des vorigen Neffe, Klosterherr zu St. Gallen, welcher den 9. Juni 1376 als hiesiger Pfarrherr mit seinem Vater Graf Friedrich in dem Filiale Pfeffingen eine Messe stiftete (Monum. Zolleran. 1, 194. 228. vergl. unten Pfeffingen).

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Der Sprengel der dem Erzengel Michael geweihten Pfarrkirche war ursprünglich sehr beträchtlich, es gehörten zu ihm um die Mitte des 15. Jahrhunderts die Kapelle zu Schalksburg, sodann Pfeffingen, Laufen, Streichen, Zillhausen, Aufhofen (s. unten) und Oberwannenthal.[1] Um dieselbe Zeit erscheint das Kloster Ottmarsheim im Besitze des hiesigen Kirchensatzes. Allein die Äbtissin Adelheid von Flachsland und das Kapitel des Klosters verkauften diesen Kirchensatz mit den Dinghöfen zu Burgfelden, Dürrwangen und Dotternhausen, sowie Gülten, Zinsen und Nutzen zu Burgfelden, Laufen, Pfeffingen und Dürrwangen an Wolf von Bubenhofen, welcher den Kirchensatz am 22. Okt. 1451 gegen Kirche und Kirchensatz zu Geislingen an den Grafen Ulrich den Vielgeliebten von Württemberg vertauschte, die Dinghöfe, Gülten u. s. w. aber für sich behielt. Im Jahre 1575 wurde der Pfarrsitz von Burgfelden nach Pfeffingen verlegt. – Außerdem wurde der Sprengel allmählig verkleinert. Den 17. Januar 1522 vereinigten sich der Pfarrer Jakob Krütlin, der Frühmesser Berthold Hafner des bereits im J. 1416 | genannten St. Katharinenaltars und Vogt, Richter und ganze Gemeinde allhier mit Einwilligung der weltlichen und geistlichen Obrigkeit in Betracht, daß der Weg von Laufen herauf sehr beschwerlich und bei der Pfarrei wenig Pfarrkinder wohnhaft, so daß der Frühmesser allda entbehrlich war, dahin, daß der letztere in Zukunft seinen persönlichen Sitz in Laufen nehmen, dort alle pfarrlichen Rechte ausüben und die bereits vorhandene Kapelle als Pfarrkirche benützen solle, doch erscheint Laufen später wieder als Filial von Dürrwangen. Wenn sodann Vogt, Richter und ganze Gemeinde von Zillhausen und Streichen den 16. November 1523 sich „von wegen unser Separation für alle pfärrliche Rechte“ gegenüber dem genannten Pfarrer um 2 Pfd. Hllr. jährlichs Gelds verschrieben, so muß damals auch die Lostrennung dieser Gemeinden von der Mutterkirche eingeleitet gewesen sein, sie erfolgte jedoch jedenfalls nicht für die Dauer, denn erst durch königl. Dekret vom 2. März 1825 wurde Zillhausen mit Streichen zu einer eigenen Parochie mit einem ständigen Pfarrverweser, beziehungsweise seit 1865 mit eigenem Pfarrer, erhoben. Schalksburg und Aufhofen[ER 1] fielen in der Folge als eingegangene Wohnsitze von selbst weg.
  1. Daher wohl die Sage, daß Burgfelden früher ein Wallfahrtsort gewesen sei und 5 Kirchen gehabt habe.

Errata

  1. S. 314 Mitte lies: Aufhofen. Siehe Nachträge und Berichtigungen, Seite 544.


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