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18. Ober-Digisheim,


Gemeinde III. Klasse, mit 920 Einw., worunter 8 Kath. und 4 Isr. a. Ober-Digisheim, Dorf, mit Obere und Untere Mühle, 746 Einw.; b. Föhloch, Haus, 15 Einw.; c. Geyerbad, Weiler, 128 Einw.; d. Michelfelderhof, 17 Einw.; e. Scheibhalden, Haus, 10 Einw.; f. Steighaus, 4 Einw. Die Evang. sind nach Thieringen, die Kath. nach Unter-Digisheim eingepfarrt.
Von stattlichen Bergen umgeben, welche auf dem Westufer mehr gerundet und bewaldet, z. Th. felsbekrönt, auf dem östlichen | mehr langgestreckt und kahl sind, liegt der freundliche, ziemlich weitläufige Ort im weiten Thale der obern Beera, zugleich in die Thalmündung des von Westen kommenden klaren und munteren Kohlstattbrunnenbachs, der einen Theil des Dorfs durchfließt, eingeschmiegt. Die Straßen sind reinlich und gut gehalten, z. Th. gekandelt, die Häuser meist weiß getüncht, z. Th. aber mit sichtbarem Balkenwerk.

Fast in der Mitte des Orts, auf einem kleinen Hügel, vom gut ummauerten, wohlgeordneten und mit hübschen Stein- und Holzdenkmalen geschmückten Kirchhof umgeben, erhebt sich das alterthümliche Kirchlein mit vierseitigem, von einem Zeltdach gedeckten Thurm an der Südostseite. Es besteht nach Bauzeit und Bauart aus 2 Theilen, dem spätgothischen in 3 Seiten des Achtecks endigenden Chor, und dem nach einer Inschrift an der Südwestecke 1655 gebauten oder hergerichteten, mit flachbogigen Fenstern versehenen Langhaus. Das Innere, durch eine große Westempore und die Orgelempore im Chor etwas verdunkelt, zeigt im Schiff eine hübsche hölzerne Felderdecke. In den Chor führt ein von starken Pfeilern getragener Triumphbogen; er selbst zeigt schöne schlanke Verhältnisse und ein treffliches, leider der Orgel zuliebe etwas verstümmeltes Netzgewölbe; die Hauptrippen auf Konsolen, die aus verschlungenem Stabwerk in Baldachinform bestehen, aufruhend. Die Fenster haben Fischblasenmaßwerk. Der Taufstein ein merkwürdiges altes Werk mit hockenden 4 Unthieren am Fuß und gothischem Stabwerk am Becken. Die Nordwand des Schiffs ist durch ein gut gearbeitetes großes Kruzifix im Renaissancestil und durch eine schöne steinerne Tafel zur Erinnerung an den Krieg von 1870 geschmückt. Der Thurm enthält zwei hübsche neuere Glocken, die größere von Neubert in Ludwigsburg 1776, die kleinere von Kurtz in Reutlingen 1835. Die Kirche ist vom Ortsheiligen zu unterhalten. Pfarrhaus ist keines vorhanden, da der Pfarrer seinen Sitz in Thieringen hat.

Im obern Theil des Orts liegt das geräumige, stattlich moderne vielfenstrige Schulhaus, 1875–76 aus einer Korsettfabrik umgebaut; es enthält 2 Lehrerwohnungen und zwei Lehrzimmer. Es unterrichten ein Schul- und ein Unterlehrer. Das Rathhaus wurde 1854 aus einem Privathaus eingerichtet. Zehn Waschhäuser und ein Back- und Waschhaus gehören Privaten. Ein Armenhaus ist vorhanden. Die frühere Zehntscheuer wird als Schafstall benützt.

| Die alte, strategisch wichtige Beerathalstraße führt durch den östlichen Theil des Orts und verbindet es mit Thieringen und Unterdigisheim; nach Obernheim und Hossingen führen gleichfalls Vizinalstraßen. Im Ort führen 5 steinerne und 3 hölzerne, außerhalb 5 steinerne und 2 hölzerne Brücken über die beiden Bäche; außerdem viele hölzerne Stege. Alle hat die Gemeinde zu unterhalten.

Trinkwasser ist bei dem großen Quellenreichthum der Markung (die stärkste, die des Kohlstallbrunnens, soll in der nassen Jahreszeit 3′ hoch emporspringen) reichlich und gut vorhanden; es wird von 7 laufenden, einem Pump- und einem Schöpfbrunnen geliefert; von ersteren sind zwei in Privathänden, alle übrigen öffentlich. Die Leitungen sind meist von Holz, nur z. Th. von Thon.

Die Einwohner des Orts sind kräftig (12 Personen über 80 Jahre alt), fleißig, betriebsam, sparsam und im allgemeinen kirchlich gesinnt. Ein großer Theil zieht den Sommer über ins Oberland und in die Schweiz, um dort in Ziegelhütten zu arbeiten. Ihre Vermögensverhältnisse sind kaum mittel zu nennen. Der vermöglichste Bürger besitzt. ca. 9 ha Feld, 66 a Wald, der Mittelmann um 4 ha, die Ärmeren um 30–40 a Felder. Etwa 6 ha der Güter liegen auf der Markung Unterdigisheim. Die Landwirthschaft und Viehzucht bilden neben dem erwähnten Ziegeleigeschäft und ganz wenig sonstigem Gewerbe den Hauptnahrungszweig. Wirthschaften sind 5 im Ort, davon 2 mit Bierbrauereien verbunden; 6 Krämer, 5 Fruchtbranntweinbrennereien. Die weiblichen Einwohner beschäftigen sich viel mit Weißstickerei, deren Absatz nach der Schweiz und nach Sachsen geht. 2 stattliche Mühlen sind vorhanden, je mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang; eine auch mit einer Säge verbunden. Die Untere Mühle liegt frei im Beerathal; die Neumühle, ziemlich hoch am Kohlstattbach gelegen, lehnt sich malerisch an den Fuß der waldigen, felsbekrönten Artlishalde.

Die ausgedehnte, namentlich von Westen nach Osten in die Länge gezogene Markung ist, abgesehen von dem sie in der Mitte durchschneidenden wiesenreichen Beerathal, durchaus bergig. Ihr kaum mittelfruchtbarer Boden besteht aus den Zersetzungen des mittleren weißen Jura und ist auf den Bergen und an den Halden steinig, nicht tiefgründig, vorwiegend hitzig, unten tiefer, schwerer, thoniger, kälter, in der Thalmitte torfig mit vielfach saurem Wiesenfutter. Ein Steinbruch des weißen Jura liefert | Werksteine, von denen ein Theil auch nach auswärts abgesetzt werden kann. Von den angebauten Gewächsen gedeihen am besten Kartoffeln, Haber und Dinkel, weniger Weizen und Gerste. Feinere Gewächse, wie Gurken, Bohnen, werden nicht gepflanzt.

Das Klima ist rauh; kühle Nächte im Sommer, schädliche Frühlingsfröste und Nebel sind nicht selten, ebenso starke Winde. Hagelschlag kommt ziemlich häufig vor, ebenso fallen Gewitter häufig ein. Die Gewitter, die von Obernheim kommen, treffen meist Oberdigisheim, ohne Thieringen zu berühren, indem die Artlishalde eine „Wetterscheide“ bildet.

Zur Verbesserung des Bodens werden Gips und Asche angewendet; dagegen sind die Düngerstätten noch nicht rationell angelegt. Als Pflug ist der „Gaisfuß“ allgemein in Gebrauch.

Die Äcker werden in der Dreifelderwirthschaft umgetrieben, die Brache zur Hälfte angebaut mit rothem Klee, Wicken und Kartoffeln, welche besonders gut gedeihen. Hanf wird nur für den örtlichen Bedarf gebaut, von Getreidearten: Haber, Dinkel, Linsengerste. Von Futterkräutern wird noch Esparsette angepflanzt. Man sät auf den Morgen 10 Sri. Dinkel und erntet durchschnittlich 8 Schffl., von 4 Sri. Gerste 6 Schffl., von 6 Sri. Haber 5 Schffl. Von Dinkel wird nichts verkauft, sondern noch von außen bezogen; von Haber können circa 500 Schffl. ausgeführt werden und kommen hauptsächlich nach Rottweil.

Der ausgedehnte Wiesenbau liefert nur zum kleineren Theil gutes Futter; die Wiesen sind zweimähdig, ohne Wässerungsapparat. Der Morgen liefert 20 Ctr. Heu, 10 Ctr. Öhmd. Es wird noch Futter von außen zugekauft. Der Gartenbau ist nicht bedeutend, ebenso die Obstzucht, die nur rauhere Sorten Steinobst, ziemlich viel Zwetschgen, die aber nicht immer reif werden, erzeugt. Eine Gemeindebaumschule ist vorhanden und ein geschulter Baumwart aufgestellt. Das Obst wird frisch gegessen, selten gemostet.

Die Gemeinde besitzt 1000 Morgen gemischte Waldungen, welche jährlich 180 Klafter Holz und 3600 Wellen ertragen, wovon jeder Bürger ca. 2 Raummeter Holz und 10–12 Wellen erhält, indeß das Übrige einen Erlös von durchschnittlich 400 M. in die Gemeindekasse liefert.

Die Weiden betragen etwa 250 Morgen, sind von mittlerer Qualität und werden von fremden Schäfern befahren; sie tragen der Gemeindekasse 1700 M., die Pferchnutzung 1000 M.

| Jeder Bürger hat ca. 1 Morgen Allmand zu genießen und zahlt dafür der Gemeinde einen Zins von 1 M. 3 Pf. Vier Morgen Wiesen braucht die Gemeinde für die Farrenhaltung.

Es werden wenige Pferde leichterer Race gehalten und keine selber nachgezogen.

Dagegen ist die Rindviehzucht stark, ergibt aber nur einen leichteren Schlag, Simmenthaler Kreuzung, aus der auch die von der Gemeinde aufgestellten Farren stammen. Es herrscht durchaus Stallfütterung; einiger Handel mit Vieh geht nach den benachbarten Märkten.

Die Schafzucht, Bastardrace, wird nur von den fremden Schäfern getrieben, und es findet keine Überwinterung statt. Im Sommer laufen 800, von Jakobi bis Spätjahr 300 Stück auf der Markung.

Die Schweinehaltung ist ziemlich bedeutend, zu 1/4 für den eigenen Bedarf, zu 3/4 für den Verkauf; die Ferkel (englischer Race) werden von außen bezogen. Die Ziegenzucht ist von keinem Belang; dagegen werden viele Hühner, ziemlich viel Gänse und einige Enten gehalten. Eier werden an Händler abgesetzt. Die Bienenzucht ist gering.

Die Stiftung gehörte ehemals zu der Heiligen-Konfraternität Balingen, die im Jahr 1827 aufgelöst wurde. Bei dieser Auflösung wurden ihr 1860 fl. Aktivkapitalien zugeschieden. Jetzt beträgt das Grundkapital 5782 M. Außerdem ist eine Brotstiftung der Balthas Stengel’schen Eheleute mit 20 fl. Kapital vorhanden.

Die Deutung des Namens, welcher früher Dichineshaim, Digenshein, Tigenshain, Tigisheim, Thigesen u. s. w. geschrieben wurde, ist nicht zweifellos, doch könnte derselbe von digen, gedigen, d. h. Familie im alten Sinne, Hofjüngerschaft, zu einem Hofe gehörende Bauersame, abzuleiten sein (Förstemann, Namenbuch 2, 462. Buck, Flurnamenbuch 45).

Wenn im J. 768 ein gewisser Amalpert sein Haus zu Dichinishaim und sonstigen Besitz in der Gegend, wie es scheint, an das Kloster St. Gallen übergibt (beziehungsweise über ein Haus daselbst, welches später wenigstens an dieses Kloster fiel, eine Verfügung trifft), so steht nicht fest, welches der beiden Digisheim, Ober- oder Unter-, hier gemeint ist (Urkb. der Abtei St. Gallen 1, 49).

| Vom 13. bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts kommt eine adeliche Familie vor, die sich nach Digisheim, sei es Ober- oder Unter-Digisheim nannte, wahrscheinlich aber zu Ober-Digisheim ihren Sitz hatte. Ihr gehören mit mehr oder weniger Sicherheit an: Heinrich von Tigishain, im Jahre 1275 Pfarr-Rektor zu Überkingen (OA. Geislingen. – Freib. Diöces.-Arch. 1, 99), Konrad u. Schwigger von Digenshein, zugleich mit dem Notar Heinrich von D. den 16. März 1279 Zeuge Albers von Werrenwag und Hugos von Wildeck, Berchtold von Tigenshain den 12. Juli 1291 Besitzer eines hohenbergischen Lehenhofes zu Schömberg (Monum. Hohenb. 58, 99), ?Mechthild von Tigenschein den 6. Dezember 1325 als Äbtissin des Klosters Wald genannt (Zeitschr. f. Gesch. des Oberrheins 10, 458–460), Johann von Tigesheim ums J. 1360 Lehensmann des Frauenstifts Waldkirch hinsichtlich der Höfe Tutschfelden und Wagenstadt sowie zu Adelhausen (Freib. Diöcesanarchiv 3, 136), Hans von D. im J. 1432 in Rottweil (Langen, Rottweil 393), derselbe mit Hans von Dürrmenz den 19. November 1437 Verkäufer einer Korngült zu Oberachern (Freib. Diöc. Archiv 2, 332), Heinrich von D. im J. 1440 in Rottweil, Burkhard von D. 1446 Rathsherr, 1452 Spitalmeister zu Rottweil (Langen a. a. O.)

Ober-Digisheim bildete einen Bestandtheil der zollerischen Herrschaft Schalksburg und kam mit ihr den 3. Nov. 1403 an Württemberg (S. 279, vergl. auch S. 283). Die Vogtei der Kirche und der Kirchensatz zu Oberthigesen, Leute und Güter daselbst, werden übrigens in den bereits erwähnten Urkunden vom 22. April 1253, 12. April 1303 und 3. Febr. 1305 als zu dem, unter zollerischen Schutz gestellten Kloster Beuron gehörig genannt (vergl. S. 409).

Im J. 1425 errichteten Hans von Thierberg und Kloster Beuron einen Vergleich über Leibeigene zu Meßstetten und Tigisheim und im J. 1487 verkaufte Burkhard von Thierberg diesem Kloster 2 Leibeigene an den genannten Orten um 5 Pfd. Hllr. (Württ. Jahrbb. 1838, 209).

Den 14. Juli 1607 verglichen sich Ober-Digisheim und Obernheim (OA. Spaichingen) wegen des gemeinen Triebs und Weidgangs.

Ein abgegangener Ort bei Ober-Digisheim war Äggelkofen. Leute und Güter zu Ecklichouen, Äklikon, werden wenigstens in den soeben erwähnten Urkunden vom 12. April 1303 und 3. Febr. 1305 gleichfalls genannt. Sodann gab Äbli Matz, | Schultheiß zu Ebingen, den 29. Nov. 1354 seiner Tochter Adelheid, Klosterfrau in Stetten, seine Mühle zu Äggelkofen bei Ober-Digisheim und 3 Pfd. weniger 5 Schill. Hllr., 1 Viertel Eier und 1 Huhn Gült daraus zu lebenslänglichem Genuß und verkauften die Pfleger der Kinder eines späteren Äbli Matz jene den letzteren von der genannten Adelheid als Erbtheil zugefallene Gült den 16. Januar 1425 um 61 Pfd. Hllr. an das Kloster Margrethausen.

Mit Rücksicht auf die erwähnte Nennung einer Kirchenvogtei und eines Kirchensatzes dahier in den J. 1253 und 1303 wird auch der im Constanzer Zehntbuch vom J. 1275 erwähnte Pleban zu Tigenshain hieher zu beziehen sein. Noch den 14. Juni 1453 wurden die Zinsen, Gülten und Renten des Gotteshauses des l. Heiligen St. Johannsen zu Tigißhain erneuert, aber seither ist nichts mehr von einer hiesigen Pfarrei bekannt und seit der Reformation war Ober-Digisheim jedenfalls stets Filial von Thieringen.

Zu der Gemeinde gehören:

a. Geyerbad, ein Weiler, frei mit schöner Aussicht auf der Höhe der Artlishalde gelegen, mit Wirthschaft, Krämerei, Ziegelei, Branntweinbrennerei, Back- und Waschhaus, Handdreschmaschine, 6 Schöpf- und einem Pumpbrunnen, sowie einer großen Hülbe, wohl dem früheren Badbassin.

Das Geyerbad, Girbad, war nach Schmids Landbuch „einst ein berühmtes Bad, dessen Gebäude aber jetzt ganz abgegangen sind“; es wird bereits in der oben erwähnten Erneuerung von 1453 und in einer Urkunde K. Maximilians I. vom 18. Mai 1490 betr. die freie Pürsch am Schwarzwald aufgeführt (Burgermeister, Codex dipl. equestr. 1, 479 mit falscher Datirung).

b. Michelfelderhof. Mit Ziegelei, Back- und Waschhaus, laufendem Brunnen; jenseits der Beera auf der Höhe gegen Hossingen gelegen.

c. Föhloch. Haus, ganz in der Nähe der vorigen Parzelle.

d. Scheibhalde. Haus überm Ostabhang des Beerathals.

e. Steighaus. Haus unter der Beeramühle.


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