« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Balingen Kapitel B 2 »
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Balingen 1648 (nach Merian)
Balingen 1648 (nach Merian)
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Ortsbeschreibung.




1. Balingen,


Gemeinde II. Klasse, mit 3413 Einwohnern, worunter 256 Katholiken. a. Balingen, Oberamtsstadt, mit Eisenbahnstation und 2 Bahnwärterhäusern, 3374 Einw.; b. Bebelt, Haus; c. Kesselmühle, Haus, 9 Einw.; d. Straßersche Mahl- und Sägmühle, 9 Einw.; e. Stadtmühle, Haus, 16 Einw.; f. Ziegelhütte – Harmonie, Haus, 5 Einw. Die Katholiken sind nach Geislingen eingepfarrt.

Die Stadt Balingen liegt in gerader Linie 61 Kilometer südwestlich von Stuttgart, unter 48° 16′ 24,5″ nördlicher Breite und 26° 30′ 50,23″ östlicher Länge (Stadtkirchthurm). Die Erhebung über das Mittelmeer beträgt 517 m (Erdfl. am Stadtkirchthurm).

Als Oberamtsstadt ist Balingen der Sitz des Amtsgerichts mit dem Gerichtsnotariat, des Oberamts mit dem Oberamtsphysikat und der Oberamtspflege, des Kameralamts, des evangelischen Dekanatamts, eines Postamtes, einer Telegraphenstation und eines Revieramts. Überdies wohnen in der Stadt ein praktischer Arzt, zugleich Oberamtswundarzt, der Oberamtsthierarzt, Oberamtsbautechniker und Oberamtsgeometer. Auch befindet sich daselbst eine Apotheke.

Das Wappen der Stadt war ursprünglich das der Grafen von Zollern, ein in 2 schwarze und in 2 weiße Felder getheilter Schild. Nachdem Balingen württembergisch geworden, kam hiezu noch ein oberes fünftes Feld mit einem württembergischen Hirschhorn.

Die Stadt liegt am Zusammenfluß der Eyach und der Steinach, deren erstere die östliche Langseite der Stadt entlang fließt und durch dieselbe noch einen gewerblichen | Zwecken dienenden Kanal sendet, auch an der Stadt von rechts den Ezelbach und unterhalb den Schlichtbach und Reichenbach aufnimmt, indeß die letztere theils durch den südlichen Stadtgraben in die Eyach fließt, theils als Stadtbach unterirdisch durch die Mitte der Stadt in jenen Kanal geleitet ist. Die Lage der Stadt ist ebenso bedeutend als schön. Zwischen der steil abfallenden mit üppigen Obstgärten bestandenen Ostseite des kleinen Heubergs und den weit hinausspringenden Vorhöhen der Alb gelegen, füllt sie den wichtigen Paß der alten Schweizerstraße in der Weise aus, daß die neue ihr parallel gehende Eisenbahn ihren Weg schon z. Th. in den Fuß des kleinen Heubergs einschneiden mußte. Von den umgebenden Höhen aber nicht nur, sondern gleich vor den Thoren der Stadt schweift der Blick weithin über das fruchtbare Wellenland der Liasplatte, das gegen Osten an die gewaltige, zinnengekrönte Mauer des Albrands sich lehnt, gegen Westen ohne bestimmt hervortretende Grenze dem Schwarzwalde zu verläuft. Man wird diesen Punkt als den eigentlichen Anfang des württembergischen (zwischen Alb und Schwarzwald liegenden) Oberlandes im strengeren Sinne bezeichnen dürfen, indeß die Strecke von hier bis Tübingen oder zu den Fildern eine Mittelstufe darstellt; weist doch unsere Gegend die letzten Spuren altwürttembergischen Weinbaus auf und erscheinen gerade von jetzt an, die höchsten Erhebungen der Alb bezeichnend, die ernsten Nadelwälder an ihren Hängen.

An den der Lage entsprechenden alten Festungscharakter der Stadt erinnert noch der die Südseite und einen Theil der Ostseite entlang laufende wohlausgemauerte Stadtgraben mit dem prächtigen runden südöstlichen Eckthurm, Wasserthurm genannt (dem letzten von vieren), hinter dem das alte freilich nur noch in späterem Holzbau erhaltene Zollerschloß hervorblickt. Der westliche Graben ist bis auf einen Abzugsgraben zugefüllt, ebenso der nördliche, die jetzige Straße: „Auf dem Graben“, deren Südseite das Ende der alten Stadt noch erkennen läßt. Auf allen Seiten war die Mauer doppelt, eine höhere Haupt- und eine niedrigere Zwingmauer, mit Wassergräben, für welche man 1428 das Herrschaftswasser aus der Steinach zu benützen der Stadt erlaubte. In der Mauer waren 2 Thore, das obere und das untere, außerdem noch das Gerberthörlein auf der Ostseite.

Die Straßen waren eng und krumm bis zum Brande von 1724, der die Stadt zu einer der wohlgebautesten Landstädte des Herzogthums machte. Doch war auch jetzt nur eine einzige | Hauptstraße, sonst nur schmale Gassen vorhanden, in welche 350 Gebäude eingepreßt waren; dazu vor den Häusern die Misthaufen, hinten die Holzlegen. Außerhalb der Thore lagen nur wenige Häuser. Jenen von Goethe 1797 beklagten Mißständen wurde durch die Katastrophe vom 30. Juni 1809 abgeholfen. Durch Blitzschlag in der Nähe des untern Thors ausgebrochen, verzehrte der Brand innerhalb der Mauern 335 Gebäude (neben einigen Vorstadtgebäuden blieben stehen: der sog. Freihof im NO., das Wirthshaus zur Rose mit der Jahreszahl 1701 nebst Eckverzierung, Adam und Eva, sowie einem Ritter; ferner das Dekanat und Kameralamt, sowie einige weitere Privatgebäude umfassend, im SO. Oberamtsscheuer, Schloß, Fruchtkasten, in der Mitte die Herrenmühle; sodann eine Reihe zwischen Kanal und Eyach gelegener Gerberwerkstätten), so daß die Neuanlage eine so gut als völlige wurde. Dieselbe, welche sich offenbar die von Tuttlingen zum Muster nahm, gab der Stadt einen regelmäßigen Grundriß, ansehnliche, vielfach 3stöckige Häuser, eine Hauptstraße von 70 Fuß Breite und genügend breite Seitenstraßen. Nur hätte, wie dort, die Zurichtung des Grundes für den Ablauf des Wassers besser berechnet werden dürfen. Der Platz blieb in der Hauptsache derselbe oblonge; nur wurde auf der Nordseite jenseits des Grabens ein neues Quartier angelegt, wodurch die durch ihre gediegene Bauart gerettete Kirche, vor der mit Benützung der Hauptstraße ein quadratischer Marktplatz ausgespart wurde, nun den Mittelpunkt der Stadt beherrscht. Doch schickt diese jetzt in ihrer Längenachse auch noch einige ansehnliche Vorstadtsstraßen aus: drei gegen Süden, wovon die mittlere die Hauptstraße fortsetzt, die linke sich weit an der Schweizerstraße hinzieht, eine ansteigende gegen NW. Geislingen zu, die neueste mit hübschen modernen Häusern gegen den nördlich schön im Angesicht der Burg Zollern gelegenen, in den Hochbauten aber noch unvollendeten Bahnhof.

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Unter den Gebäuden der Stadt steht noch immer oben an die (von der Stiftung zu unterhaltende) alte Leutkirche unserer lieben Frau, jetzige Stadtpfarrkirche, welche 1255 zuerst vorkommt. Von der alten romanischen Anlage sind wohl in dem schmäleren Theile zwischen Langhaus und Thurm noch Spuren des Hochschiffs vorhanden. Die Neuanlage von 1443 (in der östlichsten Chormauer steht: Structura. hec. est. incepta. proxima. feria. secunda. post. octavas. pentecostas. anno. domini. MCCCCXLIII †) rührt von dem Baumeister der alten | Stuttgarter Kirchen und der Rottweiler Heiligkreuzkirche, Albrecht Georg, und zeigt mit der letztgenannten, sowie mit der Stiftskirche, große Ähnlichkeit. Die Kirche ist demnach als Hallenkirche gedacht, doch so, daß die Seitenschiffe die Höhe des Mittelschiffs nicht ganz erreichen sollten und ihrerseits durch Hereinziehung der nach außen nur noch als gleichschenklige rechtwinklichte Dreiecke hervortretenden Strebpfeiler je eine Kapellenreihe erhielten. Das Äußere des Langhauses erscheint durch den Mangel eines Hochschiffs (das in Rottweil, wo die Mittelgewölbe auf schlanken Diensten ruhen, wenn auch nur mit blinden Fenstern vorhanden ist), etwas gedrückt, wofür die zugespitzte Form des Dachs einen schlechten Ersatz bietet, indeß doch die Fenster durch schönes Maßwerk, 3 Seiten außerdem durch je ein hübsches Portal belebt sind. Um so erfreulicher wirkt durch ihre geniale Einfachheit, Kraft und die Feinheit der Formen die Chor- und Thurmseite: 3 Seiten des Achtecks bilden den Chorschluß und zugleich das untere Stockwerk des 8eckigen Thurms, durch stärkeres Ausladen, hohen Sockel, mächtige tiefeingeschrägte Fenster mit dazwischenliegenden schlanken Streben vor den folgenden Stockwerken in ihrer Selbständigkeit hervorgehoben. Es folgen noch vier solche, durch schöne Bogenfriesgesimse von einander getrennt, wobei die Fenster nach oben größer, unter dem Kranz hoch und licht mit durchbrochener Brüstung und Füllung (ohne Stabwerk) werden. Weniger günstig erscheinen freilich die Seiten- und die Rückansicht, wo der Thurm erst unter dem vorletzten Stockwerk ziemlich plump ins Achteck übergeht. Auf den Kranz folgte ein Wächterhaus mit Ziegeldach, welches Stockwerk aber 1541 durch Meister Stephan von Tübingen mit einem neuen aus Holz und Tufsteinen ersetzt ward und dann ein noch jetzt jene Jahreszahl tragendes kupfernes Dach erhielt. (Vertrag vom Montag nach Sebastian – 24. Jan. – beim Dekanat.) Wie lange man am Thurm und Chor gebaut hatte, ist nicht bekannt. 1510 (Inschrift am Südportal) wird dann Meister Franz die Südseite aufgeführt haben. Freitag vor Cantate (7. Mai) 1512 wurde er aufs Neue gedingt, den Bau der Kirche auszumachen, nemlich die nördliche Abseite, so wie die obere (südliche) mit allen Kapellen und ihren Altären; dazu das Mittelwerk mit 12 achteckigen Schäften und 2 halben am Giebel, die Schäfte unten mit Postamenten, oben die Bögen mit Hohlkehlen und Platten, beides in Werkstein, auch alle (Gewölb-) Anfänge nach der vorhandenen Visirung (Modell, ohne Zweifel | des Albrecht Georg) und das Mittelwerk so hoch aufzuführen als er kann unters Dachwerk … Auch soll er hinten in beide Seiten und in den Giebel und in die Schäfte Kragsteine machen zu einer Borkirche, und die Giebelwand machen und außen bestechen. Wenn man die Ausführung (der Gewölbe) wieder aufsetzen (anordnen) will, so soll er einen Bogen dazu machen, wo man sie höhen will. Er soll auch die Pfeilerdachung hinten und vornen (der vier äußeren Eckpfeiler) wieder verfassen (abschließen) nach dem jetzigen Dach; und soll man ihm die Bühne machen, so er wölben will … Diesen Bau soll Meister Franz ausmachen in 4 Jahren; davon soll man ihm zu Lohn geben 400 Gulden und 2 Malter Vesen. (Auszug aus der Verdingurk. beim Dek.)

Der Anblick des Innern entspricht genau dem ersten Theil dieses Plans. Doch wenden wir uns zuerst dem Chore zu. Hochschlank, mit schönem Sterngewölbe (auf Konsolen, die z. Th. Masken vorstellen; an den Schlußsteinen: das Balinger, sodann ein Wappen mit schwarzem Kreuz auf rothem Grunde, ein Bischof, Maria mit Kind, zuhinterst, in der letzten Rippendurchschneidung, der Dreisternenschild des Baumeisters Albrecht Georg) mit Monumenten geziert, sonst frei, macht er einen erhebenden Eindruck. Seine Länge beträgt gegen 60 Fuß (= der Breite des Langhauses), seine Höhe wird auf etwa 48 Fuß zu schätzen sein. Ein Triumphbogen mit breiter Leibung und seitlichen Hohlkehlen führt in das mehrere Stufen niedriger liegende Langhaus, dessen Hauptreiz in dem schönen Breitendurchblick durch die (im Profil dem Triumphbogen entsprechenden) Arkaden zu den in Fenstern und Gewölben reich durchgebildeten Seitenkapellen besteht. Mittelschiff und innere Seitenschiffe sind in der Höhe der Kapellengewölbe mit einer hölzernen Felderdecke geschlossen, indeß in alle zwölf Schäfte die Ansätze zu einem Netzgewölbe eingelassen sind und der Vollendung harren, welche, wenn auch in etwas bescheideneren Verhältnissen und schlichterer Ausführung, unser Gotteshaus der herrlichen Heiligkreuzkirche in Rottweil würdig an die Seite stellen würde. Dem jetzigen Gesammteindrucke schaden auch die etwas niederen Emporen der Seitenschiffe und die weit vorspringende westliche Orgelempore, obgleich dieselbe etwas höher als die andere noch auf den alten Kragsteinen ruht. Von der im Anfang des 17. Jahrh. durch den Maler Melch. Drescher aus Rottweil vorgenommenen Ausschmückung der Kirche mit biblischen Historien ist nichts mehr zu sehen.

| Die Breite des Mittelschiffs ist 11/2mal die eines Seitenschiffs, annähernd 26:17 Fuß, die Gesammtlänge etwa 31/2 Breiten, gegen 200 Fuß. Die Höhe der Arkaden und der in die Kapellen führenden Bögen ist gleich, etwa wie die Breite des Mittelschiffs. Die Höhe des Mittelschiffgewölbes wird auf etwa 45 Fuß, die der Seitenschiffe auf etwa 36 berechnet gewesen sein.

Von der inneren Ausstattung ist hervorzuheben:

1. Die Kanzel am vierten Nordpfeiler, von Meister Franz ganz nach seinem Vertrag gemacht: mit Staffeln und einem durchsichtigen Geländer, fünfseitig für 5 Bilder (Ambrosius, Hieronymus, Maria, Gregor, Augustin), ob denselben und daneben mit Hohlkehlen und Stäben, diese mit Postamenten, wie auch der tragende Schaft.

2. Der Altar vor dem Chorbogen zeigt ein hübsches geschmiedetes Gitter und ein mächtiges Krucifix von schöner Renaissancearbeit.

3. Skulpturen in den Seitenschiffen: Unter den Gewölbansätzen der Pfeiler, sowie gegenüber in den Strebpfeilern sind Brustfiguren biblischer Männer von lebendigem Ausdruck eingelassen, nach innen israelitische Könige, nach außen Apostel; dazu an den Giebelseiten die 4 Evangelisten. Über diesen beiden bilden die Gewölbansätze kleine Baldachine; über den Königen sind Schilde. Die Schlußsteine weisen z. Th. auf die Heiligen hin, denen die Altäre geweiht waren; so in der ersten südlichen Kapelle der hl. Gallus mit Bär; in der zweiten Kapelle der jugendliche hl. Sebastian, auf den von den 4 Ecken des Gewölbes 4 Armbrustschützen, als Gewölbträger, ihre Bolzen schießen; in der 5. St. Katharina, nebst 2 Steinmetzzeichen: F wohl dem des Meisters Franz und A (s. u.). Außerdem in der 3. das Balinger Wappen; in der 4. als Konsole ein Engel mit einem Wappenschild, auf dem ein Ring oder Kranz. In der 4. Kapelle des Nordschiffs ein Christuskopf, in der ersten die Buchstaben HC und SH, dieselben vorne an der letzten nördlichen Säule; in der dritten das Christusmonogramm JHS.

4. Außen an der Nordseite ist ein alter Schlußstein (Widderkopf in Laubwerk) an der Südseite ein steinernes Elenshorn eingemauert.

5. Monumente.

a) Das historisch wichtigste im südlichen Seitenschiff: der Grabstein des jungen Grafen Friedrich. Inmitten des Steines | scheint der Zollerschild rechts gelehnt; auf dem rechten Obereck des Schildes steht der Helm mit dem Bracken. Unter dem Schild und zwar das linke Untereck desselben bedeckend, liegt der Kyburgische Wappenschild. Von der Inschrift ist noch zu lesen: anno. d. m …… ulii. obiit. venerabilis. (?) com … ridricus. iunior. de. zolr. dominus. castri. schallkgsburg. (Vgl. Gr. Stillfried, Mitth. des hohenz. Alt.Ver. VII 1873/74 S. 56 f. mit Abbildung – ob ganz richtiger? – und etwas abweichender Lesung, auch Hinweisung auf den früher vorhandenen, von Pregitzer abgebildeten Stein des Gr. Friedrich Mülli.)

b) Im nördlichen Seitenschiff stark vergangen und halbverdeckt ein Grabstein auf dem Boden: … CCCC.XX … obiit. ulricus. lychten … und vergangenem Wappenschild (1417 Ulrich von Lichtenstein Obervogt s. u.).

c) Am Südportal Grabstein mit betender Frau und 4 Wappen (dem senftischen Linksbalken, den karpfenschen 2 Karpfen, einem Linksbalken mit aufgelegten 3 Mondsicheln, einem Rechtsbalken mit aufgelegten 3 Rosen); Inschrift: Anno d. 1565 den 23. Oct. ist in Christo Jesu aus disem jomertal verschiden die edel und thugendsam frau Elisabetha Senfftin von Sulburg ain geborne von Karpffen welcher seelenn Gott mit allen auserwelten christen ain freliche ufferstehung verleien welle. Amen.

Ferner am und im Chor von links nach rechts (meist Obervogtsgattinnen und Kinder.)

d) Grabstein zu dem folgenden Epitaph mit den Wappen von Degernau, Karpfen, Gremp und Speth und ziemlich vergangener Schrift (s. u.).

e) Großes Renaissanceepitaph, das zu den schönsten seiner Art gehört: Hochrelief einer Frau mit Haube, Kragen, Mantel, Gürtel und Stola, knieend in ernst anbetender Haltung; im Hintergrund in Basrelief eine Felsenburg und Stadt. Das Bild umrahmt von einem römischen Triumphbogen, an den sich links und rechts prächtige Sirenenfiguren als Wangen lehnen und der auf einem altarförmigen Untersatz steht, indeß der Fries die von Engeln gehaltenen Degernau-karpfischen Wappenschilde trägt. Das Ornament zeigt die für die deutsche Renaissance charakteristische Form des Beschlägs. Wappen: Pfeil im Linksbalken (Degernau), 2 Karpfen (Karpfen), Schwan mit Ring (Gremp), 3 Schlüssel (Speth). Inschriften. Am Fries: Christus ist mein leben und sterben mein gewinn. O her Christe erlöser mein, schließ mich in die wunden dein; am Untersatz: Anno | 1605 den 22. tag May starb die edle und tugendreiche frau Magdalena von Tegernau geborene von Karpffen ihres alters 39 jahr deren Gott gnedig und barmherzig sein wöle. Amen (s. o.).

f) Kleiner Grabstein eines Fräuleins Katharina Friederika von Candel, gest. 46 Wochen alt 25. März 1650 (oder 59) mit stehendem Löwen im 1. und 4., 3 Rechtsbalken im 2. und 3. Feld, doppelköpfigem Adler im Mittelschild des Wappens.

g) Grabstein mit vielen z. Th. undeutlichen Wappen: Wolf Erasmus de Gruentall resurrectionem hic exspectat natus XXIII annos aetatemque pietate et virtutibus superans mortalitate intercipitur XXX. martii an. Chr. MDCXXXVI. Desideratissimo filio posuit moestiss. pater Jo. Joch. de Gruentall.

h) Grabstein mit 2 Wappen, einem Hirschkopf (Anweil), sodann dem landenbergischen, von dem die Quadrirung und 2 von je 3 Ringen noch sichtbar. Inschrift … 155(1) … Monats Julii starb die edel und tugendsame fraw Katharina … Landenberg … (Wahrscheinlich gehörte der Grabstein zugleich dem Balinger Obervogt Hans Caspar von Anweil – 1537 bis 1552 –).

i) Grabstein mit 2 Wappen, dem Auerbach’schen (= Urbach OA. Schorndorf), einem gespaltenen Schild und einem Brackenkopf als Kleinod, und dem Kandel’schen, hier mit den Kleinodien: mitten Löwe mit Blumenstengel, rechts Kardinalshut, links Bischofsmütze mit durchgestecktem Stabe; ohne Zweifel dem Balinger Obervogt Karl Philibert Ferara Fiesko Grafen von Kandel († 1675) zugehörig. Hierunter begraben ligt die hochwolgeborne Gräfin und Frau Amalia Barbara Gräfin zu Candel und geborne von Auerbach, welche geboren worden a. 1616 d. 23. Augusti, gest. a. 1668 d. 6. April. Gott wolle iro als einer Mutter der armen waisen und wittwen ein fröhliche und selige auferstehung geben. Amen. Symb. justus ut palma floret. Unten noch ein lateinischer Spruch.

k) Grabstein des Dekans Georg Christof Hoffmann, geboren 1660.

Der Thurm unserer Kirche erhebt sich zu einer Höhe von 59,38 m oder 208 württ. Fuß. Er enthält im obersten massiven Stockwerk vier Glocken. Die erste trägt die Inschrift: Osanna hais ich. Aus dem Feir flos ich. Friderich Kesler zu Stutgart gos mich Anno 1557. Die zweite: Franz Ragle von | Lotharing me fecit Anno 1624. Auf einem Schildchen steht: Frantz Rat Rot und Schröckhenstein, Burger zu Villingen. Die dritte: Anno domini MCCCCLVI und die Namen der 4 Evangelisten. Die vierte hat die Namen der Evangelisten in alten Majuskeln.

Eine zweite Kirche besitzt die Stadt außerhalb ihrer Mauern in der (gleichfalls der Stiftung gehörigen) Kirchhofkirche zu St. Sebastian. Wenige Schritte unterhalb der Stadt auf dem rechten Ufer der Eyach, über die man 1578 eine steinerne Brücke führte (die weiter oben gelegene trägt die Jahreszahl 1598) erhebt sie sich inmitten des ummauerten wohlgehaltenen, mit schönen Bäumen, namentlich Trauerweiden, bepflanzten Kirchhofs; mit ihrem uraltromanischen Thurm und ihrer schönen gothischen Façade eine Zierde der Gegend, zugleich ein bedeutsames historisches Wahrzeichen. Denn sie weist auf den ursprünglichen Platz der Stadt hin, deren Pfarrkirche sie ohne Zweifel bis zu ihrer Verlegung (s. u. Gesch.) war, und die sich wohl hauptsächlich auf der Flur „Clausen“, wo noch öfters Mauerreste zu Tage kommen, ausbreitete. Beim Eintritt in den Kirchhof begrüßt uns zunächst die schöngefügte schlanke Giebelfaçade, durch 2 hohe die kräftige Thür und das reiche Hauptfenster einschließende Streben in senkrechter Richtung, durch ein zwischen jenen laufendes abgetrepptes Gesimse, sowie ein etwas tieferes Sockelband, das weiterhin um das ganze Gebäude läuft, in wagrechter Richtung gegliedert. Die Nordseite hat vier schöne gothische Fenster; in der Ecke gegen den Chor ein vermauertes trefflich romanisches; ein Giebelstreifen darüber deutet das alte Nordschiff an. Der Chor, mit schönen spätgothischen Maßwerkfenstern, endet in drei Seiten des Achtecks. Er zeigt Spuren eines Ölberggemäldes. In der Südostecke steht der alte Thurm, bis auf das Dach, das ursprünglich ohne Zweifel über 4 Seitengiebeln 4 Rautenflächen hatte, während jetzt über einem Stockwerk mehr ein einfaches stumpfes Zeltdach folgt, wohl erhalten. Das oberste alte Stockwerk zeigt eine luftige Gallerie von zwiefach gekuppelten Fenstern mit Säulen ziemlich roher Form. Im Innern bietet das flach gedeckte Langhaus nichts Besonderes; der Chor aber, der hinter einem konsolengetragenen breitleibigen Triumphbogen (an ihm das A wie in der Pfarrkirche) sich öffnet, zeigt ein gar schönes, schlankes, frühgothisches Kappengewölbe. Er enthält eine hübsche neugothische Orgel, 1868 von Christian Jetter, Stadtmüller, gestiftet. Ein gewaltiger achteckiger hohler Taufstein steckt im Boden.

| Von Denksteinen sind zu nennen: aus neuerer Zeit eine weiße Marmortafel: Denkmal für Johannes Schlaich, gefallen bei Villiers am 2. Dez. 1870 in dem glorreichen Kriege gegen Frankreich; aus älterer:

a) Schöner Grabstein mit einem Löwen- und einem zerstörten Wappen: … domini . MCCCCLIIIV . die . XII. novebr. in die om (oder ma?) … obit . Anna . Elizabeth . de … uxor . hainrici . de . ow . arm … et . filia . ejus . anna.

b) Kleines Epitaph eines zum Gekreuzigten betenden Kindes mit 4 Wappen: einer auf drei Bergspitzen stehenden Hirschkuh (Thierberg), zwei Karpfen (Karpfen), einem Strauch mit 5 Blüten und 3 Wurzeln (Ifflinger?) und 3 Schlüsseln (Speth): a. d. 1597 d. 22. Aug. starb das edel jungfreulein Maria Magdelin von Thierberg von der Wilden Thierberg irs alters 2 Wochen.

Diese beiden an der Südseite. Im Boden

c) Eine Platte mit 2 Wappen: Hirschkopf (Anweil) und ein vierfach getheiltes mit (Landenberg, s. o.) zweimal 3 Ringen: a. d. 1547 am 30. tag octobris ist verschaiden die edel und tugendsam Junckfrow Maria von Anwill; wohl eine Tochter des in der Kirche begrabenen Anweil-Landenberg’schen Ehepaars.

d) alter Grabstein eines Geistlichen mit Kreuz, Kelch und Schild; nicht mehr zu entziffern.

Auch außen ist die Kirche von älteren und neueren, z. Th. schön gearbeiteten Grabsteinen umgeben. Wir nennen: den des med. Dr. und Physikus Jo. Christof Weißer 1761; des M. Ge. Christof Reinhard 1800 (vgl. u. Gesch.) und seiner Gattin geb. Hiemer; der Frau des Dekan Sal. Pfister, geb. Reuchlin, uxor fidissima, docta, pia, 1742; des Dekans Aug. Wilh. Georgii 1860 „gestiftet von seinen Freunden in Stadt und Diözese Balingen“. – In den Mauern der Kirche, innen und außen, sind mancherlei Namen und dgl. eingehauen; am deutlichsten und anscheinend ältesten an der Thür in alten Majuskeln (umgekehrt) der Name H: SCHONLI.

Die Glocke im Thurm trägt die Jahreszahl 1459 und die Namen der 4 Evangelisten in Minuskeln; im Bühnenraum finden sich Spuren eines das ganze Langschiff überspannenden hölzernen Tonnengewölbes anstatt des jetzigen niederen Getäfels.

Ein drittes, freilich bescheidenes, gothisches Denkmal liegt noch einige 100 Schritte weiter außen Hechingen zu: die alte Siechenkapelle, ein Oblongum mit hölzernem Glockenthürmchen, vorn einer kräftigen, spitzbogigen Thür, hinten einem tiefen, schön | profilirten, gekuppelten Viereckfenster. Das verfallene Innere zeigt noch Reste eines Gemäldes der Gefangennehmung Jesu.

Innerhalb der Stadt findet sich, wie oben angedeutet, außer dem Freihof, ein alterthümlicher Winkel noch im Südosten. Dort steht die alte Zehntscheuer mit dem württembergischen Wappen und den Jahreszahlen 1617 und 1675; sodann die alten Holzbauten der Oberamtsscheuer, und in der Ecke des im 30jährigen Krieg zerstörten, später auf dem alten steinernen Sockel wieder aufgebauten Schlosses, das innen noch Spuren alten reichen Holzbaues aufweist.

Fast alle öffentlichen Gebäude, sowohl des Staats als der Gemeinde, sind neu. Wir nennen von letzteren:

Das stattliche dreistockige Rathhaus von 1811, an der Ostseite des Markts, dem Tuttlinger ähnlich, zu 3/4 der Amtskorporation, zu 1/4 der Stadt gehörig, mit schönen Räumlichkeiten, worunter die Kanzlei des Gerichtsnotars[1], die Post und das Oberamtsgefängnis.

2 Schulhäuser; das größere von 1811, enthält 6 Lehrzimmer und die Wohnung des Präzeptors; das zweite, 1840 eingerichtet, 1868 vergrößert, enthält einen Zeichnungssaal, drei Lehrzimmer und die Wohnung des ersten Schullehrers.

Ferner: ein Armenhaus; ein Schafhaus; ein Krankenhaus; Zehntscheuer; Spritzenmagazin mit Arrestlokalen.

Dem Staat gehören:

Dekanat- und Diakonathaus, ersteres ein stattliches, noch altes Gebäude von 1776, unweit der östlichen Stadtmauer, letzteres neu südlich von der Kirche.

Ersterem benachbart liegt das Kameralamt, gleichfalls groß und alt.

Amtsgericht und Oberamt sind neu, liegen in der obern Stadt, letzteres schön am oberen Thor, mit derb kräftigem Pilastereingang geziert, beide zweistöckig, aber geräumig.

Das Revieramt, in der Nähe des Kameralamts, zweistöckig, mit Scheuer und Stallung.

Das Bezirksbauinspektorat, im Westen der Stadt, zweistöckig.

Die Wohnung des Bahnhofverwalters, an der Bahnhofstraße.

2 Gerichtsgefängnisse, eines der „Wasserthurm“, das andere in der Nähe des Amtsgerichts, mit Gerichtsdienerswohnung.

| Die Landjägerwohnung beim Oberamt, zweistockig.

Die Wasserverhältnisse der Stadt sind nicht sehr günstig. Außer mehreren Schwefelquellen am Fuß des kleinen Heubergs, wovon die bekannteste, 1724 entdeckt, auch zu Heilzwecken dient, und einigen artesischen Brunnen, wird das Tagwasser außerhalb der Stadt mit ziemlichen Kosten in Brunnenstuben gesammelt und in unzerstörlichen Leitungen (von Eisen, nur eine kleine Strecke von Thon) hereingeleitet, so daß es dem Witterungswechsel unterliegt. Man hat 13 laufende, 13 Pump- und 1 Ziehbrunnen. Der Marktbrunnen, mit stattlichem, gußeisernem Becken von 1843, trägt das schöne steinerne Bildniß eines Ritters im Plattenharnisch, den Befehlshaberstab in der Linken, auf dem cartouchirten Schild das wirtembergische Herzogswappen; wahrscheinlich Herzog Ulrich in seinen späteren Lebensjahren.

Die Straßen der Stadt sind chaussirt, gekandelt und gut gehalten, wozu das Material von Burgfelden geholt wird.

Den Verkehr nach außen vermitteln neben der Eisenbahn die Staatsstraßen nach Hechingen, Ebingen, Rottweil (mit späterer Abzweigung der alten Schweizerstraße gegen Spaichingen), Rosenfeld; die Vizinalstraßen nach Heselwangen und Ostdorf. Steinerne Brücken sind vorhanden: die zwei schon genannten über die Eyach, 2 über die Steinach, weitere 6 über kleinere Gewässer, ferner 6 hölzerne, und ebenso viele hölzerne Stege. Sie werden theils von der Stadt, theils von Güterbesitzern unterhalten; vom Staat nur die an der Hechinger Staatsstraße über den Reichenbach.

Die Einwohner der Stadt sind kräftig, ohne besondere Gebrechen. Sie erreichen öfter ein hohes Alter (meistens etwa 8 über 80), wie denn eine ehrwürdige Greisin, Elisabeth Eckenfelder, am 3. Mai 1880 im Alter von 1011/4 Jahr verstorben ist. Der Charakter der Einwohner ist derb, aber bieder. Das konservative Element in Sitte und Kirchlichkeit stellen besonders die Frauen dar. Die männlichen Spiele des Kegelschiebens und Scheibenschießens sind beliebt, ein Schießhaus vorhanden. Die Betriebsamkeit der Bürger ist durch die wiederholten Brandunglücke – ähnlich Tuttlingen und Ebingen, zu welch letzterem eine herkömmliche Rivalität besteht, wie umgekehrt – nur gesteigert worden. Die Paarung ländlichen und bürgerlichen Gewerbs begründet wohl gerade hier, bei kleineren Verhältnissen und fruchtbarer Gegend, den soliden Wohlstand.

Bei Beurtheilung der gewerblichen Verhältnisse in der Stadt Balingen kommen folgende Momente in Betracht:

| a) Die Gemeinde hat eine große Markung mit durchschnittlich guten Feldern und besitzt rund 600 Morgen Allmand-Umbruch, die vor Jahren den Bürgern und Witwen zur Nutznießung gegeben wurden, so daß auch der Ärmste nicht unter dreiviertel Morgen oder 24 Ar Feld zum bebauen hat. Hiedurch ist die Grundlage eines Mittelstandes gegeben und Gewerbeunternehmungen mit starker Ausnützung des Kredits werden nicht beliebt.

Der Balinger ist fleißig und sparsam, auch sehr genügsam; die meisten sind zufrieden, wenn sie ein Kapital sich angesammelt haben, daß sie bei gutem Haushalt anständig leben können, und gewerbliche Operationen zu Steigerung des Vermögens, Erwerb von Reichthum mit Einsetzen der Errungenschaften werden gemieden. Die Devise ist,

„ein bescheidener, solider Geschäftsbetrieb“.

b) Balingen liegt an der sog. alten Schweizerstraße, die von jeher den Verkehr zwischen Württemberg und der Westschweiz vermittelte.

c) Eine Wasserstraße und überhaupt Wasserkräfte mangeln.

d) Die Gegend und die umliegenden Ortschaften sind zum Theil wohlhabend; große Städte, wohin sich der Schwerpunkt der gewerblichen Thätigkeit hinneigt, sind nicht in unmittelbarer Nähe, es kann sich daher der gewöhnliche Handwerker in der Stadt anständig durchbringen.

e) Im Jahr 1874 wurde die Eisenbahn von Hechingen nach Balingen und im Jahr 1878 von Balingen nach Ebingen–Sigmaringen eröffnet.

Nach diesem Umfang an Absatzquellen und Verkehrsmitteln hat sich denn auch seitdem das Geschäft in Balingen entwickelt und bewegt, es fehlt aber darum auch nicht an Unternehmungen, die den handwerksmäßigen Umtrieb weit überschreiten.

Als über den handwerksmäßigen Betrieb hinausgehend sind anzuführen: die Schuhmacherei, Handschuhmacher, Flanellhemden- und Tricotwaaren, Mechaniker, Strumpfwirker, Schafhalter.

Früher blühten: Zeug- und Tuchmacher, Messerschmiede, Kupferschmiede.

Der älteste Industriezweig war die Zeug- und Tuchmacherei.

Schon vor 150 Jahren besuchten diese Meister die Messen in Zurzach, Luzern und Bern, und hatten einen starken Absatz in die sog. Baar.

| Die Aufnahme zum Gewerbesteuer-Kataster im Jahr 1824 ergab 31 Meister mit 29 Gehilfen.

Der Geschäftszweig blühte auch unter dem Namen „Golgas-Fabrikation“.

Die Großindustrie hat ihn heruntergedrückt und jetzt arbeiten nur noch einige Meister mit erträglichem Verdienst. Ihr Absatz geht nach Triberg, Hornberg, St. Georgen, wo dieser Zeug die Volkstracht bildet.

Einen nachhaltigeren Absatz hat die Schuhmacherei. Schon im Jahr 1810 besuchten Balinger Meister die Messen in der Schweiz.

Im Jahr 1824 laufen im Kataster 50 Meister mit einigen Gehilfen, deren Absatz zum großen Theil an sog. Pechstiefeln nach den Jahrmärkten der benachbarten Orte ging. In den 1850er Jahren warfen sich weit mehr Meister denn früher auf feinere Arbeit, suchten ihr Glück in der Fremde und es ist vielen gelungen, nicht nur Vermögen, sondern auch eine nachhaltige Kundschaft sich zu erwerben, so daß die Balinger Fabrikate in manchen großen Städten gesucht sind. Dermalen sind 153 Meister mit etwa 400 Gehilfen hier, die einen Umsatz von mehr denn 250.000 Mark vermitteln.

Über den handwerksmäßigen Betrieb hinaus ging seiner Zeit das Geschäft der Messerschmiede. Ihr Absatz in Deutschland und nach der Schweiz war nicht unbedeutend, mancher Meister hatte 3–4 Gesellen und durfte nur gute Waare liefern, um genügend Beschäftigung zu haben. Besonders gesucht waren Federmesser und Stahlmesser. Das Einführen der Stahlfedern und Streichhölzer, wie auch die Fabriken drückten den Zweig ziemlich herunter und verwandelten einen Theil der Meister in Lohnarbeiter.

Die Handschuhmacher fabriziren waschlederne Handschuhe für das Militär, Landjäger und Forstschutzwache, auch Glacé. Der Absatz erstreckt sich über ganz Deutschland und geht auch nach Tirol.

Alle Geschäfte zusammen überragt weitaus die Flanellhemden- und Tricot-Waaren-Fabrikation von C. F. Behr, gegründet im Jahr 1873 mit 200 Arbeitern und einem Umsatz von 400.000 Mark. Ganze umliegende Ortschaften und viele fleißige Hände in der Stadt finden Beschäftigung. Der Absatz in ganz Deutschland ist schwunghaft, alljährlich erweisen sich die Fabrikräume als ungenügend.

| Das Mechaniker-Gewerbe hat von Onstmettingen aus (s. d.) auch in die Oberamtsstadt den Weg gefunden. Es befaßt sich hier mit Anfertigung von landwirthschaftlichen Maschinen Brauerei-Einrichtungen, Wasser-, Tisch- und Balkenwagen und hat nach allen Richtungen hinaus Absatz.

Das Gewerbe der Strumpfwirker ist sehr alt und geht der Betrieb längst über den handwerksmäßigen hinaus. Sie setzen ihre Waare ab an den Rhein und nach der Schweiz.

In den Jahren 1861/76 blühte das Gewerbe der Kupferschmiede. Ein jetzt in Mosbach (Baden) wohnhafter Meister erwarb sich auf auswärtigen Gewerbeausstellungen Anerkennungen und fanden seine Waaren nicht nur in Deutschland sondern auch nach England lebhaften Absatz.

Zeigt sich schon seit der Eröffnung der Eisenbahn von Tübingen hieher und dann nach Ebingen etc. ein erfreulicher Aufschwung von Gewerbe und Handel mit Zunahme der Bevölkerung, so ist ein rascheres Fortschreiten dann anzunehmen, wenn die im Staatsvertrag mit Preußen von 1855 vorgesehenen Bahnen nach Eyach und Rottweil dereinst gebaut sein werden, damit der Weg zum Rhein erstellt und die alte Schweizerstraße wieder erschlossen wird.

Innerhalb des Orts sind 3 Mühlen, außerhalb gleichfalls 3; jede hat 3 Mahlgänge und einen Gerbgang, auch Hanfreibe, sowie Sägmühle, eine einen Ölgang; außerdem ist noch eine besondere Sägmühle vorhanden.

Es finden sich 18 Schildwirthschaften, meist zugleich Bierbrauereien. Nur 2 Schildwirthe brauen nicht. Außerdem noch 15 Schenkwirthe. Ferner 20 Kaufleute und 4 Krämer.

Aktivhandel findet statt mit Schafen nach Frankreich und mit Mehl im Ort; letzteres der wichtigste Einfuhrartikel. Seit der Eisenbahn sind die eigentlichen Frachtfahrer eingegangen. Die Märkte sind bezüglich der Viehzufuhr von Bedeutung.

Von gemeinnützigen Anstalten sind zu nennen: Volks-, Latein- und Realschule, männliche und weibliche Fortbildungsschule mit Zeichenunterricht, auch Winterabendschule, ferner Spital, Krankenhaus, Frauenverein, Gewerbeverein mit Handwerkerbank, Feuerwehr.

Balingen hat ansehnliche Stiftungen. Die allgemeine Stiftung besitzt ein Kapital von 47.000 Mark, sowie 5 ha Güter, 4 ha Waldung. Ihre Ursprünge sind nicht mehr nachzuweisen.

| Die 1875 ausgeschiedene Armenstiftung hat 18.000 Mark Kapital, zum größten Theil von einem in Holland ansäßigen Balinger Matthäus Luippold herrührend.

Besondere Stiftungen:

a) Zu Kirchen-, Schul- und Armenzwecken von Stiftungsverwalter J. Roller 1826: 2000 fl., jetzt 17.400 Mark.

b) Arnold’sche Jahrszeitstiftung von 1502: 11/2 ha Güter, 34 ar Wald, 9700 Mark Kapital. Sie ist eine Familienstiftung, ohne daß die Berechtigung durch Abstammung bei den einzelnen Nutznießern sicher nachzuweisen ist.

c) Stiftung des verstorbenen Rechtskonsulenten Friedrich Sting für eine Fortbildungsschule 1866 mit jetzt 17.000 fl.

d) Stiftung des verstorb. Stadtmüllers Christian Jetter 1878 mit 16.957 Mark.

Das Klima unserer Stadt gehört, wie oben angedeutet, zu den mittleren unseres Landes. Sein Hauptnachtheil sind häufige schädliche Frühlingsfröste. Die Hauptwinde sind die südwestlichen. Hagelschlag ist selten.

Der Boden der Markung gehört den Zersetzungen des oberen schwarzen und unteren bis mittleren braunen Jura an. Er ist im allgemeinen schwer, nicht tiefgründig, mittelfruchtbar und erfordert sorgfältigen Bau. Dinkel, Haber, Emer, Einkorn, Roggen sind die Hauptfrüchte, weniger Weizen und Gerste. Feinere Gewächse gedeihen in den Gärten.

Von Nutzsteinen werden Liaskalk- und Sandsteine, auch Cementsteine für eine hiesige Fabrik, außerdem Töpferthon gewonnen.

Was den Grundbesitz betrifft, so beträgt er beim vermöglichsten Einwohner etliche und 30 ha Feld, 30 ha Wald, beim Mittelmann etwa 4 ha Feld 1 ha Wald, beim Ärmeren einige Feldstücke. Auf Markung Endingen liegen etwa 36 ha, Waldungen in Ostdorfer Markung 20 ha.

Der Zustand der Landwirthschaft ist ein mittlerer, da sie doch immer nur neben dem Gewerbe steht.

Der landwirthschaftliche Verein sowie einzelne Güterbesitzer lassen es an Aufmunterung und Rath nicht fehlen. Die Düngergruben haben im allgemeinen wasserdichte Jauchenbehälter; auch Asche, Kompost, Gerberabfälle und etwas Gyps kommen zur Anwendung. Der häufigste Pflug ist der Wendepflug; einige Suppinger, Brabanter und amerikanische Wendepflüge. Eiserne Eggen, Walzen, Dreschmaschinen kommen zur Anwendung. Die | gewöhnliche Dreifelderwirthschaft ist üblich; von der Brache wird 3/4 eingebaut. Klee, Kartoffeln, Ackerbohnen, Graswicken sind die Brachgewächse. Vom Getreide gedeiht der Dinkel am besten. Der Futterkräuterbau (rother, blauer und Zetterklee) ist von Bedeutung. Man sät auf den Morgen: Dinkel 9, Gerste 4, Haber 6, Weizen 4, Einkorn 7, Roggen 4, Emer 6 Sri. und erntet durchschnittlich von allen Sorten 9 Scheffel. Nach außen verkauft wird nichts, sondern von den umliegenden Orten zugeführt. Der Wiesenbau ist ausgedehnt. Die Wiesen sind zweimähdig, das Erzeugnis gut. Bewässerung findet nicht statt. Der Morgen gibt 25 Ctr. Heu, 15 Ctr. Öhmd. Es kann viel Futter nach außen verkauft werden.

Es finden sich einige schöne Gärten. Gemüsebau wird fast nur zum eigenen Bedarf getrieben.

Die Obstzucht umfaßt etwa 1000 Morgen und ist in Zunahme. Am besten tragen spät blühende Sorten. Gebaut werden besonders: Luiken, Reinetten; Bomerner, Knausbirnen, Bratbirnen, Zwetschgen. Privatbaumschulen sind vorhanden, öffentliche nicht mehr nothwendig. 4 geschulte Baumwarte sind zur Verfügung. Auch aus der Umgegend werden Bäume auf den Markt gebracht. Das Obst wird fast durchaus gemostet und gedörrt. Einige Branntweinbrennereien beziehen Kirschen und Zwetschgen hauptsächlich aus der Umgegend. In günstigen Jahren werden durchschnittlich 1000 Säcke nach außen verkauft.

Die Stadt besitzt gegen 800 Morgen Waldung, vorherrschend Nadelwald. Der Ertrag beträgt jährlich 1450 Festmeter und 6000 Wellen. Vom Erlös erhält jeder Bürger 5 Mark an Geld; der Rest für die Gemeindekasse ergibt etwa 9000 Mark.

Weiden sind etwa 300 Morgen vorhanden; dazu die Brach- und Stoppelweide. Die Weide ist gut und wird mit einheimischen Schafen befahren. Die Pachtsumme beträgt 2300 Mark, der Pferchnutzen 950 Mark. Das Weiderecht hat die Gemeinde.

Die Allmanden sind theils verliehen, theils zur Schafweide gezogen. Der Allmandzins trägt 730 Mark. Weitere Grundstücke verpachtet die Gemeinde zu 1400 Mark. Auch betreibt sie einen Hopfengarten, der einige 100 Mark abwirft.

Die Pferdezucht ist nicht von Belang, wohl aber die Haltung von Pferden. Es wird vorzugsweise norddeutsche Race gezüchtet; die Stuten werden hier belegt.

Die Rindviehzucht ist gut, hauptsächlich Simmenthaler Schlag, wovon 4 Farren aufgestellt sind, welche die Gemeinde | anschafft und unterhält. Stallfütterung ist allgemein; im Herbst treiben einige ihr Vieh auf die eigenen Wiesen. Der Viehhandel beschränkt sich auf Mastvieh. Die hiesigen Bierbrauer mästen jährlich etwa 400 Stück und verkaufen solches an Händler in die Schweiz, nach Frankreich und an den Rhein. Milchverkauf findet statt. Besonders der Mittelmann zieht Vieh heran und verwerthet es.

Schafzucht wird von einem Ortsschäfer und verschiedenen Privaten getrieben. Die Hauptrace ist das württembergische Bastardschaf. Die Schafe finden hier Überwinterung. Den Sommer über laufen 500 Stück; im Winter kommen sie herein. Der Verkauf der Wolle geschieht im Inland, der Abstoß der Schafe nach Frankreich. Es sind hier 2 Schafhalter, die jährlich viele 1000 Masthämmel nach Paris liefern.

Man hat etwa 60 Mutterschweine, von denen jährlich circa 1200 Ferkel auf den Wochenmarkt kommen. 2/3 gehen als Milchschweine ins Badische und in die Schweiz, 1/3 bleibt im Ort. Da fremde Racen gesucht werden, so bezieht man auch noch viele Ferkel von außen. Gezüchtet wird die halbenglische Race. Die Mastung geschieht für den eigenen Bedarf und nach außen; es kommen jährlich einige 100 gemästete Schweine nach Stuttgart und an den Rhein.

Ziegenzucht ist ohne Bedeutung; Geflügelzucht dagegen ausgedehnt: Gänse, Hühner und Enten. Doch geschieht die Zucht nur für eigenen Bedarf.

Die Bienenzucht wird nicht mit Glück betrieben, besonders wegen der Frühlingsfröste, und ist im Abnehmen. Der Absatz von Wachs und Honig beschränkt sich auf Ort und Umgegend.

Fischerei ist ganz unbedeutend. Das Fischrecht steht dem Staat und der Stadt zu, ist aber freigegeben, da in der Eyach die Gewerbe der Färber und Gerber schädlich wirken, die Steinach keinen Fischfang lohnt. Man kennt fast nur den Weißfisch der Eyach. Krebse gibt es nicht.

Parzellen: a) Bebelt (alt Betboll) auf einem schönen Hügel 1/4 St. nördlich der Stadt, Schäferei. b) Kesselmühle an der Eyach, am Fuß des Bebelts gelegen. c) Stotzinger Mühle am Kirchhofe. d) Straßer’sche Mahl- und Sägmühle nächst der Schömberger Straße an der Eyach gelegen. e) Untere Mühle (Stadtmühle) jenseits des Bebelts. f) „Ziegelhütte“ oder „Harmonie“, 1/4 St. von der Stadt, am Weg nach Geislingen, jetzt Ökonomiehaus.

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Geschichte der Stadt.[2]

Balingen wird bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts fast ausschließlich Balgingen geschrieben, ein Name von zweifelhafter Deutung. Ganz unrichtig ist es natürlich, wenn Zeiller und Rebstock ihn als „bald’lingen“ (d. h. vorwärts gehen) deuten, weil die Herstellung der Stadt durch die Bauleute so rasch erfolgt sei; aber auch die Ableitungen Schmids (Schwäb. Wörterbuch S. 39) von Balm-Berg, Fels, und Sattlers von bal-schalkhaft, bös (in Verbindung mit der nahen Schalksburg) befriedigen nicht besonders; Förstemann (altdeutsches Namenbuch 2, 201) stellt mehrere sonstige Ortsnamen unter einem Stamme balg zusammen (vergl. auch den Flurnamen Balgenau bei der Heiligkreuzkapelle zwischen Geislingen und Balingen).

Die Stadt wird das erste Mal erwähnt im Besitze Markgraf Eberhards von Friaul, des Gemahls von Kaiser Ludwigs des Frommen jüngster Tochter Gisela aus einer edlen alamannischen oder fränkischen Familie. In dem Testamente, welches Eberhard im J. 867/8 zu Musiestro in der Trevisaner Mark machte, setzte er seinen ältesten Sohn Unruoch zum Erben seiner sämtlichen schwäbischen Güter ein, „Balginga“ dagegen vermachte er seiner zweiten Tochter Judith (Achery, Spicilegium 12, 491). Eberhard ist höchst wahrscheinlich ein Ahnherr des gräflich achalm-urachischen Hauses und noch später, im 13. Jahrhundert, begegnen uns in kirchlichen Verhältnissen Balingens Beziehungen zum Hause Fürstenberg, einem Zweige des urachischen Geschlechts (vergl. unten; Riezler im Fürstenberg. Urkundenbuch 1, S. 2 ff.). Dagegen erscheint Balingen in der Folge im Besitze des gräflich zollerischen Hauses, welches mit den Vorfahren des achalm-urachischen im Zusammenhang gestanden haben mag, während die Angabe der Zimmerischen Chronik (1, 16), der Ort sei um den Wendepunkt des 11. und 12. Jahrhunderts durch die Heirat eines Grafen von Zollern mit einer gräflich schalksburgischen Erbtochter an jenes Haus gekommen, in der beglaubigten Geschichte keinen Anhaltspunkt findet. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts bildete er den Hauptort der Schalksburger Linie des zollerischen Geschlechts, an welchem denn auch Angehörige dieser | Familie nicht selten urkundeten (vergl. z. B. Monum. Zolleran. 1, 94. 123. 124). Befand sich doch hier zugleich eine Burg, so daß die Grafen Friedrich, der alte Ritter und der junge, genannt Mülli, den 29. Januar 1377 der Stadt Rottweil versicherten, sie werden mit ihren Festen Schalksburg, Balingen und Mühlheim und allen ihren Leuten Frieden gegen sie halten (a. a. O. 232).

Zur Zeit der zollerischen Herrschaft taucht übrigens auch noch sonstiger, vereinzelter, insbesondere klösterlicher Besitz allhier auf und erscheint eine ortsadelige Familie, ohne Zweifel Ministerialen des Grafengeschlechts. In ersterer Hinsicht ist es zweifelhaft, ob der Mansus mit der großen Wiese zu „Balingen“, welchen Kloster Zwiefalten um die Mitte des 12. Jahrhunderts vom Kloster St. Blasien um 4 Pfd. Silbers kaufte, hieher zu beziehen, da die Lesart „Batilingin“ den Vorzug zu verdienen scheint (Monum. Germ. S. S. 10, 123), wohl aber treffen wir die Klöster St. Gallen und Kirchberg im 13. Jahrhundert hier begütert. Jenes befindet sich um den Beginn dieses Jahrhunderts im Besitz einer hiesigen Schupos, zu Gunsten des letzteren verzichteten im J. 1266 der Edle Egilwart, genannt Docceller, und den 21. Juli 1268 Ritter Albert von Werenwag auf Ansprüche an einen hiesigen Hof beziehungsweise hiesige Güter (Monum. Zolleran. 1, 86, vgl. auch 182; Monum. Hohenb. 31). Endlich erhielt Kloster Pfullingen den 19. April 1309 von Walther Schenk von Andeck die sonst nicht näher bekannte Mühle zu „Dietunstaige bei Balgingen“, in deren Besitz den 5. April 1320 der zollerische Mann Heinrich der Waibel von Frommern erscheint (vergl. unten Burgfelden); (Monum. Zolleran. 1, 122, 136).

Zu der ortsadeligen Familie der Herren von Balingen, welche bald in Rottweil zu bedeutenderem Ansehen sich erhoben, sind mit mehr oder weniger Sicherheit zu rechnen z. B.: Ritter Konrad von B. den 7. Juni 1225 und im J. 1235 Zeuge Gr. Eginos V. von Urach, derselbe als ehemaliger Burggraf von Zindelstein (bad. B.A. Donaueschingen) bezeichnet den 1. März 1239 desgleichen der Gräfin Adelheid von Freiburg, Eginos Gemahlin (Fürstenb. Urkb. 1, 127, 168, 181); E(berhard) u. Ber(thold) im J. 1258 desgleichen der Gebrüder von Lupfen bei der Verlegung des Klosters von Kenhausen nach Offenhausen (Neugart Cod. dipl. 1, 229); im J. 1280 Eberhard von B., Schultheiß zu Rottweil (v. Langen 346); Dorothea von B., die sog. „erste Stifterin des Spitals“ und Konrad von B. im J. 1314 Schenker beträchtlicher Güter zu Rottweil (Angstdorfer Mühle), Böhringen und Deißlingen an den Spital zu Rottweil, letzterer auch Gründer der St. Nikolauskapelle für diesen Spital und den 30. April 1314 von Graf Friedrich von Zollern, welcher ihn seinen Wirth nennt, um seiner getreuen Dienste willen mit seinen Erben in | Schutz und Frieden genommen (Ruckgaber, Rottweil, 2a, 356, Monum. Zolleran. 1, 129); Dietrich von B. den 24. März 1375 einer der rottweilischen Lehensträger über die von Herzog Leopold von Österreich zu Lehen gehende Altstadt, im J. 1378 Schultheiß von Rottweil (v. Langen a. a. O. 346, 408); Ulrich von B. den 31. Mai 1413 von Gr. Friedrich von Zollern mit Dorf Wülflingen belehnt (Monum. Zolleran. 1, 471). Das Wappen der Familie scheint ein springender Fuchs gewesen zu sein und sie zeigt sich außer an den genannten Orten auch noch begütert zu Dautmergen, Dormettingen, Eckhof, Täbingen, Wellendingen, Zepfenhan des Oberamts Rottweil (s. OA.-Beschr. Rottweil 153, 199, 289) und Aldingen und Deilingen des Oberamts Spaichingen (s. OA.-Beschr. Spaichingen 190). – Am Ende des 13. und im Anfange des 14. Jahrhunderts wird ein „Cunradus Faber de Balgingen“, Zugewandter des Johanniterordens, in Urkunden der Kommende Hemmendorf von den Jahren 1289 und 1301 als Gutthäter dieses Hauses genannt (Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins 4, 127. 15, 116).

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Der zollerische Besitz Balingens war nicht von sehr langer Dauer. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts verpfändeten die drei Grafen Friedrich genannt Mülli, Friedrich der Weißgraf, Klosterherr in der Reichenau, und Friedrich der Schwarzgraf, Klosterherr zu St. Gallen, alle drei Gebrüder, die Stadt an die Gebrüder Voltz und Konrad von Weitingen. Die letzteren hinwiederum überließen das Umgeld der Stadt um 200, Hofstatt- und Löben- [? Lohgerber-] Zinsen um 14, den Zoll um 6, den Widumhof um 10, den Wieszehnten um 3, die zollerischen Gülten um 50 Pfd. Hllr. jährlich, dazu um 52 Pfd. Hllr. jährlich vom Kornzehnten aus der Zehentscheuer, somit zusammen um 335 Pfd. Hllr. jährlich an Balingen selbst, worauf die genannten Grafen am 25. Mai 1382 die Stadt in diesen ihren Nutzungen nicht zu irren eidlich gelobten und auch die Zustimmung ihres weiteren Bruders, des zur Zeit in Preußen weilenden Deutschherren, Grafen Friedrichs, für den Fall beizubringen versprachen, wenn dieser wieder ins Land komme (Balinger Vertragsbuch in der städtischen Registratur Fol. 146). Allein mit der übrigen Herrschaft Schalksburg kam die Stadt am Ende des Jahrs 1403 durch Verkauf von Seiten des zollerischen Hauses ganz hinweg und zwar an Württemberg. Es verkauften nemlich Graf Friedrich genannt Mülli und seine Gattin Verena den 3. November d. J. zu Tübingen „mit gesundem | Leib, mit guter Vorbetrachtung und nach Rath unserer guten Freunde zu den Zeiten und an den Stätten, da wir wohl thun mochten“ an den Grafen Eberhard den Milden und seine Erben Schalksburg ihre Feste (auf der Markung von Laufen s. unten) mit der Herrschaft: Balingen die Stadt, Burgfelden, [1/2] Dürrwangen, Endingen, Engstlatt, Erzingen, Frommern, Heselwangen, Laufen, Ober-Digisheim, Onstmettingen, Pfeffingen, Streichen, Thailfingen, Truchtelfingen, Waldstetten, Weilheim, Zillhausen, den Kirchensatz zu Roßwangen (OA. Rottweil) 5 Schill. Hllr. und 1 Malter Korngelds in Thieringen, einen Hof und 2 Pfd. Hllr. Steuern zu Stockenhausen, 3 Pfd. 4 Schill. Hllr., 4 Malter Korngelds, 6 Hühner und 1 Viertel Eier zu Wannenthal und den Zehenten zu Melchingen (hohenzoller. OA. Gammertingen), alles mit Kastvogteien, Widumhöfen, Kirchensätzen und Kirchen, mit Leuten, Gütern, Vogteien und Gerichten, mit Mühlen, Fischereien, Holz und Feld, auch mit allen Einkünften und anderen Zugehörden, wie sie selbst es bis auf diesen Tag genossen hatten, als rechtes freies Eigenthum mit den zur Schalksburg gehörigen Lehen, darunter auch die Fronhöfe in Frommern und Truchtelfingen, die sie vom Kloster St. Gallen, Leibeigene in Dürrwangen und das Zehentlein zu Pfeffingen, die sie vom Kloster Ottmarsheim zu Lehen trugen, für 28.000 Goldgulden. Von dem Verkaufe nahmen sie allein aus die Rechte und Lehenschaften, welche der Graf mit seinen Vettern von Zollern gemeinschaftlich besaß und welche nach dem Senioratsvertrage vom 27. Juli 1342 „allweg der älteste von Zollern“ zu verleihen hatte. Neben ihnen siegelten auf ihre Bitte die Verkaufsurkunde Graf Wölflin von Veringen, Graf Rudolf der Ältere von Sulz, Graf Rudolf von Hohenberg, Graf Ostertag (IV., Tägli) von Zollern, Friedrich von Gundelfingen, Konrad von Geroldseck, Rudolf der ältere von Fridingen, Burkhard von Thierberg. Damit aber zur Rechtsgiltigkeit des Verkaufs nichts fehle, so erschienen am 15. d. M. der Graf und seine Gattin mit Heinrich von Gültlingen als württembergischem Bevollmächtigten vor dem Hofgericht in Rottweil, bezeugten, daß sie die Herrschaft an den Grafen Eberhard verkauft haben, und übergaben sie dem Bevollmächtigten desselben unter den gewöhnlichen Rechtsförmlichkeiten, „mit Hand und Mund“, Verena noch insbesondere mit „Zopf und Brust“ und ihrer und ihres Vogts, des Grafen Ostertag, Hand. Mußte sie doch auch, weil ihre Morgengabe auf die Feste Schalksburg mit Zugehörungen und die | Dörfer Onstmettingen und Laufen verwiesen war, in dieser Hinsicht noch einen besonderen Verzicht leisten. Die zweite Urkunde siegelten der Hofrichter Eglolf von Wartenberg, die beiden Grafen von Zollern und die Gräfin Verena (Mon. Zolleran. 1, 377. 380).

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Es waren kaum einige Monate verflossen, daß Graf Mülli seinen einzigen Sohn Friedrich durch den Tod verloren, er selbst stund bereits in vorgerückterem Alter und hatte wohl keine Hoffnung mehr, männliche Nachkommenschaft zu erhalten. So läßt sich der Verkauf dieser Herrschaft einigermaßen begreifen, aber nicht genügend aufgehellt ist es, weshalb Graf Mülli den stattlichen Besitz nicht dem eigenen blutsverwandten Geschlechte auf der Burg Zollern zuwandte, weshalb dieses letztere nicht mit allen Mitteln solchen Verkauf zu verhindern strebte, beziehungsweise gegen ihn protestirte, ja sogar Graf Ostertag bei demselben mitwirkte. Jedenfalls muß Graf Mülli mit seinen Verwandten zerfallen gewesen sein, wenn es auch wohl nur Sage ist, als die Leiche des jungen Grafen Friedrich am Zollern vorüber nach Kloster Stetten gebracht worden sei,[3] habe die Besatzung auf der Burg statt derselben die übliche Ehrenbezeugung zu erweisen, die Trommeln – entweder auf Befehl oder aus Versehen – nicht gedämpft und so den Leidtragenden ein großes Ärgernis gegeben, worauf der alte Graf sich entschlossen habe, die schadenfrohen Herren auf Zollern um die Erbschaft zu bringen. Noch mehr in das Gewand der Sage wird dieser Verkauf gekleidet in der Geschichte vom Hirschgulden, wie sie sich nach der Erzählung im Volksmunde in G. Schwab, Schwäbische Alb 2. Aufl. 31 ff. und in dichterischer Überarbeitung in W. Hauff, Sämmtliche Werke (10. Ausgabe) 4, 260–283 findet und kurz dahin geht: Auf dem Schalksberg, dem östlich von Balingen gelegenen Hirschberg und dem Zollern hausten dereinst drei Brüder, von welchen derjenige auf dem Hirschberg, zugleich Besitzer von Balingen, der älteste und reichste war. Da er ehelos lebte, strebten die jüngeren Brüder nach seinem Erbe, ja als er einstmals erkrankte und es hieß, er sei gestorben, ließen sie ihrer Freude laut vollen Lauf. Dies ärgerte den Hirschberger so, daß er in Schweiß verfiel und genas, seine Herrschaft aber für den Fall seines Todes um einen Hirschgulden heimlich an Württemberg | verkaufte. Als er nun wirklich starb, zahlte Württemberg den erbgierig herbeieilenden Brüdern für die ganze Herrschaft den Hirschgulden aus. In ihrem Unmuth wollten sie diesen in Balingen verzechen, mußten aber, als sie nach dem Trunke mit ihm bezahlen wollten, erfahren, daß er abgeschätzt sei, und hatten so statt des gehofften Erbes noch einen Gulden Schulden. – Was schließlich die Mitwirkung des Grafen Ostertag bei dem Verkaufe betrifft, so war er eben selbst kinderlos und weniger bei der Sache betheiligt.

Erst später suchte das zollerische Haus den erlittenen Schaden wieder gut zu machen. Graf Eitel Friedrich I. beantragte im J. 1424 ff. bei dem Hofgericht Rottweil, die Schalksburg und Balingen, „welche sich Württemberg angemaßt und um eine Bagatelle von Graf Mülli gekauft“, solle wieder an Zollern kommen, allein seine Klage hatte keinen Erfolg. Um sich vollends sicher zu stellen, veranlaßte nun aber die württembergische Regierung den Gemahl von Graf Müllis Tochter Sophia, Caspar von Fronhofen, den 21. Oktober 1427 zur Ausstellung einer Urkunde, worin er auf alle Ansprüche verzichtete, die er wegen seiner Gattin an die Herrschaft machen könnte, und den 30. Aug. 1435 nach Caspars Tode seine Witwe selbst unter Beistand ihres erwählten Vogts, des Grafen Egon von Fürstenberg, zur Wiederholung des Verzichts. Nur vorübergehend kam in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die zollerische Familie wieder in den Besitz der Schalksburg (s. unten) und die Versuche des hohenzollern-hechingischen Hauses in den J. 1729–1739, den umfassenderen Besitz zurück zu erlangen, waren erfolglos. (Vergl. v. Stillfried-Märcker, Hohenzoller’sche Forschungen 1, 160 ff. Steinhofer 2, 738. 790.)

Abgesehen von einigen kurzen Unterbrechungen blieb vielmehr Württemberg stets im Besitz des Erkauften, wie denn Graf Eberhard bereits am 21. Juni 1410 der Stadt versprach, sie in den nächsten 20 Jahren nicht schätzen zu lassen und an Niemand zu versetzen (Balinger Vertragsbuch). So erscheinen Balingen und Schalksburg im J. 1420 bei der Aufzählung der Güter des Hauses als der Herrschaft Eigen. Zwar wurden Balingen und Ebingen mit ihren Ämtern den 27. April 1430 von Graf Ludwig seiner Muhme Elisabeth, Gattin des Grafen Johann von Werdenberg, für ihre Heimsteuer im Betrag von 16.000 fl. in der Weise verschrieben, daß, wenn das Geld in 2 Jahren nicht erlegt werde, das Pfand dem Grafen zu Besitz | und Genuß eingeräumt werden solle, bis die Summe bezahlt sei, allein es scheint so weit nicht gekommen zu sein, denn bereits bei der Theilung des J. 1442 zwischen Graf Ludwig und Graf Ulrich (dem Vielgeliebten) erscheinen die Ämter Balingen und Ebingen in des Letzteren Theil und werden Konrad Cunmann, Hans und Michel Murer von Balingen als Lehensleute desselben aufgeführt. (Stälin, Wirt. Gesch. 3, 418, 434, 458. Steinhofer 2, 745, 836.) Im J. 1461 verpfändete der unruhige und geldbedürftige Graf Ulrich Balingen mit Ostdorf, Engstlatt, Heselwangen, Frommern, Waldstetten, Weilheim, Endingen, Erzingen, Meßstetten, Thieringen, Ober-Digisheim und Hossingen um 12.000 fl. an Wolf von Bubenhofen, dem er am 13. November d. J. den Empfang der Pfandsumme bescheinigte. Nach Wolfs baldigem Tode kam die Pfandschaft zunächst an seine Vettern Hans und Konrad Gebrüder von Bubenhofen, doch erhielt nach Urkunden vom 16.–18. Sept. 1465 Konrad die Pfandschaft der Stadt mit den zugehörigen Dörfern und Weilern, sowie das Eigenthum des Schlosses Falkenstein mit den Dörfern Heinstetten, Weiler, Roßwangen und Dürrwangen gegen die Überlassung von 7000 fl. Forderungen von Hans abgetreten und übernahm, solange die Pfandschaft nicht eingelöst sei, 200 fl. jährlicher Gült an seinen Bruder zu bezahlen, wogegen er demselben, wenn die Lösung erfolge, 2000 fl. Hauptguts und die Hälfte des Baugelds, das sie bisher auf das Schloß dahier verwendet, zu entrichten hatte. Allein Konrad von B. machte verschiedene Forderungen an die Balinger, welchen zu gehorsamen diese sich nicht verpflichtet hielten, worauf er hinwiederum mit strengen Strafen gegen einzelne Bürger vorging, was sehr böses Blut machte. Es kam zu gewaltsamen Auftritten und Konrad mußte nach Rottweil fliehen, in dessen Bürgerrecht er stand. Graf Ulrich nahm sich der Balinger an und schrieb an seine pfälzischen und bairischen Bundesgenossen, wogegen Rottweil für Bubenhofen auftrat und die Vermittlung der Eidgenossen in Anspruch nahm. Es kam zu mehreren Verhandlungstagen, so zu Rottweil und Constanz, woselbst Graf Ulrich persönlich erschien (1. April 1466), schließlich aber zur Einlösung des Pfandes von Seiten Württembergs, indem den 10. Januar 1468 Konrad von Bubenhofen den Empfang der Pfandsumme, welche übrigens zum größeren Theile durch Balingen aufgebracht wurde, und einer Gült von 404 fl. quittirte und den Grafen sowohl als die von Balingen, ihre Dörfer und Weiler der Pfandschaft | für frei und ledig erklärte. (Vergl. hierüber Akten und Schmidlin’sche Sammlung im St.Archiv und Zimmerische Chronik 2, 495–498.) – Bereits am 29. Mai d. J. versicherte Graf Ulrich die Braut seines Sohnes, des Grafen Eberhard des Jüngeren, Elisabeth, Markgräfin von Brandenburg, mit 4600 fl. jährlicher Nutzung aus Heiratgut, Widerlegung und Morgengabe auf Schloß und Stadt Balingen „allda sie ihr fürstlich Wesen und Wohnung wohl haben mag“, und alles das dazu gehört, 27 mit Namen aufgeführte Dörfer, so wie auf Ebingen die Stadt und der Herrschaft Haus darin, „darauf doch Graf Sigmund von Hohenberg und seine Gemahlin in dem genannten Haus ihr Leben lang leibgedingsweise den Sitz haben“ (Steinhofer 3, 28, 150). Deshalb bestätigte auch Elisabeth am 22. Juni 1469 die unten zu erwähnenden Freiheitsbriefe ihres Schwiegervaters und Gemahls für die Stadt vom 21. d. M. (Balinger Vertragsbuch), und als die Städte Balingen und Ebingen den 14. Dezember 1482 den Münsinger Vertrag besiegelten, holten sie hiezu ihre Genehmigung ein (Gabelkover).[4]

Daß Balingen wie Ebingen während des 30jährigen Krieges dem württembergischen Hause vorübergehend entfremdet war, ist bereits oben S. 233 ff. ausgeführt.

In Hinsicht auf Recht und Verfassung Balingens sind folgende Hauptmomente hervorzuheben. An Pfingsten 1255 wurde der Ort zur Stadt erhoben (Stälin 2, 666). – Die Grafen Friedrich der Alte und sein Sohn Mülli von Zollern verliehen den Angehörigen der Stadt am 20. Dezember 1378 das Recht, ihre Güter im Wege der Intestaterbfolge und der letztwilligen Disposition auf ihre Verwandten übergehen zu lassen, vorausgesetzt „daß diese Güter unter uns zu Balingen bleiben“, und versprachen überhaupt das am Ort geltende Recht zu wahren (Balinger Vertragsbuch Fol. 141). Schultheiß, – ein hier erstmals um das J. 1270 erwähntes Amt[5], welches die Familie Betz, hernach Metz genannt, 200 Jahre lang verwaltet haben soll (Rebstock 105), – Bürgermeister, Gericht und Rath blieben auch nachdem die Stadt württembergisch geworden war, an der Spitze der städtischen Verwaltung, doch standen sie seitdem unter | einem Amtmann oder Vogt, als herrschaftlichem Oberbeamten für Stadt und Amt, neben welchem ein Keller als Finanzbeamter eingesetzt wurde. Meist war sodann ein Adeliger als Obervogt nicht nur über das Balinger Amt, sondern zugleich über benachbarte Ämter, besonders Ebingen, auch Rosenfeld, Tuttlingen, bestellt. Diese Würde ging im 18. Jahrhundert ein und kurz darauf, im J. 1759, erhielten die Vögte den Titel Oberamtmann und höheren Rang. Eine wenngleich nicht erschöpfende Liste der Balinger Beamten: Obervögte, Untervögte, Keller, Verwalter, Stadt- und Amtschreiber, zum Theil seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts, s. im Württ. Dienerbuch, herausgegeben von E. v. Georgii S. 374–378[6]; die Reihe der Obervögte ist hienach und nach einigen weiteren Ergänzungen folgende:

1417 Ulrich von Lichtenstein. 1440 Auberlin Setzlin. 1451–1459 Graf Sigmund von Hohenberg. 1463 Caspar von Kürneck. 1467 Ludwig von Graveneck. 1468–1471 Wilhelm Sürg von Sürgenstein. 1474–1480 Ludwig von Emershofen. 1481–1493 Hans von Neuneck. 1494–1501 Hans Württemberger zu Karpfen. 1501–1502 Rudolph von Ehingen. 1503 Wolf von Bubenhofen. 1504 Wilhelm von Graveneck. 1508–1514 Hans Leonhard von Reischach. 1515 Heinrich Onarg Herr zu Stöffeln. 1516–1519 Wolf von Bubenhofen. 1519 Christoph Hans von Bodman. 1520 Jörg von Lupfen; 1522–34 Hug Werner von Ehingen (diese beiden von der österreichischen Regierung). 1535 Hans von Stotzingen. 1537–1552 Hans Caspar von Anweil. 1553 Hans Heinrich Höckhlin. 1554–1557 Hans von Karpfen. 1557 bis 1559 Hans Jacob von Massenbach, genannt Thalacker. 1560–1587 Ehrenfrid Senft von Sulburg. 1589–1592 Josua Scheer von Schwarzenburg. 1592–1594 Hans Ulrich von Remchingen. 1594–1598 Achatius von Guttenberg. 1600–1629 Hans Friedrich von Degernau. 1635 (pontificius) Johann Wilhelm Graf zu Königseck. 1635–1641 Johann Wernher von Themar; 1642 J. Merz von der Fils (diese gräflich schlickische Beamte). 1649–1675 Karl Philibert Ferrere Fiesce Graf von Kandel. 1675–1697 Georg Ehrenreich von Closen. 1700 bis 1701 Hans Heinrich von Freudenberg. 1704 Eberhard von Gemmingen. 1723–1730 David Nathanael von Sittmann. 1732–1751 Heinrich Günther Reinhard von Röder. 1751–1752 Karl Gustav Friedrich von Uxkull, der letzte dieser Obervögte.

Die meisten Urkunden, welche die Verfassung, Rechte und Freiheiten der Stadt betrafen, gingen in den wiederholten schweren | Feuersbrünsten derselben zu Grunde. Dieses Loos traf namentlich auch die Stadtordnung, welche von Vogt, Keller, Schultheiß, Bürgermeister, Gericht und Rath mit Wissen und Geheiß des Herzogs Ulrich neu verfaßt und am 13. Jan. 1507 mit dem Befehl bestätigt wurde, dieselbe jährlich am St. Hilarientag der ganzen Gemeinde öffentlich zu verlesen und einzuschärfen. Doch haben sich noch einige Bruchstücke von ihr erhalten, welche die alljährliche Neubesetzung des Stadtgerichts, das dereinst vereinzelt in Württemberg vorkommende Büttelgericht und das Erbrecht betreffen. Hinsichtlich des ersten Punktes hatte der Amtmann jährlich an Hilarien die zwölf Richter zu versammeln, sie je einzeln zu befragen, was ihnen von ihren Mitrichtern untaugliches bekannt sei, und sodann sie ihrer Gerichtseide zu entlassen, dafür aber einen, welcher ihm zum Richteramt tauglich erschien, zu sich zu berufen, mit diesem den zweiten, mit beiden den dritten u. s. w. Richter zu wählen, bis die Zahl zwölf wieder erreicht war. Die zwei Büttel oder Stadtknechte wurden vom Amtmann und Gericht gewählt und mußten schwören, dem Herzog und der Stadt treu und hold, dem Amtmann, Keller und Schultheißen gehorsam zu sein, bei ihnen, Bürgermeister und Baumeister täglich sich zu erkundigen, ob sie ihrer nicht bedürfen, die Übertreter von Gebot und Verbot zu rügen, in den Sachen, die vor ihr Forum gehörten – nicht näher bezeichnete Sachen geringster Art – ihr Urtheil nach Klag und Antwort und der besten Kundschaft, ohne Feindschaft und Freundschaft, ohne Annahme einer Gabe, nach bestem Gewissen zu fällen, sodann das Umgeld fleißig anzuschreiben. Ihr Lohn bestund in dem, was sie fürs Bieten vor Gericht, Verkaufen von Pfändern, fürs Legen in den Thurm oder ins Narrenhäuslein oder ins Eisen erhielten, aus Antheil am Zoll, insbesondere bei Märkten, und am Umgeld, wobei sie jedoch der Herrschaft, der Balinger Siechenpflege und dem Kloster Stetten wieder ein gewisses zu entrichten hatten. Die erbrechtlichen Bestimmungen sind nicht spezifischer Art. (Vgl. hinsichtlich des 1. und 3. Punkts Reyscher 159–162, hinsichtlich des 2. Godofr. Dan. Hoffmann, iurisdictio Wirtembergica civilis ordinaria. Dissert. Tubing. v. 1775 23–25.) – Weiter bestand hier ein sog. Maiergericht, welches die Feldpolizei handhabte und überhaupt die Funktionen des Untergangsgerichts zu versehen hatte, von dessen Aussprüchen aber an das Stadtgericht appellirt werden konnte. (Ein Urtheil des letztgenannten Gerichts, wodurch ein Ausspruch des Maiergerichts in | Sachen der oberen Klause dahier am 3. November 1503 umgestoßen wurde, s. Reyscher a. a. O. 158).

Nach dem Lagerbuch von 1560 betrug in der Stadt ein großer Blutfrevel 10, ein mittlerer 5, ein kleiner 3 Pfd. H., wovon die Herrschaft und die Stadt je die Hälfte erhielt (Reyscher a. a. O. 170 ff.). Den 30. Dezember 1348 verband sich Balingen mit Haigerloch, daß sie einander in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gegenseitiges Recht halten wollten, was die Grafen Friedrich von Zollern-Schalksburg und sein Bruder Friedrich der Chorherr genehmigten (Mon. Zolleran. 1, 175).

Graf Eberhard der Milde gestattete den 16. Mai 1407 der Stadt, fünf Jahre lang um eine Summe Geldes, über die sie mit den Betreffenden übereinkommen würde, Bürger und Bürgerinnen anzunehmen, und Graf Ludwig den 28. April 1428, das Wasser Steinlach neben der Stadt aufzufangen und zur Anlegung von Seen und Stadtgräben möglichst zu nützen (Balinger Vertragsbuch. Reyscher a. a. O. 156).

Zur Belohnung dafür, daß die Stadt im J. 1469 eine bedeutende Summe zur Einlösung der verpfändeten Stadt Ebingen beisteuerte, wie berichtet wird, und wohl auch im Zusammenhang mit der Leistung der Stadt für ihre eigene Lösung aus der bubenhofischen Pfandschaft, ertheilten ihr Graf Ulrich und sein Sohn Graf Eberhard für sich und ihre Erben am 21. Juni 1469 die urkundliche Zusicherung, daß künftig alle Bürger und Einwohner männlichen und weiblichen Geschlechts, welche im Etter zu Balingen sitzen, von jeder Schatzung befreit sein sollten. Zudem versprachen sie gleichfalls für sich und ihre Erben, die Städte Balingen und Ebingen mit dem Schloß Schalksburg fürohin zu ewigen Zeiten nimmermehr von einander zu versetzen, auch keine Veränderung damit vorzunehmen, sondern beide Städte mit dem Schloß unverändert bei einander zu belassen, wie das von Alters her gewesen und Herkommen, wobei sie sich jedoch ihre andere Obrigkeit und Gerechtigkeit dahier in allweg vorbehielten. Damit aber solche Freiheit den Balingern für ewige Zeiten erhalten bliebe, verordneten sie, daß dieselben nicht eher sollten Erbhuldigung zu leisten verpflichtet sein, als bis ihre Erben und Nachkommen diese Freiheit mit kräftigen versiegelten Briefen nach aller ihrer Nothdurft bestätigt hätten. Graf Ulrich vermachte der Stadt 6 Pfd. Hllr. jährlichen Zinses zu Brod für Hausarme, eine Summe, welche Eberhard am 24. Februar 1482 auf die ihm von der Mühle vor dem Gerberthor jährlich verfallenen | 19 Pfd. Hllr. anwies (Balinger Vertragsbuch). Wie Ebingen bestätigten Balingen die Grafen Eberhard der jüngere den 7. Januar 1480, Eberhard der ältere und der jüngere den 9. März 1483, der letztgenannte wiederum als Herzog den 3. April 1497 seine Freiheiten, welchen die abgeleistete Erbhuldigung und Eidespflicht keinen Schaden thun sollten (Vertragsbuch der Stadt Balingen. Stälin 3, 608). Ähnlich bekräftigte Herzog Ulrich der Stadt am 2. September 1514 das Privilegium vom J. 1469, mit der Versicherung, daß die Seitens der Stadt erfolgte Annahme des Tübinger Vertrags ihrer Freiheit keinen Eintrag thun solle. Auch die Herzoge Christoph und Ludwig bestätigten auf erfolgte Erbhuldigung hin am 23. Januar 1553 und 23. Juni 1569 „die Freiheiten und alte Herkommen“ der Stadt. Die letzte vorliegende Confirmation ist vom 19. März 1629 Seitens des Herzog-Administrators Ludwig Friedrich ausgestellt (Reyscher a. a. O. 156).[7] – Dem Seitherigen entsprechend sagte Herzog Eberhard II., als ihm die Stadt im Jahr 1497 400 fl. Hilfsgeld zahlte, derselben ausdrücklich zu, daß dies ihren Freiheiten keinen Nachtheil bringen sollte. – Letztere bezogen sich nach dem bereits erwähnten Lagerbuch von 1560 auch auf Frohnen, Entrichtung von Fastnachthennen, Leibhühnern, Hauptrechten und Fällen (Reyscher a. a. O. 172).

Hexenprozesse wurden hier, so viel bekannt, seit Ende des 16. bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrh. einige angestrengt (vergl. z. B. Festprogramm der jurist. Fakultät zur 4. Säcularfeier der Universität Tübingen im Sommer 1877 S. 94 ff.).

Die Einwohnerzahl betrug im Jahre 1624: 245 Bürger, im J. 1767: 2400 Einwohner, im J. 1782 dsgl. 2583, im J. 1788 dsgl. 2842, im J. 1804 dsgl. 2966, im J. 1839 dsgl. 3129.

Die Balinger, heißt es in den Reisen eines Kurländers durch Schwaben von 1784 (S. 182), stehen in dem Credit, daß sie sehr republikanisch seien und sich wider ihre Vorrechte und Privilegien nicht gern etwas zumuthen lassen, wovon sie ehedem in den mißlichen Zeiten, da der Herzog und die Landstände nicht wohl zusammensahen und jener ernstliche Verfügungen | machte, sie zum Gehorsam zu bringen, sehr nachdrückliche Proben abzulegen im Begriff gewesen seien. Der Superintendent aber habe durch eine kluge und eindringende Vorstellung die Gemüther wieder zu stillen gewußt, welches ihm auch nachher eine sehr ansehnliche Beförderung zu Wege gebracht haben solle.[8] Hier wird auf eine Begebenheit des Jahrs 1764 angespielt, als auch Balingen gegen die neueingeführte Vermögens- und Familiensteuer energisch protestirte. Es wurden nemlich diejenigen, welche die Steuerscheine anzunehmen verweigerten, jedesmal um 14 fl. und auf diese Art 5 Magistratsglieder jedes um 42 fl., ein anderes um 56 fl. gestraft und auf den deswegen von dem Oberamtmann erstatteten Bericht anfänglich eine Kommission, und da diese nichts auszurichten vermochte, das Dragonerregiment auf Exekution dahin kommandirt, welches am Karfreitag einrückte. Da die Bürgerschaft auf der Verweigerung beharrte, wurden verschiedene Bürger auf die Hauptwache in Arrest gesetzt, vier derselben mit zwei Unteroffizieren und zehn Dragonern auf die Festung Hohenneuffen abgeführt, die Rathsverwandten aber zur Bezahlung von 183 fl. 48 kr. Kommissionskosten angehalten. (An Ihre R. K. K. Majestät allerunterthänigste replicae … in Sachen gesammter Prälaten und Landschaft des Herzogth. Würtemberg contra des reg. Herzogs Durchl. 1765/66 S. 341). Auch später zeigten sich die Balinger Neuerungen gegenüber abhold. Der Aushebung zum Militär wurde im J. 1794 in Stadt und Amt vielfache Schwierigkeit bereitet, und als die neue Landesorganisation vom 25. April 1807 vieles in Stadt und Bezirk änderte, wurden die Bürger wieder unruhig und hieben dem neuen Oberamtmann und dem abgehenden Dekan alle Bäume in ihren Gärten nieder. Sie erhielten dafür 60 Mann Exekution, welche sie noch im September d. J. unterhalten mußten (Köhler).

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Die Fruchtbarkeit des Bodens um Balingen wird schon seit alter Zeit gerühmt, so daß Crusius bei Schilderung der Gegend sogar an die Kornkammer Roms, Sicilien, erinnert (Annal. Suev. lib. Paraleip. 34). Besonders stark wurde der Getreidebau betrieben und daher auch mit Frucht viel gehandelt, wie denn z. B. in einer Urkunde vom 27. August 1347 eines eigenen | „Balginger Messes“ gedacht wird (vergl. auch Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins 10, 21). Aber selbst Weinreben wurden früher in der Gegend gepflanzt und als im J. 1562 ein furchtbares Hagelwetter namentlich auch in der Gegend von Stuttgart die Weingärten gänzlich verheerte, schrieb Herzog Christoph an die Wand eines Zimmers im Schlosse: Balingen habe in diesem Jahre mehr Zehentwein gegeben als Stuttgart. (Crusius Annal. Suev. ps. 3 lib. 12 cp. 8 pg. 715). Das Landbuch von 1624 führt noch eine Kelter dahier auf.[9]

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Auch die Gewerbsamkeit war hier frühzeitig heimisch. Mehrere Fleischbänke unter der Metzgerlauben kommen im J. 1473 vor. Eine Mühle wird im Beginn des 14. Jahrhunderts (S. 278), die Gießenmühle im J. 1411 urkundlich erwähnt. Die Mühle „vor dem untern Thor unter der Kirchbrücke, gegenüber der unteren Kirche“ war im Anfang des 15. Jahrhunderts bubenhofisch, wie sich denn am 17. Septbr. 1426 Wolf von Bubenhofen und die Stadt wegen eines von Wolf beanspruchten eigenen Wehrs verglichen; Hans von Stotzingen verkaufte sie den 4. Mai 1531 um 1000 fl. an Pankraz Müller, welcher sich den 27. November 1532 mit der Stadt wegen der Steuer aus der Mühle verglich. Das auf der letzteren ruhende Mühlbannrecht gegen die stotzingischen Hintersaßen der Flecken Geislingen, Dotternhausen und Roßwangen, sowie die Besitzer der Stotzinger Güter zu Dürrwangen wurde durch Konvention vom 16. Aug. 1717 auf den Sägmüller Strobel zu Frommern übertragen, was Anlaß zu manchen Streitigkeiten gab. Die im J. 1423 erstmals erwähnte Kesselmühle verkaufte der Balinger Bürger Hans Keßler im J. 1549 an die Stadt, welche sie sodann als Erblehen hinausgab. Das Landbuch von 1624 führt folgende Wasserwerke an: Die Büblinsmühle vor dem oberen Thor, eine Mahl- und Schleifmühle mit drei Rädern, die Herrenmühle mit vier Gängen vor dem Gerberthörlein, beide der Herrschaft gehörig; eine Mahl- und Sägmühle vor dem untern Thor, den Herren von Stotzingen gehörig (noch jetzt die Stotzinger Mühle genannt); die Kesselmühle und die Giesen- (jetzt | Stadt-) Mühle, zwei Mahl- und Sägmühlen, der Stadt gehörig; Schlechtenfurt, eine Mahl- samt Sägmühle; zwei Walkmühlen und die den Gerbern gehörige Lohmühle bei der Herrenmühle. – Im J. 1602 erhielten die hiesigen Schwarzfärber Hans Stehlin, Ludwig Beet und Jakob Götz von der Stadt die Erlaubnis, statt der bisher von ihnen benützten städtischen Mange sich eine eigene zu bauen. – Ein Jahrmarkt an Mariä Geburt beruht nach dem Lagerbuch von 1688 auf uraltem Herkommen, welchem gemäß noch weiter jeder, der sich acht Tage vorher oder nachher in irgend einer Weise, es sei mit Worten oder mit Werken, strafbar erzeigte, 10 Pfd. Hllr., halb der Herrschaft halb der Stadt verfallen, zur Buße erlegen mußte (Reyscher a. a. O. 170). Ums J. 1600 hatte die Stadt drei Märkte, auf Fastnacht, am Pfingstdienstag, am Christabend (Württ. Jahrb. 1842 S. 287).

Ein Arzt wird hier erstmals im J. 1480 erwähnt.

Das fürstliche Schloß (vgl. auch oben S. 269), welches in der südöstlichen Ecke der Stadt nahe bei der Mauer lag, wurde samt dem dabei gestandenen Ritterhaus im 30jährigen Krieg zerstört (Württ. Jahrb. 1847, 135) später wieder aufgebaut und als Obervogteiwohnung benützt, am 14. Mai 1753 jedoch um 1800 fl. an hiesige Bürger verkauft. Der Bau der Stadtmauern, welche unter Konkurrenz der Herrschaft und der Stadt hergestellt wurden, führte besonders in der 2. Hälfte des 16. und den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts lebhafte Verhandlungen zwischen den Betheiligten herbei; es gab zu dieser Zeit 3 Thore, das obere (gegen Süden), das untere (gegen Norden) und das Gerberthörlein.[10]

Die kriegerischen Ereignisse, welche für die Stadt von Bedeutung wurden, sind bereits oben S. 230 ff. dargestellt, dagegen sind noch folgende Einzelheiten aus ihrer Geschichte hervorzuheben. Nach freilich etwas jungen Chronisten, Zeiller (Chronicon parv. Suev. 1653 S. 229) und Rebstock (Beschreibung v. Württemberg 1699 S. 105) lag die Stadt früher weiter unten an der Eyach, die hier einen ziemlichen Bogen macht, auf etwas sumpfigem Grunde, da „wo noch der alte Markt und die Krautgärten vor dem unteren Thore am Mühlbach“ sind. Zu diesem | Altbalingen gehörte dann die jetzige Kirchhofkirche, welche am Ende des 16. Jahrhunderts erneuert wurde. Die Verlegung der Stadt wird mit dem Überfall, der Einnahme und gänzlichen Niederbrennung derselben im J. 1286 (s. S. 230) in Verbindung gebracht. Übrigens sprechen auch von Gabelkover überlieferte Verse:

Das Wasser bracht ihr vorher Schaden,
Eh sie mit Kriegen war beladen,
Daher verändert man den Ort,
Daß sie vom Wasser sicher dort,

für eine solche Verlegung. Die Stadt war wohl Anfangs unbedeutend und kam erst unter der württembergischen Herrschaft zu besserem Gedeihen, blieb aber noch lange von geringem Umfang (Crusius Paraleip. 34). Zudem gehörte sie zu denjenigen Städten des Landes, welche am meisten durch Feuersbrünste zu leiden hatten. Die ältesten, von Schwelin (Württ. kleine Chronica 1660 S. 9), Rebstock (a. a. O.) und Anderen berichteten Brände vom J. 1230 und 1286 beruhen allerdings nicht auf glaubwürdigen gleichzeitigen Berichten und, was den ersten Fall betrifft, ohnehin schon auf einer Verwechslung mit dem zweiten, dagegen kennen die folgenden Jahrhunderte noch mehrere. Im J. 1546 brannte ein großer Theil der Stadt nieder (Sattler, Topogr. 391). Am 14. Januar 1607 um 1 Uhr Mittags entstand durch die Unvorsichtigkeit einer alten Frau, welche Butter aussott, ein Brand, der in 5 Stunden 106 Häuser und fast halb so viele Scheunen verzehrte. Die Grafen von Zollern und etliche Adeliche eilten zum Löschen herbei und standen bis an die Hüften im Wasser, nachher begehrten sie vom Stadtschreiber einen Trunk, den dieser in Ermangelung anderer Trinkgeschirre in einem „Krücklein“ reichte. Der angerichtete Schaden wurde auf 72.000 fl. berechnet, die genannte alte Frau aber auf der Flucht in Löchgau ergriffen und als Hexe verbrannt (Rebstock a. a. O., welcher 106 Häuser und eben so viele Scheunen, Rauscher Manuscr. d. St.Archivs Nr. 23, welcher 160 Firste, Sattler Topogr. 392, der obige Häuser- und Scheunenzahl nennt, Gabelkover, Schmid nach Pfaff). Der Wiederaufbau erfolgte nach dem Plane Heinrich Schickharts (s. dessen Lebensbeschr. von Gemmingen S. 14). Eine Feuersbrunst vom 5. August 1672, welche einen großen Theil der Stadt zu Grunde gerichtet, ist in ihren Einzelheiten sonst wenig bekannt (Köhler, Schmid a. a. O.). Am 12. Febr. 1724 Morgens zwischen 3 und 4 Uhr brach | plötzlich in einem der engsten Winkel der Stadt ein heftiges Feuer aus, der Wind trieb die Flammen auch in entlegenere Straßen und so wurden entferntere Häuser oft früher eingeäschert, als solche, welche dem Ursprung des Feuers näher lagen. Am sog. Ölberg schlossen die Flammen gleichsam einen Kreis, so daß einige Bürger, welche sich nicht zur rechten Zeit retten konnten, ihren Ausgang unter der Stadtmauer durch das Wasser suchen mußten. Die Häuser am Markt brannten vorne und hinten, weshalb man auch bei ihnen keine Löschversuche machte, sondern nur die Häuser diesseits des Bachs mit der Kirche und dem Rathhaus zu retten suchte. Endlich wandte sich das Feuer nach seinem Ausgangspunkte zurück und wurde man desselben hier, wo es keine Nahrung mehr fand, Meister. Das Dekanathaus, die geistliche Verwaltung, die Heiligenvogtei und zwei herrschaftliche Fruchtkästen mit mehreren 100 Scheffeln Frucht verbrannten, überhaupt wurden von 210 Häusern nur 40 gerettet und 272 Familien mit dem Verlust des größten Theils ihrer Habe obdachlos (vergl. Pregizer, Gottgeheiligte Poesie 1724 S. 574 ff.). Die Stadt erhielt beim Wiederaufbau ein schönes Aussehen, so daß sie in den Reisen eines Kurländers als eine der wohlgebautesten Landstädte des Herzogthums geschildert wird, deren Einwohner auch um ihrer starken Gewerbe willen in ungemein guten Vermögensumständen sich befinden. Der letzte große Brand, durch einen Blitzstrahl entstanden, welcher vom 30. Juni Mittags 1 Uhr unausgesetzt bis 1. Juli Mittags 12 Uhr 1809 wüthete, verzehrte bei einem Zusammentreffen der unglücklichsten Umstände fast die ganze Stadt; war auch ein Menschenleben nicht zu beklagen, so lagen doch 335 Gebäude in Asche und betrug der Schaden an solchen 321.400 fl., an Mobiliarverlust 123.802 fl. Es blieben nur 55 Gebäude stehen. (Eine ausführliche Beschreibung des Brandes s. Amts- und Intelligenzblatt für den Oberamtsbezirk Balingen 1864 Nr. 19. 21. 23. 24. 25.) – Im J. 1601 war hier ein heftiges Erdbeben, bei welchem der Kirchthurm stark hin und her schwankte und im J. 1610/1611 starben bei 500 Personen an der Pest (Rebstock). – Aufenthalte des deutschen Reichsoberhaupts dahier sind nur wenige bekannt. K. Sigmund zog in der 4. Woche Januars 1431 von Constanz über Rottweil, Balingen, Tübingen nach Nürnberg und K. Maximilian I. war am 23.–25. August 1504 allhier, bei welcher Gelegenheit er den Abt Gerhard von Alpirsbach mit dem Blutbann in dessen neu erworbener Herrschaft Loßburg belehnte | (Stälin 3, XVII, 438. 4, X. 66. 67). – Bei der Erhebung Graf Eberhards im Bart zum Herzog im J. 1495 beschenkte ihn Balingen mit 100, Ebingen mit 30 fl. (Steinhofer 3, 619). Im Schmalkaldischen Kriege bat Ulrich von Balingen aus den Kaiser um Verzeihung (Stälin a. a. O. 4, 446). – Die Stadtziegelhütte wurde im J. 1650 von der Stadt an Hans Georg Koch, Ziegler von Stein in der Schweiz, um 550 fl. verkauft.

Unbedeutenderen oder vorübergehenden Besitz betreffend kann dem seither Erwähnten noch folgendes beigefügt werden. Im Jahre 1423 erscheint Graf Hans von Tengen und Nellenburg im Besitz einer Gült, welche ihm die Stadt von der Herrschaft Württemberg her zu reichen hatte. Im J. 1490 wurde württembergischer Seits eine aus dem Balinger Marstall an das Kloster Beuron seit längerer Zeit gezahlte jährliche Gült von 10 Schill. Hllr. mit 121/2 Pfd. Hellr., dsgl. eine aus einer Hofstatt bei der oberen Badstube, darauf der Thurm steht, an das Kloster Stetten erlegte von 13 Schill. Hllr. mit 13 Pfd. 13 Schill. abgelöst. – Die Kleemeistersordnung wurde bei der Amtsversammlung vom 14. August 1753 revidirt. – Den 16. Dez. 1829 verglichen sich die Stadt und die Amtskorporation wegen verschiedener Lasten und Beschwerden in der Weise, daß jene die Baulast an gewissen öffentlichen Häusern, Besoldungen der Thorwarte, Wächter, des Kleemeisters u. s. w. sowie einige sonstige Lasten übernahm, diese dagegen der Stadt einige Realitäten abtrat und einiges baare Geld bezahlte (Balinger Vertragsbuch). – Einen Theil des großen und kleinen Zehnten zu Balingen, welcher von besonderen Äckern in den Zwingen und Bännen von Balingen, Engstlatt, Ostdorf („Onstorf“), Geislingen und Endingen fiel, trugen die Gebrüder Eberhard, Kaplan zu Geislingen, und Wernher von Rosenfeld wie schon ihr Vater Wernher sel. von Graf Erhard von Thengen zu Lehen. Sie erwarben von dem Grafen die Lehensherrlichkeit und verkauften sodann die Zehenten als freies Eigen am 23. Juni 1511 um 500 fl. Rh. an Herzog Ulrich von Württemberg (vergl. Steinhofer 3, 1019). – Den 9. Juni 1517 erhielt Lorenz Liebermann von Gmünd die Bewilligung, 5 Jahre lang Agtstein im Amt Balingen zu graben, doch hatte er der Herrschaft den Zehnten zu geben und den Vorkauf zu lassen. – Den 28. Juni 1518 empfieng Kloster Wannenthal den halben Theil eines Guts dahier, dessen andere Hälfte ihm bereits eigen gehörte, vom Kloster Alpirsbach zu Lehen. – Den 28. Juli 1680 vertauschte die Johanniterkommende Hemmendorf an die Johanniterkommende Rottweil hiesige Frucht- und Geldgülten.

Was die kirchlichen Verhältnisse betrifft, so erscheint die hiesige Pfarrei bei ihrem ersten Auftreten in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts als zollerisch: den 25. Januar 1255 verlieh Graf Friedrich von Zollern die vakante Kirche „Balginin“, deren Patronat ihm mit vollem Rechte zustund, seinem lieben und speziellen Freund K(onrad) von Thierberg, Rektor von Berg Gammertingen, | unter dem Versprechen, daß er mit dem Grafen Heinrich von Fürstenberg keinen Vertrag schließen werde, welcher den Thierberg im Besitz dieser Kirche beeinträchtigen könnte. (Neuester Abdruck der Urkunde mit eingehenden Untersuchungen, auf Grund deren insbesondere die früher beliebte Deutung von Balginin als Balgheim, OA. Spaichingen, als unwahrscheinlich sich darstellt, im Fürstenb. Urkb. 1, S. 206 ff., vgl. ebenda S. 2.) Die urach-fürstenbergischen Beziehungen zu der Balinger Kirche in dieser verhältnismäßig späten Zeit (vergl. S. 277) sind des Genaueren nicht bekannt, doch ist die Kirche noch im Jahre 1275 im Besitze von Graf Heinrichs Bruder, Graf Gottfried von Urach-Fürstenberg, Herrn zu Zindelstein, der als Inhaber einer ganzen Reihe von Kirchen den hiesigen Gottesdienst durch einen Vikar versehen ließ (Freib. Diöcesan-Archiv 1, 32. 48. Fürst. Urkb. 1, 240). Am 18. April und 15. Mai 1352 dagegen werden Graf Friedrich von Zollern der Ältere als Kastvogt der in die Ehre Unserer l. Frauen geweihten Leutkirche zu Balingen und Graf Friedrich der Jüngere sein Bruder, Kirchherr dieser Kirche, daneben auch Pfaff Hug der Tober Kaplan des St. Affraaltars dahier als urkundend erwähnt. (Monum. Zolleran. 1, 182. 184, vergl. auch 209 und von Stillfried-Märcker, Hohenzoller. Forschungen 1, 146). Im J. 1382 war Pfaff Heinrich hiesiger Kirchherr (Balinger Vertragsbuch). Im J. 1403 ging das Patronat von Zollern an Württemberg über (vergl. S. 279).

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Eben diese Kirche, dereinstige Frauenkirche, ist die jetzige Stadtkirche, welche in ihrer heutigen Gestalt übrigens aus späterer Zeit stammt, wie aus der oben S. 261 angegebenen Inschrift hervorgeht. Die andere bereits genannte Kirche, die Kirchhofkirche, ursprünglich St. Nikolaus- und Liebfrauenkapelle, auch die niedere Kirche (Monum. Zolleran. 1, 245), später wohl in Anlehnung an den z. B. im J. 1473 erwähnten St. Fabians- und St. Sebastiansaltar in dieser Kirche St. Sebastianskirche genannt, wird urkundlich zuerst in den Jahren 1342 und 1345 erwähnt und ward im J. 1580 erneuert (Sattler, Topogr. 389). Unmittelbar vor der Reformation wirkten in der Stadt ein Kirchherr und eine beträchtliche Anzahl Kapläne. So nennen z. B. Auberlin Arnold, Marina seines Bruders Heintz Wittwe, Hans Gabler und Ciriac Grötzinger, hier eingesessene Bürger, als sie am 23. November 1502 den von ihren Arnold’schen Vorfahren vor vielen Jahren gestifteten Jahrtag auf Donnerstag vor Katharina | wieder auffrischten und statt der früheren 20 jetzt 30 Priester aus der Umgegend hiezu verordneten,[11] außer dem Kirchherren 10 verpfründete Priester dahier (Balinger Hospitallagerbuch von 1741). Im Jahre 1517 werden nur noch 8 Kapläne erwähnt.

Von kirchlichen Stiftungen sind zweierlei hervorzuheben. Graf Eberhard der Milde von Württemberg stiftete mit Einwilligung des hiesigen Pfarr-Rektors Wernher Gnaister an den St. Sebastians-, St. Barbara- und St. Brigittaaltar in der hiesigen Nikolauskapelle eine ewige Messe, was Bischof Otto von Constanz am 11. Oktober 1412 bestätigte. Als im 15. Jahrhundert zu wirksamerer religiöser Anregung die Sitte aufkam, Predigtämter zu stiften, dotirte Meister Balthasar Rüber mit Genehmigung des Pfarrers Johannes Trüblin eine solche Pfründe mit 60 fl. jährlichen Gehalts in der Weise, daß der jeweilige Prediger zu gewissen Zeiten in der Pfarrkirche, wie auch in der St. Nikolaus- und Lieben-Frauenkapelle und zum Ölberg dem Volk das Wort Gottes rein predigen solle, was Herzog Ulrich von Württemberg den 22. Okt. 1501, Bischof Hugo von Constanz den 17. Nov. d. J. genehmigten. – Des St. Michaelaltars in dem Beinhaus zu Balingen sowie des St. Affraaltars wird im J. 1352, der Sundersiechenpflege im J. 1357, des Feldsiechenhauses im J. 1377, des St. Margarethenhauses im J. 1385, in späterer Zeit, als es sich nicht mehr um die Ämter, sondern um die einzelnen Vermögenscomplexe handelte, der St. Gallen-, St. Michaels-, St. Peters-, St. Sebastians-, St. Katharinen-, St. Margarethen-, St. Affra-, St. Agatha-Kaplanei gedacht. Ein altes Kapellein St. Ulrich, unterhalb Balingen an der Eichen, d. h. der Eiach, welches zu Herzog Christophs von Württemberg Zeiten auf Antrag der geistlichen und weltlichen Beamten von Balingen abgebrochen worden, kennt die Zimmerische Chronik (2, 330) und erzählt, bei demselben habe ein unbekannter fremder Graf, der im Zorn seinen Bruder umgebracht, zur Buße in einer kleinen Behausung gelebt und habe selbst durch die Söhne des Getödteten, die ihn aufgesucht, ihm verziehen und ihn wieder mit sich heim nehmen gewollt, nicht zum Verlassen dieses selbstgewählten Verbannungsorts bewogen werden können. – Eine Sebastiansbrüderschaft dahier wird in den J. 1473 und 1528 genannt.

| Es gab in Balingen 2 Klausen, welche übrigens wenig Bedeutung erlangten, eine obere, St. Franziskenordens, erstmals den 15. Oktober 1399 im Besitz von Gülten zu Endingen erwähnt, und eine untere, „vorm Thor an der unteren Pfarrkirche“, Predigerordens, den 29. August 1430 und später wiederholt Erwerberin von Gütern und Gülten besonders zu Frommern (s. d.), Steinhofen (hohenzoller. OA. Hechingen), auch zu Alten-Dikingen (? Sickingen, abgeg. Ort bei Bodelshausen OA. Rottenburg). Die untere Klause wird noch im J. 1532 urkundlich erwähnt und dürfte mit Einführung der Reformation aufgehört haben. Die obere dagegen war trotz manchen vorgekommenen Austritts noch im J. 1546 mit einer Priorin und mehreren Conventschwestern besetzt, allein bei dem in diesem Jahr ausgebrochenen Stadtbrande ging auch diese Klause zu Grunde und Herzog Ulrich fand sich am 30. Mai 1547 nach Einziehung des noch vorhandenen Vermögens mit deren Angehörigen ab. Vier von ihnen erklärten sich bereit, ihren Wohnsitz im Fürstenthum sonst wo bei ihrer Freundschaft zu nehmen, und verzichteten gegen ein Leibgeding von 20 fl. jährlich auf alle Ansprüche von der Klause her. Vier andere, eine Erzinger und eine Engstlatter Schwester dagegen, im Ganzen also 6 Frauen, zogen es vor, ihr Leben lang in der Klause zu Engstlatt beisammen zu bleiben, welch’ letztere ihnen mit den nothwendigen sonstigen Räumlichkeiten, sowie mit 5 Kühen und 3 Kälbern bis zu ihrem Aussterben überlassen wurde. Jede von ihnen bekam als jährliches Leibgeding je 10 fl., dazu 1/2 fl. für Beholzung, 41/2 Mltr. Vesen, 1 Mltr. Haber für Schweine und Hühner, 31/2 Ohm Wein; wenn eine starb, so sollten ihre Kleider ihren nächsten Verwandten verbleiben, nach aller Tod die Klause mit dem dazu gehörigen Vermögen an den Herzog heimfallen; sollte eine zur evangelischen Konfession übergehen und folglich aus der Klause austreten wollen, so bekam sie die gewöhnlichen 20 fl. Leibgedings. Eine von den vier erstgenannten Frauen vermählte sich und ließ sich im J. 1557 zugleich mit ihrem Gatten für ihr jährliches Leibgeding mit 1071/2 fl. abfinden. Die letzte Schwester starb erst im Jahr 1570 (vergl. Urkk. des St.Archivs, Petri Suevia eccles. 126. Besold, Virg. sacr. mon. 535, Sattler, Topogr. 390. 391).

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Den 21. Juli 1489 stifteten Vogt Hans von Neuneck, Kirchherr Leonhard Jächel, Schultheiß, Bürgermeister, Richter und ganze Gemeinde allhier einen Spital, wozu Graf Eberhard der Ältere den 31. August und Bischof Otto von Constanz | den 24. Sept. d. J. ihre Genehmigung ertheilten (Sattler, Grafen 4, 6). – Graf Eberhard der Jüngere schenkte wie anderen Städten so auch Balingen im J. 1494 25 fl., um sie unter die Hausarmen zu vertheilen (Steinhofer 3, 549, vergl. auch unten Wannenthal).

Bereits zur Zeit der österreichischen Regierung im Lande, zu Anfang der 20ger Jahre, wirkten in Balingen und Umgegend der sog. Karsthans, welcher wegen seiner Freimüthigkeit den 4. März 1524 gefangen nach Tübingen abgeführt wurde, und Dr. Balthasar Hubmaier aus Friedberg in Baiern von Waldshut aus für die reformatorischen Bestrebungen (Sattler, Herzoge 2, 106. Keim, Schwäb. Reformat.-Gesch. 31. Stälin 4, 257). Doch fand der von Herzog Ulrich, beziehungsweise Blarer, dem das Oberland zu reformiren oblag, der Stadt zugewiesene Geistliche dort zunächst wenig Anklang (Sattler, Herz. 3, Beil. S. 135. 137. Schnurrer, Erläuterungen der würtemb. Kirchen-Reformations- etc. Geschichte 121. 122). Vor dem Interim werden als Stadtpfarrer Martin Decker (1536), als Diakon Joh. Vetter genannt (Binder 1, 430. 431). Dasselbe war hier übrigens nicht von langer Dauer. Als nemlich im J. 1551 der hiesige Schulmeister verreisen mußte, übernahm es Jakob Frischlin (der Vater des Nicodemus), welchen das Interim von seiner Pfarrei Erzingen vertrieben hatte, auf Bitte des Raths, ihn in Kirche und Schule zu vertreten. Als nun ein neuer Meßpriester von Haigerloch eben angekommen war und Frischlin nach vollendeter Predigt zur Messe singen sollte, sang er mit seinen Schülern das Lied: Erhalt uns Herr bei deinem Wort und steure des Pabsts und Türken Mord, worauf der Priester vom Altar weg mit dem Meßgewand davon- und wieder Haigerloch zulief. Da sich kein anderer mehr finden wollte, wurde Frischlin als Diakonus angestellt (Sattler, Topograf. 391).

Im J. 1277 wird ein rector scholarum dahier als Zeuge genannt (Cleß 3, 556) und in den Jahren 1412–1450 erscheint Heinrich Hartz in gleicher Eigenschaft als Siegler. Die Balinger Schule erfreute sich im 2. Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts eines guten Rufs, durch welchen sich z. B. der Memminger Zink, der bekannte spätere Augsburger Chronist, bewogen fühlte, sich ein ganzes Jahr auf derselben aufzuhalten (Deutsche Städtechroniken 5, 126). So heißt es auch noch im 17. Jahrhundert: „es hat die Stadt Balingen eine feine Schul, ziemlich wohl besoldet und mit guter Ordnung angestellt, aus welcher | feine gelehrte discipuli je und allwegen auf Stift-, Klöster- und hohe Schulen sein kommen und promovirt worden, welche zum Theil noch heutigen Tags hohen Schulen und sonst Stadtschulen, Kirchendiensten und Pfarreien in diesem Fürstenthum und anderen fremden Ländern fürstanden und in hohen Würden und Ehren sein“ (Joh. Betz, † 1671, Histor. Beschr. v. Württemberg, Handschr. Nr. 12 des St.Archivs). – Im Zusammenhang mit tüchtigen Lehranstalten steht es wohl, daß wir, soweit dies aus früheren Jahrhunderten nachgewiesen ist, eine im Verhältnis zu manchen anderen Gegenden immerhin nicht unbeträchtliche Anzahl junger Leute aus Balingen und dessen Nähe auf Universitäten antreffen. So finden sich in Tübingen für die ersten 25 Jahre unter etwa 1040 Altwürttembergern 22 Balinger, 15 Ebinger, während der Jahre 1477–1545 überhaupt etwas über 40 Balinger, 25 Ebinger, darunter auch einige aus kleinen Orten bei Balingen gebürtige, in der Universitätsmatrikel eingetragen. Als auf fremden Universitäten studirend sind aufgezeichnet: in Heidelberg für die Jahre 1386–1550 21 Balinger, 11 Ebinger; in Freiburg 1460–1541 24 Balinger, 18 Ebinger; in Erfurt 1396–1517 je 1 Balinger und 1 Ebinger, sodann 1 Endinger (?), 1 Truchtelfinger; in Wittenberg 1502–1546 1 Balinger; in Prag 1391 ein Wernerus de Balingen, als Artist, 1399 ein Burkardus de Balingen als Jurist, derselbe 1400 als Artist (vergl. Laufen), in Perugia 1511 ein Joannes Balingus Germanus (vergl. R[oth], Urkunden zur Geschichte der Universität Tübingen. Tübingen 1877. J. Hartmann in Württ. Jahrb. 1877. III, 87 ff.).[12]

Einen Namen haben sich folgende in Balingen geborene Männer erworben[13]:

Jakob Dachtler, geb. 1525, † 16. Mai 1598. Als die Grafen von Helfenstein unter Beihilfe Jakob Andreäs die Reformation in Wiesensteig einführten, wurde er im J. 1558 | dorthin berufen, erhielt aber im J. 1567 bei Wiedereinführung des Katholicismus seine Entlassung, worauf er 1568 Lehrer der hebräischen Sprache zu Tübingen wurde (Fischlin, Memor. Theolog. Wirtemb. Suppl. 379, Schnurrer, Nachrichten von Lehrern der hebräischen Litteratur 132).

Jakob Frischlin, jüngerer Bruder des Nicodemus Frischlin, welch’ letzterer zu Erzingen (s. dieses) geboren wurde, geb. am 25. Juli 1557, † 1616; Präceptor in mindestens 10 verschiedenen schwäbischen, besonders württembergischen Städten, auch in Reutlingen, zuletzt in Balingen, ein geistarmer Vielschreiber, der z. B. eine württembergische Chronik verfaßte, das Leben württembergischer Herzoge aus dem 16. Jahrhundert beschrieb, württembergische Hoffeste in lateinischen und deutschen Versen verherrlichte u. s. w. (v. Stälin 4, 81. 826. Allgemeine Deutsche Biografie 8, 96. – „Aus der Beschreibung des Landes Wirtemberg von Jakob Frischlin“ in Württ. Vierteljahrshefte für Landesgeschichte 3, 25–31).

Joh. Jakob Flatt, geb. 23. Oktober 1724, † 16. Sept. 1792, Hofprediger und Consistorialrath zu Stuttgart, Prälat zu Herrenalb, Verfasser mehrerer philosophisch-theologischer Schriften, Vater des berühmten Theologen Joh. Friedr. Flatt (Haug, gelehrtes Wirtemberg, S. 70; Griesinger, Universallexikon von Württemberg, 388).

Georg Andreas Werner, geb. 11. Juni 1752, † 16. Mai 1824, Oberpräceptor am mittleren Gymnasium zu Stuttgart, Verfasser mehrerer lateinischer und griechischer Lehr- und Lesebücher, besonders der mit vielem Beifall aufgenommenen Anleitung zum Übersetzen aus dem Lateinischen in 2 Theilen (Neuer Nekrolog der Deutschen 1824, 2, 1144–46).

Georg Friedrich Eberhard (von) Wächter, geb. 29. Febr. 1762, als Sohn des hiesigen Oberamtmanns, späteren Geheimenraths Wächter, gest. in dem seltenen Alter von 901/2 Jahren zu Stuttgart 14. August 1852. An der Karlsschule zu Stuttgart gebildet, wo er Anfangs Kameralwissenschaft und Jurisprudenz studirte, übte er sich daneben schon im Zeichnen und Malen, welch letzteres er unter David in Paris und Carstens in Rom weiterbildete. Seit 1809 lebte er in Stuttgart vielfach thätig. Die Darstellung der Idee war ihm Hauptsache, die Wahl seiner Gegenstände meist lyrischer Natur. Seine Compositionen (z. B. Hiob und seine Freunde, Belisar am Thore von Rom u. s. w.) zeichneten sich aus durch Hoheit des | Gedankens, durch Poesie der Auffassung, Würde und Adel der Gestalten, schöne Gruppirung; die Technik war seine schwache Seite. Er gehörte keiner Schule an und stand überhaupt allein als Kämpfer gegen die Ziererei und den Schwulst, der im 18. Jahrhundert herrschte (vergl. Schwäb. Chronik von 1852 Sp. 1581/2. Neuer Nekrolog der Deutschen 1852, 2, 556–562. Müller, Künstlerlexikon 3, 823. – Briefe von ihm in Schwäb. Chronik von 1878, S. 1357. 1453 und Bes. Beil. des Staatsanzeigers von 1878 S. 272).

Johannes Tobias (von) Beck, geb. 22. Febr. 1804 als Sohn eines Seifensieders, † zu Tübingen 28. Dez. 1878, zuerst praktischer Geistlicher, dann 1836–1842 Professor der Theologie in Basel, von 1842 an bis an seinen Tod ordentlicher Professor der Dogmatik und Moral, zugleich auch Prediger in Tübingen, ein tiefsinniger biblischer Theolog von eigenthümlichem und selbständigem Gepräge, besonders von Norddeutschen vielfach aufgesuchter und hochverehrter Lehrer, Verfasser mehrerer theologischer Werke, z. B. „Christliche Reden, Einleitung in das System christlicher Lehre, Christliche Lehrwissenschaft nach den biblischen Urkunden I. Theil, Christliche Liebeslehre“ u. s. w. (vergl. Schwäb. Chronik von 1879 Sp. 741/2; Besondere Beilage des Staatsanzeigers für Württemberg von 1879 Nr. 10–12; Neue evang. Kirchenzeitung v. 1879 Sp. 36 ff.; Allg. Evang. luth. Kirchenzeitung von 1879 S. 52 ff.).

Obigen Personen kann wenigstens angereiht werden, weil er sich als Schriftsteller im vorigen Jahrhundert bekannt machte, der Balinger Scharfrichter und Abdecker Johannes Deigendesch. Sein Buch: Nachrichters nützliches und aufrichtiges Pferd- und Roßarzneibuch wurde „trotz seiner Schlechtigkeit“ von 1716 bis 1809 „öfters aufgelegt und vielleicht gerade wegen vieler darin enthaltener abergläubischer Vorschriften so stark gesucht“ (vergl. Schrader, Thierärztliches biogr. literar. Lexikon S. 98).


  1. Mit einer trefflichen Sammlung von Jurapetrefakten des derzeitigen Gerichtsnotars Elwert.
  2. Vergl. [Eisele] Zur Chronik der Stadt Balingen, im Volksfreund, Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Balingen 1879, Nro. 35 ff. zuletzt 1880 Nr. 44.
  3. Nach Ausweis seines Grabsteins ist der junge Friedrich in Balingen begraben (s. oben S. 264). – Mit Ärger über Theilnahmlosigkeit am Tode des Sohns des Verkäufers bringt schon die Zimmerische Chronik 2, 327 den Verkauf in Verbindung.
  4. Über eine Verweisung des Hans von Emershofen wegen einer Forderung auf die Ämter Balingen und Ebingen durch Graf Ulrich den Vielgeliebten ums J. 1480 s. Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins 16, 479 ff.
  5. Tragbotho miles dictus de Niwenegge (Neuneck) um 1270 scultetus in Balgingen (Mon. Zolleran. 1, 88).
  6. Es werden hier unter die Untervögte auch Schultheißen gemischt, wie z. B. fürs Jahr 1397 der in Monum. Zolleran. 1, 336 erwähnte Schultheiß Eberlin Byter, der Junge. – Die beigesetzten Zahlen bedeuten bisweilen nur das erste oder letztmalige bekannt gewordene Vorkommen des Betreffenden, nicht gerade die ganze Zeitdauer seiner Amtsverwaltung.
  7. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden Versuche gemacht, die alte in Abgang gekommene Schatzungs- und Steuerfreiheit wieder zu erlangen. Sattler, Histor. Beschr. 2, 126.
  8. Dekan zu Balingen war von 1755–1774 M. Wolfgang Wilhelm Schmidlin, der 1774, wie es im Schwäbischen Magazin von 1776 p. 625 heißt, „zur Belohnung seiner Verdienste“ zum Prälaten in Maulbronn ernannt wurde.
  9. Zwar sagt ein Bericht des Ober- und Untervogts zu Balingen vom J. 1652, es befinden sich im Amt keine Weingärten und seien auch niemals solche gebaut worden, außer ungefähr 14 Morgen zu Frommern, so alle noch gebaut werden, allein was die früheren Zeiten betrifft, scheint derselbe nach Obigem doch wohl nicht ganz dem Sachverhalt zu entsprechen.
  10. Nach den „Beschwerden der württ. Landschaft“ vom J. 1605 beklagten sich Bürgermeister und Gericht zu Balingen, daß der Untervogt die von Alters gewöhnliche Steuer des 4. Pfennings in Erbauung und Besserung ihrer Stadtmauern nicht mehr reichen wolle (Patriot. Archiv für Deutschland 1, 339).
  11. Die Stiftung besteht noch heutzutage (vergl. oben S. 274).
  12. Bei manchen Ortsnamen, welche in den betreffenden Matrikeln vorkommen (z. B. Geislingen, Thailfingen), ist es meist wahrscheinlicher, daß sie nicht auf die Orte dieses Oberamts, sondern auf gleichlautende anderweitige Orte zu beziehen sind.
  13. Nicht in diesem Balingen, wie öfters angegeben wird, sondern in dem jetzt badischen Bahlingen am Kaiserstuhl ist geboren der weltweise und tiefgelehrte Carthäuser Gregorius Reisch (s. Stälin, W. G. 4, 157).


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