« Kapitel B 14 Beschreibung des Oberamts Böblingen Kapitel B 16 »
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15. Schaffhausen
mit der Ölmühle,
Pfarrdorf mit 734 Einwohnern, worunter 1 Katholik. Der nicht besonders große, meist aus wohl ansehnlichen Bauernwohnungen bestehende Ort liegt drei Stunden nordwestlich von Böblingen im Würmthale und zwar mit Ausnahme der Ziegelhütte und ein paar Häusern, ganz auf der rechten Seite des Flusses, theils in der Thalebene, theils an dem ziemlich steil gegen Westen geneigten Thalabhange. Beinahe von der höchsten Stelle des Orts schaut die schöne, massiv erbaute Zehentscheune wie ein Schlößchen in das Thal hinab. Die nicht sehr geräumige, etwas düstere Pfarrkirche liegt beinahe mitten im Ort und ragt, da sie auffallend nieder ist, nicht über die nächststehenden Gebäude hervor. Sie wurde 1585 vergrößert und erhielt bei einer durchgreifenden Renovation 1780 ihr gegenwärtiges, nichtssagendes Aussehen. Über dem südlichen Eingang steht „Hans Decker von Weil der Stadt, Werkmeister 1585.“ Über dem westlichen Eingang ist die Jahreszahl 1780 angebracht. Auf dem viereckigen, massiven Thurm mit Zeltdach hängen 2 Glocken, die größere mit der Umschrift: „gegossen von Heinrich Kurtz in Stuttgart 1838,“ auf der kleineren steht: „Komm zum Gottes Haus mit Freuden, da kann deine arme Seel sich waiden. Gottlieb Jacob Rechlin gos mich in Stuttgart anno 1746.“ Die Unterhaltung der Kirche hat die Stiftungs-Pflege. Der Begräbnißplatz wurde 1780 an das nördliche Ende des Orts verlegt. Zunächst der Kirche an der Straße von Stuttgart nach Calw liegt gesund und angenehm das zwar alte, aber gut erhaltene Pfarrhaus, dessen Unterhaltung dem Staat zusteht. Der Pfarrwohnung gegenüber steht das alte Rathhaus, welches zugleich die Schule und die Wohnung des Lehrers enthält. An der Schule unterrichten 1 Lehrer und 1 Lehrgehilfe. Eine Industrieschule mit 2 Lehrerinnen besteht. Früher führte die Poststraße von Stuttgart nach Calw durch das Dorf, die aber seit 1813 nur noch als Vicinalstraße benützt wird, übrigens bringt sowohl diese Straße, auf der man viel Holz und Kohlen aus dem Schwarzwald nach Stuttgart führt, als auch die am Ort vorbeiführende, frequente Vicinalstraße von Herrenberg nach Pforzheim, vielen Verkehr. Vier Pumpbrunnen und zwei offene, nie versiegende Brunnenstuben liefern hinreichend Wasser. Die Luft ist wegen der wasserreichen Thalebene etwas feucht und da| gerade das Thal von Süden nach Norden zieht und die ziemlich hohen Thalwände den Schatten des Morgens lange und Abends bald wieder in das nur einige 100 Schritte breite Thal werfen, so sind die Morgen und Abende auch den Sommer über kühl. Frühlingsfröste sind gerade nicht häufig; die Ernte tritt um 8 bis 10 Tage später ein als in der Gegend um Stuttgart. Der Habsberg zwischen Dätzingen und Schaffhausen bildet eine Wetterscheide und leitet gefährliche Gewitter ab, so daß Hagelschlag seltener vorkommt. Der Boden ist überall, wo nicht der Muschelkalk zu nahe der Oberfläche liegt, fruchtbar und enthält Kalkerde und Humus. An manchen Stellen, namentlich auf der rechten Seite der Würm geht der Kalkfelsen häufig zu Tage und liefert eine sehr unwillkommene Fülle von Steinbrocken. Wegen dieser Verhältnisse verlangt der Boden bedeutende Winterfeuchte und überhaupt mehr Regen als das Unterland, was ihm übrigens auch zu Theil wird, da der nahe gelegene Schwarzwald, auf den bekanntlich die Niederschläge aus der Atmosphäre bedeutender sind, auch noch Regen und Schnee in diese Gegend sendet. Die Einwohner halten auf äußere Zucht und Ordnung, sind sparsam, einfach und äußerst fleißig; schon den Kindern wird das Verlangen Etwas zu verdienen eingepflanzt. Altherkömmliche Gebräuche bei Hochzeiten u. s. w. sind noch üblich (s. d. allg. Theil), überhaupt hat die neue Sitte hier noch weniger Eingang gefunden als in einigen Nachbarorten. Ihr Vermögen ist ziemlich ungleich vertheilt, es gibt Wohlhabende und solche, die in mittelmäßigen Vermögensumständen sich befinden, während eine nicht unbedeutende Anzahl nur geringe, zum Theil noch verschuldete Güter besitzt und sich durch Taglohnen ihr Auskommen sichern muß, wozu das nahe gelegene Weil der Stadt, dessen ausgedehnte Landwirthschaft fremde Arbeiter erfordert, eine erwünschte Gelegenheit darbietet. Ackerbau, Viehzucht und Leineweberei bilden die Hauptnahrungsquellen. Die Güter liegen theils im Würmthal und an dessen Abhängen, theils auf der mit Mulden und Einschnitten durchzogenen Hochfläche und werden außer dem gewöhnlichen Dünger auch noch mit Jauche und Gyps verbessert. Wegen des steinigen Bodens haben die neueren Pflüge noch wenig Eingang gefunden. Im üblichen Dreifeldersystem baut man besonders Dinkel, weniger Hafer, Gerste, Roggen und Einkorn. In der zu 2/3 angebauten Brache werden Kartoffeln, Futterkräuter, Erbsen, Linsen, Angersen und etwas Reps gepflanzt. Brodfrüchte und Linsen, die wegen ihrer Schwere sehr gesucht sind, finden auf benachbarten Märkten Absatz. Auf den Morgen braucht man Aussaat an Dinkel 1 Scheffel, an Hafer 1/2 Scheffel, an Gerste 41/2 Simri und an| Roggen 3 Simri. Der Ertrag wird durchschnittlich zu 10 Scheffel Dinkel, 6–7 Scheffel Hafer, 5 Scheffel Gerste, 4 Scheffel Roggen und 6 Scheffel Einkorn pr. Morgen angegeben. Hopfen wird in neuerer Zeit mit gutem Erfolg gebaut. Die höchsten Ackerpreise sind 400 fl., die mittleren 200 fl. und die geringsten 30 bis 40 fl. pr. Morgen. Obgleich die Wiesen nicht bewässert werden können, so sind sie dennoch sehr ergiebig; ihre Preise bewegen sich von 300–600 fl. pr. Morgen. Von geringer Ausdehnung, übrigens im Zunehmen begriffen, ist die Obstzucht. Für eine tüchtige, ausgedehnte Baumzucht, namentlich für feinere Sorten, ist aber der Boden zu steinig und der Frühling zu rauh. An einem südlich gelegenen Würmthalabhange wurde früher Weinbau getrieben, der vor etwa 60 Jahren abging. Die ausgedehnte Rindviehzucht, welche sich mit einer guten Landrace beschäftigt, wird durch 3 Farren, von denen einen die Gemeinde und zwei die Widdumshöfebesitzer halten, gezüchtet. Gemästetes Vieh kommt ziemlich viel in Handel und bildet eine besondere Erwerbsquelle der Einwohner. Von geringem Belang und im Abnehmen begriffen ist die Schafzucht. Die Wolle wird theils von den Eigenthümern selbst verbraucht, theils nach Calw abgesetzt. Noch unbedeutender ist die Schweinezucht und Ziegen werden nur von einigen Unbemittelten gehalten. Dagegen wird die Bienenzucht eifrig betrieben; Wachs und Honig kommt nach Außen zum Verkauf. Was die Gewerbe betrifft, so befinden sich im Ort eine Mahlmühle, 2 Brauereien, 4 Schildwirthschaften, 2 Krämer und westlich vom Ort auf der linken Seite der Würm eine Ziegelhütte. Von den Professionisten sind die Weber am zahlreichsten, sie arbeiten meist gesellenweise für Fabrikanten und beschäftigen sich nicht nur mit Linnen, sondern auch mit Zeugles- und Bild-Weberei. Von den Nebengewerben ist die Handspinnerei, welche meist auf Bestellung getrieben wird, hauptsächlich zu bemerken. Arme Leute sammeln officinelle Kräuter und setzen sie an Apotheker ab. Die Gemeinde besitzt 200 Morgen Waldungen, die meist aus Laubholz und etwas künstlich gezogenem Nadelholz bestehen. Sie ertragen jährlich 30 Klafter und 2000 Stück Wellen, die an 44 holzberechtigte Familien vertheilt werden. Aus Eichenrinden und Eichenbauholz erlöst man jährlich etwa 300 fl., welche in die Gemeindekasse fließen. Die mit Bastardschafen beschlagene Weide trägt einen jährlichen Pacht von 250 fl. und das jährliche Pförchgeld belauft sich auf etwa 400–500 fl. Außer diesen Einnahmen besitzt die Gemeinde noch ein Capitalvermögen von 3000 fl.; das Vermögen der Stiftungspflege beträgt 5000 fl., ferner hat diese jährlich 14–15 Scheffel Dinkel- und 8–9 Scheffel Hafer-Zehenten| zu beziehen. An Stiftungen sind 500 fl. zu Brod für Arme vorhanden und der Staat hat denselben jährlich 20 Scheffel Frucht zu reichen. Außer den Muschelkalksteinbrüchen, die Kalk und Straßenmaterial liefern, befindet sich noch auf der Markung, unterhalb des Orts auf der linken Seite der Würm, ein Bruch im bunten Sandstein, der einzige im Bezirk; aus ihm werden gute Bau- und Werk-Steine gewonnen auch die Postamentwürfel für die Hofer’schen Pferde in Stuttgart, zum Theil über 300 Centner schwer, wurden hier gebrochen. Grundherr ist der Staat, welcher auch den großen Zehenten, der früher dem Kloster Hirschau zustand, bezieht; der kleine Zehente ist gleichfalls in die Verwaltung des Staats übergegangen. Den Heuzehenten besitzt derselbe von Alters her. Einige wenige Grundstücke sind der Stiftungspflege zehentbar, die sogenannten Widdumsgüter sind zehentfrei. Außer von dem Staat wurden noch von der Ortsstiftungspflege, von der Kirchen- und Schulfonds- Pflege, so wie von der Armenfondspflege Weil der Stadt grundherrliche Gefälle auf hiesiger Markung erhoben.

Das Ortswappen ist ein Schaf.

Nordwestlich vom Ort ganz in der Nähe desselben wird eine Stelle in der Würmthalebene „der Burgstall“ genannt, was auf eine frühere Befestigung hinweist. Ohne Zweifel war hier ein fester Punkt in der vormittelalterlichen Periode, die mit den Befestigungen, welche die Römer längs des Würmthals anlegten, zusammenhängt. Unfern dieser Stelle fand man Grundreste von Gebäuden, welche die Volkssage einem ehemaligen Siechenhaus zuschreibt. Von dem Burgstall aus ging eine alte Straße nach Weil der Stadt, die man die „lange Gasse“ nennt. Auf dem Kapelesberg nördlich vom Ort soll eine Kapelle gestanden seyn. b) Etwa 1/4 Stunde südöstlich vom Ort liegt an der Schwippe, ganz nahe der Einmündung derselben in die Würm, die mit holländischem Werk versehene Ölmühle, nebst Hanfreibe und Gypsmühle.

Schaffhausen war ursprünglich ein gräflich calwischer Ort, in welchem auch die Herren von Beutelspach Güter und Rechte besaßen; wenigstens gab Conrad von Beutelspach um 1110 hier eine Hube und ein Viertel der Kirche an das Kloster Hirschau (Cod. Hirs. 97 ed Stuttg.), welches durch einzelne Schenkungen und Ankäufe im 12., 13., 14. und 15. Jahrhundert immer mehr Güter und Rechte, zuletzt 1468 vollends den Ort bekam. Hauptbesitzer waren noch im 15. Jahrhundert die Markgrafen von Baden, nach ihnen Dieterich von Gemmingen; dieser verkaufte am 26. Juni 1464 das Dorf Schaffhausen mit all seinen Zugehörungen um 1500 fl. an| Graf Ulrich von Württemberg, welcher es schon am 27. Aug. 1468 um 1000 fl. und die Ermsmühle zu Neckartenzlingen an das Kloster Hirschau veräußerte (Besold 591 – 593), wodurch der Ort zum Klosteramt Hirschau gelangte. Im Jahre 1553, September 18., that indeß der Vogt in Böblingen dem Kloster kund, er habe von Württemberg den Befehl erhalten, wenn von Württemberg ein Vogtgericht gehalten werde, auch dabei zu seyn, da „der Fleck Schaffhausen in seine Amtsverwaltung mit dem Schirm gehöre“ (Besold 621).

Ehe Schaffhausen dem Cameralamt Merklingen (jetzt Sindelfingen) zugetheilt wurde, gehörte er zur vormaligen Kellerei Weil der Stadt.