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Lauterburg,


Gem. III. Kl. mit 629 Einw. a. Lauterburg, Pfdf. mit den Parz. b. Hirschrain und c. Ziegelhütte, 629 Einw., wor. 15 Kath., welche nach Bartholomä, O.A. Gmünd, gepfarrt sind.

Die oberste Einsenkung des Lauterthales ausgenommen, liegt dieser Gemeindebezirk ganz auf der Höhe des Albuchs. Die Gränzen bildet nördlich, westlich und südlich das Oberamt Gmünd und zwar die Gemeinden Lautern und Bartholomä. Ein weit gegen Süden vorspringender schmaler Strich Haideland umschließt einige Bartholomäer | Exclaven und gränzt auf einer kurzen Linie an Steinheim, Oberamts Heidenheim. Gegen Osten und theilweise Nord bildet Essingen die Gränze.

Hier auf der Höhe des weißen Jura, fast 2400 par. Fuß über dem Meere, fehlt es natürlich an Wasser. Nur einige Hülben sind vorhanden und im Dorfe ein 1843 gegrabener Pumpbrunnen; ein laufender findet sich erst 1/4 Stunde den steilen Berg hinab, unter der Ruine. In trockenen Jahren muß das Wasser häufig vom Essinger Weiher, 1/2 Stunde weit geholt werden, wozu Lauterburg das Recht hat, sowie auch das Vieh dort tränken zu dürfen. Das Klima ist rauh, jedoch gesund und der Boden nicht unfruchtbar. Unbequem sind die scharfen Winde und starken Nebel, welche letztere besonders durch die nahen großen Waldungen angezogen werden. Die Ernte ist immer 8–10 Tage später als im Thal. – Bäumen und Gartengewächsen werden oft die häufigen Frühlingsfröste verderblich. Überhaupt sind Abende, Nächte und Morgen auch im Sommer fast immer kühl. Die Bewohner sind ein kräftiger, fleißiger Menschenschlag, ihr Wohlstand ist aber in neuerer Zeit ziemlich in Abnahme gekommen; 1842 war ein großer Brand. Die Markung ist zwar groß, aber wenig fruchtbar.

Ackerbau und Viehzucht bilden für die Einwohner den Hauptnahrungszweig. Die 1830 Morgen Feldgüter haben bald mehr lehmigen, bald kalkigen oder sandigen Boden, sind jedoch meistens felsig und steinig. Es werden Haber, Gerste, Dinkel und Roggen gebaut, gerathen aber nur in feuchten Jahren reichlich; bei frühem Eintritt der Winterkälte ist schon oft der Haber auf dem Felde verfault. Durchschnittlich mag der Morgen ertragen von Dinkel 4–5 Scheffel, Roggen 21/2 Scheffel, Gerste 3 Scheffel und Haber 31/2 Scheffel. Daneben baut man Wicken, Kartoffeln, Rüben – auch Flachs, Hanf und etwas Sommerreps. Der Anbau geschieht größtentheils flürlich und die Brache wird wenig eingebaut.Die sogen. Mäder benützt man als Wechselfelder.

Der Dünger wird bei der großen Ausdehnung des Ackerfeldes sehr sorgfältig benützt, auch durch Mergel den Äckern nachgeholfen. Stallfütterung ist vorherrschend, doch wird im Spätjahr auf dem Felde gewaidet; denn Wiesen gibt es auf dieser Höhe nur wenige mit einem Ertrag von circa 12–15 Centner Heu und Öhmd per Morgen. Der Rindviehstand ist ziemlich stark, meist Limburger Race, auch werden Pferde gezogen. Die hiesigen Schafe sind mittel-Bastarde. Obstbaumzucht will auf dem steinigen Boden und in diesem scharfen Klima nicht recht gedeihen.

| In frühern Zeiten bestand die Gemeinde aus 7 Bauernhöfen und 31 Söldgütern; jetzt ist nur noch ein ganzer Hof vorhanden, alles andere sehr zerstückelt. Die Gemeinde selbst hat neben 666 Morgen Wald an Grundbesitz und Gebäuden 2195 fl. sammt 550 fl. Kapitalvermögen, ohne Schulden.

Die weiteren schönen Waldungen auf der Markung gehören der Freiherrl. v. Wellwart’schen Grundherrschaft, welche auch mehrfache, jetzt aber abgelöste Gefälle bezogen hat. Sie ist zugleich Eigenthümerin der lauterburger Haide, welche neuerer Zeit urbar gemacht wurde und pachtweise in den Händen theils von Lauterburger – größtentheils aber von Bartholomäer Bürgern sich befindet.

Der Zehnte gehört jetzt, wie in Essingen, zu 15/24 den Herren v. Wellwart-Essingen, 4/24 den Grafen v. Degenfeld, 5/24 den Neubronner Herrschaften. Es hat denselben Reinhard v. Wellwart 1470 vom Spitale Gmünd (dem Inhaber des Kirchsatzes zu Lautern) erkauft. Den großen Zehnten hat die Grundherrschaft seitdem im Besitz behalten, den kleinen 1722 zur Pfarrei gestiftet.

Die Gewerbethätigkeit ist nicht bedeutend, doch finden sich die nöthigen Handwerke und mehrere Weber, besonders Baumwollenweber. Manchen Verdienst liefert auch die Holzhauerarbeit in den Wäldern.

a) Lauterburg, das Pfarrdorf, 21/2 Stunden von Aalen entfernt, mit 99 Haupt- und 26 Nebengebäuden – ist in Folge des großen Brandes 1842 zum guten Theil neu aufgebaut in Riegeln und mit Ziegeldächern. Theilweise sind noch Strohdächer vorhanden. Das Dorf liegt in zwei Straßen (an den Wegen nach Essingen und Bartholomä) langgestreckt am Rande des Albuchs, mit weiter Aussicht und weithin sichtbar. Auf einem etwas tiefer liegenden Vorsprunge in’s Lauterthal steht die Ruine des Schlosses Lauterburg, aus dessen Nebengebäuden wohl das Dorf erwachsen ist. Ein Wappen am Schloßhofthurme trägt die Jahrszahl 1536. Die bürgerliche Gemeinde führt heutzutage die Schloßruine im Wappen; früher wurde sie nach einer von der wellwart. Grundherrschaft gegebenen „Dorfordnung“ verwaltet.

Ursprünglich war Lauterburg ein Filial von Lautern, in Folge der Reformation aber wiesen die Herren v. Wellwart ihre Hintersaßen nach Bartholomä, welches auch in wellwart. Besitze war. Nach dem Verkaufe von Bartholomä 1638 wurde Lauterburg mit Essingen unirt; der essinger Pfarrer hatte in der 1607 erbauten Kirche zu Lauterburg alle 14 Tage zu predigen. Die Einwohnerzahl war damals noch unbedeutend. Als diese aber bedeutend zugenommen | hatte, baten die Einwohner dringend um einen eigenen Seelsorger – bei dem weiten und schlechten Wege nach Essingen. Hauptsächlich durch die wellwart. Stiftung eines Kapitals von 3000 fl. kam 1721–22 die Fundation einer eigenen Pfarrei – ganz aus herrschaftl. Mitteln – zu Stande. Das Patronatrecht ist ganz wie der große Zehnte getheilt. Nach Lauterburg pfarren die evangelischen (wellw.) Einwohner von Lautern, sowie die Katholiken in Lauterburg bis 1828 nach Lautern gehörten.

Die massive Kirche steht noch innerhalb der einstigen Befestigungswerke des Schlosses, von welchem aus ein bedeckter Gang in den herrschaftlichen Stand führte. Sie ist in ausgezeichneter Weise einfach und gewählt mit Stuccaturarbeiten ausgeschmückt (s. Evang. Kirchenblatt 1847, S. 108); auch enthält sie ein paar wellwartsche Denkmäler. Der 94′ hohe Thurm hat eine Uhr und 3 Glocken (von 1585, 1605 und 1607). Das Pfarrhaus wurde erbaut 1721. Die Baulast hat beidemal die Zehentherrschaft. Pfarrer und Schullehrer setzt gegenwärtig (vergl. Neubronn) ausschließlich die v. wellwartsche Gutsherrschaft. Die Schule fordert zwei Lehrer, bis jetzt aber ist blos einer aufgestellt. Der Kirchhof, ziemlich entfernt vom Dorfe, hoch und frei gelegen und ummauert, ist 1833 erweitert und 1840 durch Vertrag mit der Herrschaft von der Gemeinde übernommen worden, welche ein Stiftungsvermögen von circa 4160 fl. besitzt, das die kirchlichen Bedürfnisse befriedigt und zur Armenunterstützung dient.

Bei dem Mangel an guten Wegen ist die Lage Lauterburgs sehr abgeschnitten. Anders war es noch im 14. Jahrhundert, wo eine frequente Straße das Remsthal herauf über Lautern und Lauterburg nach Heidenheim und Augsburg führte; zu Beherrschung dieses Passes mag wohl auch die Burg erbaut worden seyn. Weggeld ist bis 1806 für Wellwart in Lautern erhoben worden.

In der Geschichte finden wir Lauterburg zuerst im Besitze der auf dem Albuch und Hertsfeld reich begüterten Grafen von Dillingen, und zwar der pfalzgräflichen Donauwörther Linie. Anno 1128 heißt Adalbert palatinus – de Luterburch und bei Stiftung des Klosters Anhausen 1125 zeigt sich, daß dieselbe Linie in der ganzen Umgegend Güter besaß. Ja es mußte sogar der Abt von Anhausen jährlich 2 Malter Vogtrecht, aus Dettingen und Heuchlingen, in’s Schloß Lauterburg liefern, die erst 1813 abgelöst worden sind. Im Jahre 1191 starb der letzte Sprößling dieser Pfalzgrafen und sein Erbe kam an die Hohenstaufen, welche nun die edle Familie der Haggen (s. A, VII. S. 151.) damit begabt zu haben scheinen, sowie mit dem benachbarten Schlosse Rosenstein. Denn anno 1257 zeugte Waltherus Haggo, nobilis de Luterburc, der 1269 bereits Waltherus Haggo de | Welzsteine heißt, obgleich er noch das Siegel führt W. H. de Lutterburg; noch 1338 heißt einer seiner Nachkommen: der Haugke vom Rosenstein. In den Besitz Lauterburgs, sammt Essingen und Aalen sind die Grafen von Öttingen gekommen, weßwegen z. B. 1345–57 in Lauterburg ein öttingscher Vogt saß. Nicht lange nachher verpfändeten die Grafen v. O. Lauterburg und Rosenstein die Burgen sammt den Städtchen Aalen (s. d.) und Heubach an Graf Eberhard v. Wirtemberg. Dieser mußte jedoch in Folge des Schorndorfer Friedens 1360 die ganze Pfandschaft an Kaiser Karl IV. abtreten, welcher dieselbe von den Grafen von Öttingen erkaufte und nun an das Reich abtrat. Weil aber Karl IV. den Grafen von Wirtemberg ihre Pfandsumme von 13.000 Pf. Hellern nicht abzutragen vermochte, so blieben Lauterburg und Rosenstein mit Zubehörde im wirtemb. Pfandbesitz.

1405 zum erstenmal und bis 1429 heißt Georg III. v. Wellwart, „zu dieser Zeit zu Luterburg gesessen“, vielleicht als wirtemb. Vogt. Denn erst vom 25. Mai 1413 wurden Veste Lauterburg und Dorf Essingen dem Georg v. Wellwart für dargeliehene 1170 fl. ungarisch und 2370 fl. rh. verpfändet, bis Kaiser und Reich die Pfandschaft auslösen wollen. Nach 1429 saß Georg in Hohroden, aber sein Sohn wieder zu Lauterburg, wovon sich später gewöhnlich diese Hauptlinie nannte. Rennwart v. Wellwart erhielt 1470 weitere 540 fl. auf die Pfandsumme geschlagen, für Bauaufwand am lauterb. Schlosse; 1479 aber kaufte er von Graf Eberhard „Lauterburg das Schloß sammt Höfen, Weilern und Weilerstätten und Essingen unser Dorf mit Höfen, Sölden und eigenen Leuten“ u. s. w. sammt der Vogtei – um 1170 fl. hungarisch und 6210 fl. rh. Die Grafen entsagen ihrem Lösungsrechte, außer wenn Kaiser und Reich lösen wollten. Jedoch sollen die Herren v. Wellwart die Erwerbung als wirtemb. Erblehen tragen. Die Zubehörden der Veste sind gewesen der Weiler daneben, ein Theil von Lautern sammt dem jetzigen Marktflecken Bartholomä und wahrscheinlich einige von den noch jetzt zu der Herrschaft gehörigen Gütern in Beuren unter den Bergen (O.A. Gmünd), wohl auch sonst noch einige Güter, z. B. in Mögglingen. Wirtemberg gegenüber behaupteten späterhin die Herren v. Wellwart (jedenfalls schon im 17. Jahrh.), Lehen sey nur das Schloß innerhalb seines Grabens, alles übrige frei erkauftes Allod, weßwegen sie auch gegen die Leistung der Lehenspflicht in Kriegszeiten sich sträubten.

Georg Wolf († 1612) v. Wellwart war ein großer Freund vom Bauen (s. die Kirche) und hat das Schloß stattlich 1594 neu aufgebaut (freilich auch den schönen Kollmannswald verkauft). 1732 ist dasselbe durch Unvorsichtigkeit ganz ausgebrannt, weßwegen Sebastian | v. Wellwart nach Neubronn seinen Sitz verlegte. Die Mauern der Ruine fangen allmälig an nachzugeben; 1848 stürzten 2 Pfeiler ein. Noch sieht man auf einer Seite den tiefen Graben und die Reste von 3 Mauerthürmen.

Durch den Untergang des Römischen Reichs ist die Krone Wirtemberg Obereigenthümerin der Pfandschaft Lauterburg geworden.

In der Nähe von Bartholomä, 3/4 Stunden von Lauterburg, liegt auf der „Haide“ seit etlichen Jahren

b) Der Hirschrain, d. h. 2 am sogen. Hirschrain erbaute Häuser, von denen eines Sr. Hoheit dem Prinzen Friedrich Paul Wilhelm zugehört. In der Nähe ist eine Hülbe.

c) Die Ziegelhütte auf der Haide ist schon lange erbaut, die beim Dorf aber in neueren Zeiten errichtet worden.




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