Bericht Dises recht Wunder- und seltzamben Taschenspilers

Textdaten
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Titel: Bericht Dises recht Wunder- und seltzamben Taschenspilers
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Erscheinungsdatum: ca 1700
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Quelle: im VD17 unter der Nummer 12:203975G bzw. Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Flugschriften des 17. Jahrhunderts
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[1]

Bericht
Dises recht Wunder- vnd seltzamben
Taschenspilers /
Welcher von Jugend auff gantz
stumm vnd taub ist / jedoch solche curiose vnd
rahre Sachen spillet / daß dergleichen villeicht
wenig oder gar nicht gesehen worden.
GEORG ENDERLIN,
Wie er dann die Gnade gehabt / vor Grossen
vnd Hohen auch andern Stands-Personen seine
Kunst zu spillen; worüber er glaubhaffte Attestationes
auffzuweisen hat.


     [2] ERstlich nimbt er 2. Becher / vnd wirfft einen durch den andern: auch in die Höhe / so er allzeit wider in einem Becher fangt.

     Nimbt er ein Männlein / steckts in ein Küttlein / nimbt hernach sein Stab / bläßt vnter das Küttlein / so verlieret sich das Männlein; darnach bringt ers auff eben dise Weise widerumb hinein.

     Nimbt er 2. eiserne Nägel / legt sie in ein Glut-Pfann / daß sie glüend werden / vnd verschluckt selbige hernach / daß es jedermann sehen kan.

     Stellet er die 3. Becher auff den Tisch / vnd legt auff den mittlern eine Kugel / auß welcher er 3. machet / darnach nimbt er eine / verschluckt sie / vnnd bringts mit Verwunderung vnter den mittlern Becher. Wie auch legt er vnter den lincken Becher eine Kugel / vnd bringts vnter den zur rechten stehenden Becher. Darnach legt er wider auff jeden Becher eine Kugel / nimbt aber die zur rechten / vnd bringts durch den Tisch vnter den mittlern Becher.

     Legt er vnter jeden Becher eine Kugel / nimbt aber die zur rechten vnd lincken wider hervor / verschluckt eine nach der andern / vnd bringts hernach zusammen vnter den mittlern Becher.

     [3] Ferner stürtzt er die 3. Becher übereinander / verschluckt hernach 3. Kugeln / eine nach der andern / vnd bringt alle 3. vnter den vntersten Becher. Auch

     Nimbt er ein Hand voll Korn / so er vorher jedermann sehen läßt / daß es Korn ist / macht Mehl darauß / vnd hernach auß dem Mehl wider Korn. Wider

     Nimbt er eine kleine Kugel / verschluckt selbige / bringt dargegen 2. Ballen vnter den mittlern Becher / vnd ein dergleichen vnter den zur lincken.

     Legt er gedachte 3. Ballen auf die 3. Becher / darvon verschlickt er einen / bringt aber dargegen ein lang messing Rohr auß dem Mund / solches verschlickt er wider / welches jhm hernach hinten auß dem Rock fällt.

     Nimbt er den andern Ballen / verschlickt solchen / vnd zieht dargegen 20. Bendel von allerhand Farben auß dem Mund.

     Verschlickt er den dritten Ballen / vnd wirfft dargegen in die 25. Bendel auß dem Mund.

     Nimbt er ein Lädlein mit Geld / legt darvon fünff Stuck auff den Tisch / nimbts hernach in die lincke Hand / vnd bringts vnter den Tisch / macht darauff / daß die andern alle / an der Zahl 70. durch den Tisch in seine Hand kommen / dargegen ligen 3. Wirffel vnter dem Geld-Lädlein an statt deß Gelds.

     Nimbt er 2. Schnuptücher / legt auff jedes fünff Stuck Geld / wickelt beyde zusammen / vnd gibt jedes [4] einer Person in die Hand / solche mags so starck zusammen halten als sie kan; wird darauff machen / daß alle 10. Stuck auß deß einen in deß andern Facinetlein[1] kommen.

     Legt er 10. Stuck Geld auff den Tisch / daß es jedermann sihet / gibts darauff einem alle 10. in die Hand / wird darnach machen / daß er nur 5. in der Hand hat / die andern 5. wird ein anderer in der Taschen haben.

     Nimbt er ein Buch / läßt darein blasen / vnd stellt darauß vnterschidliche Gemählde vor / darnach die Person ist / so drein blaset.

     Nimbt er 2. schwartze höltzerne Becher / füllt darvon einen voll Korn / deckt über denselben sein Hut / vnd über den leeren auch einen / bringt hernach das Korn also verdeckt von dem vollen in den leeren / darnach wider von einem in den andern: vnd zuletzt also verdeckter mit Verwunderung in seine Taschen.

     Nimbt er ein grosses Kartenspil / läßt solches von einer andern Person mengen / wie sie selbst will / vnd alsdann mag dieselbige oder eine andere Person auß sechsen eine in Sinn fassen; hernach läßt er sichs wider mengen / vnd wird darauff den Brieff in einer andern Karten weisen / welchen sich die jenige Person in Sinn gefaßt.

     Widerumb macht er auß der Karten 3. Reihen / vnd auß selbigem mag eine Person ein Brieff sich in Sinn fassen; darauff die Karten widerumb mischen / [5] hernach wird er den in Sinn gefaßten Brieff über den Kopff hervor suchen / vnd darlegen / daß sich zu verwundern.

     Abermal nimbt er 5. Karten / da läßt er 3. Personen jede einen Brieff auß disen absonderlichen 5. Karten gedencken / darnach die Augen verbinden / vnnd wird einem jeden so verbundner seine in Sinn gefaßte Karten mit Verwunderung darlegen.

     Nimbt er ein Ring / wickelt denselben in ein Schnuptuch / gibts einem in die Hand / deckt einen Hut darüber / wird darauff den Ring mit den Zähnen durch den Hut auß der Hand ziehen / worüber sich zu verwundern.

     Gibt er einem ein Stuck Geld in den Mund / vnd an statt deß ers herauß nimbt / schlägt er denselbigen ein Schloß an den Mund.

     Füllt er ein Kändlein mit Wasser / trinckt dasselbige mit seinem Stab auß / sticht sich hernach mit einer Aal[2] in die Stirn / hebt das Kändlein an die Stirn / daß das hinein getrunckene Wasser durch das Kändlein in ein Glaß herauß rinnt / jedoch / daß ers weiß getruncken / rinnt es gantz roth herauß.

     Schneidt er ein Schnuptuch vnd Flor entzwey / vnd macht selbige mit Verwunderung wider gantz.

     Läßt er ein Band entzwey schneiden / vnd macht solches ebenfals widerumb gantz: vnd wann er solches gantz gemacht hat / läßt ers wider gantz entzwey [6] schneiden / darnach knüpfft ers zusammen / mißt selbige an seinem Stab / gibts darnach einem andern / vnd wanns derselbige auch messen will / ist das Band gantz / vnd kein Knopff mehr daran zu sehen.

     Nimbt er eine Karten / legt paar vnd paar auff den Tisch / da mögen 2. 3. 4. biß 5. Personen jede ein paar davon sich in Sinn fassen / hernach die Karten mischen / wird alsdann jeder Person die in Sinn gefaßte 2. Karten darlegen.


     So einige Liebhaber von vornehmen Stands-Personen / oder andere dergleichen wären / die Beliebung hätten jhn in jhr Logiament kommen zu lassen / so wird er auffwarten / nicht zweifflende / die Zuseher werden genugsambe Satisfaction überkommen / womit er sich denen Liebhabern diser stumm vnd taube Taschenspiller bestermassen recommendirt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Schnupptüchlein
  2. Ahle, spitz zulaufender, dünner Metallstift