Bekanntmachung: 21083) Bakunin

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Titel: Bekanntmachung: 21083) Bakunin
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aus: Allgemeiner Polizei Anzeiger Dresden, Bd. XXXV, Nro. 1, S. 5–7
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Erscheinungsdatum: 2. Juli 1852
Verlag: Druck der Teubner’schen Officin in Dresden
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Erscheinungsort: Dresden
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Bekanntmachung im Dresdner Polizeianzeiger über Michail Alexandrowitsch Bakunin
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[5] 21083) Bakunin, Michael, einer der einflußreichsten Führer der socialen Demokratie, geb. im J. 1814 zu Torschock im Gouvernement Twer in Rußland, ist der Sohn eines bei Moskau begüterten, im J. 1848 gestorbenen russischen Edelmannes. In der Artillerie-Schule zu Petersburg erzogen und im J. 1832 zum Artillerie-Offizier ernannt, erhielt Bakunin im Jahre 1834 auf sein Ansuchen den Abschied, u. lebte bis zum J. 1840, dem Studium der Geschichte u. der Philosophie, vorzüglich der Hegels sich widmend, theils auf dem Lande bei seinem Vater, theils in Moskau. Im J. 1840 ging Bakunin nach Berlin, um seine Studien an der dortigen Universität fortzusetzen, schloß sich dort den jüngern Heglianern an, wurde mit Arnold Ruge persönlich bekannt u. bald auf das Innigste vertraut, schrieb in dessen Jahrbücher mehrere Aufsätze über den Socialismus, dessen Einführung, sowie über die Errichtung von Förderativ-Republiken in Deutschland, um durch selbige die russischen Institutionen zu stürzen, einen Plan, den er namentlich von seinem Aufenthalte in der Schweiz an (1842) „als Lebenszweck“ beharrlich verfolgte. Das Jahr 1841 verlebte Bakunin in Dresden u. machte hier unter Andern auch die persönliche Bekanntschaft des im J. 1849 als [6] Mitglied der provisorischen Regierung Sachsens steckbrieflich verfolgten u. vor Kurzem in der Schweiz verstorbenen ehemaligen Regierungsrathes Todt[WS 1] u. des wegen Betheiligung am Mai-Aufstande in Dresden gleichfalls verfolgten u. ebenfalls in die Schweiz geflüchteten Professor Köchly[WS 2]. Von Dresden begab sich Bakunin nach der Schweiz, wo er ein Jahr lang theils in Zürich, theils in Genf lebte, mit den dortigen Communisten in Verbindung trat und sich mit einem Werke gegen die russische Regierung über Polen beschäftigte. Hier erhielt er zu Anfang des Jahres 1843 Seitens der russischen Regierung die Aufforderung, nach Rußland zurückzukehren, leistete jedoch diesem Befehl keine Folge, begab sich vielmehr nach Belgien, lebte 4 Monate in Brüssel u. ging von da nach Paris, woselbst er sich bis Dec. 1847 aufhielt. In Folge einer Rede, die er im Interesse der Vereinigung polnischer u. russischer Regierungsfeinde vor einer großen Versammlung öffentlich gehalten hatte[WS 3], mußte er Paris auf Befehl des Ministeriums Duchatel[WS 4] verlassen. Bakunin begab sich zunächst wieder nach Brüssel, kehrte aber bei dem Ausbruche der Februar-Revolution nach Paris zurück, schloß sich dort Ledru-Rollin[WS 5] an u. verließ im April 1848 mit dem größten Theil der zu Paris lebenden Polen Frankreich, um sich in das Großherzogthum Posen zu begeben, wurde jedoch durch das Polizei-Präsidium zu Berlin an der Ausführung seines Entschlusses behindert, erhielt indeß die Erlaubniß, nach Breslau zu gehen. Auf eine Einladung des im Mai 1848 zu Prag eröffneten Slavischen Congresses begab sich Bakunin nach Prag, nahm lebhaften Theil an den Congreß-Arbeiten u. richtete namentlich sein Augenmerk auf eine Vereinigung der slavischen u. deutschen Demokraten, um einen zu befürchteten Raçenkampf zu vermeiden. In demselben Sinne schrieb Bakunin später die Broschüre: „Aufruf an die Slaven. Von einem russischen Patrioten Michael Bakunin, Mitglied des Slaven-Congresses in Prag. Köthen. Selbstverlag des Verfassers. 1848.“ Diese Schrift enthält nicht nur die offene Aufforderung zur Revolution, sondern auch die stärksten Invectiven gegen die russische u. österreichische Regierung. Einen zweiten Aufruf an die Slaven schrieb Bakunin, als die russischen Truppen, vereint mit der österreichischen Armee, die Revolution in Ungarn bekämpften. Dieser Aufruf findet sich auch in der ehemaligen „Dresdner Zeitung“ abgedruckt. Von Prag begab sich Bakunin wieder nach Breslau, welche Stadt er Ende Juli 1848 verließ, um nach Berlin zu gehen. Hier blieb er bis zum Sept. dess. J., verkehrte dort mit Dr. d’Ester[WS 6], den er früher zu Brüssel persönlich kennen gelernt hatte, wurde mit Waldek[WS 7] und Hexamer[WS 8] bekannt, erneuerte die Bekanntschaft mit Reichenbach[WS 9], mit dem er eben so wie mit Joh. Jacobi in Frankfurt zur Zeit des Vor-Parlaments, von Paris kommend, durch seinen Freund, den Professor Voigt aus Gießen, befreundet war, wurde zu den Berathungen der äußersten Linken der preußischen Kammern zugezogen, war bei der Organisation des demokratischen Central-Ausschusses behülflich, correspondirte für die französischen Zeitungen Reforme u. Nationale, schloß sich den zu Berlin sich aufhaltenden Polen an u. erwartete mit Bestimmtheit den Ausbruch einer Revolution Polens gegen Rußland. Nachdem sich Bakunin auf kurze Zeit von Berlin nach Breslau gewendet hatte, wo er in einer öffentlichen Demokraten-Versammlung eine revolutionaire Rede zu Gunsten der Slaven hielt, wurde er aus Preußen gewiesen u. begab sich zunächst nach Dessau u. Cöthen, welche letztere Stadt er Ende 1848 verließ, um nach Leipzig zu gehen, da er sich in Sachsen unter dem damaligen Ministerium sicherer glaubte. In Leipzig wohnte Bakunin zuerst in dem durch [7] die Zusammenkünfte der exaltirtesten Demokraten seiner Zeit berüchtigten Gasthofe zum Hahn u. zog später zu seinem Freund u. Gesinnungsgenossen, dem wegen Betheiligung am Mai-Aufstande steckbrieflich verfolgten Buchhändler Ludwig Schreck, vermied jedoch alles öffentliche Auftreten, wie er denn auch polizeilich nicht angemeldet war. Zu Anfang März 1849 wendete sich Bakunin nach Dresden u. wohnte hier unter verschiedenen Namen heimlich bei mehreren seiner Freunde, namentlich bei dem Musikdirektor Röckel[WS 10], – jetzt im Zuchthause zu Waldheim detiniert – u. bei dem Redacteur der Dresdener Zeitung Wittig, – jetzt landesflüchtig in Paris lebend –. Zu Bakunins nächster Umgebung gehörten damals außer den genannten Röckel und Wittig, Advocat Tschirner[WS 11], nachmaliges Mitglied der provisorischen Regierung, Kapellmeister Wagner, als Mai-Rebell später steckbrieflich verfolgt, die Mitglieder der äußersten Linken des damaligen Landtages Böttcher und Jäckel[WS 12], Ersterer im Straßenkampfe in der Mai-Revolution erschossen, Letzterer gegenwärtig steckbrieflich verfolgt u. landesflüchtig, sowie die zu revolutionairen Zwecken von Paris nach Dresden gekommenen Polen Heltmann u. Krzsanovski. In Leipzig u. Dresden hatte sich Bakunin zunächst mit den Vorbereitungen einer Revolution in Böhmen beschäftigt, welche gleichzeitig mit der sächsischen Erhebung u. dem Aufstande in Baden u. der Pfalz ausbrechen sollte, hatte auch für die Zwecke dieser Revolution seinen Freund Röckel nach Prag an die dortigen Häupter der Verschwörung abgesendet, um die gewünschte Combination herzustellen. An dem für die Wünsche seiner Partei im Mai 1849 in Dresden zu früh ausgebrochenen Aufstande nahm Bakunin den thätigsten Antheil, u. führte Anfangs mit den Polen Heltmann u. Krzsanovski später allein das Ober-Kommando, versuchte nach der Einnahme Dresdens den Bürgerkrieg weiter in das Land zu tragen, wurde aber schon am 10. Mai gemeinsam mit dem Mitglied der provisorischen Regierung Heubner[WS 13] zu Chemnitz arretirt u. zur Untersuchung nach Dresden abgeführt. Hier hat er sich bis zum 28. August 1849 u. von da ab auf der Festung Königsstein in Haft u. Untersuchung befunden, bis er am 13. Jun. 1850, nachdem die ihm zuerkannte Todes-Strafe auf dem Wege der Gnade in lebenslängliches Zuchthaus verwandelt worden, an die österreichische Regierung abgegeben wurde. Die zuerst am Hradschin zu Prag gegen Bakunin geführte Untersuchung wurde im Frühjahre 1851 zu Ollmütz beendet, u. ist Bakunin dem Vernehmen nach später an die russische Regierung ausgeliefert worden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Carl Gotthelf Todt, deutscher Jurist und Politiker
  2. Hermann Köchly, deutscher Altphilologe
  3. vgl. Rußland wie es wirklich ist!
  4. Charles Marie Tanneguy Duchâtel, frz. Innenminister 1840-48
  5. Alexandre Ledru-Rollin, frz. Politiker, 2 Monate Innenminister nach der Februarrevolution 1848
  6. Carl d’Ester, deutscher Arzt, Publizist und radikaler Demokrat
  7. Benedikt Waldeck, deutscher Politiker
  8. Adolf und/oder Wilhelm Hexamer, deutsche Revolutionäre
  9. Eduard von Reichenbach, preußischer Adeliger und demokratischer Politiker
  10. August Röckel, deutscher Dirigent und Komponist
  11. Samuel Erdmann Tzschirner, deutscher Jurist und Politiker
  12. Eduard Theodor Jäkel, deutscher Zeitungsherausgeber, Schriftsteller und Politiker
  13. Otto Leonhard Heubner, deutscher Jurist, Politiker und Dichter