Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Živković, Baron
Band: 60 (1891), ab Seite: 190. (Quelle)
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Zivny, Karl (Publicist, geb. zu Loschitz in Mähren am 14. November 1858). Slave von Geburt, wie es schon sein Name andeutet, kam er um die Mitte der Siebziger-Jahre nach Wien, wo er an der Hochschule die juridischen Studien beendete. Nachdem er an der Universität in Krakau den juridischen Doctorgrad erlangt hatte, trat er zu [191] Beginn der Achtziger-Jahre in die Redaction der später eingegangenen Zeitschrift „Tribüne“ als Mitarbeiter ein und heiratete dann die älteste Tochter des Eigenthümers dieser Zeitung, des Publicisten Skrejšowsky [Bd. XXXV, S. 85]. Gleichsam als Mitgift erhielt er von seinem Schwiegervater die diesem gehörige Wochenschrift „Der Parlamentär“, welche er im panslavischen Geiste redigirte. Sein Hauptaugenmerk richtete er auf die orthodoxe Kirche der Slaven, in deren Sinn er jederzeit wirkte. Er selbst legte mit seiner Frau seinen Glauben ab und trat zur orthodoxen Religion über. Die Redaction des „Parlamentär“ und die Privatwohnung Zivny’s ward fortwährend von den in Wien weilenden südslavischen Studenten und vornehmlich von den dem Panslavismus huldigenden besucht. Zivny selbst wollte nur Russe werden, und in seiner Wohnung mußte alles russisch sprechen. Die von ihm redigirte Wochenschrift behandelte fast ausschließlich südslavische Tagesfragen, dabei war sein ganzes Sinnen darauf gerichtet, daß sich alle Slaven einigen und den orthodoxen Glauben annehmen mögen. Diesen Gedanken behandelte er in allen nur denkbaren Variationen in seinen Vorträgen, welche er in verschiedenen slavischen Vereinen und im Nationalitätenclub hielt. Zivny konnte als der Typus eines slavischen Fanatikers gelten; sein Denken und Fühlen, sein Sinnen und Trachten war ausschließlich der panslavischen Idee zugewendet. In der „Slavisirung Europas“ (!) erblickte er das einzige Heil für den Welttheil; Michael Katkoff war sein Gott, Moskau das Mekka, nach dem er seine Blicke richtete. Lange Zeit wirkte er in dieser Richtung, und war man auch über dieses Treiben bedenklich geworden, so ließ man es als ungefährlich einerseits nachsichtig hingehen, während Zivny selbst andererseits mit ungemeiner Vorsicht immer die Grenze, die er nicht überschreiten durfte, zu wahren wußte. Dadurch immer kühner und unvorsichtiger geworden, erweckte er mit den Aufsätzen: „Die Čecho-Slaven“ – „Die Russen Oesterreichs“ – „Die geschichtliche Lösung und die Slovenen“ doch endlich die Aufmerksamkeit des Staatsanwaltes, dem diese Aufsätze genügten, um gegen Zivny die Anklage auf Verbrechen des Hochverrathes zu erheben und zu begründen. Es ist nicht die Aufgabe dieses Werkes, den Gang des Processes zu verfolgen. Am 24. December 1887 wurde Zivny wegen Verdachts des Verbrechens des Hochverrathes in Haft genommen, und am 22. Februar 1888 begann die Gerichtsverhandlung, welche Ende genannten Monats mit der Freisprechung des Angeklagten schloß. Wie fadenscheinig der sogenannte russische Patriotismus Zivny’s sich aus der Verhandlung herausstellte, wie derselbe mit russischen Rubeln von den verschiedensten Seiten erkauft und genährt worden, brachte in fast schreckenerregender Weise die Verhandlung zu Tage. Der Vertheidiger Dr. Markbreiter verstand es aber dadurch, daß er diese Russophilie ins Lächerliche zog, die Sympathien der Geschworenen für den Angeklagten zu gewinnen, da diese wohl erwogen, daß es nicht gut sei, aus nationalen Fanatikern politische Märtyrer zu machen. Die Stelle in Dr. Markbreiter’s Vertheidigungsrede, in welcher ein Hinweis auf des Fürsten Bismarck Februar-Rede 1888 – also gerade die Zeit, in welcher auch Zivny’s Gerichtsverhandlung stattfand – vorkommt, indem er mit leiser Ironie meint: „Der Herr Staatsanwalt wird daher [192] nicht böse sein, wenn ich (der Vertheidiger nämlich) bezüglich der Beurtheilung der politischen Verhältnisse nur noch einen Mann über ihn stelle – den Kanzler des deutschen Reiches. Gerade diesem Mann von übermenschlicher Fernsicht sollte die Gefahr entgangen sein, welche dem Frieden durch den „Parlamentär“ droht? Fürst Bismark ist es nicht gewöhnt, nur für den nächsten Tag zu sorgen, er sieht sogar so weit in die Zukunft, wie der Hochverraths-Paragraph des österreichischen Gesetzes. Er ist um unsere Integrität beruhigt, die hohe Staatsbehörde aber meint, Dr. Zivny muß verurtheilt werden, sonst muß für die Erhaltung des Friedens gefürchtet werden. Der Eine fürchtet aber nur Gott, der Andere schon den „Parlamentär“ u. s. w.“ – diese feine Ironie wirkte mehr als alle Beweisgründe, welche die wirkliche Schuld Zivny’s darlegten, und stimmte die Gemüther der Geschworenen auf die richtigen Töne, welche auf Freisprechung lauteten. Zivny lebt als Redacteur des „Parlamentär“ und Schriftsteller in Wien.

Augsburger Abend-Zeitung (kl. Fol.) 25. und 29. December 1887; 1888, Nr. 54, 56, 60 und 62. – Und die Wiener politischen Journale der zwei letzten Februar Wochen 1888.