Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Zötl, Therese
Nächster>>>
Zoff, Alfred
Band: 60 (1891), ab Seite: 233. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Hans Zötl in der Wikipedia
Hans Zötl in Wikidata
GND-Eintrag: 1156499755, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Zötl, Hans|60|233|}}

Zötl, Hans (Culturhistoriker und Dialektdichter, geb. zu Schärding in Oberösterreich 4. September 1846). Er besuchte die ersten sechs Grammaticalclassen am Gymnasium zu Linz. Dort brachte er sich durch Aufsuchen, Sammeln und Verkauf von Käfern und Schmetterlingen, später durch Unterrichtgeben fort, ohne seine gute Laune und den frischen Muth über den Mühseligkeiten seines Fortkommens zu verlieren. Gesellige Zusammenkünfte mit gleichgesinnten Kameraden und Ausflüge in Gottes herrliche Natur, wobei sie auf dem Lande die Gesänge, Lieder, Sitten und Bräuche des Volkes kennen lernten, brachte ihn über manchen Mangel und manche Entbehrungen hinweg. Bei diesem lustigen Leben als Gymnasialschüler gerieth er aber mit einem strengen Lehrer beinahe in Conflict, dem er mit noch etlichen Kameraden durch die Uebersiedlung nach Krems entging, wo die Patres Piaristen gegen Uebermuth mildere Praxis übten. In Krems fand sich Zötl mit noch einigen Kameraden zu einem bezeichnend „Weltschmerz“ getauften Bunde zusammen, und das lustige, aber doch immer ideale Ziele im Auge behaltende Studentenleben setzte sich daselbst fort. Als es dann dazu kam, einen Beruf zu wählen, war er nahe [234] daran, in den Orden der frommen Schulen einzutreten, aber ein feinfühliger Pater erkannte in dem lebensfrohen Jünglinge, daß derselbe nicht das Zeug fürs Klosterleben besitze, und rieth ihm ab. So ging denn Zötl nach Wien und begann auf den Rath seines älteren dort als Erzieher lebenden Bruders das Studium der Rechte; auch da machte er ob Mangel an Subsistenzmitteln den Kampf ums Dasein mit und blieb Sieger. In diese Zeit seines Wiener Aufenthaltes fällt seine erste und nachhaltige Anregung in heimatlichen Dingen, und zwar von dem oberösterreichischen akademischen Verein Germania, der in einer etwas älteren Studentenverbindung am Linzer Gymnasium wurzelte. Nachdem er die juridischen Studien beendet hatte, trat er im August 1870 bei dem Wiener Landesgerichte in Strafsachen in die Praxis; anderthalb Jahre arbeitete er daselbst, verdingte sich Nachmittags bei einem Notar und studirte Nachts für die Rigorosen, die er dann auch mit Unterstützung eines Vetters in Gmunden in rascher Folge ablegte. Aber mit dem Doctordiplom in der Hand, war er durch Anstrengung körperlich ganz herabgekommen; durch seinen menschlich gesinnten Vorsteher beim Landesgerichte wurde ihm nun seine Versetzung als Auscultant nach Gmunden erwirkt, wo er sich das Jahr über, welches er dort blieb, vollends erholte. Auf sein Ansuchen in den oberösterreichischen Status versetzt, kam er von Gmunden nach Urfahr-Linz, im Sommer 1874 als Adjunct nach St. Johann im Pongau, welches er nach zehn Monaten verließ, um die Amtsleitung des Bezirksgerichtes Saalfelden im Pinzgau zu übernehmen, wo er die Aufgabe, die in ziemlicher Unordnung befindlichen amtlichen Zustände zu ordnen, nach Jahresfrist glücklich löste. Hierauf unternahm er eine Erholungsreise, auf welcher er ganz Italien bis nach Neapel hinab besuchte. Anfang 1877 kam er wieder nach Urfahr-Linz, wo er bis 1885 verblieb und in dieser Zeit den Turnverein und andere gemeinnützige Sachen gründete. Im Februar 1885 übernahm er seine jetzige Stelle als Bezirksrichter in Leonfelden. Wie bereits bemerkt, schon in Wien, als er Mitglied der Germania war, erwachte in ihm das Interesse für das Eigenthümliche in Sprache, Gesang, Sitte u. s. w. seiner engeren oberösterreichischen Heimat. Als er dann im Jahre 1882 mit den Dichtungen Stelzhammer’s näher bekannt wurde, benützte er die nächste Ferienreise, um die Heimat des Franz von Piesenham, wie Stelzhammer im Volke heißt, zu besuchen, und nun stieg der Gedanke in ihm auf, das Andenken dieses echten Volksdichters in seiner Heimat wach zu erhalten; so regte er den „Stelzhammer-Bund“ an, dessen Aufgabe es sein soll und ist, die heimischen Dichtungen zu sammeln, den Dialekt richtig zu stellen und durch gute und zugleich billige Ausgaben der beliebtesten Volksdichter im Volke zu verbreiten. Er trat mit gleichgestimmten Freunden, mit Dr. A. Matosch, H. Commenda, Dr. Hans Schnopfhagen, F. S. Reiter und Ph. Norbert Hanrieder zusammen, und schon 1885 erschien die erste Sammlung ausgewählter oberösterreichischer Dialektdichtungen mit dem für die zukünftigen Veröffentlichungen gewählten Gesammttitel: „Aus da Hoamat“, worauf außer einer im Jahre 1888 erschienenen Anthologie von 36 oberösterreichischen Dialektdichtern mit kurzen biographischen Daten und einer Auswahl von Volksweisen und anderen Compositionen [235] die Bilder aus dem oberösterreichischen Dorfleben von Norb. Purschka, erster Band – der zweite kommt demnächst heraus – dann die Bilder aus dem Natur- und Volksleben der oberösterreichischen Alpen von Anton Schosser und Joseph Moser folgten. Von diesem Sammelwerk „Aus da Hoamat“, dessen Orthographie der bewährte Dialektkenner und Mitherausgeber der Ed. Zöhrer’schen „Krippelg’sangl“, Norb. Hanrieder besorgt, sind im Ganzen bisher fünf Bände in äußerst wohlfeiler, aber doch ungemein schmucker Ausgabe mit Bildnissen und Ansichten erschienen. Besitzt Zötl schon nach dieser Richtung ein unauslöschliches Verdienst, so bietet ihm seine Stellung auch sonst noch Gelegenheit, dem Landvolke sich nützlich zu machen. So rief er, um dem Greuel der baumlosen Wege und Stege, dem der Bauer doch aus Eigenem nicht abhilft, zu steuern, einen Verschönerungsverein ins Leben, der es verstand, dem Landvolke Lust und Liebe zur Obstbaumzucht einzuimpfen, und in kurzer Zeit waren im Bezirke Leonfelden allein über 40.000 Obstbäume gepflanzt worden; dann ließ er eine Baumschule für die Schulkinder anlegen und half, um andererseits der wirthschaftlichen Noth zu Hilfe zu kommen und den Gemeinsinn zu kräftigen, Raiffeisen- und Vorschußcassen-Vereine im ganzen Bezirke gründen, die sich alsbald sehr bewährten. So sehen wir denn in Zötl einen der thätigsten Förderer volksthümlichen Lebens und Denkens, der im Verein mit einigen wenigen wackeren Gesinnungsgenossen der Verflachung des einem jeden Volksstamme eigenthümlichen Lebens und Gebarens in praktischer Weise entgegenarbeitet, indem er dessen Lieder in ihrer Echtheit sammelt, verbreitet und über die Erhaltung der damit verbundenen Bräuche und Sitten sorgfältig wacht, wobei er es glücklich versteht, die mit seinem eigentlichen Berufe verbundenen Pflichten in politischer und humanitärer Richtung mit seinen culturellen Bestrebungen zu vereinen.

Aus da Hoamat. Volksausgabe ausgewählter oberösterreichischer Dialektdichtungen. Herausgegeben von Dr. H. Zötl, Dr. A. Matosch[WS 1] und H. Commenda. Zweite verm. Auflage (Wien 1888, Karl Groeger, 8°.) S. 341.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Matausch