BLKÖ:Wittasek, Heinrich Erasmus

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Witt, Johann von
Band: 57 (1889), ab Seite: 150. (Quelle)
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Wittasek, Heinrich Erasmus (Franciscanermönch, geb. zu Brünn am 26. Juli 1817). Ein Sohn armer Eltern, verbrachte er seine Knabenjahre im Dorfe Hustěnovic bei Velehrad, wo der Lehrer Franz Wals der Erste für die nationale Richtung des Jünglings maßgebend war. Da seine Mittel es ihm nicht gestatteten, die wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen, entschloß er sich, Lehrer zu werden. Jedoch die Furcht vor dem Soldatenstande bestimmte ihn, sich in den Franciscanerorden aufnehmen zu lassen, weil der geistliche Stand damals vom Militärdienste befreit war. So trat er denn im October 1840 bei den Franciscanern in Ungarisch-Hradisch als Mönch ein. Nachdem er 1841 das Noviciat beendet hatte, sandten ihn seine Oberen in ihr Kloster zu Zásmuk im Časlauer Kreise Böhmens, wo er am 27. Mai 1845 die Profeß ablegte. Daselbst hatte P. Cölestin Ausobsky, der damals für die „Květy“, d. i. Blüten, und andere čechische Unterhaltungsblätter schrieb, großen Einfluß auf ihn. Als Wittasek für einige Zeit nach Kuttenberg kam, lernte er dort den bekannten Agitator Havliček kennen und machte unter dessen unmittelbarer Leitung sozusagen die hohe Schule zur Erweckung des Nationalitätsgefühls durch. Nach dem Vorbilde seines Mentors begann er, um die Aufmerksamkeit der Behörden nicht zu erregen, im Stillen seine Saatkörner in besagter Richtung zu legen, was ihm in seiner Stellung als Mönch, der mit dem gemeinen Volke in die innigsten Beziehungen trat und unauffällig die Gemüther für seine Pläne bearbeiten und gewinnen konnte, nur zu leicht war und mit großem Erfolge gelang. Für die von Havliček redigirten Zeitungen „Slovan“ und „Národně noviny“ wurde er förmlich geheimer Agent, wo er konnte, empfahl er sie dem Landvolke und war für ihre Verbreitung unablässig thätig. Während seines Aufenthaltes in Zásmuk ließ er neben kleinen Andachtsbüchern das Büchlein drucken: „Kniha obsahnjíci pravidla a dějiny III. řádu sv. Františka“, d. i. Büchlein, enthaltend die Regeln und Geschichte des [151] dritten Ordens des h. Franciscus (der sogenannten Tertiarier), in welchem zum ersten Male die ganze heilige Messe in čechischer Sprache übersetzt stand, ein für den Laien geringfügiger Umstand, aber im Hinblick auf die im čechischen Volke heimlich fortschreitende hussitische Richtung von großem Belang und für die Čechisirung ein ungemein wirksames Mittel. Im Jahre 1851 erfolgte Wittasek’s Versetzung in das Kloster seines Ordens zu Turnau. In diesem damals noch durch und durch deutschen Orte legte er mit großem Erfolge die ersten Keime der allmäligen Čechisirung. Von dort schrieb er von 1860 ab als ständiger Correspondent für die „Národi listy“ und den „Boleslan“ und war auch unablässig bemüht für Verbreitung čechischer Journale und čechischer Büchersammlungen; ferner that er sich als fleißiger Mitarbeiter der „Hvězda Olomucká“, d. i. Olmützer Stern, des „Hlas“, d. i. Die Stimme, des „Pozor“, d. i. Der Beobachter, und des „Blahověst“, d. i. Der Evangelist, hervor. Auf seine Veranlassung bildeten sich čechische gesellige Vereine (Besedy) und entstanden Dilettantentheater zur praktischen Pflege des nationalen Gedankens. Er war der Erste, welcher auf das Grab des slavischen Forschers und Literarhistorikers Fortunat Durich [Bd. III, S. 394], eines geborenen Turnauers, aufmerksam machte, von welchem die Turnauer selbst nichts wußten. Er sammelte nun Durich’s Gedichte und gab sie mit anderen junger Poeten unter dem Titel: „Vinek na hrob Fortunata Duricha“, d. i. Kranz, gelegt auf das Grab des Fortunat Durich (Jungbunzlau 1861) heraus. Ferner veröffentlichte er in Turnau: „Granát Turnowský, monografie“, d. i. Der Turnauer Granat, Monographie, worin er die Fabrication dieser unechten unter dem Namen Turnauer Granaten bekannten Halbedelsteine beschreibt, die dort einen bedeutenden Handelsartikel bilden und weit in der Welt, nach der Türkei, in die Levante, nach Frankreich, nach America verführt werden; den Reinertrag widmete er zum Bau eines neuen Schulhauses in Turnau; dann „Pomněnka z luhů Velehradských“, d. i. Andenken an die Velehrader Gegend (Turnau 1863), worin er, nachdem er eine Reise nach Velehrad unternommen, die Geschichte dieses einst als Hauptstadt Mährens und Residenz der slavisch-mährischen Könige berühmten Ortes erzählt, und „Ubohá Marie, povídka“, d. i. Die arme Marie, eine Erzählung (Turnau 1867, 8°.). Indessen waren seine beharrlichen Bestrebungen in nationaler Richtung, die, weil er heimlich arbeitete, um so wirksamer sich erwiesen, doch nicht unbemerkt geblieben, und 1867 wurde er in das abgelegene Kloster zu Hájek bei Prag versetzt, wo er unschädlich war. Während seines kurzen Aufenthaltes daselbst gab er zahlreiche Volksschriften und auch Beschreibungen seines Aufenthaltes heraus, unter Anderem: „Posvatná kaple Loretanská v Hájku“, d. i. Die h. Lorettocapelle in Hájek, worin er die Geschichte des dortigen Klosters mittheilt; – „Hájecké okolí“, d. i. Die Umgebungen von Hájek, worin er eine Geschichte und Beschreibung der ganzen Gegend im nächsten Hinblick auf Handel, Gewerbe und Industrie erzählt, dann „Východ botanický v okolí Turnovském“, d. i. Botanischer Ausflug in der Turnauer Gegend, eine kurze Beschreibung der dort heimischen und sonst wachsenden Pflanzen (1870), und in deutscher Sprache: „Ein Ausflug nach Hájek-Waldi“ (Prag 1870). Im November 1870 wurde [152] Wittasek auf sein Verlangen nach Dačic, einem im Iglauer Kreise gelegenen Städtchen, versetzt.