BLKÖ:Wiser, Karl
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 56 (1888), ab Seite: 59. (Quelle) | |||
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[60] zu stürmen, war er sogleich zur Hand. An der Spitze eines Trupps Tambours durchzog er die Straßen und rief die Bürger zum Schutze ihrer bedrängten Mitbürger auf. Dann betheiligte er sich mit allem Eifer an den Vorarbeiten zur Erreichung der nöthigen Reformen in der Stadt- und Landesverwaltung, um den Wünschen aller Classen der Bevölkerung gerecht zu werden. Als nun der constituirende Reichstag nach Wien einberufen wurde, wählte ihn die Stadt Linz zu ihrem Abgeordneten. In der Sitzung vom 21. Juli zum Schriftführer des Reichstages gewählt, behielt er dieses Amt, nachdem viele seiner Collegen pflichtwidrig und feige den Reichstag verlassen hatten, bis Ende October; erschien auch in dem nach Kremsier verlegten Parlamente und blieb bis zur Sprengung desselben am 7. März 1849. Alle Kundgebungen dieses Reichstages tragen seine Unterschrift in der Eigenschaft des Schriftführers, so unter anderen die historischen Documente: „An die Völker Oesterreichs“ vom 7. October 1848, „An Seine Majestät“ vom 8. October, an Dieselbe vom 22. und 23. October u. s. w. Nach der Abdankung des Kaisers Ferdinand war Wiser Mitglied der Deputation, welche den Kaiser Franz Joseph in Olmütz zur Thronbesteigung beglückwünschte und dem Kaiser Ferdinand in Prag die Dankeskundgebung darbrachte. Als dann die Auflösung des Kremsierer Reichstages erfolgte, protestirte er mit Palacký und Rieger in Olmütz dagegen. Mit seinen Parteigenossen war er bestrebt, die gefährdeten Abgeordneten, darunter Kudlich, Goldmark und Füster, in Sicherheit zu bringen. Nun kehrte er nach Linz zurück, wo er seine Advocatenthätigkeit wieder aufnahm und sich die Förderung der Interessen dieser Stadt angelegen sein ließ. Die Ueberweisung der Armenversorgungsanstalt nach Linz, die Aufhebung der Fleisch- und Brodtaxe, die provisorische Organisirung des Gemeindeamtes Linz und der Landesvertretung sind sein Werk. Im Uebrigen hielt sich Wiser in den Jahren 1849 bis 1860 von aller Politik, von allen öffentlichen Angelegenheiten, nur seinem Advocatursberufe lebend, ferne. Nach dem Erscheinen der provisorischen Advocatenordnung von seinen Collegen zum Präsidenten der oberösterreichischen Advocatenkammer erwählt, wirkte er in dieser Eigenschaft viele Jahre ununterbrochen. 1861 wurde er in den Gemeinderath der Stadt Linz, hierauf am 10. April desselben Jahres in den Landtag, von diesem aber in das Abgeordnetenhaus des Reichsrathes erwählt, während ihn gleichzeitig die Regierung zum Stellvertreter des Landeshauptmanns ernannte. Im Abgeordnetenhaus deutscher Autonomist aus ganzer Seele, bewegte er sich stets gemäßigt und versöhnend innerhalb der Schranken des Gesetzes. Bei Gelegenheit der ersten Adresse, 1861, zeigte er in der Debatte seine ganze Selbständigkeit und beschwor den Sturm gegen sich herauf, dem er sich aber nicht beugte. Er erklärte sich gegen die Annahme der Propositionen des ungarischen Landtages und stimmte nicht mit ein in den allgemeinen Enthusiasmus. In Wien und in Linz schrie man, er sei unter die Čechen gegangen, welche auch den ungarischen Anträgen gegenüber sich ablehnend verhielten. Aber Wiser, der einzige Deutsche, der an der Spitze des čechischen Protestes stand, rechtfertigte sein Verhalten, denn er besaß den Muth – der Vielen in entscheidenden Augenblicken leider oft abhanden kommt – zu [61] reden und zu handeln, wie er dachte. Er hatte durch seine Abstimmung den constitutionellen Grundsatz vertheidigt: daß in einer parlamentarischen Versammlung Niemand das Recht habe, aus was immer für Rücksichten die Debatte über eine wichtige Frage abzuschneiden und die sofortige Annahme eines noch so loyalen Antrages gewissermaßen gebieterisch zu verlangen, sondern daß in solchen Fällen nur das öffentliche Wohl allein entscheidend sei. Am 10. April 1863 legte er sein Abgeordnetenmandat nieder. Im April 1873 zum Bürgermeister der Stadt Linz gewählt, entsagte er infolge von Geschäftsüberbürdung der Stelle des Vorstandes des liberalen politischen Vereines, die er bis dahin neben seiner Advocatur bekleidet hatte. Ueber seine Haltung als Abgeordneter gab es nur eine Stimme. Was er für gut erkannte, das verfocht er, er wollte immer nur die Sache, unbeschadet der Person, die ihn weiter nichts anging. In den Tagen der reactionären Schreckensherrschaft – nach 1850 – bewährte er sich als unbeugsamer Verfechter des Rechtes und machte mit beispiellosem Freimuthe seinem tiefverletzten Rechtsgefühle Luft. Dabei besaß er ein Pflichtgefühl, dessen sich wenige seiner Collegen in gleicher Weise rühmen dürften, sein Amt als Schriftführer des constituirenden Reichstages versah er mit solch treuer Hingabe, daß er keine einzige Sitzung versäumte. Noch sei erwähnt, daß Wiser Mitgründer der Linzer Realschule und Sparcasse ist. Am 6. März 1880 feierte er seinen 80. Geburtstag, aus welchem Anlaß die Wiener „Neue Illustrirte Zeitung“ in ihrem Festkalender das Bildniß des Jubilars brachte.
Wiser, Karl (Reichstagsabgeordneter, geb. in Wien am 6. März 1800). Ein Sohn des Wiener Hofjuweliers Anton Wiser, beendete er in seiner Vaterstadt das Gymnasium, den philosophischen Curs und 1824 das Studium der Rechtswissenschaft. 1825 trat er bei der k. k. Hofkammerprocucatur ein, erlangte dann in Wien die juridische Doctorwürde, machte die Advocatenpraxis, und 1835 zum Advocaten für Oberösterreich mit dem Sitze in Linz ernannt, wurde er bald ein gesuchter Rechtsanwalt. Als mit den Märztagen 1848 die bis dahin polizeilich niedergehaltene Sehnsucht nach politischer Freiheit sich ungestüm Bahn brach, griff er im Interesse des Volkes energisch ein, um dieselbe in gesetzliche Bahnen zu lenken, den Ueberstürzungen entschieden entgegenzutreten, Ausschreitungen hintanzuhalten und das Streben nach Freiheit und Verfassung mit den Geboten des Rechtes und der staatlichen Ordnung in Einklang zu bringen. Mit Hilfe Gleichgesinnter gelang es ihm, daß sich sowohl in Linz, wie auch im ganzen Lande Oberösterreich, keine Ausschreitungen ereigneten und die Ruhe vollständig erhalten blieb. Eine zahlreiche Deputation unter seiner Führung wurde nach Wien entsendet, um an den Stufen des Thrones bezüglich der Aufhebung des Unterthansverhältnisses zu petitioniren. Auch bei der Errichtung der Nationalgarde wirkte er thätig mit. Feind jeder gesetzwidrigen Ausschreitung, trat er derselben, wo sie sich Bahn zu brechen suchte, muthig und energisch entgegen. Als man daran ging, die Brodläden- Der Reichsrath. Biographische Skizzen der Mitglieder des Herren- und Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes u. s. w. (Wien 1861, Fr. Forster und Bruder, 8°.) 1. Heft, S. 53. – Das Jahr 1848. Geschichte der Wiener Revolution (Wien 1872, Waldheim, 4°.) 2. Bd. von Moriz Smets, S. 533. – Die Presse (Wiener polit. Blatt) 5. Juli 1861, Nr. 181 im Leitartikel. – Springer (Anton Heinrich). Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig, 1865, Hirzel. gr. 8°.) Bd. II, S. 613. – Dunder (W. G.). Denkschrift über die Wiener October-Revolution (1848) (Wien 1849, gr. 8°.) S. 154 und 155. – Oberösterreichische Zeitung (Linz) 1861, Nr. 74 im Feuilleton: „Die oberösterreichischen Reichsräthe im Abgeordnetenhause“. – Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt) 15. April 1873: „Correspondenz aus Linz 11. April“.
- Porträts. 1) Facsimile des Namenszuges. Lithographirt von A. Dauthage, Brustbild (Wien 1861. Fol.). – 2) Im Holzschnitt: fünf Medaillons: Schmitt, Helfert, Füster, Neuwall und Wiser auf S. 473 des 2. Bandes von „Das Jahr 1848“ [das Porträt Neuwall’s daselbst ist falsch, und soll Neumann darunter stehen].