Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 56 (1888), ab Seite: 196. (Quelle)
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Willmers, Rudolf (k. k. Kammervirtuose, Pianist und Componist, geb. zu Berlin, nach Anderen in Kopenhagen am 21., nach Einigen 31. October 1821, gest. in Wien am 28., nach Anderen schon 24. August 1878). Sein Vater war ein Däne, der in Berlin lebte, die Mutter eine Französin. Da Rudolf in früher Jugend große musicalische Anlagen offenbarte, erhielt er, noch sehr jung, Unterricht im Clavierspiel und wurde dann zur höheren Ausbildung dem in Weimar lebenden Hummel übergeben, für dessen letzten Schüler er gilt. Fr. Schneider in Dessau legte die letzte Hand an den vielversprechenden jungen Tonkünstler, der sich 1838 auf Kunstreisen begab und auf diesen vorerst Norddeutschland besuchte, dann aber seine Ausflüge auf Dänemark, Norwegen, und Schweden ausdehnte. 1853 ließ er sich bleibend in Wien nieder, machte noch ab und zu Kunstausflüge und folgte 1864 einem Rufe nach Berlin als Professor des Clavierspiels im Stern’schen Conservatorium. Aber schon nach zwei Jahren gab er diese Stellung wieder auf und kehrte nach Wien zurück, wo er seitdem lebte, 1878 plötzlich wahnsinnig wurde und auch in diesem Zustande starb. Willmers hat zahlreiche brillante Concertstücke, Saloncompositionen, Etuden, Sonaten u. d. m. herausgegeben, und seine Opera reichen bis zur Zahl 126, welches Opus eine „Ungarische Episode [in Csárdás-Form]“ (Wien, Haslinger) enthält. Mit Vorliebe wählte er nordische Motive, und seine norwegischen und dänischen Nationallieder waren seinerzeit sehr beliebt. Einige derselben sind in den 12 Heften seines Sammelwerkes „Apollo-Album“ Op. 17 erschienen. Auch ungarische und specifisch wienerische Themen behandelte er, so gab er heraus: „Sobri [197] dala, thème hongrois varié“ Op. 30; – „Makói-Csárdás, fameuse danse nationale hongroise transcrite“ Op. 76; – „Variationen über das ungarische Trinklied: „Fóti dal“, und als Seitenstück zu Ernst’s berühmtem „Carneval von Venedig“ schrieb er: „Le carnaval de Vienne. Thème original varié“ Op. 47. Willmers zählt zu den gediegeneren Vertretern der im Uebrigen flachen und zum Jammer aller wahren Musikfreunde als wahre Clavierpest grassirenden sogenannten Salonmusik, er ist sozusagen ein Nachzügler aus dem „goldenen Zeitalter“ der Virtuosen, sowohl was Spiel wie Composition betrifft. Aber noch nach anderer Seite ist Willmers beachtenswerth, nämlich als Schachspieler, in welcher Eigenschaft er zu den Matadoren dieses geistvollen Spieles gerechnet wird. Von Jugend auf wie in der Musik so auch im Schachspiel von seinem Vater unterrichtet, betrieb er letzteres zeitlebens mit Lust und Liebe. Als sich ihm dann in den Fünfziger-Jahren der zauberhafte Reiz des Schachproblems enthüllte, entzündete sich seine rege Phantasie bald an den Meisterschöpfungen Conrad Bayer’s und fand darin den größten Anreiz zur Nachahmung. Im Jahre 1856 in Nr. 578 der „Leipziger illustrirten Zeitung“ wurde Willmerserstes Schachproblem veröffentlicht, welchem bald andere folgten, so daß bis 1859 nicht weniger denn 37 Probleme dieses Meisters in der genannten Zeitung erschienen. Von da ab trat eine Pause ein, 1873 begann er wieder Probleme mitzutheilen, so daß diese Zeitung von ihm im Ganzen deren 44 brachte. Alle zeichnen sich nach dem Urtheile von Kennern dieses Spieles ebenso durch einen eigenthümlichen Scharfsinn der Combination, wie durch eine strenge Durchführung einer bestimmten Schachidee aus. 1858 gewann Willmers im großen Tournier des amerikanischen Schachvereines zu New York den ersten Preis für Problemcomposition. Als Musicus war er Hofcomponist des Kaisers von Oesterreich und Inhaber der österreichischen goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft, als Schachspieler Ehrenmitglied des Pesther Schachclubs und Mitbegründer der Wiener Schachgesellschaft.

Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Für Künstler, Kunstfreunde und alle Gebildeten. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Offenbach 1861, Joh. André, gr. 8°.) Bd. III, S. 880. – Bremer (Friedrich). Handlexikon der Musik (Leipzig, Reclam, 12°.) S. 778. – Rieman (Hugo). Musik-Lexikon. Theorie und Geschichte der Musik, die Tonkünstler alter und neuer Zeit mit Angabe ihrer Werke u. s. w. (Leipzig 1882, bibliogr. Institut, br. 8°.) S. 1014.
Porträt. Unterschrift: Facsimile des Namenszuges: „Rud. Willmers“. Ed. Kaiser 1849 (lith.), gedr. bei J. Rauch (Wien, Mechetti, Fol.).