BLKÖ:Wierzchlejski, Franz Xaver Ritter von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wierzbicki, Michael
Band: 56 (1888), ab Seite: 35. (Quelle)
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Wierzchlejski, Franz Xaver Ritter von (Erzbischof von Lemberg r. l., geb. auf dem Landgute seiner Familie Poręba im Sandecer Kreise Galiziens [36] am 1. December 1803, gest. zu Lemberg am 18. April 1884). Ein Sproß des alten Adelsgeschlechtes der Bersten, welches aus Deutschland nach Polen gekommen und drei goldene Wagenräder im rothen Felde in seinem Wappenschilde führt. Wie Paprocki in seinem Wappenbuche des polnischen Adels berichtet, wären die Wierzchlejski ein verdienstvolles, aber von der Geschichte vergessenes Adelsgeschlecht. Franz Xaver besuchte die Elementarclassen in Sandec, das Gymnasium in Tarnów, die philosophischen Jahrgänge in Lemberg und ging dann nach Wien, wo er die theologischen Studien mit Auszeichnung beendete. 1826 in der damaligen Tiniecer, heutigen Tarnówer Diöcese zum Priester geweiht, wurde er von seinem Bischof Gregor Thomas Ziegler zur höheren Ausbildung in den theologischen Wissenschaften in die k. k. höhere Bildungsanstalt für Weltpriester zum h. Augustin in Wien entsendet. Daselbst hatte er eben das Rigorosum aus dem Bibelstudium abgelegt, als man ihn zum Professor der heiligen Schrift beider Testamente an der 1827 in Lemberg errichteten theologischen Lehranstalt für die Religiosen des Franciscanerordens berief, da unter den Priestern des Ordens keiner vorhanden war, der geeignet gewesen wäre, diese Lehrkanzel zu versehen. 1834 erhielt er die Pfarre zu Gołogory im Żloczówer Kreise, an welcher er bis 1845, zugleich die Geschäfte des Decanates und des Volksschulenaufsehers besorgend, verblieb. 1845 erfolgte seine Ernennung zum Canonicus an der erzbischöflichen Kathedrale in Lemberg. Zugleich übernahm er das Amt eines Scholasticus, welches der bisherige Würdenträger aus Altersschwäche nicht weiter führen konnte, und mit diesem Amte die Oberaufsicht der sämmtlichen Volksschulen der Erzdiöcese. Aber noch hatte er kein volles Jahr die Canonicusstelle versehen, als er 1846, nach dem Tode des Przemyśler Bischofs Franz Zacharyasiewicz, von Seiner Majestät dem Kaiser auf den erledigten Bischofsstuhl berufen wurde. Er trat diese Kirchenwürde in schwerer, bedrängnißreicher Zeit an, als eben das Landvolk in seiner Erhebung gegen den rebellischen Adel in Galizien wüthete, welche mit Waffengewalt gebrochen werden mußte. Kaum war der Aufstand niedergeworfen, als sich der politische Horizont im Jahre 1848 nur noch mehr verdüsterte und mit anderen Staaten auch Oesterreich in die verhängnißvolle Bewegung mitgerissen und im eigenen Staate von zwei Seiten, von der Lombardie-Venedig und von Ungarn, in einen blutigen Bürgerkrieg verwickelt ward. Damals begab sich unser Bischof mit einer Deputation an das kaiserliche Hoflager in Wien, und als nach ertheilter Verfassung der constituirende Reichsrath einberufen wurde, nahm auch Bischof Wierzchlejski zuerst in Wien, später in Kremsier als Abgeordneter der Stadt Przemyśl seinen Platz im Parlamente ein. Was nun seine oberhirtliche Wirksamkeit in seiner eigenen Diöcese betrifft, so sorgte er zunächst für Herstellung einer feierlichen Liturgie, und nach Verkündung des Dogmas der unbefleckten Empfängniß Mariä (8. December 1854) hob er auch sichtlich den Mariencultus und widmete nach dem Beispiele der Kirchen Italiens den Monat Mai als Marienmonat der ausschließlichen täglichen Verehrung der Gnadenmutter; mit Eifer nahm er die kirchlichen Visitationen vor, predigte persönlich das Wort Gottes, vollzog Kirchenweihen und widmete ganz besondere Fürsorge dem Diöcesanseminar, dieser Pflegestätte junger [37] Priester, deren Ausbildung er sorgfältig überwachte, deren Prüfungen er persönlich beizuwohnen pflegte. Auch erschien er auf den Versammlungen, welche die Bischöfe des Kaiserstaates zu Wien 1849 und 1856 abhielten. Vierzehn Jahre war er in seinem Przemyśler Bisthum thätig gewesen, als ihn nach dem Tode des Lemberger Erzbischofs Lucas Baraniecki Seine Majestät der Kaiser am 6. December 1859 zu dessen Nachfolger ernannte. Am 23. März 1860 erfolgte die päpstliche Bestätigung, und am 16. September 1860 hielt der Kirchenfürst seinen feierlichen Einzug. Papst Pius IX. ernannte ihn zu seinem Thronassistenten, der Kaiser verlieh ihm 1862 die geheime Rathswürde, und nach den Bestimmungen der Verfassung war Wierzchlejski Mitglied des galizischen Landtages und des Herrenhauses des österreichischen Reichsrathes. Im September 1870 schmückte der Monarch den Prälaten mit dem Großkreuze des Leopoldordens. 24 Jahre hindurch hatte derselbe den erzbischöflichen Stuhl in Lemberg eingenommen, als er im Alter von 81 Jahren durch den Tod von demselben abberufen wurde.

Pawłowski (Franciscus). Premislia sacra, sive series et gesta episcoporum r. l. Premisliensium. E fontibus domesticis et extraneis (Cracoviae 1870, V. Jaworski, gr. 8°.) p. 666–673. – Allgemeine Zeitung (München, gr. 4°.) 1884, S. 1635. – Springer (Anton Heinrich). Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1865, Hirzel, gr. 8°.) Band I, Seite 613.