BLKÖ:Weißkircher, Juliana

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Weißkircher, Adam
Band: 54 (1886), ab Seite: 188. (Quelle)
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2. Juliana (geb. zu Ulrichskirchen in Niederösterreich um 1836, gest. in Schleinbach am 26. März 1862). Diese Blutschwitzerin erregte in den Vierziger- und Fünfziger-Jahren großes Aufsehen, beschäftigte stark die öffentliche Meinung und rief eine ganze Literatur für und wider hervor. Sie war eine Brauerstochter. Von schwächlicher Leibesbeschaffenheit, litt sie schon als Kind oft an Herzklopfen. Eine Episode in ihrem Leben bildet eine Wanderung nach Wien, auf welcher sie beim Trinken aus einem Ziehbrunnen eine schlüpfrige dünne Substanz verschluckte, infolge dessen sie häufig von Ohnmächten und Uebelkeiten befallen wurde. Nach zwei Jahren befreite sie ein Brechmittel davon, zugleich aber auch von. einem mehrere Zoll langen Wassersalamander; aber von da ab verließ sie auch nicht mehr das Bett, es stellten sich Zufälle ein. welche in etwas eigenthümlicher, der Einsicht unserer Zeit stracks zuwiderlaufender Weise von einer Partei ausgebeutet wurden, die zwar stets das Gute will, aber das Böse schafft. Während Juliana von dieser Partei als Heilige oder doch Gottbegnadete ausgeschrien wurde, in Wirklichkeit jedoch nur eine schwer Leidende war, glaubte Niemand weniger als sie selbst an diese Heiligkeit, im Uebrigen besaß sie [189] klare und richtige religiöse Kenntnisse. Bemerkenswerth ist es, daß sie die blutigen Stürme über Wien im Jahre 1848 und die noch blutigeren in Ungarn voraussagte. Als sich bei dem verklärenden Nimbus, den man um sie zu breiten verstanden, der Zudrang der Besucher ins Ungeheuerliche vermehrte, wurde sie, um ihr Ruhe zu schaffen, zu ihrer verheirateten Schwester nach Schleinbach gebracht, wo der alte Pfarrer Johann Theyrer sie überwachte. Da war es, wo angeblich nach ihrem „Betrachten und Mitleiden des Leidens Christi“ im Advent 1849 ihre rechte Seite zu bluten begann. In der darauf folgenden Fastenzeit zeigte sich dieselbe Erscheinung an Händen und Füßen, und am Charfreitag waren die Blutungen am stärksten. Seitdem trat an jedem Freitage um die neunte Morgenstunde ein sogenanntes mysteriöses Mitsterben ein, das heißt, die Kranke machte alle Stadien des Todeskampfes Christi, wie sie in der Passionsgeschichte erzählt sind, durch und verfiel danach in einen Schlummer, der bis Mittags anhielt. Anwesende Zeugen, darunter Dechanten, Pfarrer, Gemeinderäthe und Andere, wollen nun gesehen haben, wie an den genannten Wochentagen schon um 7 Uhr Morgens das Blut unter der Stirnhaut wie an den Händen zu stocken begann; dieselben wollten gegen 9 Uhr ein „schon früher begonnenes dumpfes Klopfen“ (wahrscheinlich das Einschlagen der Nägel ins Kreuz) gehört und mit dem letzten Glockenschlage jenem Nachbilde des fürchterlichen Todeskampfes Christi beigewohnt haben, „dessen Vorgang wohl leichter im Detail sich vorstellen, als beschreiben läßt“. Der Kopf sank darauf mit den Worten: „Mein Gott! mein Gott!“ auf die rechte Schulter, und die Jungfrau verfiel in einen tiefen, dem Tode ähnlichen Schlummer. Später kam sie auf behördliche Anordnung ins allgemeine Krankenhaus und ward dann vergessen. Als sie aber 1862 starb, wurde sie von weißgekleideten Mädchen zu Grabe getragen, ihren Sarg begleiteten sechs Priester, und eine unabsehbare Menschenmenge, welche von Fern und Nah herbeigekommen war, gab der Verblichenen das letzte Ehrengeleite; Viele nahmen von den den Sarg verhüllenden Blumen ein Blatt oder eine Blume mit, um sie als Andenken zu bewahren. Die Zustände der Juliana Weißkircher zu Schleinbach (Wien, Verlag des Katholikenvereines).] –