Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vukasović, Živko
Band: 52 (1885), ab Seite: 19. (Quelle)
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Vukalović, Luka (südslavischer Parteigänger, geb. nach Einigen in einem Dorfe am cattaresischen Küstenstriche, nach Anderen in Trebinje auf einem der Güter des dortigen Bey im Jahre 1818 oder schon 1812[WS 1]). Er verlebte die Jugend in Cattaro, wo er bei einem Büchsenmacher in die Lehre trat. Auf seiner Wanderschaft kam er nach Wien und arbeitete daselbst in der kaiserlichen Gewehrfabrik, bis er nach Castelnuovo, einem in der Bai von Togla im Süden Dalmatiens gelegenen Städtchen, ging. Da brach am 28. Jänner 1861 der Aufstand in der Hercegovina gegen die Türken aus. Die Christen in diesem Lande sowohl als in Bosnien litten immer schwer unter dem mohamedanischen Drucke, der aber minder von der türkischen Regierung als von den dort ansässigen feudalen Grundherren ausging, welche von der ersteren freilich in ihren; Gewalttaten wenig oder gar nicht behindert wurden. Uebrigens würde vielleicht der Aufstand noch immer nicht ausgebrochen und von den durch den Vertrag von 1859 zufriedengestellten Montenegrinern gar nicht unterstützt worden sein, wenn nicht Rußland seine Hand dabei im Spiele gehabt hätte. Denn die Agenten dieser Macht, in deren Interesse es gelegen ist, die Türkei in beständiger Unruhe zu erhalten, durchstreifen unausgesetzt theils offen, theils heimlich die Donauländer und Griechenland, schaffen fortwährend neuen Zündstoff herbei und machen alle denkbaren Anstrengungen, um immer wieder Erhebungen gegen die Türkei hervorzurufen. Zwischen Castelnuovo und Porto d’Ostro liegt ein kleiner Landstrich, der bis an die Meeresküste sich ausdehnt und das österreichische Gebiet unterbricht, die in diesen Wirren vielgenannte und denkwürdige Sutorina, ein bis dahin so wenig gekanntes Fleckchen Erde, daß wir es in älteren Auflagen des Ritter’schen geographisch-statistischen Lexikons vergeblich suchen. Durch die ganze Sutorina zieht sich aber eine von Cattaro nach Ragusa führende Militärstraße. In dieser Enclave trat nun Luka Vukalović plötzlich an die Spitze der Aufständischen. Er war kein Neuling im Rebelliren, denn schon 1859 hatte er daselbst eine Rolle gespielt, nur wurde zu jener Zeit sein Name weniger genannt. Die Montenegriner hatten schon längst ihr Auge auf einen Punkt geworfen, der ihnen den Zugang zum Meere und somit die Verbindung nach außen ermöglichte. Denn von allen Seiten von Gebirgen eingeschlossen, sind sie beständig in Gefahr, von jeder Zufuhr abgeschnitten und dadurch in eine sehr kritische Lage versetzt zu werden. Aber es bot sich noch immer keine schickliche Gelegenheit zur Ausführung ihres Planes dar. Da war es Vukalović, der den Montenegrinern zu ihrem so sehnlich erstrebten Hafen verhelfen wollte. Und die bedrängte politische Lage benützend, in welcher sich Oesterreich 1859 befand, stellte er sich an die Spitze eines Häufleins ihm gleichgesinnter Bergbewohner und bemächtigte sich der Sutorina, welche zur Hälfte österreichisch, zur Hälfte türkisch war. Sofort nahm er Besitz von einer kleinen Bai und errichtete, um ihren Eingang zu vertheidigen, zwei kleine Forts, welche ihm den neu gewonnenen Besitz vertheidigen helfen sollten. Da kam der Friede von Villafranca dazwischen. Oesterreich, das nun wieder freie Hände hatte, schickte sofort seine Commissäre an den slavischen Parteigänger mit dem Auftrage, die beiden Forts zu zerstören. „Zerstört sie selbst“, entgegnete er, die Pistole in der Faust, [20] schritt mitten durch die österreichischen Soldaten und verschwand in den Bergen, wohin ihm Niemand zu folgen wagte. Das war die erste feindliche Begegnung der Oesterreicher mit dem ehemaligen Büchsenschäfter. Dieser nämliche Vukalović war es nun, der sich an die Spitze der Aufständischen stellte und um der ganzen Sache sofort den gehörigen Anstrich zu geben, sich gleich den Titel eines Wojwoden der Sutorina beilegte. Da die Türken sich im Besitz der Hercegovina behaupteten und nur ein kleiner Theil dieses Landes den eigentlichen Kriegsschauplatz bildete, so war die Fortsetzung des blutigen Kampfes nur dadurch möglich, daß Freiwillige aus allen Nahien der Hercegovina, dann Slaven aus Dalmatien, der österreichischen Militärgrenze und aus Serbien zuströmten, namentlich aber die Montenegriner sich der Sache des neuen Wojwoden annahmen. Mit Luka zugleich kämpften seine Brüder Majo und Jola als Unterbefehlshaber der zusammengelaufenen Banden. Zahllose Gefechte fanden statt, aus denen sie bald als Sieger, bald als Besiegte hervorgingen. Ein Ende war unter den bestehenden Verhältnissen nicht abzusehen, ganz Europa blickte schon mit Theilnahme auf diese mit dem Muthe der Verzweiflung gegen den Halbmond sich wehrenden Helden aus den Bergen. Da erschien im Mai 1861, begleitet von einer internationalen Commission und versehen mit Vollmachten des Sultans, Omer Pascha, um unter Anbietung günstiger Bedingungen den Frieden herzustellen, doch blieben diese Bemühungen erfolglos. Solche Anträge erneuerte dann der türkische Befehlshaber noch mehrmals und suchte Vukalović von dem Bündniß mit den Montenegrinern zu trennen, indem er ihm den Rang eines Generals mit Beibehalt des Titels Wojwode der Sutorina anbot. Vukalović mißtraute jedoch diesen Verheißungen und befürchtete, daß, wenn er die Bundgenossen preisgäbe, die Pforte ihre Zusagen nicht halten würde, und so dauerte der Krieg fort, denn die russischen Agenten und Consuln stachelten immer wieder zum Widerstande auf, bis endlich die Mittel erschöpft waren. Da sah Fürst Nicolaus sich gezwungen, Frieden zu schließen, und nahm am 8. und 9. September alle ihm von Omer Pascha gestellten Bedingungen an. Am 21. September 1861 wurde in Cetinje das Friedensfest gefeiert, und Vukalović mit den Seinigen war verlassen. Er flüchtete sich nach Ragusa und reichte von dort in seinem und seiner Landsleute Namen eine schriftliche Unterwerfung ein. Kurschid Pascha begab sich nun am 22. September nach Ragusa, empfing dort persönlich die Versicherungen der Treue und verkündigte darauf, von der Pforte, welche staatsklug genug war, keine Strenge walten zu lassen, mit den nöthigen Vollmachten versehen, eine allgemeine und vollkommene Amnestie und ernannte Luka Vukalović zum Bimbaschi (Obersten) von fünfhundert christlichen Panduren, die er sich selbst auswählen und mit denen er die Ordnung herstellen und aufrecht halten sollte. Aber durch sein Verhalten erregte er doch immer mehr und mehr das Mißtrauen der Pforte, und dasselbe erwies sich als gerechtfertigt, als im Jahre 1865 Vukalović – ob aus eigenem Antrieb oder auf Rußlands Eingebung, welches aus dieser Demonstration Capital für sich zu schlagen gedachte, ist nicht bekannt, doch leicht zu vermuthen – eine Reise nach Moskau unternahm. Er entzog sich ja [21] dadurch der Verantwortung, zu welcher ihn die Türkei endlich doch ziehen mußte, und von Rußland hatte er nichts zu fürchten, nur zu gewinnen. Im Juli 1865 kam er in Odessa an. Von General Kotzebue in ostentativ feierlicher Weise empfangen, erhielt Vukalović sofort den Titel eines Generals, während an seine Genossen die Grade von Obersten, Majors und Hauptleuten vertheilt wurden. Die Bemühungen der russischen Regierung, Luka mit den Seinigen zur Ansiedlung im Kaukasus zu überreden, scheiterten an dem Widerwillen seiner Gefährten gegen dieses Project. Mehrere derselben wurden darüber so erbittert, daß sie den Führer verließen. Später genoß dieser für einige Zeit die Gastfreundschaft der serbischen Regierung, aber dieselbe konnte ihm bei ihrem Abhängigkeitsverhältniß zur Türkei eine solche nicht lange gewähren, und in der That protestirte auch die Pforte gegen seinen längeren Aufenthalt in Belgrad. Man wies daher Vukalović im Innern des Landes einen Wohnsitz an. Nun war es mehrere Jahre still geworden über ihn, bis er 1872 wieder auftauchte, indem er plötzlich unter der österreichischen Grenzbevölkerung und den Rajahs der angrenzenden Türkei gedruckte Manifeste verbreitete, welche einen nichts weniger als friedfertigen Ton anstimmten, doch hörte man nichts weiter von ihm. Vukalović hat keinen Schulunterricht genossen, kann weder lesen noch schreiben, aber hat ungewöhnliche natürliche Talente und einen fanatischen Geist. Jetzt steht er freilich schon in dem Alter, in welchem eine einflußreiche persönliche Action seinerseits kaum zu besorgen ist, aber immerhin darf sein moralischer Einfluß nicht unterschätzt werden. Daß der tapfere Luka Vukalović besungen worden, berichten die Quellen.

Čas, d. i. Die Zeit (Prager polit. Blatt, kl. Fol.) 1862, Nr. 230, im Feuilleton. – Waldheim’s Illustrirte Zeitung (Wien, Fol.) 1862, S. 206 und 339. – L’Illustration (Paris, Fol.) 40. Band (1862) Nr. 1020. – Die Glocke (illustr. Zeitung, Leipzig 1862) Nr. 197, S. 325. – Osvetnici. „Luka Vukalović i boj na Grahoven g. 1858“. Pjesma od Radovana, d. i. Luka Vukalović und der Kampf bei Grahova im Jahre 1858. Gedicht von Radovan (Agram 1862). – Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1865, Nr. 341, Beilage: „Aufnahme des Luka Vukalović in Odessa“; – 1866, Nr. 510: „Luka Vukalović“; – Nr. 553: „Luka Vukalović“. – Presse 1865, Nr. 170: „Belgrad 16. Juni. Das Schicksal des Luka Vukalović“; – 1866, Nr. 43: „Belgrad, 10. Februar“. – Süddeutsche Zeitung 1862, Nr. 41, im Feuilleton. – Deutsche Zeitung (Wien, Fol.) 1872, Nr. 235: „Zara, 23. August“.
Porträte. 1) Unterschrift: „Luka Vukalovich“. Nach einer Photographie. Holzschnitt ohne Angabe des Xylographen in Waldheim’s „Illustrirter Zeitung“ 1862, S. 213 [Brustbild]. – 2) Unterschrift: „Luka Vukalović“, in Payne’s „Die Glocke“ 1862, S. 325 [in ganzer Figur; das Original – eine Zeichnung von Janet Lange – brachte die Pariser „Illustration“ 1862, S. 183].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Nach Anderen 1823.