BLKÖ:Vorrede (Band 45)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 45 (1882), ab Seite: III. (Quelle) | |||
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In die Zeit der Bearbeitung dieses Bandes fallen zwei Ereignisse, welche für mein Leben und das Lexikon hätten verhängnißvoll werden können. Am 13. Februar d. J. um 11 Uhr Vormittags brach in dem Hause, welches ich hier bewohne, dicht neben meinem Arbeitszimmer Feuer aus, veranlaßt durch die naive Bauart der hiesigen Bergbewohner, welche die Balken bis an die innere Wand des Kamins legen oder sie wohl gar durch diesen selbst ziehen. In unserem Kamine war nun der Mörtel, mit welchem die Balken überzogen werden, im Laufe der Jahre abgebröckelt oder durch den Rauchfangkehrer weggefegt und das bloßgelegte Holz den Funken des Ofenfeuers preisgegeben. Es mußte der Balken durch mehrere Tage bereits geglüht haben, und als er so weit durchgebrannt, daß Luft hinzutrat, flammte er in lichter Lohe. Meine Frau, welche zuerst an dem unheilvollen Prasseln erkannte, daß es brenne, bewies eine seltene Geistesgegenwart. Sie ließ den Kamin nicht öffnen, bis sie nicht Leute herbeigerufen und vor demselben mit vollen Wassergefäßen aufgestellt hatte. Indessen war auch die Feuerwehr herbeigeeilt und löschte in musterhafter Weise, wofür ich ihr noch einmal meinen innigsten Dank ausspreche, in kürzester Zeit und mit möglichster Schonung meines Eigenthums den Brand. Obwohl der eigentliche Brandschaden im Ganzen unbedeutend war, so steigerten sich doch meine Unkosten dadurch zu beträchtlicher Höhe, daß, als sich nach genauer Untersuchung die feuergefährliche Bauart sämmtlicher Kamine [IV] herausgestellt hatte, dieselben abgebrochen und durch alle Zimmer und Stockwerke neue russische Kamine mitten im Winter unseres Gebirges (13. Februar bis 15. April) gezogen werden mußten. Auch war bei dem Brande mein Arbeitszimmer geräumt worden und die peinliche Ordnung in meinen Büchern, Schriften und seit dreißig und mehr Jahren behufs des Lexikons gesammelten reichen und zum größten Theile sehr werthvollen Materialien in ein Chaos verwandelt, aus welchem den früheren Zustand wieder zu schaffen, es noch lange Zeit und mühevolle Arbeit brauchen wird. Und wie nie ein Unglück allein kommt, so gesellte sich dem eben geschilderten schon am 19. März ein Begleiter. Ich verfiel, wohl zunächst in Folge des erlittenen Schrecks und der Uebelstände, die nach dem Brande und während des Baues, mitten im Winter, sich einstellten, in eine lebensgefährliche Krankheit, welche mich fünf Wochen ans Leidenslager fesselte, und aus welcher mich wohl vor Allem die liebevolle Pflege meiner braven geliebten Frau und die sorgfältige, aufopferungsvolle Behandlung des Arztes, meines liebenswürdigen edlen Freundes Dr. Ludwig Kimmerle gerettet. Beiden spreche ich hier meinen wärmsten, tiefempfundenen Dank aus, möge jedem von schwerer Krankheit Befallenen solch’ eine Pflegerin, solch ein gewissenhafter, menschenfreundlicher, opferwilliger Arzt beschieden sein. Jetzt in vollen Zügen der Wiedergenesung überblicke ich mit Ruhe beide Gefahren, welchen ich durch die Gnade der Vorsehung und die Güte der Menschen entronnen. Wenn das Feuer bei Nacht ausgebrochen wäre, so würden wir nicht mit dem Leben davon gekommen, wir würden im Rauche erstickt und meine ganze Habe, meine seit Jahrzehnten mühevoll gesammelten und mit aller Genauigkeit geordneten bio- und bibliographischen Schätze zu Staub und Asche verkohlt sein. Meine beiden Unglücksfälle mögen wohl das verspätete Erscheinen dieses Bandes entschuldigen und auch die Nachsicht für die Bearbeitung desselben in Anspruch nehmen. Mit tiefster Rührung aber gedenke ich der Theilnahme, die mir von allen Seiten von Hoch und Nieder in [V] liebevollster Weise geworden. Der Sprache fehlen die Worte für das Gefühl der Dankbarkeit, das mich bei der Erinnerung daran immer wieder durchwärmt; aber ich habe durch sie wieder die Freude zum Leben und zu fernerem Schaffen gewonnen, und so hoffe ich auch voll Vertrauen auf eine allwaltende Vorsehung, mein vor achtundzwanzig Jahren begonnenes Werk zu vollenden.
- Berchtesgaden, am 20. Mai 1882.